Religionsnutzen?

Religionsnutzen?

Beitragvon Bionic » So 6. Jun 2010, 16:14

Glaubt ihr dass Religionen notwendig sind, damit Gesellschaften bestehen können? Oder sind Religionen eigentlich total überflüssig?
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Re: Religionsnutzen?

Beitragvon ganimed » So 6. Jun 2010, 18:14

So wie der Mensch derzeit tickt, scheint Religion ein fast unerlässliches Gebilde zu sein. Gäbe es sie nicht, würde sie noch heute abend erfunden werden. Immerhin muss man feststellen, dass offenbar sehr viele Menschen auf diesem Zug fahren. Und unser Gehirn ist nunmal so aufgebaut, dass bei geringsten Irritationen im vorderen Schädellappen (soweit ich las) recht schnell religiöse Gefühle geweckt werden (man ist nicht mehr in seinem Körper, fühlt sich eins mit höheren Ebenen, fühlt die Gegenwart eines größeren Wesens). Und ständig sucht das Gehirn reflexartig nach Intention und Sinn. Die Neigung zur Konstruktion einer göttlichen Kraft, einer Entität über uns, ist offenbar eine Eigenschaft des Menschen.

Ich würde vermuten, dass Religion nicht entsteht, um dem Menschen irgendwas zu nutzen. Sie entsteht, weil die Menschen (viele jedenfalls) nunmal so drauf sind. Und die Gesellschaft, in der solche Menschen leben, wird dann über kurz oder lang auch Religionen enthalten. Zur Not können Gesellschaften sicher auch ohne auskommen. Aber wer will schon Not?
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Re: Religionsnutzen?

Beitragvon Bionic » So 6. Jun 2010, 18:48

Unabhängig davon ob es möglich wäre. Bringt die Religion eher mehr Nutzen, oder mehr Nachteile?
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Re: Religionsnutzen?

Beitragvon Nanna » So 6. Jun 2010, 19:38

ganimed hat geschrieben: Und ständig sucht das Gehirn reflexartig nach Intention und Sinn. Die Neigung zur Konstruktion einer göttlichen Kraft, einer Entität über uns, ist offenbar eine Eigenschaft des Menschen.

In meinen Ohren klingt es relativ wahrscheinlich, dass diese Dauersuche nach Intention von unserer ausgeprägten sozialen Veranlagung herrührt. Einerseits sichert uns diese Fähigkeit die Möglichkeit des Zusammenlebens in der Gruppe ("Ich weiß, dass A 'X' sagt, aber 'Y' meint, um vor B gut dazustehen und C auszubooten, werde dieses Wissen aber nicht mit C teilen, weil ich ihn/sie auch nicht mag und mich lieber mit A verbünden, weil ich über A an D herankomme..." usw.) und damit das schlichte Überleben, allerdings dreht dieser Sinn manchmal etwas ab. Das kann ganz harmlos darin resultieren, dass Leute ihren Autos und Computern Namen geben und Charakter zuschreiben, kann aber auch bedeuten, dass sie davon ausgehen, dass ein Sturm nicht einfach ein Sturm ist, sondern ein von einem übergeordneten Wesen intentional geschickte Strafe.
Im Grunde ist der ganze Götterolymp - gerade beim griechischen Original unheimlich gut zu sehen - ein einziger virtueller sozialer Spielplatz. Für viele Menschen vermittelt er vielleicht zwischen der sozialen Welt, in der sie aufgrund der Arbeitsweise ihres Gehirns nunmal leben und einer Wildnis, die keine Intentionalität kennt. Im Sinne dieser Interpretation wäre Religion unter anderem (!) einfach eine Art Blitzableiter für falsche Kategorisierungen unseres Gehirns.

Die Frage, ob Religion mehr Nutzen oder Schaden bringt, halte ich für verfehlt. Bei Phänomenen dieser Größenordnung eine Kosten-Nutzen-Kalkulation anzustellen ist weder qualitativ noch quantitativ möglich. Wie sollen wir ein Phänomen bewerten, das wir nichteinmal besonders gut verstanden haben? Neben der geschilderten Funktion als Spielplatz für spirituelle Gefühle (Nebenprodukte gewisser Hirnprozesse) und falsch-positive soziale Kategorisierungen hat Religion ja z.B. auch soziale Disziplinierungsfunktionen und standardisiert gewisse politische, soziale und ökonomische Codizes, kurz, hat eine sehr weitgefasste Wirkung als Regulierungsmacht. Wenn wir noch nichteinmal halbwegs genau bestimmen können, welchen volkswirtschaftlichen Nutzen 10% mehr Abiturienten quantitativ tatsächlich haben, wie sollen wir dann ein um Potenzen komplexeres Phänomen in Größenordnungen packen können? Zumal die Frage auch schon daher eine starke Tendenz zu Irrelevanz hat, weil Religion sich nicht abschaffen ließe. Sie ist halt, das müssen gerade wir Naturalisten zugeben, ein natürliches, im Menschen vorkommendes Phänomen, mit dem wir umgehen lernen müssen. Es ist ein bisschen wie mit der Weichsel, die gerade in Polen über die Ufer tritt: Meistens lässt sich ein Fluss als Schifffahrtsweg nutzen, aber manchmal tritt er über die Ufer und richtet dann auch Schaden an. Es fragt aber keiner danach, ob es besser wäre, wenn der Fluss nicht da wäre, weil die Implikationen (regionales Klima, Ökonomie, Landwirtschaft, Kultur, Wasserhaushalt der Region usw.) derart vielgestaltig und unvorhersehbar wären, dass allein die Überlegung Was-wäre-wenn-der-Fluss-nicht-da-wäre irgendwie absurd und kaum produktiv erscheint.
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Re: Religionsnutzen?

Beitragvon Bionic » So 6. Jun 2010, 19:54

Du hast sicher teilweise Recht, ich stelle die Nutzenfrage aber trotzdem. Religion kann ja auch sehr gefährlich sein.
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Re: Religionsnutzen?

Beitragvon stine » So 6. Jun 2010, 19:58

Nanna hat geschrieben: Sie ist halt, das müssen gerade wir Naturalisten zugeben, ein natürliches, im Menschen vorkommendes Phänomen, mit dem wir umgehen lernen müssen.

:up: Hätte ich nicht besser sagen können. Ich hätte halt wieder mehr Worte dazu gebraucht.

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Re: Religionsnutzen?

Beitragvon Charles Dawkins » Mi 23. Jun 2010, 00:40

Nanna hat geschrieben: Sie ist halt, das müssen gerade wir Naturalisten zugeben, ein natürliches, im Menschen vorkommendes Phänomen, mit dem wir umgehen lernen müssen.


Ich bezweifle, das Religion ebendieses ist.

Der Drang etwas zu hinterfragen und zu erklären ist sicherlich natürlich, ebenso ist es natürlich, Dinge zu abstrahieren und zu vereinfachen.
Dies allein muss aber nicht automatisch zu einer Religion führen. Religionen sind mehrfach entstandene, mächtige, gewachsene, kulturelle Institutionen.
Religion ist kleinen 'Privatüberzeugungen', Kulten etc. überlegen, indem sie z.B. stark weiterverbreitet bzw. als alleinige Wahrheit dargestellt wird.

Außerdem: Wenn man deine Aussage mal andersherum beleuchtet, dann würden sich Naturalisten ja quasi mit ihrem Atheismus gegen ihre Natur stellen.
Dieses erscheint mir nicht logisch, und ich habe auch nicht den Eindruck, irgendwelche natürlichen Phänomene zu unterdrücken weil ich Atheist bin. Im Gegenteil: Ich begann irgendwann das mir beigebrachte 'Religionswissen' zu hinterfragen.

Zum Nutzen: Religion nutzt/erhält sich vor allem selbst. Der Nutzen für Menschen ist imaginär, die davon ausgehende Gefahr für Mensch und Natur ist allerdings real.
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Re: Religionsnutzen?

Beitragvon stine » Mi 23. Jun 2010, 08:02

Charles Dawkins hat geschrieben:Dies allein muss aber nicht automatisch zu einer Religion führen. Religionen sind mehrfach entstandene, mächtige, gewachsene, kulturelle Institutionen.
Du verwechselst hier das religiöse Empfinden mit dem Aufbau von Machtstrukturen, die dieses Empfinden für sich verwenden. Genau das, ist eben der Unterschied!

Charles Dawkins hat geschrieben:Im Gegenteil: Ich begann irgendwann das mir beigebrachte 'Religionswissen' zu hinterfragen.
Das ist ein guter Ansatz, aber nicht zu Ende gedacht. Wer weiter denkt, kann durchaus wieder religiöse Gefühle entwickeln. Gerade der Naturalismus eignet sich hervorragend dazu. Materialsismus und Realismus lassen noch überzeugender über unsere Lebensform staunen.


Charles Dawkins hat geschrieben:Zum Nutzen: Religion nutzt/erhält sich vor allem selbst. Der Nutzen für Menschen ist imaginär, die davon ausgehende Gefahr für Mensch und Natur ist allerdings real.
Welche Gefahr siehst du in religiösem Denken über Mensch und Natur?
Das Gegenteil ist doch der Fall. Wenn man religiöse Gefühle von vorgegebenen Dogmen großer Institutionen trennt, dann bewirken sie doch gerade, dass man sich als Ganzes mit seiner Umwelt definiert.
Das Wissen darüber, dass was ich an Schaden anrichte, mir letztlich selbst schadet, ist und bleibt der beste Ansatz.

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Re: Religionsnutzen?

Beitragvon Nanna » Mi 23. Jun 2010, 11:28

Charles Dawkins hat geschrieben:Außerdem: Wenn man deine Aussage mal andersherum beleuchtet, dann würden sich Naturalisten ja quasi mit ihrem Atheismus gegen ihre Natur stellen.
Dieses erscheint mir nicht logisch, und ich habe auch nicht den Eindruck, irgendwelche natürlichen Phänomene zu unterdrücken weil ich Atheist bin. Im Gegenteil: Ich begann irgendwann das mir beigebrachte 'Religionswissen' zu hinterfragen.

Ich habe ja nicht von einem notwendig bei allen Menschen vorkommenden Phänomen gesprochen. Aber Religion ist unleugbar ein existentes Phänomen, ergo muss es für den Naturalisten ein natürliches Phänomen sein. Es tritt halt unter bestimmten Voraussetzungen zutage. Es "künstlich" zu nennen, macht aus naturalistischer Sicht aber überhaupt keinen Sinn, weil jegliche kulturelle Phänomene für den Naturalisten auch natürliche Phänomene sind. Religion KANN für den Naturalisten nur ein natürliches Phänomen sein. Dasselbe gilt für Atheismus. Und du kannst dich auch nicht gegen deine Natur stellen, weil im Naturalismus alles Natur ist. Gegen deine Natur stellen würde bedeuten, Naturgesetze zu verletzen. Da Religion im Rahmen der Naturgesetze auftritt, ist es natürlich. Zack, Ende, mehr wollte ich nicht sagen.

Mit Religion umgehen lernen KANN auch bedeuten, sie zu unterdrücken, ich persönlich halte das aber aufgrund der Diffusität des Phänomens Religion für unmöglich. Religion ist Rechtssystem, politisches System, kosmologischer Forschungsversuch (Betonung auf Versuch), soziales Netz, weltlich-kultureller Ankerpunkt, Werkzeug für spirituelle Gefühle, soziales Disziplinierungswerkzeug und Weg zur Erzeugung von Massenwahn. All das ist einzeln für sich genommen auch in anderen Bereichen menschlicher Kultur vorhanden. Religion bekämpfen heißt was bekämpfen? Die meisten hier brechen Religion auf Supernaturalismus herunter und glauben, dass die religiösen Menschen ihr Sozialverhalten ändern würden, wenn sie nur nicht mehr an eine übernatürliche Entität glauben würden. Als würden die Paschtunen ihr archaisches Stammesleben aufgeben, wenn sie nur von Allah befreit würden.
Religion ist ein Mischmasch unzähliger kultureller Unterphänomene, die nicht alle für sich genommen bekämpfenswert sind. Manche sind einfach auszulagern, z.B. Rechtsprechung an ein staatliches Rechtssystem, komologische Forschung an Physiker und Philosophen, bei anderen ist die Frage, wer die Rolle übernehmen sollte. Das soziale Netz kann der Staat nur umfassend bieten, wenn er ideologische Zusammenkünfte anbietet, z.B. die Hitlerjugend. Das wollen wir nicht. Alternativen wie der Sportverein gehen manchen Menschen nicht weit genug. Und wer gegen Massenwahn ist, muss sich auch gegen Rockkonzerte, politische Veranstaltungen und Fussbal-WMs aussprechen. Religion bündelt eben solche Bedürfnisse und bedient sie, ich kann daran nichts unnatürliches erkennen. Der Erfolg der Religion spricht im Gegenteil für ein evolutionär durchaus erfolgreiches Modell, das sich gegen weniger leistende kulturelle Ideen durchgesetzt hat. Nun ist das allein noch nicht gut. Die Atombombe hat sich in der Kriegsführung auch für längere Zeit als Nonplusultra durchgesetzt und die Gefahr einer evolutionären Sackgasse für dieses Modell ist offensichtlich, siehe Kuba '62. Ich will also Religion nicht durch den Erfolg ihres hartnäckigen Bestehens für gut erklären, ich will nur klarmachen, dass Religion kein Randphänomen ist, dessen Auftreten extrem unwahrscheinlich ist. Allein die Zahl unabhängig entstandener Kulte auf der Welt spricht genau für das Gegenteil.

Wir müssen uns eben überleben, ob es, wenn man die Nachteile von Religion und die objektive Falschheit vieler ihrer Grundannahmen bedenkt, nicht bessere Wege gibt und wie diese durchzusetzen sind. Auch das ist ein natürliches Phänomen und sobald wir Brights oder jemand anderes ein attraktiveres Modell gefunden haben, wird es sich über kurz oder lang durchsetzen. Religiöse sind auch nur Menschen die menschlich ticken und ihren Glauben aufgeben, wenn etwas attraktiveres bereitsteht. Die Trennung von Staat und Kirche hat in Europa ja auch stattgefunden, obwohl die Kleriker sicherlich die Hölle herbeigebetet haben.
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Re: Religionsnutzen?

Beitragvon Bionic » Mi 23. Jun 2010, 22:01

Charles Dawkins hat geschrieben:Zum Nutzen: Religion nutzt/erhält sich vor allem selbst. Der Nutzen für Menschen ist imaginär, die davon ausgehende Gefahr für Mensch und Natur ist allerdings real.

Kannst du das bitte begründen? Das ist mir eine viel zu pauschale Aussage.
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Re: Religionsnutzen?

Beitragvon musicman » Fr 25. Jun 2010, 19:51

Nanna hat geschrieben:Ich habe ja nicht von einem notwendig bei allen Menschen vorkommenden Phänomen gesprochen..


Ist jetzt Off Topic, aber mich würde an der Stelle mal interessieren, ist es denkbar, daß es eine genetische Disposition zur Religiosität gibt?
Ich habe quasi im Selbstversuch in jungen Jahren erlebt (Jugendgruppe Kirche, Konfirmationsunterricht etc.), daß bei mir die Sache nicht funktioniert, daß sich nie ein religiöses Gefühl oder wie man das nennen will eingestellt hat. Wir saßen im Kreis, es wurde gebetet und während bei manchen die Augen leuchteten als hätten sie einen 500 Watt Strahler im Kopf, passierte bei mir rein gar nichts.
Es gibt zB auch Menschen, die körperlich nicht abhängig von Alkohol werden können, diese Gruppe ist äußerst gering, aber auf Grund einer genetischen Disposition entwickeln sie keine - wohlgemerkt nur körperliche Abhängikeit - obwohl alle anderen Merkmale von Sucht wie körperliche Schädigung, psychische Abhängikeit und was so dazu gehört gegeben sind.
Wäre es möglich, daß es bei Religiosität auch so ist, daß sie auf Grund einer genetischen Veranlagung, nicht bei allen entsteht?

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Re: Religionsnutzen?

Beitragvon stine » Fr 25. Jun 2010, 20:02

Irgend so ein Frontallappen war mal im Gespräch...

http://www.pce-yoga.com/neurologie_-_gott-modul.html

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Re: Religionsnutzen?

Beitragvon Nanna » Fr 25. Jun 2010, 20:15

Ich wusste doch, dass ich dazu mal was gelesen hatte und hab eine Weile in unseren Zeitschriftenbergen gewühlt. In ZEIT WISSEN 06/2009 (Oktober/November) steht auf S.19: "Inzwischen gibt es Untersuchungen, die den Einfluss der Gene auf die Religiosität auf 40 bis 55 Prozent beziffern - er bewegt sich im gleichen Bereich wie bei klassischen Charakterzügen. Welcher Konfession jemand angehört, ist jedoch nur in geringem Maße genetisch bedingt."). ZEIT WISSEN ist ja eher mit einem leichten Hang zum Feuilletonismus belegt, weshalb da nicht alles so superkorrekt zitiert wird, aber anscheinend stammen diese Zahlen im wesentlichen aus der Zwillingsforschung von Thomas Bourchard. Damit ist natürlich nicht ermittelt, auf welchem Wege die Gene da einwirken, man kennt nur den ungefähren Anteil an einer Neigung, der angeboren ist - sofern man Bourchards Methoden Glauben schenkt.
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Re: Religionsnutzen?

Beitragvon Bionic » Fr 25. Jun 2010, 20:16

musicman hat geschrieben:Wäre es möglich, daß es bei Religiosität auch so ist, daß sie auf Grund einer genetischen Veranlagung, nicht bei allen entsteht?

Wäre möglich. Ob dies dann allerdings besser, oder schlechter ist, kann ich dir nicht sagen. Eine Rolle spielt es im allgemeinen aber glaub schon.
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Re: Religionsnutzen?

Beitragvon musicman » Fr 25. Jun 2010, 21:08

Jedenfalls würde das erklären, warum Leute die diese Erfahrung machen - die eine neurobiologische Ursache hat - das als Gotteserfahrung interpretieren. Gerade wenn man keine Ahnung hat, was sich da eigentlich abspielt, kann man schon der Versuchung erliegen, dahinter eine äußere Einwirkung (Gott) zu vermuten. Dostojewski beschreibt diese Zustände in "Der Idiot" bei Fürst Myschkin, der Epeleptiker ist, sehr anschaulich.
Wenn sich diese Gefühle willentlich, zB durch religiöse Exerzitien oder Meditation erzeugen lassen, ist das nicht so sehr weit vom Gebrauch von Drogen entfernt, deren eigentlicher Zweck ebenfalls darin besteht, angenehme Gefühle zu erwecken, bzw negative zu verdrängen - Ok es ist gesünder und wer pfeift sich nicht ab und an was rein ? :joint:
Gefährlich kann es werden, wenn einer dahinter göttliches Wirken zu erkennen vermeint und daraus schließt, im Besitz einer umfassenden Wahrheit zu sein, die man dem Rest der Welt, wenn nötig mit Gewalt verkünden muß.

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Re: Religionsnutzen?

Beitragvon Philo » Sa 3. Jul 2010, 11:08

Hallo zusammen,

der Religionsnutzen unterlag - und unterliegt noch immer - einem Evolutionsprozess.
Was wir heute "Religionen" nennen, entsprach vor tausenden von Jahren, ähnlich wie die Urknalltheorie, Welterklärungsmodellen.
Im Laufe der Zeit erkannten irgendwelche Leute, dass man Religion auch für andere Zwecke nutzen kann, so z. B., um moralische Werte und Ähnliches zu etablieren.
So erkannte und prägte auch Marx die Erkenntnis, dass Religion wie Opium fürs Volk sei und tatsächlich ließen sich mehr als genug ehemals Drogensüchtige mit diesem Ersatz-Drogen-Programm erfolgreich behandeln.
Aber wie jede Drogenart, ist auch das theistische Sortiment nicht klein und so verstanden sich verschiedene Konfessionen zu einer Allianz zusammen zu schließen.
Nicht anders verhält es sich mit politischen Religionen, denn wenn ich nachbars Jupp und Hans an der Biertheke zuhöre, um wieviel besser die Beiden ihr Land regieren würden, dann wird mir deutlich, dass Menschen sogar mit Suchtkombinationen zu kämpfen haben, ohne sich dessen bewusst zu sein.

Bud Spencer würde hierzu sicher meinen: "Der Mensch ist schon ein merkwürdiges Pänomen." (Phänomen) :irre3:

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