ZEIT: Grabbeigabe - Mit Pilzen zur ewigen Ruh

ZEIT: Grabbeigabe - Mit Pilzen zur ewigen Ruh

Beitragvon Sisyphos » Di 10. Apr 2007, 16:18

ZEIT: Grabbeigabe - Mit Pilzen zur ewigen Ruh

http://www.zeit.de/2007/15/N-Rapid-Rot

Weil auf vielen überfüllten Friedhöfen die Leichen zu langsam verrotten, versucht man jetzt, den Verwesungsprozess mit Pilzen zu beschleunigen. Die Särge werden außerdem in Betongrabkammern mit Luft- und Feuchteregulierung gestellt, damit die Pilze die geeigneten Bedingungen vorfinden.

So viel Aufwand, um an Ritualen festzuhalten! Absurd... Warum die Leichen dann nicht gleich verbrennen und die Asche in den Wind streuen? :irre:
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Re: ZEIT: Grabbeigabe - Mit Pilzen zur ewigen Ruh

Beitragvon Nox » Di 10. Apr 2007, 16:37

Sisyphos hat geschrieben:So viel Aufwand, um an Ritualen festzuhalten! Absurd...

Stimmt. Aber ein Ritual um symbolisch Abschied von einem Freund/Verwandten/was auch immer zu nehmen ist schon sinnvoll.
Für viele scheint es auch hilfreich zu seien den Ort der wie auch immer gearteten Bestattung gelegentlich wieder aufsuchen zu können.

Diese "Fließbandverbuddelei" ist allerdings wirklich nicht die Lösung. Immer alles verbrennen aber auch nicht.
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Beitragvon Klaus » Di 10. Apr 2007, 16:52

Immer alles verbrennen aber auch nicht.

Dann guck dir mal die Erdschichten an, in denen seit 200 Jahren Menschen verrotten, stellenweise eine saubere Talg-Schicht, aus nicht verrottbaren menschlichen Fett. Verbrennen ist die sauberste und platzsparende Lösung und langfristig nicht so umweltbelastend.
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Beitragvon [C]Arrowman » Di 10. Apr 2007, 17:01

Menschen verbuddeln ist nötig, damit keine Seuchen ausbrechen.
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Re: ZEIT: Grabbeigabe - Mit Pilzen zur ewigen Ruh

Beitragvon Sisyphos » Di 10. Apr 2007, 17:01

Nox hat geschrieben:Aber ein Ritual um symbolisch Abschied von einem Freund/Verwandten/was auch immer zu nehmen ist schon sinnvoll.
Für viele scheint es auch hilfreich zu seien den Ort der wie auch immer gearteten Bestattung gelegentlich wieder aufsuchen zu können.


In dieser Angelegenheit ist mein Naturalismus vermutlich sehr konsequent. Abschied nehme ich von Freunden und Verwandten nicht symbolisch, sondern real, also wenn möglich vor dem zu erwartenden Tod. Nach dem Tod existiert dieser Freund/Verwandte nicht mehr, sondern lediglich ein Stück tote Biomasse. Mit diesem Wissen kann ich keine symbolischen Handlungen durchführen: Totenwache, Beerdigung, Grabpflege und der ganze Unsinn. Dahinter steckt doch auch die Vorstellung, in der Leiche wäre noch Persönlichkeit.

Noch dazu kostet das alles eine ganze Stange Geld. Ein Wirtschaftssektor lebt davon: Sargtischler, Beerdigungsunternehmen, Friedhöfe, Totengräber und -träger, Blumenhändler, Priester und nun auch noch Holzwurmforscher. Manch alte Leute sind gezwungen, ab Renteneintritt schon Geld für die eigene Beerdigung zurückzulegen, weil die Gesetze in Deutschland sich an Jahrtausende alten Mythen orientieren (Friedhofspflicht).
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Beitragvon Sisyphos » Di 10. Apr 2007, 17:03

[C]Arrowman hat geschrieben:Menschen verbuddeln ist nötig, damit keine Seuchen ausbrechen.


Das geht auch einfacher. Tierkadaver müssen auch beseitigt werden. Aber man verbuddelt sie nicht.
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Beitragvon Nox » Di 10. Apr 2007, 17:13

Klaus hat geschrieben:nicht verrottbaren menschlichen Fett

Das ginge schon irgendwie...

Sisyphos hat geschrieben:In dieser Angelegenheit ist mein Naturalismus vermutlich sehr konsequent. Abschied nehme ich von Freunden und Verwandten nicht symbolisch, sondern real, also wenn möglich vor dem zu erwartenden Tod. Nach dem Tod existiert dieser Freund/Verwandte nicht mehr, sondern lediglich ein Stück tote Biomasse. Mit diesem Wissen kann ich keine symbolischen Handlungen durchführen: Totenwache, Beerdigung, Grabpflege und der ganze Unsinn. Dahinter steckt doch auch die Vorstellung, in der Leiche wäre noch Persönlichkeit.

Klar, sehe ich nicht anders. Aber wer solche Rituale wünscht soll sie haben (und finanzieren).
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Beitragvon Klaus » Di 10. Apr 2007, 17:17

Die Friedhofspflicht verdanken wir doch in erster Linie der Kirche. Und um Seuchen zu verhindern muss man keinen verbuddeln. Unsere Verwandten, Freunde leben in unserer Erinnerung, erst wenn wir sterben sterben sie wirklich. Alles andere ist wie Sisyphos sagt, ein Markt, an dem alle verdienen wollen, die Städte, die Kirchen und die Bestattungsunternehmen, insofern ist Grabpflege eine Verschwendung von Ressourcen.
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Beitragvon Sisyphos » Di 10. Apr 2007, 17:18

Nox hat geschrieben:Aber wer solche Rituale wünscht soll sie haben (und finanzieren).


Auch, wenn die Friedhofskapazitäten erschöpft sind? Und man nicht irgendwann jede Wiese mit Grabsteinen zugepflastert haben will?

Außerdem werden auch jene zu solchen Ritualen gezwungen, die sie nicht haben wollen. Selbst die Asche, die sich chemisch nicht wesentlich von der aus einem Kamin unterscheidet, wird noch in eine Urne gefüllt und verbuddelt.
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Beitragvon Nox » Di 10. Apr 2007, 17:36

Sisyphos hat geschrieben:Auch, wenn die Friedhofskapazitäten erschöpft sind? Und man nicht irgendwann jede Wiese mit Grabsteinen zugepflastert haben will?

Nein, natürlich nicht. Aber sehe die Gefahr auch nicht. Insbesondere wenn die Konfessionslosen davon wegkommen.

Außerdem werden auch jene zu solchen Ritualen gezwungen, die sie nicht haben wollen.

Bin mir nicht sicher zu wie viel gezwungen wird. (Quellen?)
Einäschern ist ja noch erlaubt. Was darf man danach? Und was wäre wünschenswert?
Dass die Asche jeder nach belieben irgendwo lagern oder verstreuen darf kann schon mal nicht die Lösung sein.
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Beitragvon Sisyphos » Di 10. Apr 2007, 17:55

Nox hat geschrieben:
Sisyphos hat geschrieben:Auch, wenn die Friedhofskapazitäten erschöpft sind? Und man nicht irgendwann jede Wiese mit Grabsteinen zugepflastert haben will?

Nein, natürlich nicht. Aber sehe die Gefahr auch nicht. Insbesondere wenn die Konfessionslosen davon wegkommen.


Die Wiese war auch nur eine Zuspitzung. Ich denke, du hast Recht.

Bin mir nicht sicher zu wie viel gezwungen wird. (Quellen?)


Es gibt nur in Eizelfällen die Möglichkeit, eine Urne nicht auf einem kommunalen oder kirchlichen Friedhof zu bestatten, also auf einem Privatfriedhof oder so. Der muss aber als solcher anerkannt werden. Auch kein einfacher und preiswerter Weg.

Die Bestattungs- und Friedhofspflicht gilt in Deutschland generell, sie ist wohl in Landesgesetzen verankert.

Einäschern ist ja noch erlaubt. Was darf man danach? Und was wäre wünschenswert?
Dass die Asche jeder nach belieben irgendwo lagern oder verstreuen darf kann schon mal nicht die Lösung sein.


Warum nicht? Welches Argument spricht dagegen? Welche Gefahr geht von einem Häufchen Asche aus? Bei all dem Dreck, Staub und Reifenabrieb etc. würde es nicht einmal optisch auffallen, wenn die Asche auf die Straße gekippt wird. Der nächste Regen spült sie weg.
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Beitragvon Nox » Di 10. Apr 2007, 19:05

Sisyphos hat geschrieben:Welche Gefahr geht von einem Häufchen Asche aus?

Hmm... falls das dann wirklich völlig unbedenklicher Dünger ist ziehe ich den Einwand zurück. Bin mir aber nicht ganz sicher, ob das der Fall ist.

Einfach auf die Straße oder in des Nachbars Garten kippen ist natürlich Mist - aber das hat dann nichts mit der Herkunft der Asche zu tun.
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Beitragvon Sisyphos » Di 10. Apr 2007, 19:19

Nox hat geschrieben:
Sisyphos hat geschrieben:Welche Gefahr geht von einem Häufchen Asche aus?

Hmm... falls das dann wirklich völlig unbedenklicher Dünger ist ziehe ich den Einwand zurück. Bin mir aber nicht ganz sicher, ob das der Fall ist.


... hmmm .... bei all dem Zeugs, das wir heute so zu uns nehmen und im Körper speichern (Schwermetalle etc.) ...

Nox hat geschrieben:Einfach auf die Straße oder in des Nachbars Garten kippen ist natürlich Mist - aber das hat dann nichts mit der Herkunft der Asche zu tun.


Stimmt natürlich. Aber der nahegelegene Wald, ein Flüsschen, der eigene Garten, ein Windchen :ventilator:

... nur nicht so: :segen:
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Re: ZEIT: Grabbeigabe - Mit Pilzen zur ewigen Ruh

Beitragvon musikdusche » Di 10. Apr 2007, 19:54

Sisyphos hat geschrieben:So viel Aufwand, um an Ritualen festzuhalten! Absurd... Warum die Leichen dann nicht gleich verbrennen und die Asche in den Wind streuen? :irre:

Ich finde es völlig OK ein übliches Begräbnis durchzuführen, wenn die Angehörigen des Verstorbenen es so wollen. Die haben dann eben die entsprechenden Kosten zu zahen. Dass ich selbst es allerdings nicht nach gutdünken tun kann, misfällt mir sehr. Im Hinterkopf habe ich einen Fall, bei dem jemand die Asche des Vaters in einer Sanduhr auf dem Kamin stehen haben wollte, was aber verboten wurde. Finde ich nicht einsichtig. Solange Hygienebestimmungen eingehalten werden und es nicht zur "Erregung öffentlichen Ärgernisses" oder so kommt, soll mans so machen können, wie man lustig ist.
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Beitragvon Andreas Müller » Di 10. Apr 2007, 20:17

Auch, wenn die Friedhofskapazitäten erschöpft sind?


Dazu muss man sagen, dass die Gräber nicht einfach alle für immer so stehen bleiben. Da kommen nach einer Weile neue Leichen rein, wenn von der Vorgänger-Leiche nichts mehr da ist. So ist das etwa mit Familiengräbern - die funktionieren für Generationen.

Also wirklich, Leute. Als Nekrophiler muss man sowas doch wissen. =)
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Re: ZEIT: Grabbeigabe - Mit Pilzen zur ewigen Ruh

Beitragvon Nox » Di 10. Apr 2007, 20:22

musikdusche hat geschrieben:Solange [...] es nicht zur "Erregung öffentlichen Ärgernisses" oder so kommt, soll mans so machen können, wie man lustig ist.

Das auf jeden Fall. Aber womit könnte man ein öffentliches Ärgernis erregen? Und ist dann notwendigerweise der Erreger schuld?

Mir mag nichts einfallen worüber man sich (nach dem einäschern) begründet aufregen könnte...
[Dass Leichen nur an bestimmten Orten verbuddelt werden dürfen finde ich völlig richtig.]
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Beitragvon Sisyphos » Di 10. Apr 2007, 21:45

Der Autor hat geschrieben:
Auch, wenn die Friedhofskapazitäten erschöpft sind?


Dazu muss man sagen, dass die Gräber nicht einfach alle für immer so stehen bleiben. Da kommen nach einer Weile neue Leichen rein, wenn von der Vorgänger-Leiche nichts mehr da ist. So ist das etwa mit Familiengräbern - die funktionieren für Generationen.

Also wirklich, Leute. Als Nekrophiler muss man sowas doch wissen. =)



Das wissen wir, aber die Leichen verwesen eben nicht schnell genug.
Das ist die Ausgangsposition dieses Threads (siehe ZEIT-Artikel).
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Beitragvon Andreas Müller » Di 10. Apr 2007, 22:31

Stimmt, hab ich glatt überlesen. :blush2:
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Re: ZEIT: Grabbeigabe - Mit Pilzen zur ewigen Ruh

Beitragvon musikdusche » Di 10. Apr 2007, 23:59

Nox hat geschrieben:Mir mag nichts einfallen worüber man sich (nach dem einäschern) begründet aufregen könnte...
[Dass Leichen nur an bestimmten Orten verbuddelt werden dürfen finde ich völlig richtig.]

Okay, ich sehe, wir sind uns einig, dass man mit nicht eingeäscherten Verstorbenen die "Öffentlichkeit verärgern" kann.
Aber eingeäschert... vielleicht hast du recht. Ich versuche mal Beispiele zu konstruieren:
1. Man presst die Asche zusammen und macht daraus eine Skulptur, die man sich in den Garten stellt
2. Man stellt/befestigt die Glasurne mit Omas Asche auf die Gartenmauer.

Hmm... grenzwertig...
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Beitragvon Klaus » Mi 11. Apr 2007, 07:21

So geht es auch Carbon Copy

Das scheint erlaubt zu sein, aber in den letzten Wochen war ein Beispiel in den Medien, da wollte eine Fraun die Asche ihres verstorbenen Vaters zu einem Diamanten pressen lassen, ein Richter hat das abgelehnt, technisch aber möglich.
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