Die Leere der Theologie

Die Leere der Theologie

Beitragvon Andreas Müller » Fr 23. Mär 2007, 21:31

Den Essay musste ich einfach übersetzen. Wunderbar angriffslustig:


Die Leere der Theologie
von Richard Dawkins


Ein kläglich bemühter Leitartikel in der britischen Zeitung The Independent bat kürzlich um eine Versöhnung zwischen Wissenschaft und "Theologie".

Er bemerkte, dass "die Leute so viel wie möglich über ihre Ursprünge erfahren möchten". Ich hoffe gewiss, dass sie das tun, aber wie um alles in der Welt kommt man auf die Idee, dass die Theologie etwas Brauchbares zu dem Thema beitragen könnte?

Die Wissenschaft ist verantwortlich für das folgende Wissen über unsere Ursprünge. Wir wissen annähernd, wann das Universum begann und warum es überwiegend aus Wasserstoff besteht. Wir wissen, warum sich Sterne bilden und was in ihrem Inneren geschieht, um Wasserstoff in die anderen Elemente umzuwandeln, wodurch die Chemie in eine Welt der Physik geboren wird. Wir kennen die grundlegenden Prinzipien, wie eine Welt der Chemie durch das Hervorbringen selbst-reproduzierender Moleküle zur Biologie werden kann. Wir wissen, wie das Prinzip der Selbst-Replikation durch die darwinistische Selektion alles Leben ermöglicht, auch das menschliche.

Es ist die Wissenschaft und nur die Wissenschaft, welche uns dieses Wissen gab und sie gab es uns außerdem in faszinierendem, überwältigendem, sich gegenseitig bestätigendem Detail. Zu jeder dieser Fragen hat die Theologie eine Position vertreten, die nach und nach widerlegt wurde. Die Wissenschaft hat die Pocken ausgerottet, kann gegen vormals tödliche Viren immunisieren, kann vormals tödliche Bakterien unschädlich machen.

Die Theologie hat nichts getan, außer von Pestilenz als die Strafe für Sünden zu sprechen. Die Wissenschaft kann vorhersagen, wann ein bestimmter Komet wieder erscheinen wird und, zweitens, wann die nächste Sonnenfinsternis zu erwarten ist. Die Wissenschaft hat Menschen auf den Mond gebracht und hat Aufklärungsraketen um Saturn und Jupiter gejagt. Die Wissenschaft kann Ihnen das Alter eines bestimmten Fossils nennen und dass das Grabtuch von Turin eine mittelalterliche Fälschung ist. Die Wissenschaft kennt die genauen DNA-Baupläne von mehreren Viren und wird, noch in der Lebenszeit der meisten Leser, auch die vom menschlichen Genom kennen*.

Was hat die Theologie jemals von sich gegeben, das für irgend jemanden auch nur von allerkleinstem Nutzen wäre? Wann hat die Theologie jemals etwas festgestellt, das nachweisbar korrekt und nicht offensichtlich ist? Ich habe Theologen zugehört, ihre Bücher gelesen und mit ihnen debattiert. Ich habe noch niemals von keinem von ihnen auch nur irgend etwas von allerkleinstem Nutzen gehört, nichts, das nicht entweder schon längst völlig offensichtlich ist oder von vorne bis hinten falsch. Wenn all die Errungenschaften der Wissenschaft morgen ausgelöscht wären, dann gäbe es keine Mediziner, sondern Medizinmänner, kein schnelleres Transportmittel als Pferde, keine Computer, keine gedruckten Bücher, keine Landwirtschaft, die für mehr als zum purem Überleben reicht. Wenn all die Errungenschaften von Theologen morgen ausgelöscht wären, könnte irgendjemand auch nur den allerkleinsten Unterschied feststellen? Sogar die schlechten Errungenschaften der Wissenschaft, wie Bomben oder sonar-gelenkte Wahlfängerschiffe, funktionieren! Die Errungenschaften von Theologen tun nichts, verändern nichts, bedeuten nichts. Wie kommt überhaupt jemand auf die Idee, dass "Theologie" ein Fachgebiet ist?


*Anm. des Übersetzers: Das "Human Genome Project" hat dieses Kunstwerk inzwischen vollbracht.



Original: "The Emptiness of Theology" im Free Inquiry magazine Band 18, Nummer 2
http://hpd-online.de/node/1472
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Re: Die Leere der Theologie

Beitragvon Joe » Sa 24. Mär 2007, 12:05

Der Autor hat geschrieben:Wir kennen die grundlegenden Prinzipien, wie eine Welt der Chemie durch das Hervorbringen selbst-reproduzierender Moleküle zur Biologie werden kann.


Soweit ich weiß, ist das Problem der Biogenese noch ungeklärt.

Ansonsten argumentiert Dawkins wirklich überzeugend.
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Re: Die Leere der Theologie

Beitragvon LinuxBug » Sa 24. Mär 2007, 12:46

Joe hat geschrieben:
Der Autor hat geschrieben:Wir kennen die grundlegenden Prinzipien, wie eine Welt der Chemie durch das Hervorbringen selbst-reproduzierender Moleküle zur Biologie werden kann.
Soweit ich weiß, ist das Problem der Biogenese noch ungeklärt.


<a href="http://de.wikipedia.org/wiki/Chemische_Evolution">Chemische Evolution</a>
die grundlegenden Prinzipien kennen wir schon, jedoch müssen wir noch mehr Belege finden...
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Beitragvon Klaus » Sa 24. Mär 2007, 12:54

die grundlegenden Prinzipien kennen wir schon, jedoch müssen wir noch mehr Belege finden...


Es sind Hypothesen, stellenwweise Vermutungen, Kennen ist da wohl zuviel gesagt. :/
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Beitragvon lorenz » Sa 24. Mär 2007, 16:21

Zufällig habe ich das letztens auch übersetzt, die Übersetzung ist besser als meine. Allerdings:
"Ich habe noch niemals von keinem von ihnen auch nur irgend etwas von allerkleinstem Nutzen gehört".
==> "... niemals auch nur von einem ... gehört!. (Keine doppelte Verneinung.)

Emmet F. Field sagte:
"The Theologian is an owl, sitting on an old dead branch in the tree of human knowledge, and hooting the same old hoots that have been hooted for hundreds and thousands of years, but he has never given a hoot for progress."
"Der Theologe ist eine Eule, die auf einem alten toten Ast im Baum des menschlichen Wissens sitzt. Seit hunderten und tausenden von Jahren gibt er die gleichen alten Eulenrufe von sich, aber niemals hat er je nach Fortschritt gerufen."
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Beitragvon Andreas Müller » Sa 24. Mär 2007, 16:34

I have never heard any of them ever say anything of the smallest use


Ist recht unpraktisch ins Deutsche zu übertragen, weil "any" nicht hundertprozentig mit "keinem" zu übersetzen ist. Aber was soll's, die Leute werden es überleben.

Jetzt übersetze ich "Die Wissenschaft muss die Religion vernichten" von Sam Harris - falls mir das hpd-Team erlaubt, es dort zu veröffentlichen... :up:
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Beitragvon lorenz » Sa 24. Mär 2007, 17:04

http://www.huffingtonpost.com/sam-harris/science-must-destroy-reli_b_13153.html

Die Amis haben wirklich einen Reichtum an guten Schreibern.
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Re: Die Leere der Theologie

Beitragvon Joe » Sa 24. Mär 2007, 22:42

LinuxBug hat geschrieben:die grundlegenden Prinzipien kennen wir schon, jedoch müssen wir noch mehr Belege finden...


Klar LinuxBug, organische Moleküle können sich durch Selbstorganisation bilden. Das ungelöste Problem ist, wie es die verflixten Dinger geschafft haben, sich zu reproduzieren. Das konnte bisher weder theoretisch, geschweige denn experimentell nachvollzogen werden. Möglicherweise ist die Entstehung von Leben ein sehr außergewöhnlicher seltener Vorgang. Selbstverständlich können solche Fragen nur auf dem Planeten gestellt werden, auf dem es geklappt hat. :wink:
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Theologie bringt doch etwas

Beitragvon Andrew » Sa 7. Apr 2007, 13:01

Auch ich finde den Text von Richard Dawkins gut und in gewisser Weise natürlich auch provokativ.

Warum schiesst der Verfasser aber derart gezielt gegen das Fachgebiet der Theologie? Müsste er nicht konsequenterweise auch gleich gegen Wissenschaften wie Philosophie, Geschichte, Musik, Kunst usw. argumentieren? Was bringen der Gesellschaft von heute musische Fächer oder Kultur ganz allgemein?

Der Verfasser schreibt auch, dass die Theologie der Menschheit bisher nichts zählbares gebracht habe. Dieser Sichtweise kann ich mich nicht anschliessen.

In der Theologie geht es darum, Fragen nach dem Warum zu beantworten. Letztendlich geht es dabei auch um die Frage nach einem tieferen Sinn unseres Lebens oder des Lebens auf dieser Erde ganz Allgemein. Die theologische Lehre bietet vielen Menschen eine Hoffnung oder einen Halt in ihrem Leben. Wissenschaften wie Kunstgeschichte, Geschichte oder Kulturwissenschaften sind ohne theologische Motive nicht auszudenken.

Weiter dient die Theolgie selbstverständlich auch zur Festlegung von ethischen Grundprinzipien. Unsere ganze Wirtschaft baut auf einer christlichen Ethik auf, indem zum Beispiel für etwas bezahlt werden muss, das man konsumiert (gemäss dem Gebot, "Du sollst nicht stehlen"). Diebstahl und Kriminalität schwächen eine Volkswirtschaft.

Weiter befasst sich die Theologie auch mit der sozialen Verantwortung, der Unterstützung von Armen und Schwachen und somit in gewisser Weise mit der gesellschaftlichen Wohlfahrt.

Auch viele praktische Produkte (Konsumgüter), Architektur oder städteplanerische Errungenschaften haben in den Klöstern Mitteleuropas ihren Ursprung, bzw. wurde schon Erfundenes insbesondere von Mönchen noch weiterentwickelt und verfeinert. Sogar das Freie Denken in der Neuzeit hat im Grunde genommen bei der Reformation und somit bei Martin Luther seinen Ursprung und man ist somit auch wiederum gezwungen, bei einer ganz grossen und elementaren Errungenschaft in einen theologischen bzw. religiösen Kontext zu geraten.

Abschliessend stelle ich einfach fest, dass die Aussage, dass die Theologie der Menschheit nichts konkretes gebracht habe, einfach nicht richtig sein kann. Dennoch finde ich, wie in der Einleitung schon erwähnt, diesen Text durchaus gut, da er mich im positiven Sinne zum Nachdenken angeregt hat.
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Beitragvon Andreas Müller » Sa 7. Apr 2007, 13:35

Hallo Andrew,

Müsste er nicht konsequenterweise auch gleich gegen Wissenschaften wie Philosophie, Geschichte, Musik, Kunst usw. argumentieren?


Nein, das sind echte Wissenschaften oder eben Kunst. Sie erweitern das Wissen der Menschheit. Ohne Philosophie wäre die Wissenschaft undenkbar, Geschichte wirkt bis heute nach, Musik spricht unsere Gefühle an und ist nicht wegzudenken aus unserer Kultur, Kunst dient der Reflektion und Kritik von Missverhältnissen und öffnet den Geist, schafft neue Sichweisen auf die Welt.

Kultur ganz allgemein


Alles, was der Mensch schafft ist Kultur. Auch die Wissenschaft gehört zur Kultur.

Letztendlich geht es dabei auch um die Frage nach einem tieferen Sinn unseres Lebens oder des Lebens auf dieser Erde ganz Allgemein.


Theologie hat keinerlei Kompetenz diese Fragen zu beantworten. Sie basiert auf der Annahme, dass der judeo-christliche Gott existiert und uns immergültige Gebote für unser Leben schickt. Es könnte genauso gut eine Thorologie oder Zeusologie geben, das wäre genauso sinnlos.

Die theologische Lehre bietet vielen Menschen eine Hoffnung oder einen Halt in ihrem Leben.


Die Hoffnung auf ein Leben nach dem Tod ist eine falsche Hoffnung. Die Theologie/Religion nimmt den Menschen wahre Hoffnung und ersetzt sie durch Lügen. Das ist einem erwachsenen Menschen nicht würdig. Wir müssen die Realität so erkennen und akzeptieren wie sie ist und versuchen, sie auf dieser Basis zu verbessern. Religion ist wie ein Daumen, an dem Kinder lutschen.

sind ohne theologische Motive nicht auszudenken


Ich kann sie mir gut ohne diese Motive ausdenken, außerdem gibt es auch Religionswissenschaft und nicht nur Theologie. Nicht auszudenken wäre jede Art von Wissenschaft ohne die Renaissance, ohne die Aufklärung. Die Religion hat Zeit ihres Lebens die Wissenschaft behindert.

Weiter dient die Theolgie selbstverständlich auch zur Festlegung von ethischen Grundprinzipien.


Nein, das tut sie nicht. Das ist die Aufgabe der Moralphilosophie. Theologie bietet ewig gültige "Wahrheiten" wie "Homosexualität ist eine Sünde".

Weiter befasst sich die Theologie auch mit der sozialen Verantwortung


Nein, die Theologie fragt: Wie komme ich in den Himmel? Christen tun nur Gutes, weil sie selbst in den Himmel kommen wollen, und so gut ist das, was sie tun, dann doch nicht. Ein gutes Beispiel ist Mutter Theresa, der "Todesengel von Kalkutta":
http://www.mutter-teresa.info

gesellschaftlichen Wohlfahrt


Die Kirchen zahlen nur 2% ihrer sozialen Einrichtungen, Caritas, Diakonie etc, den Rest zahlt der Staat:
[url]http://www.amazon.de/Finanzen-Vermögen-Kirchen-Deutschland-Carsten/dp/3932710398[/url]

Auch viele praktische Produkte (Konsumgüter), Architektur oder städteplanerische Errungenschaften haben in den Klöstern Mitteleuropas ihren Ursprung, bzw. wurde schon Erfundenes insbesondere von Mönchen noch weiterentwickelt und verfeinert.


Das ist weder ein Argument für Theologie noch für Religion.

Sogar das Freie Denken in der Neuzeit hat im Grunde genommen bei der Reformation und somit bei Martin Luther seinen Ursprung


Das ist geradezu ein Tritt in den Magen von Aufklärern wie Giordano Bruno, die von solchen Gestalten verbrannt wurden. Martin Luther war Antisemit und Befürworter der Ketzterverbrennung. Ursprung des modernen Denkens ist die griechische Philosophie, die in der Renaissance wieder entdeckt wurde.
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Re: Theologie bringt doch etwas

Beitragvon LinuxBug » Sa 7. Apr 2007, 13:45

Andrew hat geschrieben:Warum schiesst der Verfasser aber derart gezielt gegen das Fachgebiet der Theologie? Müsste er nicht konsequenterweise auch gleich gegen Wissenschaften wie Philosophie, Geschichte, Musik, Kunst usw. argumentieren? Was bringen der Gesellschaft von heute musische Fächer oder Kultur ganz allgemein?

Theologie hat in meinen Augen nur den Zweck eine Religion zu rechtfertigen. Dabei werden halbgare, schwammige Bibeltexte und zwar nur die, die man brauchen kann, willkürlich herausgepickt und gleichzeitig wird der Anspruch gestellt die einzige Wahrheit gefunden zu haben.
In der Theologie geht es darum, Fragen nach dem Warum zu beantworten. Letztendlich geht es dabei auch um die Frage nach einem tieferen Sinn unseres Lebens oder des Lebens auf dieser Erde ganz Allgemein. Die theologische Lehre bietet vielen Menschen eine Hoffnung oder einen Halt in ihrem Leben. Wissenschaften wie Kunstgeschichte, Geschichte oder Kulturwissenschaften sind ohne theologische Motive nicht auszudenken.

Diese Formulierung finde ich nicht gerade gut. Gehen wir mal davon aus, dass es keinen tieferen Sinn gibt. Was dann? Dann reden uns die Theologen einen Sinn ein, obwohl es keinen gibt und das mit den Wissenschaften würd ich auch nicht so stehen lassen.

Weiter dient die Theolgie selbstverständlich auch zur Festlegung von ethischen Grundprinzipien. Unsere ganze Wirtschaft baut auf einer christlichen Ethik auf, indem zum Beispiel für etwas bezahlt werden muss, das man konsumiert (gemäss dem Gebot, "Du sollst nicht stehlen"). Diebstahl und Kriminalität schwächen eine Volkswirtschaft.

:lachtot:

Weiter befasst sich die Theologie auch mit der sozialen Verantwortung, der Unterstützung von Armen und Schwachen und somit in gewisser Weise mit der gesellschaftlichen Wohlfahrt.

Du weißt schon was Theologie ist oder?

Auch viele praktische Produkte (Konsumgüter), Architektur oder städteplanerische Errungenschaften haben in den Klöstern Mitteleuropas ihren Ursprung, bzw. wurde schon Erfundenes insbesondere von Mönchen noch weiterentwickelt und verfeinert.

Ähm ja, weil die Mönche das Wissen gehortet haben. Freies Denken wurde verachtet und verfolgt. Man spricht nicht umsonst vom dunklen Zeitalter. :tropf:

Sogar das Freie Denken in der Neuzeit hat im Grunde genommen bei der Reformation und somit bei Martin Luther seinen Ursprung und man ist somit auch wiederum gezwungen, bei einer ganz grossen und elementaren Errungenschaft in einen theologischen bzw. religiösen Kontext zu geraten.

Das Freie Denken hat seinen Ursprung in der Antike. Dass Martin Luther beteiligt war, mag ja sein. Jedoch vergisst du, wenn du nur dem religiösen Kontext Errungenschaften zusprichst, die ganz großen Köpfe der Aufklärung dabei,die meist atheistisch waren und dementsprechend verfolgt wurden und ohne Aufklärung wären wir wohl noch immer im Mittelalter :hust:

Abschliessend stelle ich einfach fest, dass die Aussage, dass die Theologie der Menschheit nichts konkretes gebracht habe, einfach nicht richtig sein kann.

Sie mag vielleicht konkretes gebracht haben, jedoch denke ich, dass wir ohne Theologie besser dran wären.
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Beitragvon Andreas Müller » Sa 7. Apr 2007, 14:50

die meist atheistisch waren


Oder Deisten, Pantheisten.
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Re: Theologie bringt doch etwas

Beitragvon musikdusche » Sa 7. Apr 2007, 16:30

Hallo Andrew,

erstmal ein herzliches Willkommen auch von mir! :winken:

Im Prinzip haben meine beiden Vorredner schon viele deiner Punkte beantwortet. Ich möchte nur noch kurz anfügen, dass die von dir angefügten "Verdienste" der Theologie oder Religion tatsächlich noch nie zwingend etwas mit Religion und Theologie zu tun gehabt haben.
Ich kann Sinnfragen beantworten, Künstlerisch tätig sein, persönlichen Halt in schwierigen Situationen finden etc. - alles ohne Rückgriff auf Religion.
Ich persönlich sehe die Religiösität eines Menschen zwar nicht als besonders schlimm an (und finde es zugegebenermaßen etwas diffamierend, wenn in diesem Zusammenhang vom Daumenlutschen geredet wird). Schlimm sind aber manchmal die Auswirkungen von Religion: Man braucht nicht erst hirnverbrannte Fundamentalisten als Beispiel für die Gefährlichkeit von Religion heranziehen. Es reicht, darauf hinzuweisen, dass z.B. eine repressive Sexualmoral für manche Mitglieder unserer Gesellschaft äußerst ausgrenzend wirken kann. Oder die Einmischung ins Erziehungssystem in unserem vermeintlich zivilisierten Zeitalter ein Unding ist.

Aber ich möchte hier auch keine falsche Diskussion anzetteln. Die meisten Leute hier sind zwar nicht sehr religiös, aber die Brights als Gruppierung sind per definitionem erstmal nicht antireligiös. Sondern "nur" pro-naturalistisch. Für mich ist das der herausragende Unterschied.

Beste Grüße - Musikdusche
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Beitragvon Andreas Müller » Sa 7. Apr 2007, 16:40

und finde es zugegebenermaßen etwas diffamierend, wenn in diesem Zusammenhang vom Daumenlutschen geredet wird


Ich habe das falsch übersetzt, Dawkins meinte: Religion ist für den Erwachsenen, was der Schnuller für das Kind ist. Gut, kein großer Unterschied.
Nö, sorry, aber da diffamiere ich ruhig ein bisschen. Wer nicht willens ist, die Welt so zu akzeptieren, wie sie ist und sie auf dieser Grundlage zu verbessern, stattdessen, aus purer Bequemlichkeit zu alten Mythen greift, den respektiere ich dafür mit Sicherheit nicht und der sollte erstmal erwachsen werden. Sicherlich gibt es bessere Gründe, religiös zu sein, als Trost, Hoffnung und Bequemlichkeit.
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Re: Theologie bringt doch etwas

Beitragvon Nox » Sa 7. Apr 2007, 16:51

Andrew hat geschrieben:Weiter dient die Theolgie selbstverständlich auch zur Festlegung von ethischen Grundprinzipien. Unsere ganze Wirtschaft baut auf einer christlichen Ethik auf, indem zum Beispiel für etwas bezahlt werden muss, das man konsumiert (gemäss dem Gebot, "Du sollst nicht stehlen"). Diebstahl und Kriminalität schwächen eine Volkswirtschaft.

Ja, wir haben in unserer Gesellschaft "christliche Werte". Aber diese sind offensichtlich nicht exklusiv christlich...
Warum spricht man also in dem Kontext überhaupt von "christlich"? :irre:

Mit der "christlichen Moral" war auch einiges anders als heut gern geglaubt wird, dieser Artikel argumentiert ganz schön dafür. Dass Christen diese Moral "erfunden" haben kann folglich auch nicht der Grund sein - da es schlicht nicht stimmt.
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Beitragvon musikdusche » Sa 7. Apr 2007, 17:10

Der Autor hat geschrieben:Nö, sorry, aber da diffamiere ich ruhig ein bisschen. Wer nicht willens ist, die Welt so zu akzeptieren, wie sie ist und sie auf dieser Grundlage zu verbessern, stattdessen, aus purer Bequemlichkeit zu alten Mythen greift, den respektiere ich dafür mit Sicherheit nicht und der sollte erstmal erwachsen werden. Sicherlich gibt es bessere Gründe, religiös zu sein, als Trost, Hoffnung und Bequemlichkeit.


Hi Autor...
Da würd ich mich gerne nochmal ausführlicher drüber unterhalten, weil diesbezüglich einige Gedanken in meinem Schädel kreisen. Dummerweise setze ich mich in 20 Minuten in den Zug Richtung Mutti. Und komme erst Montag wieder. Ich mache dann mal einen eigenen Thread dazu auf...
Bis dahin: Beste Grüße und gesegnete, besinnliche Ostern! :lachtot:
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Re: Theologie bringt doch etwas

Beitragvon Andrew » Sa 7. Apr 2007, 18:41

Vielen Dank für die recht zahlreichen und raschen Antworten auf meinen Beitrag!

Dass ich in einem Forum, wo sich viele Naturalisten daran beteiligen mit meinen Pro-Theologie-Argumenten auf viel Gegenreaktion stosse, ist natürlich logisch. Gerade das finde ich aber auf der anderen Seite auch das Spannende an der ganzen Sache und ich hoffe, dass sich so eine interessante und lehrreiche Diskussion entfachen kann.

Mir ist es wichtig zu erwähnen, dass ich in diesem Thread nicht darauf eingehen möchte, ob Theologie richtig, berechtigt oder sinnvoll ist. Ich wollte nur hervorheben, dass die Theologie bzw. religiös motivierte Persönlichkeiten, doch auch in einem gewissen Sinne produktiv waren oder auch immer noch sind (in Zürich z.B. Obdachlosen-Pfarrer Ernst Sieber). Ich fand die Aussage von Richard Dawkins "Was hat die Theologie jemals von sich gegeben, das für irgend jemanden auch nur von allerkleinstem Nutzen wäre?" eben schon krass einseitig bis sogar falsch, wenn man die Sache ganzheitlich betrachtet.

Auf einen Punkt möchte ich hier noch im Speziellen eingehen:

Andrew hat geschrieben:Weiter befasst sich die Theologie auch mit der sozialen Verantwortung, der Unterstützung von Armen und Schwachen und somit in gewisser Weise mit der gesellschaftlichen Wohlfahrt.

LinuxBug hat geschrieben:Du weißt schon was Theologie ist oder?


Theologie ist "Die Lehre von Gott", die sich mit Glaubensdokumenten und Glaubenssystemen befasst. Mit den Glaubensdokumenten ist insbesondere die Heilige Schrift, die Bibel gemeint.

Mit der sozialen Verantwortung, die aufgrund der Bibel gelehrt wird, meinte ich vor allem die Geschichten aus den Evangelien, in welchen dazu aufgerufen wird, die Armen und Kranken zu unterstützen. (Bsp. barmherziger Samariter, Bergpredigt etc.). Vielleicht war meine Formulierung falsch als ich schrieb, dass sich die Theologie damit befasst. Aber das Bemühen seinem Nächsten Gutes zu tun, kann durchaus auf einem biblischen und somit theologischen Verständnis basieren.

Noch heute bedient sich die soziale Arbeit unter vielen anderen der Theologie als "Bezugswissenschaft". Gemäss meinen Informationen hat die soziale Arbeit ihre Wurzeln grösstenteils bei christlichen Werken wie Caritas, Heilsarmee usw... Auch die ersten Hospitäler, Irren- Armenhäuser usw. wurden insbesondere durch Klöster errichtet und geführt.

Noch einmal: Mir geht es an dieser Stelle überhaupt nicht darum, die Theologie schön zu reden oder als berechtigt hinzustellen. Es gibt sie nun einmal, ob wir sie wollen oder nicht, ob sie gut ist oder schlecht... und weil es sie gibt, ist sie ein Teil unserer gegenwärtigen Wirklichkeit und der Geschichte der Menschheit.

Dass sie bis zum heutigen Tag auch viele Missstände und Irrlehren verursachte, ist mir klar. Auch mir ist es ein Anliegen, falsche oder extreme Ansichten aufzudecken und entsprechende "Opfer" damit zu konfrontieren.

Ich lebe in Zürich und gerade hier sind wir, wie womöglich in vielen anderen deutschsprachigen Städten auch, von aggressiv auftretenden und fundamentalistisch ausgerichteten Jugendkirchen wie bspw. icf-international betroffen. Es ist ein auffälliges Gegenwarts-Phänomen, dass gerade viele Jugendliche in stark fundamentalistisch-religiöse Kreise geraten und Mitglieder der entsprechenden Kirchen werden. Oftmals wird behauptet (in den Medien), dass in unserer Zeit des Wertezerfalls (so steht es in den Zeitungen), die Jugendlichen wieder vermehrt nach Halt und klaren Richtlinien suchen würden.

Schade, dass es immer gleich ein Extrem sein muss...
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Beitragvon LinuxBug » Sa 7. Apr 2007, 18:52

Wenn du viel Zeit hast dich mit dieser Problematik zu beschäftigen,
empfehle ich dir, die (mitunter auch stark polemischen) <a href="http://www.ibka.org/artikel/soziale.html">Texte</a> vom <a ref="http://www.ibka.org/">IBKA</a>
durchzulesen :^^:

...muss dann nämlich auch los :up:
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Re: Theologie bringt doch etwas

Beitragvon Nox » Sa 7. Apr 2007, 19:24

Andrew hat geschrieben:Schade, dass es immer gleich ein Extrem sein muss...

Muss es ja nicht. Aber die Extremen schreien meist am lautesten - und die Aufregung über sie beschert ihnen noch mehr Aufmerksamkeit.

Andrew hat geschrieben:Ich fand die Aussage von Richard Dawkins "Was hat die Theologie jemals von sich gegeben, das für irgend jemanden auch nur von allerkleinstem Nutzen wäre?" eben schon krass einseitig bis sogar falsch, wenn man die Sache ganzheitlich betrachtet.

Dawkins versucht das Thema Religionskritik in die Öffentlichkeit zu bringen. Dafür braucht er provokante Sprüche. Vieles findet man von ihm ausführlicher und differenzierter u.a. in seinen Büchern.

Aber das Bemühen seinem Nächsten Gutes zu tun, kann durchaus auf einem biblischen und somit theologischen Verständnis basieren.

Es kann auf allem möglichen beruhen...

Gemäss meinen Informationen hat die soziale Arbeit ihre Wurzeln grösstenteils bei christlichen Werken wie Caritas, Heilsarmee usw... Auch die ersten Hospitäler, Irren- Armenhäuser usw. wurden insbesondere durch Klöster errichtet und geführt.

Möglich. Wäre interessant sich das genauer anzusehen - bin sicher es lässt sich einiges finden, das nicht nur aus heutiger Perspektive unpassend erscheint. Fielen nichtkirchliche Heiler "Hexen"verbrennungen zum Opfer? Waren einige heilbare Krankheiten vermeintlich gottgewollt und wurden deshalb nicht behandelt? Wie viele fanden sich wegen "Götteslästerung" in Irrenhäusern wieder? Nur ein paar Ideen, nicht sicher ob sich dafür gute Belege finden lassen.
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Re: Theologie bringt doch etwas

Beitragvon Tom K » Sa 7. Apr 2007, 20:32

Nox hat geschrieben:
Andrew hat geschrieben:Ich fand die Aussage von Richard Dawkins "Was hat die Theologie jemals von sich gegeben, das für irgend jemanden auch nur von allerkleinstem Nutzen wäre?" eben schon krass einseitig bis sogar falsch, wenn man die Sache ganzheitlich betrachtet.

Dawkins versucht das Thema Religionskritik in die Öffentlichkeit zu bringen. Dafür braucht er provokante Sprüche. Vieles findet man von ihm ausführlicher und differenzierter u.a. in seinen Büchern.


Im Kern ist Dawkins' Aussage vollkommen richtig. Da gibt es nichts zu relativieren. Wieso sollten pointierte Aussagen von Richard Dawkins immer mit Bänden von relativierenden Erläuterungen versehen werden. Mir fällt jedenfalls nicht eine einzige nützliche Sache ein, die ein Theologe vorgebracht hätte, die genuin auf irgendeine Religion zurückgeht.

Nox hat geschrieben:
Andrew hat geschrieben:Aber das Bemühen seinem Nächsten Gutes zu tun, kann durchaus auf einem biblischen und somit theologischen Verständnis basieren.

Es kann auf allem möglichen beruhen...

Da verweise ich dann mal auf "The God Delusion", dort geht Dawkins auf moralisches Verhalten (wie eben Gutes tun) und seine Ursprünge ein. Jedenfalls wären wir nicht hier, wenn Gutes tun erst mit der Bibel aufgetaucht wäre.
Hätte ich das Buch nicht gerade verliehen, würde ich die Stelle genauer angeben - so müsst ihr's halt suchen ;D
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