Der Gottesbetrug

Re: Der Gottesbetrug

Beitragvon Nanna » Di 15. Jun 2010, 23:35

Dein Kumpel beschreibt altbekannte psychologische und soziale Muster, das bringt aber nichts, wenn er oder du Betrug nachweisen wollt. Betrug setzt intentionale Manipulation voraus, das kannst du einem Menschen, der vor 2.000 Jahren (höchstwahrscheinlich!) gelebt hat, einfach nicht nachweisen. Jesus von Nazareth mag Trugschlüssen aufgesessen sein, zu einem Betrüger macht ihn das noch lange nicht.

Du kannst natürlich behaupten, Jesus und ähnliche Charismatiker seien auch Selbstbetrüger. Damit wird der Begriff aber auf jeden erweitert, der einmal irgendetwas falsches gedacht hat und somit völlig beliebig und aussagelos. Es macht deutlich mehr Sinn, beim Betrüger im Sinne einer bewusst manipulativ vorgehenden Person zu bleiben, und dafür sehe ich weder bei Jesus von Nazareth noch vielen anderen historischen Charismatikern einen Grund. Wer seine eigene Ideologie glaubt, der kann keinen Betrug durch diese Ideologie beabsichtigen.
Benutzeravatar
Nanna
Mitglied des Forenteams
Mitglied des Forenteams
 
Beiträge: 3338
Registriert: Mi 8. Jul 2009, 19:06

Re: Der Gottesbetrug

Beitragvon Bionic » Mi 16. Jun 2010, 00:16

@Nanna: Was bringt diese Diskusion hier noch? Ich hab ausdrücklich um eine zusammengefasste Form der Belege für die Betrüger-These gebeten
und darauf hingewiesen dass es um Begründungen geht und was bekomme ich?? Da hat doch eine Diskusion keinen Sinn mehr.
Und uns bezeichnet er als argumentationslos.. Naja was solls, wenn hier keine ernstzunehmenden Aussagen mehr kommen, werde ich mich an dieser
Diskusion nicht mehr beteiligen. Es hat einfach keinen Sinn auf etwas hinzuweisen, wenn der Gesprächspartner darauf nicht eingeht.
Da komme ich mir ziemlich veralbert vor. Schade um die Zeit.
Bionic
 
Beiträge: 488
Registriert: Sa 29. Mai 2010, 18:19
Wohnort: Vorarlberg/ Österreich

Re: Der Gottesbetrug

Beitragvon Nanna » Mi 16. Jun 2010, 01:03

Sie bringt nichts, aber ich tu mich einfach schwer, Unsinn unkommentiert stehen zu lassen. Könnte ja noch jemand anders lesen. ;-)
Benutzeravatar
Nanna
Mitglied des Forenteams
Mitglied des Forenteams
 
Beiträge: 3338
Registriert: Mi 8. Jul 2009, 19:06

Re: Der Gottesbetrug

Beitragvon Bionic » Mi 16. Jun 2010, 01:24

Ja danke. Schön dass du auch an andere denkst, die mit diesen **Informationen** überfordert sein könnten.
Mir gehts ja auch ähnlich, dass ich Quatsch nicht einfach so stehenlassen möchte.
Ich finde auch dass man Jesus (falls es ihn gab) durchaus als einen Menschen ansehen kann,
der den Menschen helfen wollte. Dass die Kirche seine Lehren so pervertiert hat, dafür kann ja er nichts.
Bionic
 
Beiträge: 488
Registriert: Sa 29. Mai 2010, 18:19
Wohnort: Vorarlberg/ Österreich

Re: Der Gottesbetrug

Beitragvon xander1 » Mi 16. Jun 2010, 11:41

Hier die Zusammenfassung warum Jesus ein Betrüger war, und nur die wichtigsten Sachen:


xander1 hat geschrieben:jesus hat sich somit auch selbst betrogen, weil er zu feige war, seinem "vater" (=gott) zu widersprechen, um die sache richtig anzugehen.
jesus hat die damaligen menschen betrogen, weil er ihnen die rettung so ankündigte, als stünde sie kurz bevor.
jesus hat die damaligen menschen gemäß meinen gesprächs-annahmen geheilt, sie mussten aber im laufe der zeit doch wieder krank werden und sterben. was soll das? das ist betrug gegen die menschlichkeit, wenn er nur seine wunderkräfte unter beweis stellen wollte, was an sich toll ist, aber zu wenig, er hätte rücksichtsvoller sein sollen.
jesus hat sogar die pharisäer, saduzäer und schriftgelehrten betrogen, denn so, wie er sich in szene setzte, war es aufgrund der politischen situation in verbindung mit dem zeitgeist vorhersehbar, dass diese geistig verknöcherten idioten ihn umbringen würden.
Im alten Testament gibt es eine Textstelle in der Juden mehrere Propheten umgebracht haben, schon allein deshalb war es klar, dass sie Jesus umbringen werden
er hätte es als sohn gottes wissen müssen
wollte er sich bemitleiden lassen? das mitleid anderer zu erzwingen ist betrug. denn das an sich ist völlig unnötiges leid und führt zu einer gewissen verherrlichung des märtyrertodes, was viele nachahmer auf den plan gerufen hat.
das hätte er wissen müssen, also war er ein betrüger.
er hat das leid der welt legitimiert, indem er eine rettung angekündigt hat, die bis heute nicht eingetroffen ist. sämtliche religionen interpretieren das leid als notwendigkeit, die aus irgendeinem verwirrendem grund bestehen muss. daraus könnte eine handlungsfaulheit bestehen, der rel. mensch benimmt sich hilflos und will nichts ändern, weil er es als schiksal betrachtet. das ist betrug, denn die welt könnte evtl. besser aussehen. wir wurden an unseren möglichkeiten und fähigkeiten mit psychologischen mitteln behindert, also betrogen.
summiert man sämtliches leid fein säuberlich zusammen, dass aus dem richtigen verständnis, oder gar aus missverständnissen der christlichen doktrina entstanden ist, so muss einem schwindelig werden. hat er das nicht vorhersehen können? oder wollte er es so? in beiden fällen ist das betrug. im ersten fall, weil er es vorhersah, aber keine präventiven maßnahmen ergriff oder gegenwärtig einschritt noch einschreitet. im zweiten fall, weil er seinen willen über den willen anderer geschöpfe stellte. das ist logischer betrug, denn es gibt keinen vernünftigen grund, wenn man die machtebene nicht berücksichtigt, warum ein bewusstsein sich über andere bewusstseine erheben sollte.


Dafür haben folgende Annahmen gegolten:
1. annahme: jesus hat gelebt
2. annahme: jesus hat wirklich wunder gewirkt, wie sie in der bibel beschrieben werden und auch sonst würde die damalige realität völlig mit der bibel übereinstimmen
2a. dass er ein großer redner war
2b. dass er relativ arm war
2c. dass er gottes sohn war
2d. dass er sich selbst zurückstellte, um andere zu belehren und zu heilen, usw.


Nanna hat geschrieben:Betrug setzt intentionale Manipulation voraus, das kannst du einem Menschen, der vor 2.000 Jahren (höchstwahrscheinlich!) gelebt hat, einfach nicht nachweisen.

Doch, durch die Bibel, und das habe ich soeben gemacht.

Nanna hat geschrieben:Jesus von Nazareth mag Trugschlüssen aufgesessen sein, zu einem Betrüger macht ihn das noch lange nicht.

Als Implikation wäre diese Aussage richtig, aber er hatte keine Trugschlüsse. Selbst wenn er Trugschlüsse hatte, ist es immer noch ein Selbstbetrug. Wenn jemand meint er wäre Gottes Sohn und andere glauben das, dann ist das kein Selbstbetrug sondern Betrug.

Nanna hat geschrieben:Du kannst natürlich behaupten, Jesus und ähnliche Charismatiker seien auch Selbstbetrüger.

Der einzige Selbstbetrug von Jesus ist, dass er seinen Tod nicht vorhersehen konnte, ansonsten ist er ein Betrüger und das ist hier ausführlich begründet worden.

Nanna hat geschrieben: Damit wird der Begriff aber auf jeden erweitert, der einmal irgendetwas falsches gedacht hat und somit völlig beliebig und aussagelos. Es macht deutlich mehr Sinn, beim Betrüger im Sinne einer bewusst manipulativ vorgehenden Person zu bleiben, und dafür sehe ich weder bei Jesus von Nazareth noch vielen anderen historischen Charismatikern einen Grund.

Ich habe viele Gründe aufgezählt. Du argumentierst nicht mal dagegen, sondern ignorierst sie, als seien sie nicht da.

Nanna hat geschrieben:Wer seine eigene Ideologie glaubt, der kann keinen Betrug durch diese Ideologie beabsichtigen.

Wenn man aber erkennen kann, dass jemand Vorteile durch diese Ideologie erlangt, dann liegt es nahe, dass er ein Betrüger ist. Es ist allein wenn man sich die Ideologie anschaut offensichtlich, wenn ein Betrug vorliegt. Man kann aber mitbetrügen, wenn man einfach das Gegenteil behauptet. Aber das spielt alles keine Rolle, denn die Bibel enthält mehr als nur eine Ideologie, und aus diesen anderen Dingen, die hier aufgezählt wurden, kann man den Betrug ablesen.
Benutzeravatar
xander1
 
Beiträge: 2825
Registriert: Sa 12. Jul 2008, 07:52

Re: Der Gottesbetrug

Beitragvon Nanna » Mi 16. Jun 2010, 14:56

Ok, dann nehm ich es eben Stück für Stück auseinander:

xander1 hat geschrieben:jesus hat sich somit auch selbst betrogen, weil er zu feige war, seinem "vater" (=gott) zu widersprechen, um die sache richtig anzugehen.

Was Jesus von Nazareth, der nicht so einfach mit der Fantasiegestalt der Bibel gleichgesetzt werden darf, über seinen Vater gedacht hat und was seine politischen Ziele waren, ist unter Historikern stark umstritten. Es ist nichteinmal klar, ob er sich tatsächlich selbst als Sohn Gottes sah. In jedem Fall dürfte er kaum der Meinung gewesen sein, dass ein offener Widerspruch zu seinem Vater irgendeinen Nutzen gehabt hätte. Wie sollte man auch gegen ein allmächtiges, superweises Wesen ankommen?
Du denkst hier wohl außerdem in modernen westeuropäischen Kategorien, was zeigt, wie wenig du dich auf die damalige Situation und Kultur eingelassen hast, und ergo, wie wenig du über die historische Figur Jesus von Nazareth weißt. Widerspruch gegen den Vater beispielsweise ist bis heute in der nahöstlichen Kultur selten eine mutige Handlung, sondern arroganter Ungehorsam. Auch dürften die Vorstellungen eines nazarenischen Rebellen und eines Studenten des 21. Jahrhunderts über eine "Sache richtig angehen" deutlich auseinandergehen.

xander1 hat geschrieben:jesus hat die damaligen menschen betrogen, weil er ihnen die rettung so ankündigte, als stünde sie kurz bevor.

Jesus von Nazareth war vermutlich ein Rebell, der in erster Linie Angst um die jüdische Kultur hatte, er pflegte einen Protonationalismus, wollte zurück zu den spirituellen Wurzeln des Judentums und das Joch der Römer abwerfen. Es ist SEHR gut möglich, dass er ehrlich hoffte, die Römer mit Gottes Hilfe in einem Aufstand hinwegzufegen. Jesus hat damals populäre Hoffnungen addressiert, mit Betrug hat das erstmal gar nichts zu tun.

xander1 hat geschrieben:jesus hat die damaligen menschen gemäß meinen gesprächs-annahmen geheilt, sie mussten aber im laufe der zeit doch wieder krank werden und sterben. was soll das? das ist betrug gegen die menschlichkeit, wenn er nur seine wunderkräfte unter beweis stellen wollte, was an sich toll ist, aber zu wenig, er hätte rücksichtsvoller sein sollen.

Soll ich jetzt lachen? Wunderglaube ist seit Jahrtausenden weiterbreitet und über alle möglichen Leute wurden solche Geschichten erzählt, im Nahen Osten genauso wie im europäischen Mittelalter. Sowas gehörte einfach zur Grundaustattung eines charismatischen Führers und er muss diese Geschichten nichteinmal vorsätzlich in die Welt gesetzt haben. Menschen dichten sich allen möglichen Unsinn zusammen, wenn sie Hoffnungsträger haben und Jesus war für eine Zeitlang nunmal die zentrale Figur eines spirituellen Hypes, so wie eine Reihe in Vergessenheit geratener anderer religiöse Charismatiker dieser Zeit auch. Wir wissen NICHTS über den Ursprung dieser Geschichten, also sollten wir uns mit Beurteilungen zurückhalten.

xander1 hat geschrieben:jesus hat sogar die pharisäer, saduzäer und schriftgelehrten betrogen, denn so, wie er sich in szene setzte, war es aufgrund der politischen situation in verbindung mit dem zeitgeist vorhersehbar, dass diese geistig verknöcherten idioten ihn umbringen würden.

Gar nichts war voraussehbar. Im Nachhinein wirkt im historischen Geschehen immer alles so schön klar und auf einen Punkt zulaufend. Wenn man aber direkt drinsteckt, nur über bedingte Informationen verfügt und bestimmte politische Ziele in einem sich dynamisch ändernden politischen und sozialen Umfeld verfolgt, dann ist vieles Glücksspiel. So klar und voraussehbar, wie du tust, war das nicht. Jesus hätte auch durchkommen können mit der jüdischen Erneuerung, die jüdische Elite in einem offenen Tribunal beseitigen können und zum Kampf gegen Rom aufrufen können.
Und selbst wenn sein Tod absehbar war - wo ist da der Betrug?

xander1 hat geschrieben:Im alten Testament gibt es eine Textstelle in der Juden mehrere Propheten umgebracht haben, schon allein deshalb war es klar, dass sie Jesus umbringen werden
er hätte es als sohn gottes wissen müssen

Ja, und, was zeigt das nun?
Erstens gibt es genug Ankündigungen im Neuen Testament, die den Eindruck erwecken, dass Jesus das Wissen um seinen Tod besaß und trotzdem weitermachte, UM am Kreuz sterben zu können. MIt der Bibel sind hier also keine Widersprüche nachzuweisen.
Zweitens zeigt deine Argumentation höchstens, dass Jesus nicht Gottes Sohn war. Ob er sich in einem Wahn dafür gehalten hat und also ehrliche Intentionen hatte, kannst du nicht wissen. Oder willst du seine Leiche wiederbeleben und in den Kernspin schieben?

xander1 hat geschrieben:wollte er sich bemitleiden lassen? das mitleid anderer zu erzwingen ist betrug. denn das an sich ist völlig unnötiges leid und führt zu einer gewissen verherrlichung des märtyrertodes, was viele nachahmer auf den plan gerufen hat.
das hätte er wissen müssen, also war er ein betrüger.

Du zeigst einmal mehr, dass du den Begriff des Betruges nicht verstanden hast UND dir völlig falsche Vorstellungen über unser Wissen über den historischen Jesus machst.
Betrug geschieht vorsätzlich! Wenn Jesus tatsächlich glaubte, er würde sein Volk durch seinen Tod reinwaschen, so war das zwar nicht wahr, aber er hat auch nicht gelogen. Betrug setzt aber gezieltes Lügen voraus.
Nochmal: Du weißt nicht was in Jesu Kopf vorging! Also hör endlich auf, dem Mann, bei all seinen Fehlern, Dinge zu unterstellen, die einer psychologischen Analyse bedürften. Da es aber keine authentischen Primärquellen von Jesus selbst gibt und der Herr auch nicht mehr körperlich untersuchbar ist, kannst du dir die ganzen Unterstellungen sparen. Akzeptiere einfach, dass wir schlicht und einfach nicht mehr feststellen können, was der historische Jesus tatsächlich gedacht und beabsichtigt hat.

xander1 hat geschrieben:er hat das leid der welt legitimiert, indem er eine rettung angekündigt hat, die bis heute nicht eingetroffen ist.

Ein Betrug wäre es dann, wenn er gewusst hätte, dass Rettung nicht eintreffen wird oder wenn er das Leid vorsätzlich verursacht hätte. Beides ist zu verneinen. Er hat das Leid legitimiert, weil in seinem religiösen Wunschdenken alles andere keinen Sinn machte. Das ist Verblendung, aber keine vorsätzliche Täuschung anderer. Er hat sich um Erklärungen bemüht, die aus den Annahmen über die Welt, die er kannte, sinnvoll wären. Das ist kein Betrug, das ist die verzweifelte Suche nach Sinn im Leid und Trost. Es ist einfach nur Wunschdenken.

xander1 hat geschrieben:sämtliche religionen interpretieren das leid als notwendigkeit, die aus irgendeinem verwirrendem grund bestehen muss. daraus könnte eine handlungsfaulheit bestehen, der rel. mensch benimmt sich hilflos und will nichts ändern, weil er es als schiksal betrachtet. das ist betrug, denn die welt könnte evtl. besser aussehen. wir wurden an unseren möglichkeiten und fähigkeiten mit psychologischen mitteln behindert, also betrogen.

Betrug geschieht vorsätzlich, Fehlinterpretationen versehentlich. Soll ich es noch ein paar mal hinschreiben?

xander1 hat geschrieben:summiert man sämtliches leid fein säuberlich zusammen, dass aus dem richtigen verständnis, oder gar aus missverständnissen der christlichen doktrina entstanden ist, so muss einem schwindelig werden. hat er das nicht vorhersehen können? oder wollte er es so?

Es gibt kein "richtiges" Verständnis religiöser Glaubenssätze, da kommunizierte Inhalte (Schrifttum, mündliche Überlieferungen) immer der Interpretation bedürfen. Dazu gibt es einen ganzen philosophischen Zweig, die Hermeneutik.
Hat er das vorsehen können? Warum hätte er das können sollen?
Wollte er es so? Welchen Antrieb hätte er haben sollen?

Kommst du vielleicht einfach mal auf die Idee, dass eine historische Persönlichkeit mit großem Eifer nach einem spirituellen wahren Weg gesucht hat, sehr von sich selbst überzeugt war und dachte, den Menschen etwas gutes zu tun und die Wahrheit zu verkünden? Man kann Jesus in Ansätzen vorwerfen, dass er nicht genug nachgedacht hat, wobei sich auch das durch seine historische Situation relativiert, aber ich bezweifle stark, dass es irgendwelche Belege dafür gibt, dass er jemanden gezielt über's Ohr hauen wollte.

xander1 hat geschrieben:in beiden fällen ist das betrug. im ersten fall, weil er es vorhersah, aber keine präventiven maßnahmen ergriff oder gegenwärtig einschritt noch einschreitet. im zweiten fall, weil er seinen willen über den willen anderer geschöpfe stellte. das ist logischer betrug, denn es gibt keinen vernünftigen grund, wenn man die machtebene nicht berücksichtigt, warum ein bewusstsein sich über andere bewusstseine erheben sollte.

Erstens gibt es nicht nur diese beiden Alternativen.
Zweitens war Jesus in seiner subjektiven Sicht gefangen und hatte nicht das Wissen, das du hast. Es ist bequem, Menschen anderer Zeiten zu verurteilen, weil man hinterher immer klüger ist. Fair ist das deshalb noch lange nicht.

xander1 hat geschrieben:Dafür haben folgende Annahmen gegolten:
1. annahme: jesus hat gelebt
2. annahme: jesus hat wirklich wunder gewirkt, wie sie in der bibel beschrieben werden und auch sonst würde die damalige realität völlig mit der bibel übereinstimmen
2a. dass er ein großer redner war
2b. dass er relativ arm war
2c. dass er gottes sohn war
2d. dass er sich selbst zurückstellte, um andere zu belehren und zu heilen, usw.

Wofür sind diese Annahmen gut? Jesus war eine historische Person, über die später eine Menge Geschichte geschrieben und vieles erfunden wurde. Warum sollte man die Märchenerzählungen irgendwelcher Leute zur Grundlage nehmen? Den Religionsgründer Jesus, wie er in der Bibel steht, gab es so nicht. Wenn du über diese fiktionale Figur jetzt behaupten willst, sie habe betrügerische Absichten gehabt, liegst du ja noch mehr daneben: Eine fiktionale Figur hat keine Absichten. Harry Potter kann keinen Betrug begehen, weil es ihn nicht gibt. Joanne K. Rowling kann Harry Potter Betrug innerhalb der Geschichten begehen lassen, das ist alles. Und es gilt nur INNERHALB der Geschichten.

xander1 hat geschrieben:
Nanna hat geschrieben:Betrug setzt intentionale Manipulation voraus, das kannst du einem Menschen, der vor 2.000 Jahren (höchstwahrscheinlich!) gelebt hat, einfach nicht nachweisen.

Doch, durch die Bibel, und das habe ich soeben gemacht.

Du bist ja wirklich dreist. Was würdest du sagen, wenn ich ein heiliges Buch schreiben würde, in dem du als Prophet vorkommen würdest, da einige haarsträubende Geschichten reinpacken würde und dann Bionic bitten würde, dir anhand des Buches Betrug nachzuweisen. Du kämst dir nicht zufällig leicht veräppelt vor?

xander1 hat geschrieben:
Nanna hat geschrieben:Jesus von Nazareth mag Trugschlüssen aufgesessen sein, zu einem Betrüger macht ihn das noch lange nicht.

Als Implikation wäre diese Aussage richtig, aber er hatte keine Trugschlüsse. Selbst wenn er Trugschlüsse hatte, ist es immer noch ein Selbstbetrug. Wenn jemand meint er wäre Gottes Sohn und andere glauben das, dann ist das kein Selbstbetrug sondern Betrug.

Betrug setzt, wie oft noch, das Wissen um die wahren Umstände und die absichtliche Fehldarstellung dieser Umstände zum Zwecke der Täuschung und damit verbundenen Bereicherung gegenüber anderen Subjekten voraus. DU behauptest, dass Jesus von Nazareth wusste, dass er nicht Gottes Sohn ist und es absichtlich behauptet hat, um Macht zu erlangen. Dafür hast du schlicht und ergreifend keinerlei Beweise.

xander1 hat geschrieben:
Nanna hat geschrieben:Du kannst natürlich behaupten, Jesus und ähnliche Charismatiker seien auch Selbstbetrüger.

Der einzige Selbstbetrug von Jesus ist, dass er seinen Tod nicht vorhersehen konnte, ansonsten ist er ein Betrüger und das ist hier ausführlich begründet worden.

Ausführlich und falsch.

xander1 hat geschrieben:Ich habe viele Gründe aufgezählt. Du argumentierst nicht mal dagegen, sondern ignorierst sie, als seien sie nicht da.

Ich habe es jetzt nochmal lang und breit auseinandergenommen.

xander1 hat geschrieben:
Nanna hat geschrieben:Wer seine eigene Ideologie glaubt, der kann keinen Betrug durch diese Ideologie beabsichtigen.

Wenn man aber erkennen kann, dass jemand Vorteile durch diese Ideologie erlangt, dann liegt es nahe, dass er ein Betrüger ist. Es ist allein wenn man sich die Ideologie anschaut offensichtlich, wenn ein Betrug vorliegt. Man kann aber mitbetrügen, wenn man einfach das Gegenteil behauptet. Aber das spielt alles keine Rolle, denn die Bibel enthält mehr als nur eine Ideologie, und aus diesen anderen Dingen, die hier aufgezählt wurden, kann man den Betrug ablesen.

Du kannst keinen "Betrug ablesen". Für wen oder was hältst DU dich eigentlich? Du hast allenfalls äußerst unsichere und in vielen Fällen inkonsistente Versuche gemacht, Indizien für Betrug zu finden. Entweder stammen diese Indizien aber aus unsicheren und Sekundärquellen (Bibel) oder benötigen vorurteilsbehaftete Grundannahmen deinerseits, um als Indizien durchzugehen.
Ein Beispiel dafür ist deine hier penetrant vorgestellte Überzeugung, Jesus und seine Anhänger hätten einen objektiven Zugang zu ihrer eigenen Ideologie gehabt und hätten deren Inkonsistenzen daher nicht nur überblicken können, sondern auch überblicken müssen. Es ist deiner Ansicht nach notwendig, dass sie das getan haben und daraus folgerst du, dass sie Betrüger sein müssen. Wenn du dir mal ansiehst, wie viele Menschen auf dieser Welt dümmliche Ideologien mit festem Glauben für wahr halten, dann solltest du von dieser Position schleunigst Abstand nehmen. Jesus dachte höchstwahrscheinlich, dass er dem jüdischen Volk die Wahrheit predigt und etwas Gutes tut, er glaubte tatsächlich an sich und seine Ideologie. Er wollte niemanden täuschen, sondern das ans Licht bringen, was seiner Meinung nach die Wahrheit war. Nicht mehr und nicht weniger.
Benutzeravatar
Nanna
Mitglied des Forenteams
Mitglied des Forenteams
 
Beiträge: 3338
Registriert: Mi 8. Jul 2009, 19:06

Re: Der Gottesbetrug

Beitragvon stine » Mi 16. Jun 2010, 16:31

Nanna hat geschrieben:Den Religionsgründer Jesus, wie er in der Bibel steht, gab es so nicht. Wenn du über diese fiktionale Figur jetzt behaupten willst, sie habe betrügerische Absichten gehabt, liegst du ja noch mehr daneben: Eine fiktionale Figur hat keine Absichten.
Man könnte betrügerische Absicht allenfalls jenen unterstellen, die sich dieser Figur für die Ausübung ihrer Macht bedienten: Die ersten Kirchenfürsten.
Der Aberglaube wurde im Mittelalter nämlich ganz bewusst geschürt, um sich des Volkes bedienen zu können.

LG stine
Benutzeravatar
stine
 
Beiträge: 8022
Registriert: Do 27. Sep 2007, 08:47

Re: Der Gottesbetrug

Beitragvon xander1 » Mi 16. Jun 2010, 21:53

Nanna hat geschrieben:Jesus dachte höchstwahrscheinlich, dass er dem jüdischen Volk die Wahrheit predigt und etwas Gutes tut, er glaubte tatsächlich an sich und seine Ideologie. Er wollte niemanden täuschen, sondern das ans Licht bringen, was seiner Meinung nach die Wahrheit war. Nicht mehr und nicht weniger.

Wenn du schon so eine Behauptung aufstellst, dann solltest du sie wenigstens begründen können und das ausführlich, so wie ich.
Benutzeravatar
xander1
 
Beiträge: 2825
Registriert: Sa 12. Jul 2008, 07:52

Re: Der Gottesbetrug

Beitragvon Bionic » Mi 16. Jun 2010, 23:27

Nanna hat geschrieben:Du bist ja wirklich dreist. Was würdest du sagen, wenn ich ein heiliges Buch schreiben würde, in dem du als Prophet vorkommen würdest, da einige haarsträubende Geschichten reinpacken würde und dann Bionic bitten würde, dir anhand des Buches Betrug nachzuweisen. Du kämst dir nicht zufällig leicht veräppelt vor?

@Nanna: Du bist echt gut! :up: Dieser Xander1 ist hartnäckig hmm? Ich hätte die Nerven nicht. Danke.
stine hat geschrieben:Man könnte betrügerische Absicht allenfalls jenen unterstellen, die sich dieser Figur für die Ausübung ihrer Macht bedienten: Die ersten Kirchenfürsten.
Der Aberglaube wurde im Mittelalter nämlich ganz bewusst geschürt, um sich des Volkes bedienen zu können.

Bewusst geschürt? Jetzt sind wir bei der nächsten Verschwörungstheorie..
Bionic
 
Beiträge: 488
Registriert: Sa 29. Mai 2010, 18:19
Wohnort: Vorarlberg/ Österreich

Re: Der Gottesbetrug

Beitragvon Nanna » Do 17. Jun 2010, 00:07

@xander1:
Ok, fair enough. Das "höchstwahrscheinlich" steht da aber nicht ohne Grund.

Auf Quellenangaben verzichte ich, weil meine Jesusliteratur schon seit Jahren ausgemistet irgendwo in irgendeiner Ecke bei meinen Eltern herumgammelt. Stellenweise habe ich ein paar Punkte in ähnlichen Worten wiederholt, die früher Stunde hat jetzt nicht gerade rhetorische Glanzleistungen befördert, aber man kann es ganz gut lesen:


Dass Jesus von Nazareth - und ich rede hier ausschließlich von der historischen Person, nicht vom fiktiv aufgemotzten Jesus der Bibel - tatsächlich gelebt hat, ist heute auch unter nicht-christlichen Historikern Gemeinplatz. Ferner nimmt man an, dass die in der Bibel geschilderten Ereignisse in groben Zügen das wiederspiegeln, was damals passierte. Wenn man sich also nicht an Details festbeißt, dann kann man sich ein schemenhaftes Bild dieses Jesus von Nazareth machen. Um das gleich vorwegzunehmen: Ich kann genauso wenig wie du beweisen, dass Jesus kein vorsätzlicher Betrüger war, halte dies aber nicht nur wegen der historischen Faktenlage, sondern auch aus psychologischen und soziologischen Gründen für wahrscheinlich. Charaktere wie der von Jesus, das zeigen unzählige historisceh Beispiele, sind in der Regel gute Rhetoriker und schlechte Machtpolitiker, weil sie zu kompromisslos und fordernd denken.

Jesus war ein echter Nonkonformist, soviel steht fest:
Er sagte sich von seiner Familie los und vertrat eine radikale politisch-religiöse Ideologie. Er pflegte Kontakt zu Ausgegrenzten und versuchte, ihnen zu helfen, er setzte sich für die Rechte von Frauen ein, galt als außergewöhnlich intelligent und orientierte sich am nicht weniger radikalen Johannes (genannt der Täufer). Jesus setzte sich ernsthaft für die Armen ein, gleichzeitig stand er in einigen Punkten im theologischen Dauerkonflikt mit den Schriftgelehrten und insbesondere die Händler brachte er gegen sich auf, nicht gerade ein Kennzeichen für Konformismus und berechnende politische Klugheit. Sein Wirken war lokal äußerst beschränkt, er versuchte nicht gezielt, politische Strukturen aufzubauen, und er richtete sich ausdrücklich an die Juden. Hinweise darauf, dass Jesus das politische Machtsystem verstanden hatte und gezielt Parteien oder Personen gegeneinander ausspielte, lassen sich nicht erkennen (etwas, was z.B. bei Muhammad viel öfter vorkommt). Sowohl seine Handlungen als auch die Erfahrung mit ähnlich gestrickten historischen Personen deuten eher darauf hin, dass er weitestgehend seiner Ideologie folgte und Dinge intuitiv entschied, also ohne starke Analyse der politischen Machtverhältnisse. Jesu Möglichkeiten, politische Prozesse zu überblicken, dürfte aufgrund seines Bildungsstandes (Handwerker) und der damaligen Logistik ohnehin stark beschränkt gewesen sein. Er dürfte kaum andere Möglichkeiten gehabt haben, als sich auf seinen Instinkt zu verlassen, etwas, was er selbst vielleicht als Eingebung Gottes angesehen haben könnte.

Wäre Jesus ein kühl berechnender Karrierist gewesen, dem es um reale Macht ging, hätte er wahrscheinlich einen ganz anderen und viel gezielteren Weg eingeschlagen, einen der sich nicht militant gegen das System wandte. Seine Betonungen des jenseitigen Reich Gottes ("mein Reich ist nicht von dieser Welt") machen deutlich, dass Jesus nicht primär an der Etablierung eines von Rom unabhängigen Gottesstaates gelegen war, vielmehr scheint er Unabhängigkeit von fremden Herren als Nebeneffekt eines gottgefällig lebenden Volkes gesehen zu haben. Macht oder Geld spielen für Jesus nie eine Rolle; die Quellen erwähnen nichts diesbezügliches und Bergpredigt (in weiten Teilen vermutlich authentisch) und asketisches Ideal Jesu lassen eher auf eine Persönlichkeit schließen, die eine "Heilung" der Missstände wollte als Eigennutz verfolgte.

Jesus erinnert, soweit seine Persönlichkeit eben überhaupt greifbar wird, eher an einen, der prima bei den 68ern mitmachen hätte können. Solche Persönlichkeiten zeichnen sich durch ein großes Sendungsbewusstsein und eine energische Überzeugung aus, die ihnen überhaupt erst die Energie gibt, sich von der Gesellschaft zu trennen und einen radikalen eigenen Weg zu beschreiten. Die RAF ist ein gutes Beispiel für eine Gruppe von Leuten mit einem solchen Charakter, wobei ich hier betonterweise nicht Jesus und die RAF gleichsetze. Die Radikalität und das psychologische Muster, mit der die eigene utopische Ideologie verfolgt wurde, ist ähnlich, inhaltlich sind beide natürlich ganz verschieden aufgebaut. Man kann auch Menschen wie Mahatma Gandhi oder Martin Luther King anführen, alles Leute, die radikal dachten, charismatisch waren, aber für die Ausübung von kompromissbehafteter Realpolitik oder für das Ränkespiel der Machtwelt eher ungeeignet waren.
Eine utopische Vorstellung und tatsächliche politische Macht gehen einfach nicht zusammen. Nach alldem, was Jesus an Forderungen stellte (Nächstenliebe, Hinwendung zu Ausgegrenzten, sozialer Ausgleich, Frauenrechte, spirituelle Erneuerung, usw.) und auch anhand des Verhaltens in bestimmten Situationen, gerade nach seiner Festnahme, liegt der Schluss nahe, dass Jesus insgesamt wohl eine Persönlichkeit war, die die Sache über die eigenen Interessen stellte (ein typischer radikaler, kompromissloser Altruismus, den man bei dieser Form von Charakter häufig antrifft). Ich halte es für äußerst unwahrscheinlich, dass jemand über Jahre eine solche Agenda durchziehen kann, wenn er nicht absolut von der Sache überzeugt ist. Allein um Macht zu erlangen tut sich niemand dieses asketische Wandererleben an, da hätte es deutlich einfachere Wege gegeben, um an Macht oder politischen Einfluss zu gelangen.

Kurze Zusammenfassung:
Wäre Jesus ein berechnender Charakter gewesen, hätte er anders gehandelt, weniger kontroverse Forderungen gestellt und sich statt an Randgruppen an der Elite orientiert (wobei er genau das Gegenteil tat).
Die historischen Fakten und die Erfahrung mit ähnlich gestrickten Persönlichkeiten der Geschichte sprechen insgesamt eher dafür, dass Jesus ein radikaler politischer Denker war, der vor unbequemen Themen nicht zurückschreckte und sich als Heilsbringer sah (alle Evangelien berichten übereinstimmend von Konflikten mit der Familie und der jüdischen Elite, weil Jesus sich so radikal gegen traditionelle Vorstellungen wandte).


Ich bitte das abschließend auch mal aus der mutmaßlichen Perspektive von damals zu beleuchten:
Dass Jesus von Nazareth die erfolgreichste Religion der Welt gründen würde, war niemandem klar, am wenigsten ihm selbst. Aus der Rückschau mag manches wie geplant wirken, aber aus der historischen Situation heraus ist es viel wahrscheinlicher, dass ein mittelmäßig bedeutender, aber sehr intelligenter und gerechtigkeitsliebernder religiös-politischer Wanderprediger aufgrund der akut desolaten sozialen Situation (in Palästina herrschten um diese Zeit regelmäßige Hungersnöte) Handlungsnot sag und wegen der Not auch entsprechend rezipiert wurde. In so einer chaotischen Situation radikalisieren sich naturgemäß viele Menschen, das ist ein in der Soziologie und Politikwissenschaft wohlbekannter Prozess und es ist Nonsens, da politische Steuerung hineinzufabulieren. Jesus war da, richtige Person zur richtigen Zeit am richtigen Ort mit der richtigen Botschaft und einer offenbar extremen Überzeugung, ohne die er das nie und nimmer durchgehalten hätte. Ein glaubender Jesus macht einfach viel viel mehr Sinn als ein berechnender.


@Bionic:
Danke für das Lob. Man darf nicht immer nachgeben, weil es einem zu blöd wird. Das ist zwar oft anstrengend, aber ein hart errungenes Ergebnis ist meist besser als eines, wo schon auf halbem Weg aus Erschöpfung aufgegeben wird und man nicht rauskitzelt was geht. Insofern ist Hartnäckigkeit wirklich wichtig, man muss nur aufpassen, dass man nicht aufhört, sich gegenseitig zuzuhören.
Benutzeravatar
Nanna
Mitglied des Forenteams
Mitglied des Forenteams
 
Beiträge: 3338
Registriert: Mi 8. Jul 2009, 19:06

Re: Der Gottesbetrug

Beitragvon xander1 » Fr 18. Jun 2010, 09:27

Nanna hat geschrieben:Wäre Jesus ein kühl berechnender Karrierist gewesen, dem es um reale Macht ging, hätte er wahrscheinlich einen ganz anderen und viel gezielteren Weg eingeschlagen, einen der sich nicht militant gegen das System wandte.

Ja
Nanna hat geschrieben:Seine Betonungen des jenseitigen Reich Gottes ("mein Reich ist nicht von dieser Welt") machen deutlich, dass Jesus nicht primär an der Etablierung eines von Rom unabhängigen Gottesstaates gelegen war, vielmehr scheint er Unabhängigkeit von fremden Herren als Nebeneffekt eines gottgefällig lebenden Volkes gesehen zu haben.

Klar.
Nanna hat geschrieben: Macht oder Geld spielen für Jesus nie eine Rolle; die Quellen erwähnen nichts diesbezügliches und Bergpredigt (in weiten Teilen vermutlich authentisch) und asketisches Ideal Jesu lassen eher auf eine Persönlichkeit schließen, die eine "Heilung" der Missstände wollte als Eigennutz verfolgte.

Ja.
Nanna hat geschrieben:Jesus erinnert, soweit seine Persönlichkeit eben überhaupt greifbar wird, eher an einen, der prima bei den 68ern mitmachen hätte können.

50% ja. Seine Botschaft ist teilweise Gegenteilig wie die von den 68ern, aber in seine Zeit eingeordnet ist er schon sowas wie ein 68er.
Nanna hat geschrieben:Solche Persönlichkeiten zeichnen sich durch ein großes Sendungsbewusstsein und eine energische Überzeugung aus, die ihnen überhaupt erst die Energie gibt, sich von der Gesellschaft zu trennen und einen radikalen eigenen Weg zu beschreiten.

Klar.
Nanna hat geschrieben:Die RAF ist ein gutes Beispiel für eine Gruppe von Leuten mit einem solchen Charakter, wobei ich hier betonterweise nicht Jesus und die RAF gleichsetze. Die Radikalität und das psychologische Muster, mit der die eigene utopische Ideologie verfolgt wurde, ist ähnlich, inhaltlich sind beide natürlich ganz verschieden aufgebaut.Man kann auch Menschen wie Mahatma Gandhi oder Martin Luther King anführen, alles Leute, die radikal dachten, charismatisch waren, aber für die Ausübung von kompromissbehafteter Realpolitik oder für das Ränkespiel der Machtwelt eher ungeeignet waren.

Jojo.
Nanna hat geschrieben:Eine utopische Vorstellung und tatsächliche politische Macht gehen einfach nicht zusammen. Nach alldem, was Jesus an Forderungen stellte (Nächstenliebe, Hinwendung zu Ausgegrenzten, sozialer Ausgleich, Frauenrechte, spirituelle Erneuerung, usw.) und auch anhand des Verhaltens in bestimmten Situationen, gerade nach seiner Festnahme, liegt der Schluss nahe, dass Jesus insgesamt wohl eine Persönlichkeit war, die die Sache über die eigenen Interessen stellte (ein typischer radikaler, kompromissloser Altruismus, den man bei dieser Form von Charakter häufig antrifft).

Jo.
Nanna hat geschrieben:Ich halte es für äußerst unwahrscheinlich, dass jemand über Jahre eine solche Agenda durchziehen kann, wenn er nicht absolut von der Sache überzeugt ist. Allein um Macht zu erlangen tut sich niemand dieses asketische Wandererleben an, da hätte es deutlich einfachere Wege gegeben, um an Macht oder politischen Einfluss zu gelangen.

Klar.
Nanna hat geschrieben:Kurze Zusammenfassung:
Wäre Jesus ein berechnender Charakter gewesen, hätte er anders gehandelt, weniger kontroverse Forderungen gestellt und sich statt an Randgruppen an der Elite orientiert (wobei er genau das Gegenteil tat).

Nein. Man muss sich weder an der Elite oririentieren, noch gegen Randgruppen sein noch keine kontroversen Forderungen stellen um berechnend zu sein.
Nanna hat geschrieben:Die historischen Fakten und die Erfahrung mit ähnlich gestrickten Persönlichkeiten der Geschichte sprechen insgesamt eher dafür, dass Jesus ein radikaler politischer Denker war, der vor unbequemen Themen nicht zurückschreckte und sich als Heilsbringer sah (alle Evangelien berichten übereinstimmend von Konflikten mit der Familie und der jüdischen Elite, weil Jesus sich so radikal gegen traditionelle Vorstellungen wandte).

Ja.

Nanna hat geschrieben:Ich bitte das abschließend auch mal aus der mutmaßlichen Perspektive von damals zu beleuchten:
Dass Jesus von Nazareth die erfolgreichste Religion der Welt gründen würde, war niemandem klar, am wenigsten ihm selbst. Aus der Rückschau mag manches wie geplant wirken, aber aus der historischen Situation heraus ist es viel wahrscheinlicher, dass ein mittelmäßig bedeutender, aber sehr intelligenter und gerechtigkeitsliebernder religiös-politischer Wanderprediger aufgrund der akut desolaten sozialen Situation (in Palästina herrschten um diese Zeit regelmäßige Hungersnöte) Handlungsnot sag und wegen der Not auch entsprechend rezipiert wurde. In so einer chaotischen Situation radikalisieren sich naturgemäß viele Menschen, das ist ein in der Soziologie und Politikwissenschaft wohlbekannter Prozess und es ist Nonsens, da politische Steuerung hineinzufabulieren.

Gehe ich zu 95% mit.
Nanna hat geschrieben:Jesus war da, richtige Person zur richtigen Zeit am richtigen Ort mit der richtigen Botschaft und einer offenbar extremen Überzeugung, ohne die er das nie und nimmer durchgehalten hätte. Ein glaubender Jesus macht einfach viel viel mehr Sinn als ein berechnender.

Wieso macht ein glaubender Jesus mehr Sinn als ein berechnender?

Ich glaube, dass Jesus ein Betrüger war für eine gute Sache. So in etwa wie ein Robin Hood, nur nicht mit Diebstal, sondern mit Betrug. Warum ist das ausgeschlossen? Gibt es einen Fakt, der dem 100% widersprechen kann?
Benutzeravatar
xander1
 
Beiträge: 2825
Registriert: Sa 12. Jul 2008, 07:52

Re: Der Gottesbetrug

Beitragvon Bionic » Sa 19. Jun 2010, 00:21

xander1 hat geschrieben:Wieso macht ein glaubender Jesus mehr Sinn als ein berechnender?

Hatte Jesus näheres psychologisches Wissen? Glaubte man damals an göttliche Einflüsse?
Bionic
 
Beiträge: 488
Registriert: Sa 29. Mai 2010, 18:19
Wohnort: Vorarlberg/ Österreich

Re: Der Gottesbetrug

Beitragvon Philo » Sa 3. Jul 2010, 10:02

Hallo zusammen,

Jesus soll am Kreuz mitunter gesagt haben, dass Gott den Menschen vergeben soll, denn sie wüssten nicht was sie tun.
Wenn ich dabei gewesen wäre, dann hätte ich Jesus gefragt, warum Er sich so bescheiden äußert, denn an seiner Stelle hätte ich zu Gott gesagt: "Herr, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie glauben."

Das sind alles tolle Geschichten, mit denen man alles Mögliche anstellen kann, nur nicht als historische Begebenheit beweisen.
Und warum ist das so?

Wenn man sich folgende Ausschnitte aus dem Talmud durchdenkt, dann scheint mir das Thread-Thema eher wahrscheinlich, als unwahrscheinlich zu sein.

Im >Hoschen ha Mischpat 348,2 Haga< (Hoschen ha Mischpat zu deutsch: "Brustschild des Rechts" ist ein Teil des >Schulchan-Aruch<, ein Auszug aus dem Talmud, welches das heute allgemein gültige Religions- und Rechtsgesetzbuch der jüdischen Kultur bildet) heißt es: "Der Irrtum eines Akum (Nicht- oder Andersgläubigen), z. B. ihn zu betrügen im Rechnen oder ihn nicht zu bezahlen was man ihm schuldet, ist erlaubt, aber nur unter der Bedingung, dass er es nicht gewahr wird, damit der Name geheiligt werde." (Der Name" bezeichnet hier "Israel", und keinen Gott!)

Im >Hoschen ha Mischpat 369,11 Haga< heißt es: "Staatsgesetze nennen wir das, wovon der König und die übrigen Staatsbürger Nutzen haben; aber nach den Gesetzen der Akum (Nicht-Juden) soll man nicht richten, weil sonst alle Gesetze der Juden überflüssig wären."

Hoschen ha Mischpat 425,5: "Ein jüdischer Freidenker, d.h. der dem Dienst der Akum anhängt [...] und diejenigen, welche die Tora leugnen, und das Prophetentum - diese zu töten, ist ein Gebot. Wenn man die Macht hat, so tötet man sie mit dem Schwerte öffentlich; wenn nicht, so komme man über sie mit Ränken, bis dass man verursacht ihren Tod; z. B. ist einer auf einer Leiter in einen Brunnen gestiegen, so ziehe man die Leiter herauf und sage: Siehe, ich will etwas vom Dache herunternehmen, ich bringe sie gleich wieder u. dgl. - Ausgenommen sind solche Akum, mit denen wir in Frieden leben und die uns dienen; diesen verursacht man nicht den Tod; aber es ist verboten, sie vom Tode zu erretten."

Der "Gott", um dessen Begriff sich Menschen seit tausenden von Jahren bitterböse streiten, entspricht einer altjüdischen Erfindung und diente dazu, Völker in ihrer Einigkeit zu schwächen, um sie schließlich vereinnahmen und beherrschen bzw. versklaven zu können.
Und niemand durchschaut dieses - selbst für jüdisch gläubige Menschen außer Kontrolle geratene - bitterböse Spiel um Reichtum und Macht.

John Nicholson (11. 12. 1822 - 23. 09. 1857) hat geschrieben:"Ist Gott ein Atheist? Wenn nicht, wer schuf ihn? Und wenn er es ist, warum sollte ich nicht in seinem Unglauben mit ihm übereinstimmen?"


Herzlichst, Philo
Philo
 
Beiträge: 15
Registriert: Mi 16. Dez 2009, 09:35

Re: Der Gottesbetrug

Beitragvon Nanna » Sa 3. Jul 2010, 12:08

Das alles löst das Problem nicht, dass nach zwei drei Jahrtausenden nichts mehr in dieser Richtung bewiesen werden kann. Keiner hier dürfte bestreiten, dass Religion zu allen Zeiten gezielt instrumentalisiert worden ist, aber andersherum gab es sicherlich zu allen Zeiten eine Mehrheit der Menschen, die tatsächlich geglaubt hat, was eben so tradiert wurde. Ich kann mir auch kaum vorstellen, dass ein Priester, der die Religion gezielt instrumentalisiert hat, ein Naturalist im heutigen Sinne war. Irgendeiner Form von Glauben an Übernatürliches wird auch er angehangen haben, dazu waren einfach schon die Naturphänomene dieser Zeit zu unerklärlich und die Angst vor dem Unbekannten zu groß.

Dazu fällt mir am Rande übrigens Robert Mugabe ein. Angeblich lässt er alle möglichen Rituale durchführen, stellt meine ich z.B. bei jede Mahzeit irgendwelche Gaben für Dämonen bereit, weil er Angst vor den Geistern alljener hat, die er während seines langen Terrorregimes ermordet und quälen hat lassen. Dazu muss man wissen, dass Mugabe unter anderem Philosophie studiert und ein insgesamt sehr westlich geprägtes frühes Leben geführt hat (u.a. ist er an Jesuitenschulen aufgewachsen, die ihn sicherich religiös indoktriniert, aber sicher nicht am Denken gehindert haben) und er ist ohne Zweifel einer der begabten Machtpolitiker des 20. Jahrhunderts gewesen. Macht schützt eben nicht vor Torheit oder religiösem Irrsinn. Insofern sollten wir äußerst vorsichtig damit sein, zu glauben, die Welt wäre oftmals von verschlagenen Naturalisten gelenkt worden, die dem einfachen Volk tumben Aberglauben injiziert haben. Ich nehme eher an, dass diejenigen, die Religion befürworteten, selten in Wahrheit völlig a- oder gar antireligiös waren. Ich denke eher, dass die meisten sich selbst gleich mitbelogen haben. Es macht das Indoktrinieren von Tausenden Menschen auch viel leichter, wenn man a) glaubt was man sagt und b) deshalb auch weniger Schuldgefühle hat, weil man sich einreden kann, den Menschen nur Gutes zu tun.
Benutzeravatar
Nanna
Mitglied des Forenteams
Mitglied des Forenteams
 
Beiträge: 3338
Registriert: Mi 8. Jul 2009, 19:06

Re: Der Gottesbetrug

Beitragvon Philo » Sa 3. Jul 2010, 13:31

Nanna hat geschrieben:Das alles löst das Problem nicht, dass nach zwei drei Jahrtausenden nichts mehr in dieser Richtung bewiesen werden kann.

Und deshalb bleibt der ganze Pudding auch Unfug.
Im Allgemeinen hat man ja auch Veständnis für altertümliche Fehlschlüsse, nur stellt sich mir die Frage, wie das dahinterliegende psychologische Problem aus der Welt geschafft werden kann.
Religion beschreibt in unserer Zeit - um es grob zu sagen - nichts anderes mehr, als gelernte Schitzophrenie.
Wie tiefgreifend das Prinzip religiösen Denkens wirkt, äußert sich nicht nur in religiösen, sondern auch in politischen Kreisen.
Anders gesagt; auch Politik unterliegt den selben Denkmustern, wie sie im religiösen Denken vorgeprägt wurden und wenn ich täglich sehe, wie mit Zirkelschlüssen nur so um sich geworfen wird, dann wird mir nicht schlecht.

Jedenfalls wird mir Tag um Tag verständlicher, warum gelernte Philosophen wie bspw. Jürgen v. d. Lippe sich dem Humor verschrieben haben - anders hält die man den ganzen Sch... ja nicht mehr aus.

Na ja, es wird wohl noch eine gute Weile dauern, bis das der ganze Moralunsinn von "gut & böse" als solcher erkannt wird.

Aber herzlichst grüssen tu ich trotzdem; herzlichst, Philo :winken:
Philo
 
Beiträge: 15
Registriert: Mi 16. Dez 2009, 09:35

Vorherige

Zurück zu Religion & Spiritualität

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 0 Gäste

cron