Warum sind Christen gegen die Evolutionslehre

Re: Warum sind Christen gegen die Evolutionslehre

Beitragvon stine » Do 20. Mai 2010, 19:57

El Schwalmo hat geschrieben:...bereits usurpiert.
Klingt irgendwie nach verspeister Ursuppe..., wenn man schnell drüber liest.
Ist nicht einfach mit euch! :/

LG stine
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Re: Warum sind Christen gegen die Evolutionslehre

Beitragvon ujmp » Do 20. Mai 2010, 20:21

ujmp hat geschrieben:wegen dieses Konsistenzbedürfnisses sind fundamentalistische Strömungen im Kommen - die Leute haben die Nase voll vom pseudophilosophischen Geschwurbel ihrer Theologen.


"Even so, given a choice between honest-to-goodness fundamentalism on the one hand, and the obscurantist, disingenuous doublethink of the Roman Catholic Church on the other, I know which I prefer. " - Da spricht mir Dawkins aus dem Herzen.
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Re: Warum sind Christen gegen die Evolutionslehre

Beitragvon Mark » Fr 21. Mai 2010, 23:58

Also ich weiss nicht was davon für sich genommen wirklich besser sein soll.. ich meine wenn es schon überhaupt eines von beiden geben muss, ist es mir lieber wenn es beide Strömungen gibt, denn die Existenz jeder Strömung ist ein gutes Argument gegen die jeweils andere. Ein geschlossener Gegner ist ein stärkerer Gegner, wie schon die altchinesischen Militärphilosophen wussten..
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Re: Warum sind Christen gegen die Evolutionslehre

Beitragvon darwin upheaval » So 23. Mai 2010, 12:50

Myron hat geschrieben:
El Schwalmo hat geschrieben:Ich halte nicht viel von Dawkins. Aber sein Beitrag zur Rede des Papstes, der in etwa wie Ayala 'argumentierte', ist immer noch das Beste, was es zu diesem Geschwurbel zu sagen gibt:
Dawkins, R. (1997) 'Obscurantism to the Rescue' The Quarterly Review of Biology 72 (4):397-399
URL: http://www.biology.mcmaster.ca/course_i ... s03_04.pdf, letzter Zugriff: 11.05.2010


Ja, Richie bringt's auf den Punkt.


"Richie" zeigt hier eigentlich nur, dass er gerne auf Religion jedweder Couleur eindrischt. Die Kreationisten liefern ihm dafür genügend Steilvorlagen, aber auf die liberalen kann er nicht so, wie er gern möchte. Das macht Menschen, die gerne auf Religion eindreschen, natürlich ärgerlich. Dann passiert es schon mal, dass man Strohmännlein abfackelt: Man nimmt radikale Beispiele und generalisiert diese, so wie in seinem "Gotteswahn" geschehen, indem er man die auch auf das "liberale" Christentum ausdehnt. Und wenn sich diese dann zu Recht gegen die Fehl-Etikettierungen wehren, sagt man denen verächtlich: "Was wollt Ihr, ihr seid ja gar keine Christen, sondern nur Obskurantisten". Das hat ein wenig etwas von dem "wahren Schotten".

Noch suspekter sind mir Menschen, die bis zum Gehtnichtmehr auf die liberalen Theologen eindreschen, bei den Kreazzis jedoch "den Konzilianten" heraushängen lassen, weil es ihnen nicht passt, dass manche Menschen (einschließlich der liberalen Christen) auf Wissenschaftlichkeit beharren.
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Re: Warum sind Christen gegen die Evolutionslehre

Beitragvon ujmp » So 23. Mai 2010, 14:19

Das hat mit Eindreschen nichts zu tun. Stil ist Geschmackssache. Man muss die Wahrheit aber sagen dürfen, auch wenn sie auf den Gegner u.U. vernichtend wirkt. Dazu ist die Wahrheit ja da. Hans Albert hat z.B. auch Hans Küng Unlauterkeit vorgeworfen. Es nützt nur nicht allzuviel, weil Theologie dem Wesen nach keine Wahrheitssuche sondern Ideologie ist.
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Re: Warum sind Christen gegen die Evolutionslehre

Beitragvon Nanna » So 23. Mai 2010, 15:24

ujmp hat geschrieben:Man muss die Wahrheit aber sagen dürfen, auch wenn sie auf den Gegner u.U. vernichtend wirkt.

Um das der Vollständigkeit halber zu ergänzen: Man muss "die Wahrheit" dann aber auch verdammt gut beweisen können, andernfalls ist es keine Wahrheit, sondern eine unbewiesene und damit letztlich willkürliche Vorstellung von der Wahrheit.
Sprüche wie "man muss auch mal die Wahrheit sagen dürfen" sind mir sehr suspekt, weil diese sehr oft im Zusammenhang mit totalen und gleichzeitig äußerst simplifizierenden Wahrheitsansprüchen geäußert werden. Wer kann schon zu recht von sich behaupten, je einen Sachverhalt völlig vollständig und wahrheitsgemäß, d.h. in Übereinstimmung mit der objektiven Wirklichkeit, präsentiert zu haben?
"Wahrheit" wird mir gerade im (gesellschafts)politischen Zusammenhang viel zu oft als Kampfbegriff verwendet. Es ist das eine, ein Denkmodell (z.B. Kreationismus) einem anderen (z.B. Evolutionstheorie) gegenüberzustellen und die methodische und empirische Überlegenheit des einen festzustellen; es ist etwas anderes ein Modell der Wirklichkeit als Wahrheit (gleichbedeutend einer letztgültigen Aussage) hinzustellen, vor allem dann, wenn es, wie bei Dawkins darin von normativen Bewertungen wimmelt.
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Re: Warum sind Christen gegen die Evolutionslehre

Beitragvon ujmp » So 23. Mai 2010, 17:08

Nanna hat geschrieben:
ujmp hat geschrieben:Man muss die Wahrheit aber sagen dürfen, auch wenn sie auf den Gegner u.U. vernichtend wirkt.

Um das der Vollständigkeit halber zu ergänzen: Man muss "die Wahrheit" dann aber auch verdammt gut beweisen können, andernfalls ist es keine Wahrheit, sondern eine unbewiesene und damit letztlich willkürliche Vorstellung von der Wahrheit.

Ich denke nicht. Um zu zeigen, dass eine Anschauung falsch sein muss, muss man die Wahrheit gar nicht kennen. Z.B. wenn der Verdächtige ein Alibi hat. Wenn er aber unruhig wird, sobald du das Wort "Wahrheit" aussprichst, hat er vermutlich eine Leiche im Keller.

Mir scheint es nicht möglich, den Begriff der Totalität auf Kritizismus anzuwenden, da er eher etwas Destruktives ist - oder was meinst du?
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Re: Warum sind Christen gegen die Evolutionslehre

Beitragvon ujmp » So 23. Mai 2010, 17:18

...bin grad nochmal ins Grübeln gekommen: Das Wort "Wahrheit" ist ein Fall von verwirrender Homonymie. Es meint einerseits die Eigenschaft einer Aussage, wahr oder falsch zu sein, also den "Wahrheitswert", der ebensogut "Falschheitswert" heißen könnte. Andererseits bedeutet es auch eine Aussage, mit dem Wahrheitswert wahr ("reine Wahrheit"). Im ersteren Sinne kann man also auch über Wahrheit sprechen, indem man über Falschheit spricht. Kritik meint ja immer Falschheit.
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Re: Warum sind Christen gegen die Evolutionslehre

Beitragvon Nanna » So 23. Mai 2010, 17:28

(edit: Hab die Antwort vor deinem zweiten Post verfasst)

Ok, beschränkt auf den Fall, dass nur gezeigt werden soll, dass ein bestimmter Satz falsch ist, ist Wahrheit natürlich relativ einfach zu erreichen. Die Aussage "Der Kreationismus ist in weiten Teilen unlogisch und mit empirischen Ergebnissen unvereinbar" ist leicht zu beweisen, ist aber auch etwas ganz anderes als die Wahrheit von "Die Evolutionstheorie bildet die objektive Wirklichkeit ab" zu beweisen; das ist viel komplexer und schwieriger. Insofern hast du auf den Teilbereich der reinen Widerlegung beschränkt natürlich recht, das gebe ich unumwunden zu.

Die Frage ist nur, ob das allein in einer Auseinandersetzung etwas bringt. Meiner Erfahrung nach halten die Leute selbst dann noch an widerlegten Ansichten fest, wenn sie keine Alternativen kennen und verstanden haben, die die Bedrohung kompensieren können, die aus der Widerlegung ihrer ursprünglichen Ansichten resultiert. An einem Beispiel verdeutlicht: ein Kreationist muss sehr viel Liebe zur Logik mitbringen, wenn er die Widerlegung des Kreationismus akzeptieren kann, obwohl damit elementare Teile seines bisherigen Weltbildes und damit auch Lebenskonzeptes über den Haufen geworfen werden. Ich denke, bei vielen wird die Angst vor dem Verlorensein, der eigenen kosmischen Bedeutungslosigkeit und ein nicht zu Ende gedachtes Schreckensbild des kalten Materialismus soviel Angst erzeugen, dass die Erkenntnis, dass der Kreationismus falsch ist, einfach vom Unterbewusstsein weggefiltert wird. Will man dem anderen also helfen, von kruden Ansichten loszukommen, wird man sich in vielen Fällen nicht nur auf das Widerlegen dessen bisheriger Weltsicht beschränken können, sondern muss auch Alternativen anbieten können und sie so kommunizieren, dass sie dem anderen nicht nur logisch, sondern auch einladend erscheinen. Das erfordert neben einem gut gerüttelten Maß psychologischer Fähigkeiten eine gute Argumentation und unanfechtbare Belege für die Alternative. Wir kommen also letztlich zu dem Punkt zurück, dass wir nicht nur Wahrheit im Sinne von "es ist wahr, dass Satz X nicht wahr ist" benötigen, sondern viel schwieriger zu erlangende Wahrheit im Sinne von substantiellem Wissen/Erkenntnis.

Also ja, Kritizismus allein ist in diesem Sinne destruktiv, aber das bringt uns erstmal nur theoretisch weiter und nicht in der praktischen Auseinandersetzung. Jetzt gebe ich den Ball zurück: Wie siehst du das?
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Re: Warum sind Christen gegen die Evolutionslehre

Beitragvon El Schwalmo » So 23. Mai 2010, 17:41

ujmp hat geschrieben:Das hat mit Eindreschen nichts zu tun. Stil ist Geschmackssache. Man muss die Wahrheit aber sagen dürfen, auch wenn sie auf den Gegner u.U. vernichtend wirkt. Dazu ist die Wahrheit ja da. Hans Albert hat z.B. auch Hans Küng Unlauterkeit vorgeworfen. Es nützt nur nicht allzuviel, weil Theologie dem Wesen nach keine Wahrheitssuche sondern Ideologie ist.

für mich ist das 'Problem' eher eins der Ehrlichkeit.

Die Theologen haben irgendwann erkannt, dass es eine Naturwissenschaft und viele Religionen gibt. Da dämmerte denen, dass sie ein Problem haben. Und nun wollten sie halt den Kuchen essen und behalten. Einen auf Naturwissenschaft machen und als Christen herumlaufen. Das kann man machen, denn der Mensch hat es schon immer geschafft, mit kognitiven Dissonanzen zu leben.

Mein Punkt war aber ein etwas anderer. Wenn man Evolution ernst nimmt, hat man mit Christentum ein Problem, denn da geht es ja nicht nur um Soft-Kreationismus, sondern um ganz konkrete Dinge wie Auferstehung, Heilserwartung und so weiter. Die kriegt man mit Evolution kaum sinnvoll unter einen Hut. Okay, bis hier ist das für mich immer noch ein Glasperlenspiel.

Irgendwie finde ich es aber abartig, wenn diese Soft-Kreationisten meinen, Wissenschaftlichkeit als Trumpfkarte spielen zu können, wenn Hard-Core-Christen denen zeigen, dass ihr Christentum etwas sehr light ist. Das sieht dann so aus, als halte man stolz die Säge in die Luft, mit der man gerade den Ast absägte, auf dem man saß.
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Re: Warum sind Christen gegen die Evolutionslehre

Beitragvon El Schwalmo » So 23. Mai 2010, 17:58

Nanna hat geschrieben:Die Aussage "Der Kreationismus ist in weiten Teilen unlogisch und mit empirischen Ergebnissen unvereinbar" ist leicht zu beweisen,

kommt darauf an, was Du unter 'Kreationismus' verstehst. Wenn Du YEC meinst, okay, bei Intelligent Design sieht das etwas anders aus.

Nanna hat geschrieben:ist aber auch etwas ganz anderes als die Wahrheit von "Die Evolutionstheorie bildet die objektive Wirklichkeit ab" zu beweisen; das ist viel komplexer und schwieriger.

Stimmt, das halte ich sogar für unmöglich, solange niemand den Solipsismus widerlegt hat. Sollte man sich auf hypothetischen Realismus einigen können, halte ich Evolution für eine historische Tatsache, Deszendenz für eine der am besten belegten wissenschaftlichen Theorien und Evolutionsmechanismen erforschen wir noch. Keine Ahnung, ob man ohne Designer auskommt. Bisher konnte aber noch niemand zeigen, was er schafft.

Nanna hat geschrieben:An einem Beispiel verdeutlicht: ein Kreationist muss sehr viel Liebe zur Logik mitbringen, wenn er die Widerlegung des Kreationismus akzeptieren kann, obwohl damit elementare Teile seines bisherigen Weltbildes und damit auch Lebenskonzeptes über den Haufen geworfen werden.

Das stimmt. Bei Shermer und Numbers hat genau das geklappt, bei Wise nicht (ich kann Dir gerne Quellen zu den entsprechenden Schilderungen dieser Menschen posten).

[ Übereinstimmungshalber gesnippt ]

Nanna hat geschrieben:Also ja, Kritizismus allein ist in diesem Sinne destruktiv, aber das bringt uns erstmal nur theoretisch weiter und nicht in der praktischen Auseinandersetzung. Jetzt gebe ich den Ball zurück: Wie siehst du das?

Die praktische 'Auseinandersetzung findet hierzulande im großen Rahmen kaum statt. Sogar im Darwin-Jahr hielt sich das Ganze sehr in Grenzen. Anders sieht es in Amiland aus. Interessant ist, zu vergleichen, warum das so ist. Ein wichtiger Gesichtspunkt ist das Schulsystem. Komischerweise sind die Soft-Kreationisten bei uns (die Religionsunterricht in der Schule abhalten) das wichtigste Bollwerk gegen Kreationismus, allerdings ein Bollwerk mit Pferdefuß.

Vermutlich gibt es gar keine allgemein gültige Methode, wie man Menschen davon abhalten kann, Kreationisten zu werden, oder solche, die es geworden sind, zu 'bekehren'. Vermutlich sollte man sie einfach ihr Leben leben lassen, solange sie andere Menschen nicht gefährden. Bestenfalls 'Munition sammeln', falls man sie doch mal brauchen sollte.
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Re: Warum sind Christen gegen die Evolutionslehre

Beitragvon Myron » So 23. Mai 2010, 18:52

El Schwalmo hat geschrieben:Wenn man Evolution ernst nimmt, hat man mit Christentum ein Problem, denn da geht es ja nicht nur um Soft-Kreationismus, sondern um ganz konkrete Dinge wie Auferstehung, Heilserwartung und so weiter. Die kriegt man mit Evolution kaum sinnvoll unter einen Hut. Okay, bis hier ist das für mich immer noch ein Glasperlenspiel.


Ein konsequenter Anhänger der naturalistischen Evolutionstheorie muss auch an eine wunderfreie Naturgeschichte des tierischen und insbesondere menschlichen Bewusstseins und aller geistig-seelischen Erscheinungen glauben. Das bedeutet den Abschied vom Substanzdualismus, d.h. vom Glauben an Seelen oder Geister als unkörperliche Wesen. Doch spätestens bei diesem Punkt geht es auch einer "liberalen" Theologie an den Kragen! Ich denke, die einzige theoretische Rückzugsnische, die den Theologen dann noch bleibt, ist die Annahme, dass Gott die einzige "spirituelle Substanz" sei, und er keine vergleichbaren menschlichen Seelen erschaffen habe.
In meinen Augen bleibt einem "liberalen" Theologen, der ein konsequenter Evolutionist sein will, somit nur noch die Kombination aus Deismus & "biologischer Substanzmaterialismus". Soll heißen: Es gibt einen ewigen göttlichen Geist, der die Natur und die Naturgesetze erschaffen hat, ohne sich nach der Urschöpfung weiter aktiv darum zu kümmern. Er hat die Menschen nicht "nach seinem Bilde", sondern als gänzlich körperliche Lebewesen erschaffen, die zwar seelische Eigenschaften haben, aber keine Seelen sind, was eine individuelle Auferstehung nach dem Tode ausschließt.
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Re: Warum sind Christen gegen die Evolutionslehre

Beitragvon ujmp » So 23. Mai 2010, 19:08

Nanna hat geschrieben:Also ja, Kritizismus allein ist in diesem Sinne destruktiv, aber das bringt uns erstmal nur theoretisch weiter und nicht in der praktischen Auseinandersetzung. Jetzt gebe ich den Ball zurück: Wie siehst du das?


Das hat auch wieder zwei Seiten. Für Illusionen gibt es keine Alternativen, bzw. scheinen die nicht so attraktiv. Man kann dann höchstens damit trösten, dass das Wenige, das man durch Anerkennung der Wirklichkeit erreichen kann, mehr ist als das großartige Nichts der Einbildungen. Um so mehr geht es m.E. darum Illusionen nicht erst aufkommen zu lassen - schon um den Menschen, die in der Versuchung stehen, religiös zu werden, den Schmerz der Enttäuschung zu ersparen.

Dann gibt es auch Scheinprobleme. Z.B. die Sinn- oder Moralstiftung. Allein schon der Begriff suggeriert, das Sinn oder Moral gestiftet werden müsse, weshalb man erstmal belämmert dasteht, wenn es heißt wie "ohne Kirche keine Moral". Aufgrund der nicht zuletzt durch Religion tradierten Denkweisen scheinen viele Argumente für die Religion auf der Hand zu liegen. Da müssen wir Atheisten erstmal unsre eigenen Selbstverständlichkeiten erarbeiten. Das wird aber ohne Standpunkt nichts.

Theoretisch gibt es auch wichtige Antworten der Religion, für die der Atheismus Alternativen finden sollte - aber mir fällt keine ein. :mg:

Ich denke aber auch, dass die Mehrheit der Religiösen, zumindest die, die selbst diskutieren wollen, selbst einen Wahrheitsanspruch oder eine Konsistenzüberzeugung haben. Man muss da nicht allzu behutsam sein. Also, ich habe als Christ früher schon sehr gerne diskutiert und nachgedacht. Ich war gerade zu heiß darauf, die Kritiker der Bibel zu widerlegen und hab deshalb angefangen, mich mit Wissenschaftstheorie zu beschäftigen - und seht was aus mir geworden ist: ein Atheist! ;-)
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Re: Warum sind Christen gegen die Evolutionslehre

Beitragvon El Schwalmo » So 23. Mai 2010, 19:47

Myron hat geschrieben:Ein konsequenter Anhänger der naturalistischen Evolutionstheorie muss auch an eine wunderfreie Naturgeschichte des tierischen und insbesondere menschlichen Bewusstseins und aller geistig-seelischen Erscheinungen glauben. Das bedeutet den Abschied vom Substanzdualismus, d.h. vom Glauben an Seelen oder Geister als unkörperliche Wesen. Doch spätestens bei diesem Punkt geht es auch einer "liberalen" Theologie an den Kragen! Ich denke, die einzige theoretische Rückzugsnische, die den Theologen dann noch bleibt, ist die Annahme, dass Gott die einzige "spirituelle Substanz" sei, und er keine vergleichbaren menschlichen Seelen erschaffen habe.
In meinen Augen bleibt einem "liberalen" Theologen, der ein konsequenter Evolutionist sein will, somit nur noch die Kombination aus Deismus & "biologischer Substanzmaterialismus". Soll heißen: Es gibt einen ewigen göttlichen Geist, der die Natur und die Naturgesetze erschaffen hat, ohne sich nach der Urschöpfung weiter aktiv darum zu kümmern. Er hat die Menschen nicht "nach seinem Bilde", sondern als gänzlich körperliche Lebewesen erschaffen, die zwar seelische Eigenschaften haben, aber keine Seelen sind, was eine individuelle Auferstehung nach dem Tode ausschließt.

eben. Und wenn das noch 'Christentum' genannt wird, schändet das alle Glaubensbekenntnisse, die ich kenne. Theologen, die das, was Du gerade beschrieben hast, zumindest implizit vertreten, plappern diese Glaubensbekenntnisse in der Kirche nach, teilweise sogar von der Kanzel herab. 'Kognitive Dissionanz' ist noch das Euphemistischste, was mir dazu einfällt.

Aber das war nicht mein Punkt, das ist eine eher lässliche Sünde. Mir geht es darum, dass diese Menschen meinen, mit der Wissenschaftskeule auf Kreationisten eindreschen zu sollen. Dafür fallen mir dann keine Begriffe mehr ein, die nicht pejorativ sind.
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Re: Warum sind Christen gegen die Evolutionslehre

Beitragvon Myron » So 23. Mai 2010, 20:31

El Schwalmo hat geschrieben:eben. Und wenn das noch 'Christentum' genannt wird, schändet das alle Glaubensbekenntnisse, die ich kenne. Theologen, die das, was Du gerade beschrieben hast, zumindest implizit vertreten, plappern diese Glaubensbekenntnisse in der Kirche nach, teilweise sogar von der Kanzel herab. 'Kognitive Dissionanz' ist noch das Euphemistischste, was mir dazu einfällt.


Mir fällt dazu der Ausdruck "intellektuelle Schizophrenie" ein: An den Werktagen wird an die Methoden und Resultate der Naturwissenschaft geglaubt und am Sonntag an einen göttlichen Geist, gottgeschaffene & unsterbliche menschliche Seelen, Himmel & Hölle, die göttliche Dreieinigkeit, die Fleischwerdung Gottes, die Auferstehung nach dem Tode sowie den Sündenfall & die Erbsünde.

El Schwalmo hat geschrieben:Aber das war nicht mein Punkt, das ist eine eher lässliche Sünde. Mir geht es darum, dass diese Menschen meinen, mit der Wissenschaftskeule auf Kreationisten eindreschen zu sollen. Dafür fallen mir dann keine Begriffe mehr ein, die nicht pejorativ sind.


Auch im Haus der sogenannten liberalen Theologie spukt es noch.
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Re: Warum sind Christen gegen die Evolutionslehre

Beitragvon spacetime » So 23. Mai 2010, 21:52

Myron hat geschrieben:Mir fällt dazu der Ausdruck "intellektuelle Schizophrenie" ein

Eine ernsthafte Krankheit, die es zu heilen gilt? Na dann, gute Besserung!
Dann wäre ich auch krank, wenn ich morgens mit dem Auto zur Arbeit fahre, an der ich als Umweltaktivist tätig bin? Nein, denn so wie ein Gläubiger nichts dafür kann, dass er in seiner Kindheit einer Gehirnwäsche (mit dramatischen Folgen) unterlag, so fahre ich mit dem Auto zur Arbeit, weil ich sonst nicht dorthin käme. Dummes Beispiel, aber das Prinzip sagt eben aus, dass der Gläubige den selben Zwängen unterliegt, wie wir alle. Ob wir ihm nun Schizophrenie, Dummheit oder einen schwachen Willen unterstellen, so wird das keine Auswirkungen auf die Ursachen seines Verhatens haben. Sein Verhalten werden wir nicht verstehen können, solange wir glauben, dass er dafür die Verantwortung hat (obwohl der Patient das wahrscheinlich selbst denkt).
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Re: Warum sind Christen gegen die Evolutionslehre

Beitragvon darwin upheaval » Mo 24. Mai 2010, 00:20

ujmp hat geschrieben:Das hat mit Eindreschen nichts zu tun. Stil ist Geschmackssache. Man muss die Wahrheit aber sagen dürfen, auch wenn sie auf den Gegner u.U. vernichtend wirkt. Dazu ist die Wahrheit ja da. Hans Albert hat z.B. auch Hans Küng Unlauterkeit vorgeworfen. Es nützt nur nicht allzuviel, weil Theologie dem Wesen nach keine Wahrheitssuche sondern Ideologie ist.


Es kommt darauf an, wie man das macht. Was Dawkins schreibt, ist zu 80% richtig, aber er wird aufgrund seiner scharfen Polemik kaum jemanden überzeugen, der nicht schon überzeugt ist. Die eigenen Mannen verbal "aufzurüsten", halte ich nur begrenzt für sinnvoll. Als Gegenbeispiel zu Dawkins verweise ich immer gerne auf Gerhard Vollmer. Der ist genauso Naturalist wie Dawkins, aber seine Kritik bleibt sachlich und akademisch. Man kann darüber schmunzeln, wie die versuchen, ihren Gott in ihr Weltbild einzubauen, ohne mit der Evolution in Konflikt zu geraden - und das sachlich kritisieren. Einen gesteigerten Handlungsbedarf, gegen ihren Glauben zu opponieren, sehe ich dagegen nicht, weil der so zahm ist, dass davon (meist) keine Gefahr ausgeht.

Wer sich an den liberalen Christen abarbeitet, kämpft daher IMAO an der falschen Front. Die meisten (nicht alle) sitzen mit den Naturwissenschaftlern im selben Boot, solange es nicht um "High-End-Philosophie" geht, und man kann auch über die Naturwissenschaft hinaus meist recht vernünftig mit ihnen diskutieren. Auch deshalb halte ich es für nicht zutreffend, denen Dummheit, Verblendung oder böse Absichten zu unterstellen. Es gibt im Lager der (ID-) Kreazzis genügend Kandidaten, auf die diese Beschreibung zutrifft. Auf diese Sorte Christ sollte man sich konzentrieren, weil von denen echte Gefahren ausgehen.
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Re: Warum sind Christen gegen die Evolutionslehre

Beitragvon darwin upheaval » Mo 24. Mai 2010, 00:41

spacetime hat geschrieben:
Myron hat geschrieben:Mir fällt dazu der Ausdruck "intellektuelle Schizophrenie" ein

Eine ernsthafte Krankheit, die es zu heilen gilt? Na dann, gute Besserung!
Dann wäre ich auch krank, wenn ich morgens mit dem Auto zur Arbeit fahre, an der ich als Umweltaktivist tätig bin?


Jepp. Solche Widersprüche lassen sich in allen Lebensbereichen konstruieren.

Ich selbst esse z.B. gerne Fleisch aber finde es ethisch trotzdem nicht unproblematisch, Tiere einzupferchen, um sie anschließend zu töten. Ich liebe die Segnungen der modernen Medizin, die auf Tierexperimente angewiesen ist, aber ich halte es ethisch für anstößig, Tiere für das Wohl des Menschen leiden zu lassen. Das sind Widersprüche, die sich nur schwer auflösen lassen. Konsequent wäre die Lebensweise eines Veganers und der Verzicht auf jegliche Medizin. Aber so weit wollen die meisten von uns dann doch nicht gehen.

Ich kann den inneren Zwiespalt, den Menschen aushalten müssen, die sich als "Christ" bezeichnen, durchaus nachvollziehen. Auf der einen Seite wollen die rational "forschen", auf der anderen Seite meinen die, auf "Wunder" rekurrieren zu müssen, weil das eine beruhigende Perspektive bietet. Die "Lösung", die der Kreationismus wählt, ist nicht nur ethisch-moralisch, sondern auch natur- und religionswissenschaftlich absurd. Alles, was mit ihrer Weihnachtsmann-Ideologie nicht kompatibel ist, wird gnadenlos untergebuttert. Bei den "Liberalen" wird dagegen nur die Theologie umgedeutet - im Einklang mit den Erkenntnissen der Religionswissenschaft. Die erkennen, dass sie keine andere Chance haben, wenn sie ihrer Vernunft nicht komplett abdanken wollen. Der Kreationismus ist für die daher nicht nur eine Denkbarriere, sondern auch ein echtes Glaubenshindernis. Und ich muss sagen, ich kann auch (und gerade!) als Naturalist das sehr gut nachvollziehen, auch wenn ich von ihrer Theologie nichts halte.
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Re: Warum sind Christen gegen die Evolutionslehre

Beitragvon darwin upheaval » Mo 24. Mai 2010, 00:56

Myron hat geschrieben:
El Schwalmo hat geschrieben:eben. Und wenn das noch 'Christentum' genannt wird, schändet das alle Glaubensbekenntnisse, die ich kenne. Theologen, die das, was Du gerade beschrieben hast, zumindest implizit vertreten, plappern diese Glaubensbekenntnisse in der Kirche nach, teilweise sogar von der Kanzel herab. 'Kognitive Dissionanz' ist noch das Euphemistischste, was mir dazu einfällt.


Mir fällt dazu der Ausdruck "intellektuelle Schizophrenie" ein: An den Werktagen wird an die Methoden und Resultate der Naturwissenschaft geglaubt und am Sonntag an einen göttlichen Geist, gottgeschaffene & unsterbliche menschliche Seelen, Himmel & Hölle, die göttliche Dreieinigkeit, die Fleischwerdung Gottes, die Auferstehung nach dem Tode sowie den Sündenfall & die Erbsünde.


Das ist wieder so ein Beispiel: Du sprichst von "Schizophrenie" und unterstellst diesen Menschen dadurch von vorn herein eine psychische Erkrankung. Wenn es mir um die Sache geht und nicht darum, Menschen zu diffamieren, würde ich den Begriff der "widersprüchlichen Überzeugungen" oder des "Orwellschen Zwiedenkens" vorziehen.

Ich denke, wir Naturalisten sollten endlich von unseren hohen Ross herabsteigen und aufhören so zu tun, als seien wir die besseren und klügeren Menschen. Wir sollten nicht vergessen, dass Irrationalität eine Wesensart des Menschen ist, nicht ein Exklusivmerkmal der Religion. Religiöse Gefühle lassen sich übrigens neurobiologisch erzeugen, sind in der Evolution des Menschen also offenbar "vorprogrammiert". Andere, die den Religionen nichts abgewinnen, beten halt den schnöden Mammon an, den Kommunismus, ihr eigenes Spiegelbild, werden größenwahnsinnig, oder, ... oder..., oder...
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Re: Warum sind Christen gegen die Evolutionslehre

Beitragvon darwin upheaval » Mo 24. Mai 2010, 01:05

Myron hat geschrieben:
El Schwalmo hat geschrieben:Aber das war nicht mein Punkt, das ist eine eher lässliche Sünde. Mir geht es darum, dass diese Menschen meinen, mit der Wissenschaftskeule auf Kreationisten eindreschen zu sollen. Dafür fallen mir dann keine Begriffe mehr ein, die nicht pejorativ sind.


Auch im Haus der sogenannten liberalen Theologie spukt es noch.


Für Menschen, die gerne damit hausieren gehen, dass die Wissenschaft keinen ontologischen Naturalismus benötigt, sollte es nichts Selbstverständlicheres geben, als dass liberale Christen mit der Wissenschaftskeule (womit eigentlich sonst?) auf den Kreationismus eindreschen. Sonst hat nicht nur der Christ ein Problem mit kognitiven Dissonanzen.
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