ujmp hat geschrieben:Es hängt doch auch nur von mir ab, was ich unter einem Begriff verstehe. Wir können z.B. verschiedene Begriffe von "Planeten des Sonnensystems" haben, wenn ich den Pluto noch dazu zählen wollte und du nicht.
Wir können zwar die Bedeutung des Begriffs <Planet> willkürlich festlegen, aber wenn sie einmal festgelegt ist, dann hängt es nicht mehr von unserer Willkür ab, ob unter diesen Begriff Gegenstände fallen und, wenn ja, wie viele.
Es gibt genau genommen zwei Begriffe, die nicht bedeutungsgleich sind: <Planet_alt> und <Planet_neu>.
Unter ersteren fallen neun Himmelskörper (einschließlich Pluto) und unter letzteren acht. Das sind objektive Tatsachen.
ujmp hat geschrieben:Übrigens hat nicht ein einziger Astronom den selben Bergiff von "Pluto", wie sein Kollege.
In der (älteren) Logik findet sich eine Unterscheidung zwischen
Individualbegriffen und
Allgemeinbegriffen. Zum Beispiel ist der Begriff <Planet> ein Allgemeinbegriff und der Begriff
von Pluto ein Individualbegriff. Allerdings ist "Pluto" selbst kein Begriff—"der Begriff <Pluto>" ist ein missgebildeter Ausdruck—, sondern ein Eigenname; und der Begriff von Pluto umfasst all diejenigen Allgemeinbegriffe (vor allem <Planet>), die wir Pluto zuschreiben.
ujmp hat geschrieben:Es hat nichteinamal ein Astronom heute den selben Begriff von Pluto, den er gerstern noch hatte. Sein Neuronaler Zustand ist nämlich ständig in Veränderung. Denkt er nicht an Pluto, setzt das Vergessen ein. Denkt er an Pluto, verden diejenigen Aspekte verstärkt, an die er gerade denkt.
Die Wissenschaftler legen Wert auf eine einheitliche Begriffsverwendung, was aber nicht immer gewährleistet ist. (Es soll immer noch Astronomen geben, die sich weigern, die neue Definition von <Planet> zu verwenden.)
Dass Nervenzustände dynamischer Natur sind, bedeutet nicht, dass sich mein Begriff (geistige Vorstellung) von Pluto allein deshalb ständig ändert. Es ist keineswegs so, dass jedes Mal ein inhaltlich veränderter Begriff von Pluto in meinem Bewusstsein auftaucht, wenn ich an ihn denke. Und wenn ich gegenwärtig nicht an ihn denke, dann bedeutet das nicht, dass ich meinen Begriff davon vergessen habe, denn er ist ja dauerhaft in meinem Gedächtnis gespeichert und wartet sozusagen darauf, von mir abgerufen zu werden.
ujmp hat geschrieben:Lernt er etwas neues über Pluto ... - sowieso. Schon weil nicht zwei Astronomen den Pluto zur gleichen Zeit vom selben Ort aus betrachten können, müssen ihre Vorstellungen von Pluto eine unterschiedliche Perspektive haben. Und sogar, wenn sich der Astronom mit etwas beschäftigt, dass so ähnlich aussieht oder nur so ähnlich heißt, verändert dies den Umfang seines Begriffes "Pluto".
Was die Beobachtung Plutos anbelangt, so könnte man sagen, dass jeder Beobachter sein eigenes Wahrnehmungsbild hat und diese sich voneinander unterscheiden, je nachdem, von welchem Standpunkt aus Pluto betrachtet wird.
Auch unsere Begriffe von Pluto können sich voneinander unterscheiden. So ist der Pluto-Begriff eines Astrophysikers inhaltsreicher als der einer astrophysikalisch ungebildeten Person, die nicht mehr weiß, als dass es sich um irgendeinen Himmelskörper handelt.
Individualbegriffe können auch durch neue Erkenntnisse angereichert werden und dadurch inhaltlich wachsen.
Ich bin mit der Eco'schen Semiotik vertraut. (Ich habe auch ein Exemplar dieses Buches.)
Allgemein gesprochen, ist ein Code eine Regel bzw. eine Funktion, die Elementen aus einer Menge von Ausdruckseinheiten (syntaktischen Einheiten) Elemente aus einer Menge von Inhaltseinheiten (semantischen Einheiten) zuordnet.
"Ein Code etabliert also (a) die Korrelation einer Ausdrucksebene (in ihrem rein formalen und systematischen Aspekt) mit einer Inhaltsebene (ebenfalls rein formal und systematisch aufgefasst); (b) eine Zeichen-Funktion etabliert die Korrelation eines abstrakten Elements des Ausdruckssystems mit einem abstrakten Element des Inhaltssystems; (c) auf diese Weise stellt der Code Typen auf, d.h. er bringt die Regel hervor, die die tokens oder konkreten Exemplare (der Typen) generiert, das heißt jene Entitäten, die bei den Kommunikationsprozessen realisiert werden und die man gewöhnlich Zeichen nennt; … ."(Eco, Umberto.
Semiotik: Entwurf einer Theorie der Zeichen. Übers. v. G. Memmert. 2. Aufl. München: Fink, 1987. S. 79)
(Der Nominalist tut sich mit solchen Aussagen freilich schwer, da er nicht an die Existenz abstrakter Codes, Typen, Funktionen oder Klassen glaubt. Er muss sie also auf eine Weise auffassen, die ihn nicht dazu verpflichtet, die Existenz derartiger Sachen anzuerkennen.)
ujmp hat geschrieben:Hier ein kostenloses Update deines Begriffes "Pluto" (Ich hoffe du hast Spaß dran, wenn du in Zukunft "Pluto" sagst): …
Selbstverständlich können verschiedene Dinge oder Personen den gleichen Namen tragen. In der Tat heißen mehrere Gegenstände "Pluto", aber in der Regel kann man dem Gesprächskontext entnehmen, welcher Pluto gemeint ist. Wir reden hier über den (Ex-)Planeten Pluto, nicht wahr?