Arathas hat geschrieben:ganimed hat geschrieben:Ist das nicht immer so? Der Steuerzahler bezahlt Autobahnen, auch wenn er kein Auto besitzt, er bezahlt Kindergärten, auch wenn er diese kleinen Monster nicht ausstehen kann und selber nie welche haben möchte und er bezahlt Europabeamte, auch wenn er gar kein Europa möchte. Was von seinen Steuern bezahlt wird, bestimmt nunmal nicht der einzelne Steuerzahler sondern die Gesellschaft.
Ja, das ist wohl immer und überall so. Soll man es dann deshalb einfach akzeptieren oder gar gut finden? Wohl kaum. Man kann alles, was jemand anderem mißfällt, mit der Bemerkung relativieren, das wäre doch andernorts genauso oder zumindest nicht weniger schlimm. Aber ebensogut kann man dann auch einfach den Kopf in den Sand stecken oder solange kiffen, bis einem wirklich alles egal ist ...
Die Frage ist doch immer, wie gut eine Zwangsabgabe begründet werden kann. Bei Autobahnen und Kindergärten dürfte es noch relativ einleuchtend sein, denn selbst wer keine Autos und Kinder mag, wird um die Erkenntnis nicht herumkommen, dass er über erstere die Produkte geliefert bekommt, die der Supermarkt um die Ecke vertreibt und bei zweiteren wird er realisieren, dass jemand seine Rente zahlen und das Land am Laufen halten muss, wenn er selbst mal alt ist. Europa wird schon etwas komplizierter, weil der direkte Nutzen zwar existiert, aber kompliziert zu erklären ist. Auch das geht aber noch.
Der zentrale Unterschied dieser drei Beispiele zur Kirche ist, ist, dass sie aus volkswirtschaftlichen Gründen notwendig sind. Man kann auch weitere Gründe, wie z.B. die Chancengleichheit anführen, wenn man Kindergartenplätze für alle oder barrierefreie öffentliche Gebäude begründen will. In allen Fällen gibt es ferner die Gemeinsamkeit, dass keine anderen Institution außer dem Staat die Umsetzung dieser Maßnahmen überwachen und bezahlen kann, weil das Spendenaufkommen für soziale Zwecke nunmal nicht unbedingt bedarfsgerecht ist und große Infrastrukturprojekte zu viel Eingriffe in das Leben der Menschen bedeuten, als dass man sie bedenkenlos privatisieren könnte. Nicht jede Straße ließe sich außerdem gewinnbringend betreiben, instandgehalten werden muss sie trotzdem.
Bei der Kirche stellt sich allerdings die Frage, was dem Staat eigentlich fehlen würde, wenn die Kirche konsequent vom Staat getrennt würde. Weder würde die Institution zerfallen, noch würden ihr die Mittel zu ihrer eigenen Finanzierung fehlen. Die Kirchensteuer ließe sich auch als Mitgliedsbeitrag erheben (allein das Steuereintreiben für die Kirche kostet den Staat 1 Milliarde im Jahr!), die sozialen Institutionen der Kirche werden ohnehin zu 90% vom Staat bezahlt, die restlichen 10% ließen sich sicherlich aus den Ersparnissen gegenfinanzieren, die durch die Trennung entstünden, außerdem gibt die Kirche selbst nur zwischen 10 und 20% ihres Etats für Soziales aus. Der Rest geht für innerkirchliche Posten, im wesentlichen das Personal, drauf. In den Rundfunkräten entstünde auch eine größere weltanschauliche Neutralität, wenn die Kirchen dort ihr Mitspracherecht verlören. Und wozu erhalten Bischöfe fürstliche Gehälter vom Staat, wenn ihre Loyalität im Zweifel eher Rom als Berlin gilt? Zuguterletzt spiegelt der enorme Etat auch einfach nicht mehr die religiöse Realität in Deutschland wider.
Ich habe nichts dagegen, dass friedliche religiöse Gemeinschaften, deren Charakter mit der Verfassung vereinbar ist, Förderung im Sinne einer gemeinnützigen Organisation erhalten. Dafür bin ich auch bereit, als Bright etwas von meinen Steuern abzugeben, sofern dieses Förderung dann auch naturalistischen Gemeinschaften offensteht. Es geht nicht darum, dass Atheisten keinen Cent für die Religion in Deutschland abdrücken sollen, Spiritualität ist nunmal ein menschliches Bedürfnis, sondern es geht darum, dass die Verwobenheit der Kirche mit dem Staat etwas ist, was jeder Bürger (im klassischen republikanischen Sinn), der die Prinzipien der Demokratie und der Neutralität der staatlichen Institutionen achtet, nicht mitansehen kann und zwar unabhängig von seiner Weltanschauung.