Asyl in den USA für deutsche Fundmentalisten

Re: Asyl in den USA für deutsche Fundmentalisten

Beitragvon stine » Sa 6. Feb 2010, 13:12

Charles Dawkins hat geschrieben:Ich empfinde diesen religiösen Wahn als eine akute Bedrohung des 'Weltfriedens', insbesondere weil sich die USA oft als Weltpolizei verstehen.
Kein Wunder auch, das so gleichzeitig der religiöse Extremismus der islamischen Staaten gestärkt wird, wenn sich die USA in deren Angelegenheiten einmischen.
Das ist nicht die Ursache, sondern nur die Folge. Die Ursache ist die Landnahme durch die Israelis.
Man hat seinerzeit den Fehler gemacht sich darauf zu berufen, dass das gelobte Land den Israelis versprochen war und sie einfach da hin gesetzt. Die Balfour-Deklaration, die Gründung einer nationalen Heimstätte für das jüdische Volk, hat den Widerstand der Araber hervorgerufen und bis heute streiten die Palästinenser um das Recht, ihr Land wieder selbst besiedeln zu dürfen.
Würde man ein Bundesland hier räumen müssen, um es zum osmanischen Reich zu erklären, gäbe das auch Unfrieden, aber sicher nicht, weil überall Christen drumherum wären.

LG stine
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Re: Asyl in den USA für deutsche Fundmentalisten

Beitragvon Gernot Back » Sa 6. Feb 2010, 14:05

Hallo Nanna!

Nanna hat geschrieben:Im Gegenteil! Die Indoktrination der Kinder durch die Eltern widerspricht der Religionsfreiheit.

Nicht nur der Religionsfreiheit; es widerspricht auch allgemein dem Recht des Kindes auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit (Artikel 2 GG) sowie seinem Recht, sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten (Artikel 5 GG), wenn man Dritten gestattet, ihm die Teilnahme etwa an Biologie- , Sexualkunde- oder koedukativem Sport-/Schwimmunterrricht zu verwehren.

Nanna hat geschrieben:Aufgabe der Eltern wie des Staates darf es nicht sein, ihre eigene Ideologie in die nächste Generation zu tragen, sondern nur die nächste Generation für ein selbstbestimmtes und menschenfreundliches Leben fitzumachen, alle anderen Entscheidungen, wie Weltanschauungs-, Berufs- und Wohnortwahl sind dem Individuum zu überlassen.

Das Recht auf freie Wahl von Ehe- oder Lebensabschnittspartnern, in das viele Religionsgemeinschaften ihren Angehörigen insbesondere dann gern dreinreden, wenn es sich um gleichgeschlechtliche oder andersgläubige Partner handelt, würde ich in diesem Zusammenhang übrigens noch vor dem Recht auf freie Berufswahl nennen.

Gruß Gernot
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Re: Asyl in den USA für deutsche Fundmentalisten

Beitragvon Dissidenkt » Mi 17. Feb 2010, 20:09

Schon interessant, wie wenig die meisten hier, ihre eigene Situation reflektieren können.
Wir alle werden durch die Schulen genauso indoktriniert, wie die Kinder der Evangelikalen. Denen das Recht abzusprechen, ihre Kinder selber zu erziehen, ist typisch deutsches Obrigkeitsdenken.

Wenn Kindern hierzulande zwangsweise in verkommenen Schulen von unfähgen Beamten der letzte Rest Phantasie und Interesse ausgetrieben wird, findet ihr das prima, weil es staatlich organisiert ist?

Hier habt ihr mal was zum Nachdenken:
http://www.sueddeutsche.de/jobkarriere/872/503100/text/
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Re: Asyl in den USA für deutsche Fundmentalisten

Beitragvon Pete » Mi 17. Feb 2010, 20:31

Unnötiges Vollzitat entfernt. 1v6,5M
Niemand sagt, dass das Deutsche Schulsystem gut sei. Im Gegenteil, kommt es doch bei den Pisastudien nicht gut weg...
Sowohl inhaltlich als auch methodisch kann man viel verbessern und daran sollten wir arbeiten. Selbst die Hochschulen und die Eliteuniversitäten sollten kritisch betrachtet werden.
Nur ist es ein Unterschied, ob ich die Kinder selbst erziehe (was für eine Selbstverständlichkeit! als würden das Eltern, die ihre Kinder in eine normale Schule schicken nicht tun...) oder ob ich mein Kind abschotte und ja nicht in Kontakt kommen lasse mit bestimmten Ideen und Inhalten.

Was das Interview angeht. Der Mann hatte wohl echt Glück...
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Re: Asyl in den USA für deutsche Fundmentalisten

Beitragvon Dissidenkt » Mi 17. Feb 2010, 20:53

Das Schulsystem ist eine Katastrophe mit wachsenden Ausmaßen. Ich habs als Schüler und Lehrer kennengelernt und könnte Geschichten erzählen, die jeden halbwegs Vernunftbegabten fassungslos machen. Das Schlimmste daran, diese Mängel gibt es seit über hundert Jahren und mit Ausnahme einiger weniger Reformschulen hat sich nichts geändert. Im Gegenteil, das Abi nach der 12 und der Bolognese-Schwachsinn haben alles extrem verschlimmert. An Hauptschulen wird das Ausfüllen von H4-Formularen gelehrt.
Was mehr muss man zu diesem Schulsystem sagen?
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Re: Asyl in den USA für deutsche Fundmentalisten

Beitragvon Nanna » Mi 17. Feb 2010, 23:26

Wie war das so schön? Die Mehrzahl von Anekdoten ist nicht Daten. Und aus A ist falsch (bzw."das deutsche Schulsystem hat Mängel") folgt nicht B ist richtig (bzw. "jede Erziehung ist aus ethischer Sicht als gleichwertig zu betrachten, d.h. fundamentalistische Erziehung hat dieselbe Berechtigung wie eine hin zu Pluralismus, Toleranz und Eigenverantwortung")


Man kann sich über die Realzustände an deutschen Schulen so viel empören (= Ersatz für handeln), wie man will, die Zielvorstellung einer säkulären Erziehung zu kritizistischem Denken unterscheidet sich jedoch grundlegend von der einer religiösen Erziehung. Hier wird gelehrt, zu zweifeln und Autoritäten nicht blind zu glauben, dort wird gelehrt zu glauben und Autoritäten blind zu vertrauen (weil die den besseren Draht zu Gott, den Geistern oder wasauchimmer haben). Dass Anspruch und Wirklichkeit auseinanderklaffen ist keine Abwertung der grundlegenden Zielsetzung einer pluralistischen Erziehung, sondern zeigt nur auf, wieviel noch zu tun ist.

Selbstverständlich kannst du damit argumentieren, dass auch das Vertrauen auf Kritizismus und Pluralismus letztlich eine Ideologie darstellt und Kinder dazu "indoktriniert" werden, selbst zu denken. In meinen Augen wäre das trotzdem sauber ins eigene Knie geschossen.

Dann für dich auch etwas zum Nachdenken:
Es geht bei der Erziehung eines Menschen, der eines Tages Mitglied einer sozialen, pluralistischen Gemeinschaft namens "Gesellschaft" sein soll, in erster Linie darum, kulturelle Kompetenzen zu vermitteln, die das Leben in derselben ermöglichen und gleichzeitig deren Stabilität garantieren. Ein Mindestmaß an "common sense" und geteilten Wertvorstellungen wie z.B. Toleranz, Gewaltlosigkeit, Achtung staatlicher, demokratisch legitimierter Gesetze VOR religiösen Vorschriften, Verständigung über Milieugrenzen hinweg usw. muss der Staat seinen Bürgern also einimpfen. Was notwendig ist, damit das geschehen kann, ist nicht unbedingt, dass Erziehung staatlich organisiert ist, sondern dass sie durch eine kritische Öffentlichkeit überwacht wird. Diese Öffentlichkeit ist bei Heimunterricht nicht gegeben und es kann jede Art von Indoktrination, Misshandlung oder antisolidarischer, gesellschaftsfeindlicher Erziehung problemlos durchgeführt werden. Das steht sowohl den Bedürfnissen der Gesellschaft nach innerer Stabilität als auch den individuellen Menschenrechten der Kinder diametral gegenüber.
Es mag sein, dass die Umsetzung dieser Ziele an deutschen Schulen stellenweise richtig schlecht ist, daraus folgt aber noch lange nicht, dass der Ansatz falsch ist.
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Re: Asyl in den USA für deutsche Fundmentalisten

Beitragvon platon » Do 18. Feb 2010, 14:38

Dissidenkt hat geschrieben:Was mehr muss man zu diesem Schulsystem sagen?

Dass es praxisbezogen ist! Was kann man mehr erwarten?
Warum Hauptschulabgänger sich mit Hartz iV beschäftigen müssen, ist eine andere Frage, dass sie sich damit beschäftigen müssen, ist keine!
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Re: Asyl in den USA für deutsche Fundmentalisten

Beitragvon Zappa » Do 18. Feb 2010, 18:50

Dissidenkt hat geschrieben: Wir alle werden durch die Schulen genauso indoktriniert, wie die Kinder der Evangelikalen. ...

Wenn Kindern hierzulande zwangsweise in verkommenen Schulen von unfähgen Beamten der letzte Rest Phantasie und Interesse ausgetrieben wird, findet ihr das prima, weil es staatlich organisiert ist?


Du vermischt da zwei Ebenen. Es ist etwas vollkommen anderes, ob jemand als Schüler die Schule verweigert oder ob Eltern Kinder zwingen wollen vor bestimmten Erkenntnissen ferngehalten zu werden. Ersteres subsumiere ich unter starker Persönlichkeit, letzteres unter bewusster Verdummung.

Weiß wirklich nicht, wie man auf die Idee kommt sowas gleich zu setzen.
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Re: Asyl in den USA für deutsche Fundmentalisten

Beitragvon Dissidenkt » Do 18. Feb 2010, 19:26

Nanna hat geschrieben:Wie war das so schön? Die Mehrzahl von Anekdoten ist nicht Daten. Und aus A ist falsch (bzw."das deutsche Schulsystem hat Mängel") folgt nicht B ist richtig (bzw. "jede Erziehung ist aus ethischer Sicht als gleichwertig zu betrachten, d.h. fundamentalistische Erziehung hat dieselbe Berechtigung wie eine hin zu Pluralismus, Toleranz und Eigenverantwortung")


Deutsche Schulen erziehen zu Pluralismus, Toleranz und Eigenverantwortung? Wie lächerlich ist das denn? Ausgerechnet deutsche Schulen, die nur darauf ausgelegt sind auszusieben, zu etikettieren und zu uniformieren? Dieser naive Anspruch hat mit der Realität herzlich wenig zu tun. In deutschen Lehrerzimmern und Klassenräumen wird über Schüler hergezogen, dass einem schlecht werden kann. Schüler haben keierlei Mitsprache was Lehrinhalte oder -personal angeht. Die Eigenverantwortung erschüpft sich in der Pflicht Hausaufgaben und Klausuren abzuliefern. Die Toleranz reicht für katholische Nonnen, Kopftuchträgerinnen müssen draussen bleiben, etc...

Nanna hat geschrieben:Man kann sich über die Realzustände an deutschen Schulen so viel empören (= Ersatz für handeln), wie man will, die Zielvorstellung einer säkulären Erziehung zu kritizistischem Denken unterscheidet sich jedoch grundlegend von der einer religiösen Erziehung.


Deutschland ist KEIN säkulärer Staat und es wird auch nicht in den Schulen säkulär gearbeitet. Wovon träumst du eigentlich? Wer Lehrer oder Schulsystem kritisiert darf mal gerne beim Rektor vorbeischauen.


Nanna hat geschrieben:Hier wird gelehrt, zu zweifeln und Autoritäten nicht blind zu glauben,


In welchem Fach bitteschön? Im Pflichtfach Religion? Hier wird gelehrt von 8.00 bis 13.00 Uhr still zu sitzen und zuzuhören. Eigeninitiative und Phantasie werden allenfalls geduldet, wenn Plakate fürs Sommerfest gemalt werden.

Nanna hat geschrieben: dort wird gelehrt zu glauben und Autoritäten blind zu vertrauen (weil die den besseren Draht zu Gott, den Geistern oder wasauchimmer haben). Dass Anspruch und Wirklichkeit auseinanderklaffen ist keine Abwertung der grundlegenden Zielsetzung einer pluralistischen Erziehung, sondern zeigt nur auf, wieviel noch zu tun ist.


Was zur Zeit "getan" wird siehst du an den letzten katastrophalen "Reformen". Lies mal die Bücher der Reformschulpädagogen von vor über 100 Jahren. Seit dem hat sich kaum etwas geändert.

Nanna hat geschrieben:Selbstverständlich kannst du damit argumentieren, dass auch das Vertrauen auf Kritizismus und Pluralismus letztlich eine Ideologie darstellt und Kinder dazu "indoktriniert" werden, selbst zu denken. In meinen Augen wäre das trotzdem sauber ins eigene Knie geschossen.


Unterstell mit nicht, dass ich die christliche Lehre predige, das wäre ein bisschen billig!
Ich sage nur, dass ich die Leute dafür respektiere, dass sie ihr Ding durchziehen und diesen totalitären Erziehungsstaat bis auf die Knochen bloßstellen, indem sie in den USA Asyl gewährt bekommen.

Nanna hat geschrieben:Dann für dich auch etwas zum Nachdenken:
Es geht bei der Erziehung eines Menschen, der eines Tages Mitglied einer sozialen, pluralistischen Gemeinschaft namens "Gesellschaft" sein soll, in erster Linie darum, kulturelle Kompetenzen zu vermitteln, die das Leben in derselben ermöglichen und gleichzeitig deren Stabilität garantieren.


Unsinn. "Kulturelle" Kompetenzen gibt es im deutschen Lehrplan nicht. Es gibt Sozial-, Handlungs und Fachkompetenzen. "Kulturelle" Kompetenzen werden in der Familie, auf dem Schulhof oder auf der Straße vermittelt, aber nicht im Klassenraum, für sowas ist im Lehrplan überhaupt kein Platz.

Nanna hat geschrieben:...Es mag sein, dass die Umsetzung dieser Ziele an deutschen Schulen stellenweise richtig schlecht ist, daraus folgt aber noch lange nicht, dass der Ansatz falsch ist.


Es gibt diesen Ansatz überhaupt nicht. Vielleicht in Berlin im Ethikunterricht, jetzt wo die Verhältnisse dort untragbar geworden sind, fängt man an rumzudoktern. Ansonsten ist das einzige Ziel, brave Steuerzahler und Konsumenten zu produzieren. Genormt nach DIN ISO ABI 0815.

Zappa hat geschrieben:Du vermischt da zwei Ebenen. Es ist etwas vollkommen anderes, ob jemand als Schüler die Schule verweigert oder ob Eltern Kinder zwingen wollen vor bestimmten Erkenntnissen ferngehalten zu werden. Ersteres subsumiere ich unter starker Persönlichkeit, letzteres unter bewusster Verdummung.
Weiß wirklich nicht, wie man auf die Idee kommt sowas gleich zu setzen.


Das vermische ich nirgends. Über schulverweigernde Schüler habe ich gar nicht gesprochen.
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Re: Asyl in den USA für deutsche Fundmentalisten

Beitragvon Nanna » Do 18. Feb 2010, 20:01

Ich denke, wir reden aneinander vorbei.

Dass es an deutschen Schulen Missstände gibt, ist mir völlig klar, allerdings habe ich es persönlich nicht derart vernichtend erlebt, wie du es darstellst, auch hinsichtlich Erziehung zu kritischem Denken. Es geht mir aber nicht um die Verteidigung der konkreten Situation der Schule in Deutschland, wobei ich das deutsche Schulsystem nicht als Stelle staatlicher Indoktrination erlebt habe - wobei ich mir schon einbilde, eine eigene Meinung zu haben.

Ich möchte lediglich klarstellen, dass nur ein öffentlich-staatlich überwachter Unterricht überhaupt in die engere Auswahl für Unterrichtsformen kommt, die im Sinne des Rechts auf freie Entfaltung der Persönlichkeit des Kindes gewährleisten kann, dass der Unterricht nicht zur weltanschaulichen Indoktrination oder zum Verdecken von physischer und psychischer Misshandlung missbraucht wird. Heimunterricht, wie ihn die angesprochenen Eltern praktizieren, kommt einfach aus prinzipiellen Gründen nicht in Frage. Vielleicht sind wir da im Prinzip ja sogar einer Meinung?
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Re: Asyl in den USA für deutsche Fundmentalisten

Beitragvon Dissidenkt » Do 18. Feb 2010, 20:30

Nanna hat geschrieben:Ich denke, wir reden aneinander vorbei.
Dass es an deutschen Schulen Missstände gibt, ist mir völlig klar, allerdings habe ich es persönlich nicht derart vernichtend erlebt, wie du es darstellst, auch hinsichtlich Erziehung zu kritischem Denken. Es geht mir aber nicht um die Verteidigung der konkreten Situation der Schule in Deutschland, wobei ich das deutsche Schulsystem nicht als Stelle staatlicher Indoktrination erlebt habe - wobei ich mir schon einbilde, eine eigene Meinung zu haben.


Ich glaube nicht, dass wir aneinander vorbeireden :mg:
Ich habe nur andere Ansprüche an ein staatliches Schulsystem.

Nanna hat geschrieben:Ich möchte lediglich klarstellen, dass nur ein öffentlich-staatlich überwachter Unterricht überhaupt in die engere Auswahl für Unterrichtsformen kommt, die im Sinne des Rechts auf freie Entfaltung der Persönlichkeit des Kindes gewährleisten kann, dass der Unterricht nicht zur weltanschaulichen Indoktrination oder zum Verdecken von physischer und psychischer Misshandlung missbraucht wird.


Holla! Vergegenwärtige dir bitte mal die jüngere deutsche Geschichte und die massenhafte Indoktrination in der NS-, DDR und auch der BRD-Gesellschaft! Es gab und gibt in Deutschland Berufsverbote gegen politisch unliebsame Lehrer. Erst vor wenigen Monaten musste sich ein Hesse mit herausragenden Zensuren in den Schuldienst klagen, weil man ihn wegen seines antifaschistischen Engagements dort nicht haben wollte. ich habe persönlich während meiner Zivi-Zeit höchstengagierte Jugendarbeiter kennen gelernt, die Berufsverbote hatten und sich mit Jobs durchschlagen mussten und das waren keine Taliban oder Kinderschänder, wie man sie bevorzugt an staatlich-kirchlichen Schulen findet.

Nanna hat geschrieben:Heimunterricht, wie ihn die angesprochenen Eltern praktizieren, kommt einfach aus prinzipiellen Gründen nicht in Frage. Vielleicht sind wir da im Prinzip ja sogar einer Meinung?


Absolut nicht! Selbstverständlich müssen Eltern das Recht haben ihre Kinder selber zu unterrichten. Mit welchem Recht bildet sich ein Staat überhaupt ein, Kinder für viele Jahre zwangsweise in Erziehungslager zu stecken?
Der Staat muss ein Angebot machen Schüler zu unterrichten, ZWINGEN darf er nicht.
Wir sind doch nicht in Nordkorea!
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Re: Asyl in den USA für deutsche Fundmentalisten

Beitragvon Zappa » Do 18. Feb 2010, 20:34

Dissidenkt hat geschrieben: Über schulverweigernde Schüler habe ich gar nicht gesprochen.


Achso, nur verlinkt. Komm lass stecken ...
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Re: Asyl in den USA für deutsche Fundmentalisten

Beitragvon smalonius » Do 18. Feb 2010, 22:34

Dissidenkt hat geschrieben:Selbstverständlich müssen Eltern das Recht haben ihre Kinder selber zu unterrichten. Mit welchem Recht bildet sich ein Staat überhaupt ein, Kinder für viele Jahre zwangsweise in Erziehungslager zu stecken?
Der Staat muss ein Angebot machen Schüler zu unterrichten, ZWINGEN darf er nicht.

:up:

Du hast so recht. Ich habe nichts hinzuzufügen.

Außer daß man auch die Kinder fragen sollte, was sie wollen.
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Re: Asyl in den USA für deutsche Fundmentalisten

Beitragvon platon » Do 18. Feb 2010, 23:00

Dissidenkt hat geschrieben:Selbstverständlich müssen Eltern das Recht haben ihre Kinder selber zu unterrichten. Mit welchem Recht bildet sich ein Staat überhaupt ein, Kinder für viele Jahre zwangsweise in Erziehungslager zu stecken?

Nein, das müssen sie nicht. Und es gibt wenige Staaten, die das zulassen und das sind alles Staaten, die wie die USA Bedürftigen für eine kurze zeit Unterstützung gewähren und sich dann rumdrehen und Dich krepieren lassen. Kann man machen - muss man aber nicht. Und wenn der Staat seine Zusage gegeben hat, Dich lebenslang (wenn es sein muss) zu alimentieren, dann darf er auch nachschauen, ob Du überhaupt die Ausbildung bekommst, die dich zumindest theoretisch befähigt, später für Deinen eigenen Lebensunterhalt zu sorgen.
Aber was mich brennend interessiert: welches Land hat denn das Bildungssystem, das Du in Ordnung findest?
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Re: Asyl in den USA für deutsche Fundmentalisten

Beitragvon Dissidenkt » Do 18. Feb 2010, 23:59

smalonius hat geschrieben:Außer daß man auch die Kinder fragen sollte, was sie wollen.


Kinder sind wie ausgetrocknete Schwämme, was Wissen anbetrifft. Kinder wollen nichts mehr als lernen lernen lernen. Alles Spiel entspringt dem Drang das eigene Geschick zu verbessern und sich mit anderen zu messen. Alle Fragen dienen nur dem Zweck die Welt zu verstehen.
Bis sie in die Schule müssen und ihre unbändige Begeisterungsfähigkeit und ihre Neugier bei den meisten zerstört oder nachhaltig beschädigt wird.

Hast du schon mal Kindern beim Lernen zugeschaut? Nicht irgendeinen Scheiss für die Schule, sondern etwas, dass sie wirklich interessiert, wenn sie sich in etwas verbissen haben? Man kann deren Hirn förmlich rattern hören und mir wird klar, dass ich der Evolution bei ihrer ureigensten Tätigkeit zuschaue :)

Vergleich das mal mit den gepeinigten oder gelangweilten Gesichtern im Klassenraum!


platon hat geschrieben:Nein, das müssen sie nicht. Und es gibt wenige Staaten, die das zulassen und das sind alles Staaten, die wie die USA Bedürftigen für eine kurze zeit Unterstützung gewähren und sich dann rumdrehen und Dich krepieren lassen. Kann man machen - muss man aber nicht. Und wenn der Staat seine Zusage gegeben hat, Dich lebenslang (wenn es sein muss) zu alimentieren, dann darf er auch nachschauen, ob Du überhaupt die Ausbildung bekommst, die dich zumindest theoretisch befähigt, später für Deinen eigenen Lebensunterhalt zu sorgen.


Zunächst mal muss man sagen, dass die USA ihren Bürgern auch nicht soviel Geld abpressen wie hier in Deutschland. Und die Alimentierung gibt unser Staat nur, nachdem er das Geld vorher von den Bürgern zwangsweise eingezogen hat. Wenn er dann noch im Bildungswesen so unfassbar versagt wie hier, wo Schulabgänger manchmal nicht mal Lesen und Schreiben können, sollte man annehmen, dass etwas gründlich schief läuft.
(Nicht das ich das System in den USA besser finde. Es ging mir nur um die Freiheit des Homeschoolings)

platon hat geschrieben:Aber was mich brennend interessiert: welches Land hat denn das Bildungssystem, das Du in Ordnung findest?


Ländervergleiche interessieren mich nicht. Ich habe meine eigenen Vorstellungen, wie gute Bildung auszusehen hat. Übereinstimmende Ansätze gibt es hier und da auch in Deutschland, aber sicher nicht im 3-gliedrigen Ständesystem :mg:
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Re: Asyl in den USA für deutsche Fundmentalisten

Beitragvon Arathas » Fr 19. Feb 2010, 10:21

Dissidenkt hat geschrieben:Hast du schon mal Kindern beim Lernen zugeschaut? Nicht irgendeinen Scheiss für die Schule, sondern etwas, dass sie wirklich interessiert, wenn sie sich in etwas verbissen haben? Man kann deren Hirn förmlich rattern hören und mir wird klar, dass ich der Evolution bei ihrer ureigensten Tätigkeit zuschaue :)

Vergleich das mal mit den gepeinigten oder gelangweilten Gesichtern im Klassenraum!


Das ist nicht nur bei Kindern so - auch bei Erwachsenen kannst du das beobachten, wenn es um etwas geht, das jemanden tatsächlich interessiert und der Person viel Spaß macht.

Aber etwas zu finden, das zwei Kinder gleichermaßen so interessier, ist schon schwer genug. Bei 30 Schülern völlig unmöglich, weil alle so unterschiedliche Interessen haben, dass es nicht funktionieren kann. Ausweg: Einzelunterricht. Aber davon abgesehen, dass diese Vorstellung hanebüchen ist, würde den Kindern bei zielgerichtetem und auf sie angepasstem Einzelunterricht dennoch wieder viel verloren gehen: Der Umgang mit den anderen Schülern, alle sozialen Kontakte der Schule. Auch nicht das wahre. :/
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Re: Asyl in den USA für deutsche Fundmentalisten

Beitragvon Nanna » Fr 19. Feb 2010, 11:14

Dissidenkt hat geschrieben:Vergegenwärtige dir bitte mal die jüngere deutsche Geschichte und die massenhafte Indoktrination in der NS-, DDR und auch der BRD-Gesellschaft! Es gab und gibt in Deutschland Berufsverbote gegen politisch unliebsame Lehrer. Erst vor wenigen Monaten musste sich ein Hesse mit herausragenden Zensuren in den Schuldienst klagen, weil man ihn wegen seines antifaschistischen Engagements dort nicht haben wollte. ich habe persönlich während meiner Zivi-Zeit höchstengagierte Jugendarbeiter kennen gelernt, die Berufsverbote hatten und sich mit Jobs durchschlagen mussten und das waren keine Taliban oder Kinderschänder, wie man sie bevorzugt an staatlich-kirchlichen Schulen findet.


Godwin's Law?

Zuerstmal: Ich kenne die Einzelfälle nicht, aber immerhin besteht ja hier die Möglichkeit, diese öffentlich zu thematisieren und dadurch möglicherweise eine Änderung herbeizuführen. Prinzipiell befürworte ich auch, dass Menschen mit radikalen politischen Meinungen aus bestimmten Berufen ferngehalten werden, wobei ich damit nicht sage, dass das auf o.g. Fälle zutrifft.
Indoktrination funktioniert in gleichgeschalteten Gesellschaften, nicht aber in einer offenen und pluralen Gesellschaft. Dass Deutschland nicht das Nonplusultra dafür ist, behaupte ich gar nicht, aber die Situation halte ich längst nicht für derart katastrophal, wie du sie darstellst.

Du kannst zwar sehr schön Einzelfälle zitieren, die demonstrieren, dass es Fehlentwicklungen gibt, aber worauf ich warte, ist, dass du mir prinzipiell aufzeigst, warum Heimunterricht dem Ziel, dass JEDES Kind sich frei entfalten kann, dienlicher ist, als staatlicher Unterricht, der im Gegensatz zu ersterer Unterrichtsform öffentlich überwacht werden kann. Es heißt NICHT, dass jeder staatliche Unterricht dazu geeignet ist.

Ich behaupte lediglich, dass bestimmte Formen des staatlichen Unterrichts dazu geeignet sind, aber keinerlei Formen des Heimunterrichts. Daher müssen sich die Bemühungen auf eine Verbesserung des staatlichen Systems stützen und nicht unkontrollierbare Parallelsysteme etablieren.

Dissidenkt hat geschrieben:
Nanna hat geschrieben:Heimunterricht, wie ihn die angesprochenen Eltern praktizieren, kommt einfach aus prinzipiellen Gründen nicht in Frage. Vielleicht sind wir da im Prinzip ja sogar einer Meinung?


Absolut nicht! Selbstverständlich müssen Eltern das Recht haben ihre Kinder selber zu unterrichten. Mit welchem Recht bildet sich ein Staat überhaupt ein, Kinder für viele Jahre zwangsweise in Erziehungslager zu stecken?
Der Staat muss ein Angebot machen Schüler zu unterrichten, ZWINGEN darf er nicht.
Wir sind doch nicht in Nordkorea!


Empörung ersetzt keine Argumente.

Wir könnten jetzt sehr viel über Staatstheorie, Gesellschaftsverträge usw. reden, aber kurz gesagt: Der Staat hat dieses Recht, weil es seine Grundaufgabe ist, ein geregeltes Zusammenleben zu sichern und zwar sinnvollerweise gewichtet nach der Maslowschen Bedürfnispyramide. Dazu müssen seine Mitglieder gewisse soziale Kompetenzen erwerben, sonst wird das System instabil. Jede soziale Gemeinschaft strebt nach einer gewissen inneren Konformität, nach geregelten sozialen Normen. Solche Normen sind immer ein Kompromiss zwischen den Bedürfnissen des Individuums und des Kollektivs.

Heimunterricht ist da aber die wesentlich schlechtere Alternative, denn, mal ehrlich, Eltern haben ein viel größeres Interesse, Kindern ihre ganz bestimmte Weltsicht aufzudrücken, als ein freiheitlich-demokratischer Staat bzw. seine Manifestation in einem Lehrerkollegium von 50 und mehr Personen. Eine demokratische Meinungsbildung lebt ja auch vom Streit und dem Aufeinanderprallen unterschiedlicher Lebensrealitäten, der kann aber erst gar nicht entstehen, wenn alle sich abschotten und schon als Kinder nicht mit Kindern aus Elternhäusern mit anderer Meinung zusammenkommen. Die staatliche Schule hat also prinzipiell die viel besseren Möglichkeiten, Individuen mit eigenständiger Meinung heranzuziehen, weil beim Heimunterricht Kontroversen gar nicht die ausreichende Grundlage haben, um überhaupt zu entstehen.

Der Staat - zumindest ein Staat wie die BRD muss diesen Anspruch haben - muss außerdem sicherstellen, dass seine Mitglieder sich im Rahmen der Möglichkeiten, die innerhalb des gesetzlichen Rahmens geboten werden können, frei und nach individueller Vorliebe entwickeln können. Nach eigener Vorliebe bedeutet nicht nach Vorliebe der Eltern!
Die Kinder sind nämlich als individuelle Menschen und nicht als halbmenschliche Anhängsel ihrer Erzeuger in erster Linie Staatsbürger und in zweiter Linie die Kinder ihrer Eltern, nicht andersherum! Der Staat als Insititution, die keinerlei persönliche Vorlieben für Einzelpersonen haben darf und alle seine Staatsbürger gleichermaßen schützen muss - zur Not auch vor den eigenen Eltern - hat daher das Recht, verbindliche Erziehungsstandards nach seinen Regeln in einem demokratischen Prozess und flankiert von Grundgesetz und Menschenrechten festzulegen. Das individuelle Entfaltungsrecht des Kindes wiegt viel höher als das Interesse der Eltern ihre Meinung auf die nächste Generation zu prägen.

Dies bedeutet, um jetzt konkret auf das Thema Schule zu kommen, dass ein Lehrkörper seinen Schülern keine Meinung aufzwingen darf, außer ein paar recht grundsätzlichen wie sozialen Spielregeln zu tolerantem Umgang miteinander, gewaltloser Konfliktlösung und Achtung der Freiheit der Anderen. Fang jetzt bitte nicht wieder an, mir zu erzählen, dass das an vielen deutschen Schulen nicht ausreichend praktiziert wird, ich hab's verstanden, aber ein Argument wird es dadurch immer noch nicht, weil es nicht das staatliche Unterrichtssystem, sondern nur bestimmte derzeit praktizierte Formen davon widerlegt, die ich nicht automatisch dadurch gutheiße, dass ich ein staatliches Schulsystem möchte. Das Heimschulsystem scheitert dagegen prinzipiell, weil es nicht öffentlich auf die Einhaltung dieser Zielvorstellungen zu überprüfen ist. Im staatlichen System muss das auch nicht passieren, aber es KANN und das ist der Knackpunkt.

Ich hätte auch noch ein paar Fragen:
  • Woher kommt der Glaube, einmal "erfolgreich" Geschlechtsverkehr zu haben und ein Kind auf die Welt zu bringen, befähige dazu, selbiges auch erfolgreich zu erziehen?
  • Woher kommt es, dass fast 40% der Homeschooler in den USA religiöse Gründe für den Heimunterricht angeben - und was bedeutet das letztlich für die Zukunft einer offenen, pluralen Gesellschaft? http://en.wikipedia.org/wiki/Homeschooling#Motivations
  • Gibt es gerade in den USA eventuell einen Zusammenhang zwischen latentem Rassismus, religiösem Wahn und der Unfähigkeit weiter Teile der Öffentlichkeit, v.a. im Bible Belt, wo Homeschooling besonders verbreitet sein dürfte, wissenschaftliche Argumente in einer öffentlichen Debatte anzuerkennen?
  • Hat eventuell die haarsträubende Ungebildetheit, gut illustrierbar an den Mehrheitsmeinungen in den USA zu Evolution oder kosmologischen Fragen, eventuell etwas damit zu tun, dass ungebildete Religiöse ihre Ideologie filterlos an die nächste Generation weitergeben können, was zusammengenommen mit der höheren Fertilität der Religiösen die Gefahr der Etablierung eines religiösen Meinungstotalitarismus auf Dauer ziemlich real erscheinen lässt?
  • Wo dürfte die Gefahr eines solchen Meinungstotalitarismus größer sein: Im eher etatistischen und ziemlich bunten Berlin mit seinem verpflichtenden Ethikunterricht oder im eher religiösen, staatsfeindlichen Bible Belt mit Homeschooling? Wo wird man ein Kind eher seinen eigenen Weg gehen lassen bzw. wo wird das Kind überhaupt erst eher auf die Idee kommen, dass das möglich ist?


Und weil du auch was von Ständesystem erzählt hast: Heimunterricht lädt erst so richtig dazu ein, dass Milieus ihre eigenen privaten Schulsysteme entwickeln. Die Durchlässigkeit und soziale Mobilität in einer Gesellschaft wird ganz sicher nicht dadurch gefördert, dass man den Milieus, die es sich leisten können, Tür und Tor öffnet, sich durch eklusive Programme vom Rest der Gesellschaft abzuschotten. Es würde bedeuten, dass die Kinder aus ungebildeten Familien noch weniger mit anderen Gesellschaftsschichten in Berührung kommen. Wozu solche Parallelgesellschaften führen kann man beinahe jährlich z.B. in den Pariser Banlieus sehen (ja, Frankreich ist sehr etatistisch, was eben zeigt, dass staatliche Systeme nicht per se gut sind). (Flächendeckender) Heimunterricht wirkt nicht einem ständischen, feudalen System entgegen, sondern es etabliert sie.
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Re: Asyl in den USA für deutsche Fundmentalisten

Beitragvon platon » Fr 19. Feb 2010, 12:12

Dissidenkt hat geschrieben: Wenn er dann noch im Bildungswesen so unfassbar versagt wie hier, wo Schulabgänger manchmal nicht mal Lesen und Schreiben können, sollte man annehmen, dass etwas gründlich schief läuft.

Es gibt wenige Länder auf dieser Erde, wo das Schulsystem weniger Analphabeten produziert als in unserem Lande, es sind natürlich immer noch zu viele. Und wenn Du über das ungeheuer viele Geld jammerst, das "unser Staat von den Bürgern zwangsweise eingezogen hat" dann kann ich Dir sagen, dass die Steuerbelastung in diesem Land sehr durchschnittlich ist. Bei uns sind die Sozialabgaben hoch, aber dafür haben wir auch in der Mehrzahl eine ausreichende Absicherung gegen Krankheit und Armut.
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Re: Asyl in den USA für deutsche Fundmentalisten

Beitragvon Dissidenkt » Fr 19. Feb 2010, 17:41

Arathas hat geschrieben:Das ist nicht nur bei Kindern so - auch bei Erwachsenen kannst du das beobachten, wenn es um etwas geht, das jemanden tatsächlich interessiert und der Person viel Spaß macht.


Klar, aber bei Kindern siehst du wie sehr das Lernen ihnen Spaß macht. Erwachsene qüälen sich meist rum ... :mg:

Arathas hat geschrieben:Aber etwas zu finden, das zwei Kinder gleichermaßen so interessier, ist schon schwer genug. Bei 30 Schülern völlig unmöglich, weil alle so unterschiedliche Interessen haben, dass es nicht funktionieren kann.


Genau da haben wir ein Hauptproblem unserer Schulen. Sie sind eben nicht Schülerzentriert, sondern Lernstoffzentriert. 30 Kinder werden zum Zeitpunkt xy in einen Raum gesperrt und gezwungen sich für etwas zu interessieren, was in der Regel mit ihrer Neugier und Lebenswirklichkeit gar nichts zu tun hat. 45 Minuten müssen sie sich für Algebra begeistern, dann 45 Minuten für Napoleon, dann 45 Minuten Nildelta, etc...

Arathas hat geschrieben:Ausweg: Einzelunterricht.
Aber davon abgesehen, dass diese Vorstellung hanebüchen ist, würde den Kindern bei zielgerichtetem und auf sie angepasstem Einzelunterricht dennoch wieder viel verloren gehen: Der Umgang mit den anderen Schülern, alle sozialen Kontakte der Schule. Auch nicht das wahre. :/


Es gibt andere Wege. Gemischte Lerngruppen, ganzheitlicher Unterricht, Mitbestimmung bei Lerninhalten und -methoden, etc...
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Re: Asyl in den USA für deutsche Fundmentalisten

Beitragvon Jarl Gullkrølla » Fr 19. Feb 2010, 18:35

Dissidenkt hat geschrieben:Klar, aber bei Kindern siehst du wie sehr das Lernen ihnen Spaß macht. Erwachsene qüälen sich meist rum ... :mg:



Da gibt es tolles Beispiel, denn eigentlich sind die audiolingualen Sprachlernmethoden deswegen sehr ineffektiv, weil ihre Sprachbeispiele mit keiner kontingten, alltäglichen Sprechmotivation in Verbindung stehen. Man hat ihre Effekitität allerdings an den amerikanischen Soldaten des zweiten Weltkrieges festgemacht, die mittelst eines Intensivkurses mit jener Methode schon nach wenigen Monaten nicht unter Deutschen auffielen und auch das um sie herum Gesprochene verstanden.

"This a good example of the impact of motivation. These soldiers were eager and enthusiastic, unlike high school students who were reported to find the exercise boring, tedious, and pointless." (Paradis 2004)

"Young children are highly motivated to say what they want to say and to understand what is said to them. This is the dimension that, to the present day, has been lacking in foreign language teaching methods." (ebenda)

Ist lernen motiviert, wird das im präfrontalen Kortex repräsentierte explizite Wissen stärker mit dem limbischen System verbunden, "einverleibt", so wie schon Nietzsche meinte, dass es nichts nütze, Wissen gleich einer Enzyklopädie zu beinhalten.
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