ich habe in diesem ellenlangen Thread zwar nicht alles mitverfolgt, aber doch so einiges und ich glaube mittlerweile, ich kann verstehen, warum die Wellen hier so hoch schlagen. Du, Julia hast nämlich einen sehr wunden Punkt getroffen: Letztlich können auch Naturalisten nur mit einem moralischen Tabu (also etwas quasi Religiösem, Supra-Naturalistischem) begründen, warum sie es für vertretbar halten, das Leben von einigen Individuen zu opfern, das Leben anderer Individuen aber nicht.
Diejenigen, die das Opfern anderer Lebewesen für vertretbar halten, machen das heute meist an der Zugehörigkeit zu einer anderen Spezies fest.
Mal ganz abgesehen davon, dass die Grenzen, ab wann ein Individuum nicht mehr nur einer anderen Rasse, sondern einer anderen Spezies angehört, fließend sind, ist dieses Unterscheidungsmerkmal ein absolut willkürliches. Du steckst die Grenzen halt nur sehr strikt, aber bleibst letztlich genau so willkürlich, denn Pflanzen, von denen du dich ernährst, sind ja schließlich auch Lebewesen.
Bis noch nicht vor allzu langer Zeit fand man es auch in unserem Kulturkreis noch vollkommen in Ordnung, Menschen anderer Rasse als Sklaven zu halten und man fand auch nichts dabei, wenn ein Sklavenhalter seinen "Leibeigenen" einfach tötete. Das war sein gutes Recht.
Julia hat geschrieben:P.S.: Man kann halt schwer einerseits Tierversuche an nichtmenschlichen Tieren unter Umständen gut heißen und Tierversuche an menschlichen Tieren kategorisch ablehnen. Oder würdest du auch letzteres befürworten? Für ein lebensrettendes Medikament?
Die Versuche an "menschlichen Tieren" sind gängige Praxis. 20 Jahre lang hat man wild, ins Blaue hinein, an Menschen herumexperimentiert um Medikamente zu finden, die gegen HIV wirken. Jetzt, nachdem dadurch eher zufällig tatsächlich wirksame, lebensverlängernde Medikamente gefunden wurden, bin ich ich Nutznießer davon: Hätte ich mich schon vor 25 Jahren auf HIV testen lassen und wäre vorzeitig in die Mühlen unserer Pharmaforschung geraten, wäre ich längst selbst als Versuchskaninchen verbraucht worden.
Die ernüchternde Erkenntnis, die man daraus ziehen kann: Jeder ist sich selbst der Nächste und heute Abend esse ich für meinen Teil ein schönes Steak und das noch nicht einmal vom Metzger, ...
... sondern vom Rind!
Gruß Gernot
P.S.: Calamari würde ich nicht essen!