Einschränkung der Redefreiheit gegenüber Religionen durch EU

Einschränkung der Redefreiheit gegenüber Religionen durch EU

Beitragvon xander1 » Di 19. Okt 2010, 07:22

Wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören,
1 gegen eine nationale, rassische, religiöse oder durch ihre ethnische Herkunft bestimmte Gruppe, gegen Teile der Bevölkerung oder gegen einen Einzelnen wegen seiner Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung zum Hass aufstachelt, zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen auf- fordert oder
2 die Menschenwürde anderer dadurch angreift, dass er eine vorbezeichnete Gruppe, Teile der Bevölkerung oder einen Einzelnen wegen seiner Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.


Und hier der ganze Artikel dazu:
http://www.heise.de/tp/r4/artikel/33/33507/1.html

Wenn sie schon gegen Hetze ein Gesetz machen, warum schränken sie es dann ein auf:
nationale, rassische, religiöse oder durch ihre ethnische Herkunft?

Gäbe es nicht genug andere Motive, um aufzustacheln?
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Re: Einschränkung der Redefreiheit gegenüber Religionen durch EU

Beitragvon xander1 » Di 19. Okt 2010, 20:27

Keine Ahnung, warum jetzt keine das Interesse hat hier was zu schreiben.

Ich meine jedoch, dass es im Rahmen einer Interpretation liegt, wann etwas ein Aufstacheln ist. Gesetze auslegen ist im entferntesten Sinne vergleichbar mit Texten der Bibel auslegen. Obwohl ich keinen Schimmer von Jura habe. Jedenfalls kann man Gesetze unterschiedlich auslegen, solange es noch keinen Gesetzesspruch von einem Gericht gab.
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Re: Einschränkung der Redefreiheit gegenüber Religionen durch EU

Beitragvon stine » Mi 20. Okt 2010, 07:07

Es meldet sich niemand, weil wahrscheinlich keiner weiß, was du damit sagen möchtest.
xander1 hat geschrieben:Gäbe es nicht genug andere Motive, um aufzustacheln?
Klar gibt es. Aber in diesem speziellen Fall geht es eben um
xander1 hat geschrieben:...nationale, rassische, religiöse oder durch ihre ethnische Herkunft...


Wenn ein Strafmaß für Diebstahl festgelegt werden soll, dann ist es zu diesem Zeitpunkt auch egal, welches Strafmaß auf Betrug stehen sollte. Erst das eine, dann das andere.

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Re: Einschränkung der Redefreiheit gegenüber Religionen durch EU

Beitragvon xander1 » Mi 20. Okt 2010, 07:39

Ist das nicht etwa wieder so ein Artikel, in dem es darum geht, dass Gott nicht gelästert werden darf?
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Re: Einschränkung der Redefreiheit gegenüber Religionen durch EU

Beitragvon stine » Mi 20. Okt 2010, 08:22

Nein, es geht darum, dass wir alle mundtod gemacht werden, Xander!

Aber was haben wir erwartet, die zweite Generation der alten Politbonzen aus dem Osten regieren jetzt im Bundestag. Die freien Westler machen lieber Kohle in der freien Marktwirtschaft.

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Re: Einschränkung der Redefreiheit gegenüber Religionen durch EU

Beitragvon Klaus » Mi 20. Okt 2010, 13:01

stine hat geschrieben:Aber was haben wir erwartet, die zweite Generation der alten Politbonzen aus dem Osten regieren jetzt im Bundestag. Die freien Westler machen lieber Kohle in der freien Marktwirtschaft.


:furz: Wie gut das du völlig vorurteilsfrei bist und gänzlich an der Realität vorbeischrammst.
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Re: Einschränkung der Redefreiheit gegenüber Religionen durch EU

Beitragvon xander1 » Mi 20. Okt 2010, 18:26

stine hat geschrieben:Aber was haben wir erwartet, die zweite Generation der alten Politbonzen aus dem Osten regieren jetzt im Bundestag. Die freien Westler machen lieber Kohle in der freien Marktwirtschaft.


Das glaubst du doch selbst nicht.

Nochmal zum Thema:

Es ist die Rede davon, dass Religionen geschützt werden sollen. Was ist aber mit Atheisten?
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Re: Einschränkung der Redefreiheit gegenüber Religionen durch EU

Beitragvon stine » Mi 20. Okt 2010, 21:12

xander1 hat geschrieben:Was ist aber mit Atheisten?
Sollen die auch geschützt werden?
Wer greift sie denn an?
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Re: Einschränkung der Redefreiheit gegenüber Religionen durch EU

Beitragvon Arathas » Do 21. Okt 2010, 08:14

Leute, ich versteh euch nicht. ;-) Sowohl im Wulff-Thread als auch hier pochen manche darauf, dass Atheisten gleichberechtigt mit Religionen erwähnt werden ... aber wäre es nicht genau der falsche Weg, wenn die Öffentlichkeit Atheismus und Religionen in den gleichen Topf schmeißen würde, als wäre Atheismus auch eine Religion oder zumindest Ersatzreligion?

Ich hingegen bin froh, dass ich mich als Atheist (der Vernunft und des gesunden Menschenverstands wegen) sowieso als Teil unserer Gesellschaft begreife. Ich benötige weder Nachsicht noch Anerkennung oder Mitleid von der Regierung, um mich als vollständiger Mensch ins System integriert zu fühlen. Das ist doch gerade das Schöne am Atheismus - dass er nicht nach einer Sonderbehandlung schreit, keine abstrusen Rituale beinhaltet oder seltsames Gedankengut propagiert, so dass man nicht nach einer schützenden Hand verlangen muss, die jemand "von oben" auf einen legen soll, damit man sich sicher fühlt in seiner kleinen, religiösen Welt.

Der Atheismus ist die Abwesenheit der Dinge, die Religionen so gefährlich machen (können). Und es ist ein großes Glück, dass er in einer Rede zur Beschwichtigung religiöser Menschen unerwähnt bleiben kann. Ein Atheist sollte keine Extrawürste brauchen, denn im Gegensatz zu einem religiösen Menschen sollte er sich nicht als Teil einer "besonderen Gemeinschaft" verstehen, sondern als Teil des Ganzen.

Mir kringeln sich jedes Mal die Nackenhaare, wenn ich lesen muss, dass Atheismus genauso einer Extranennung bedürfen sollte wie die Religionen, von deren Ideologien und Bedürfnissen ich mich doch durch den Atheismus gerade abgrenze.
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Re: Einschränkung der Redefreiheit gegenüber Religionen durch EU

Beitragvon Gernot Back » Do 21. Okt 2010, 09:15

Hallo Arathas!

Arathas hat geschrieben:Sowohl im Wulff-Thread als auch hier pochen manche darauf, dass Atheisten gleichberechtigt mit Religionen erwähnt werden ... aber wäre es nicht genau der falsche Weg, wenn die Öffentlichkeit Atheismus und Religionen in den gleichen Topf schmeißen würde, als wäre Atheismus auch eine Religion oder zumindest Ersatzreligion?

Davon ist doch überhaupt nicht die Rede!

Christian Wulff hat in seiner Rede zum Tag der deutschen Einheit zwar das Judentum, das Christentum und den Islam genannt, die angeblich allesamt zu Deutschland gehören, ja dieses Land angeblich sogar ausmachen, dabei aber 40% Atheisten bzw. solche Leute unterschlagen, denen das Thema Religion am Arsch vorbeigeht. Damit hat sich Wulff als Bundespräsident eines großen Teils der Bevölkerung selbst disqualifiziert und das ist und bleibt in aller Schärfe zu kritisieren.
Arathas hat geschrieben:Das ist doch gerade das Schöne am Atheismus - dass er nicht nach einer Sonderbehandlung schreit, keine abstrusen Rituale beinhaltet oder seltsames Gedankengut propagiert, so dass man nicht nach einer schützenden Hand verlangen muss, die jemand "von oben" auf einen legen soll, damit man sich sicher fühlt in seiner kleinen, religiösen Welt.

Niemand ist sakrosankt. Es muss über alles diskutiert werden dürfen und ich will -wie du auch- weiterhin das Recht haben, religiöse Rituale wie etwa das unnötig qualvolle Schächten von Tieren, menschliche Genitalverstümmelungen und den eingebildeten Hostienkannibalismus als Abstrusitäten und Seltsamkeiten benennen zu dürfen.

Genau deshalb brauchen wir ein solches Gesetz nicht und es ist unsere Pflicht, uns als Atheisten mit aller Entschiedenheit und frühzeitig dagegen zu wehren, um das Grundrecht der Redefreiheit zu verteidigen.

Gruß Gernot
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Re: Einschränkung der Redefreiheit gegenüber Religionen durch EU

Beitragvon Arathas » Do 21. Okt 2010, 09:51

Gernot Back hat geschrieben:und es ist unsere Pflicht, uns als Atheisten


Hallo Gernot,

du scheinst "uns Atheisten" als eine Interessen- oder Wertegemeinschaft zu verstehen, wie das auch Christen oder Moslems unter sich tun. Ich sehe uns alle einfach als Individuen, ohne uns gemeinsame Interessen zuordnen zu wollen (wenn überhaupt, dann haben wir wohl eher gemeinsame Desinteressen :mg: ), denn das dürfte schwer sein. Nimm uns beide als Beispiel: Du empfindest Wulffs Rede als diskriminierend, mir geht sie am Arsch vorbei. Wir sind beide Atheisten, aber den einen stört's, den anderen nicht.

Wenn dich also etwas stört, dann sprich es ruhig aus. Aber benutze dafür nicht den Slogan "wir Atheisten", denn du schmeißt uns damit alle in einen Topf, obwohl du nicht weißt, ob andere Atheisten das genauso empfinden:

Gernot Back hat geschrieben:es ist unsere Pflicht als Atheisten, uns (...) dagegen zu wehren


Es erwachsen keine automatischen Pflichten aus dem bloßen Nicht-an-einen-Gott-Glauben (zum Glück!), und es so hinzustellen, als wäre das so, finde ich nicht schön. Atheismus bedeutet einfach nur, nicht an einen Gott zu glauben. Den Rest interpretierst du dort hinein.
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Re: Einschränkung der Redefreiheit gegenüber Religionen durch EU

Beitragvon Gernot Back » Do 21. Okt 2010, 10:10

Arathas hat geschrieben:Es erwachsen keine automatischen Pflichten aus dem bloßen Nicht-an-einen-Gott-Glauben (zum Glück!), und es so hinzustellen, als wäre das so, finde ich nicht schön. Atheismus bedeutet einfach nur, nicht an einen Gott zu glauben. Den Rest interpretierst du dort hinein.

In der Tat ist es nicht nur eine Atheisten-, sondern eine allgemeine Bürgerpflicht, sich gegen Absichten zu wehren, das Grundrecht der Rede- und Meinungsfreiheit (weiter) einzuschränken. Wenn aber noch nicht einmal diejenigen sich wehren, gegen die das Gesetzesvorhaben offensichtlich abzielt, so halte ich das einfach nur für dumm:

Die größten Kälber wählen ihre Schlächter selber.

Gruß Gernot
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Re: Einschränkung der Redefreiheit gegenüber Religionen durch EU

Beitragvon Arathas » Do 21. Okt 2010, 10:33

Gernot, ich glaube, wir reden nicht über das gleiche - ich hätte meinen Kommentar wohl eher im Wulff-Thread posten sollen, denn mir ging es ausschließlich um die vermeintliche "Diskriminierung" der Atheisten durch Nicht-Nennung selbiger.

Ich habe doch gar nicht von dem in Posting #1 dieses Threads genannten Gesetzesentwurf gesprochen oder mich darauf bezogen.
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Re: Einschränkung der Redefreiheit gegenüber Religionen durch EU

Beitragvon musicman » Do 21. Okt 2010, 10:52

Arathas hat geschrieben: Und es ist ein großes Glück, dass er in einer Rede zur Beschwichtigung religiöser Menschen unerwähnt bleiben kann.


Das ist ja eh ein Unfug alle aufzählen zu wollen, das gäbe eine endlose Litanei, die Neujahrsansprache könnter er dann so beginnen:

Liebe Atheisten, Briefmarkensammler, Budhisten, Hasenzüchter ect, aber das ist doch Quatsch.

Das aber die Religiösen immer mehr Sonderrechte einfordern - man darf also ihr Hobby nicht mehr kritisieren - diese Entwicklung ist schon bedenklich, man kann nur hoffen, daß es sich diesbezüglich bei uns ähnlich wie in England entwickelt, wo die Säkularisation in weiten Teilen der Gesellschaft so weit fortgeschritten ist, dass der Papstbesuch einen Stellenwert hatte, als würde bei uns ein Medizinmann der Maori vorbeischauen.
Er traf da weitesgehend auf Unverständnis mit seiner Ansicht, daß die Religion von Nöten sei für einen gesellschaftlichen Wertekanon, die Leute wunderten sich wirklich was er da zum Besten gab.

Auch die Hervorhebung des Islams in der Präsidentenrede wundert nicht und hat mE vor allem taktische Gründe, zum einen geht es um einen mittlerweile beträchtlichen Anteil von Wählerstimmen zum anderen darum, die Religion ganz allgemein aufzuwerten.
Wenn man weiß, welcher christlichen Fraktion Wulf nahesteht wundert das nicht, also erst mal die Reihen schließen - egal welche Konfession - gegen den gemeinsamen Feind die Ungläubigen, untereinander streiten kann man später noch.

Ich bin mal gespannt, wann der erste Prozeß in Straßburg wegen Verletzung religiöser Gefühle angezettelt wird.

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Re: Einschränkung der Redefreiheit gegenüber Religionen durch EU

Beitragvon stine » Do 21. Okt 2010, 11:10

musicman hat geschrieben:- man darf also ihr Hobby nicht mehr kritisieren -
Ich finde, dass das längst nicht zu Ende gedacht ist.
Für jeden Pups, Klaus hat das weiter oben schon ausgedrückt (Danke, Klaus :mg: ) , werden sofort per Gesetz neue Regeln geschaffen, ohne im Zusammenhang darüber nachzudenken, welche Folgen das haben könnte.

Religionskritik zu verbieten, hieße, alle Konsequenzen aus deren Ausübung unkommentiert hinnehmen zu müssen. Im Zweifelsfall ist der größte Mist einfach religiös begründet.
Überhaupt ist das unter Strafe stellen von Kritik und öffentlicher Meinung ein ganz heikles Thema. Wollen wir dann einen Staatssicherheitsdienst beauftragen, der das künftig überwacht?
Werden die Betreiber von "Ketzerforen" dann verhaftet?

Oh Klaus, da würd ich mir das nochmal gut überlegen! :wink:

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Re: Einschränkung der Redefreiheit gegenüber Religionen durch EU

Beitragvon Gernot Back » Do 21. Okt 2010, 11:43

musicman hat geschrieben:
Arathas hat geschrieben: Und es ist ein großes Glück, dass er in einer Rede zur Beschwichtigung religiöser Menschen unerwähnt bleiben kann.

Das ist ja eh ein Unfug alle aufzählen zu wollen, das gäbe eine endlose Litanei, die Neujahrsansprache könnter er dann so beginnen:

Liebe Atheisten, Briefmarkensammler, Budhisten, Hasenzüchter ect, aber das ist doch Quatsch.

Arathas hat geschrieben:ich hätte meinen Kommentar wohl eher im Wulff-Thread posten sollen, denn mir ging es ausschließlich um die vermeintliche "Diskriminierung" der Atheisten durch Nicht-Nennung selbiger.

Wulff hat in seiner Rede aber nun mal nicht von Leuten gesprochen, die irgendetwas (nicht) züchten oder sammeln oder sich in ihrer Freizeit mit sonstwas (nicht) beschäftigen, sondern er hat von religiösen Überzeugungen gesprochen. Dabei hat er sich nur einige herausgepickt und ausgerechnet die größte einzelne Gruppe, nämlich diejenige derer, die keine religiöse Überzeugung haben bzw. davon überzeugt sind, dass es keine übernatürlichen Kräfte gibt, unterschlagen.

musicman hat geschrieben:Ich bin mal gespannt, wann der erste Prozeß in Straßburg wegen Verletzung religiöser Gefühle angezettelt wird.

Im Prinzip müsste es sogar im Gegenteil darum gehen, den bestehenden Volksverhetzungsparagrafen zu ent- statt ihn auch noch zu verschärfen. Er beschneidet bereits in seiner jetzigen Form die Meinungs- und Redefreiheit in unzulässiger Weise.

Wenn es nach diesem Paragrafen ginge, hätte man am 8. Oktober dieses Jahres Kurt Westergaard also nicht den Preis für die Freiheit und Zukunft der Medien verleihen dürfen, sondern hätte ihn aufgrund des offensichtlichen Aufstands, den er in weiten Teilen der muslimischen Welt mit seinen Mohammed-Karikaturen provoziert hat, in Leipzig verhaften müssen.

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Re: Einschränkung der Redefreiheit gegenüber Religionen durch EU

Beitragvon Lumen » Sa 30. Okt 2010, 03:08

Hallo!

musicman hat geschrieben:Das ist ja eh ein Unfug alle aufzählen zu wollen, das gäbe eine endlose Litanei, die Neujahrsansprache könnter er dann so beginnen:
Liebe Atheisten, Briefmarkensammler, Budhisten, Hasenzüchter ect, aber das ist doch Quatsch.


Wulff und verschiedene andere Politiker und Parteien vertreten die Auffassung «unsere» Kultur sei durch «christliche Werte» geprägt. Wohl auch durch die Integrationsdebatte wird dies nun auf andere Religionen übertragen. Das Problem ist weniger die fehlende Organisation von Atheisten, sondern schlicht eine Form von Geschichtsrevisionismus indem die Aufklärung einfach komplett unterschlagen wird. Das problematische daran ist, dass die Aufklärung erst wesentlich freie Meinungsäußerung, Selbstbestimmung, … — kurz, unser Grundgesetz, unser vergleichsweise angenehmes Dasein ermöglicht hat. Davon abgesehen bereiten Behauptungen von den «Religiösen Werten» den Boden für bereits nicht mehr hinterfragte Formeln wie der Mär von der christlichen Nächstenliebe™. Die wird dann ganz selbstverständlich bei jeder Gelegenheit vorgetragen. Aber genau das krasse Gegenteil ist der Fall.

Eine Gesellschaft mit mehr Religion hat nicht «mehr Nächstenliebe». Das Christentum hatte über tausend Jahre Zeit sich als Menschenfreund hervorzutun — ich mache das Fass jetzt nicht auf, nur soviel: Hexenverbrennung, Ablasshandel oder die Kreuzzüge waren eher die «Peanuts» der Verbrechen gegen die Menschlichkeit.

Bei der Einschränkung der Redefreiheit sind tatsächlich vollstreckte Urteile eher das geringe Problem. Vielmehr kann ein Damoklesschwert zur Selbst-Zensur in Öffentlichkeit und Medien führen. Damit wird Kritik an Religionen erschwert und die Wahrscheinlichkeit steigt, dass sich Ignoranz und Einschüchterung zu Lasten der Menschen wieder ausbreiten, mit schrecklichsten Folgen. Menschen die wirklich-wirklich glauben, ein Jenseits sei besser als ein Diesseits sind zu allem fähig und ertragen alles klaglos.
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Re: Einschränkung der Redefreiheit gegenüber Religionen durch EU

Beitragvon stine » Sa 30. Okt 2010, 08:39

Hallo Lumen, willkommen im Forum! :wink:

Ich finde, du hast recht damit, dass den Freidenkern die Zerstreutheit in der Menge nicht von Vorteil ist, aber das ist eben genau das Wesen der Freidenker.

Lumen hat geschrieben:Das Christentum hatte über tausend Jahre Zeit sich als Menschenfreund hervorzutun — ich mache das Fass jetzt nicht auf, nur soviel: Hexenverbrennung, Ablasshandel oder die Kreuzzüge waren eher die «Peanuts» der Verbrechen gegen die Menschlichkeit.
An dieser Stelle muss ich aber mein Veto einlegen: Nicht die Christen sind das Übel, sondern die Kirchen, die machtvoll die Unterwürfigkeit einer Gesinnung aufgenommen haben, um sich daran zu bereichern. Wer nicht spurt, stirbt. Dass
das eine dunkle Geschichte in der Vergangenheit der katholischen Kirche ist, kann niemend bestreiten, aber das Wesen der Christen im Allgemeinen ist das nicht.


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Re: Einschränkung der Redefreiheit gegenüber Religionen durch EU

Beitragvon Lumen » Sa 30. Okt 2010, 18:02

stine hat geschrieben:]An dieser Stelle muss ich aber mein Veto einlegen: Nicht die Christen sind das Übel, sondern die Kirchen, die machtvoll die Unterwürfigkeit einer Gesinnung aufgenommen haben, um sich daran zu bereichern.


Keine Frage haben die Kirchen auch «von oben» schlimme Dinge angeordnet, aber nicht unbedingt schlimmer als weltliche Herrscher. Das Übel steckt im Glauben selbst und ist damit fest verwoben. Ich sehe keine Möglichkeit die Rosinen herauszupicken. Würde man das «schlechte» Weglassen, wäre der Glaube nicht mehr als christlich erkenntlich. Kernkonzepte wie das Seelenheil, Sünde, messianisches Reich, autoritärer Gott, sich zeitlebens für ein Jenseits qualifizieren müssen usw. sind Grundübel an sich. Die Auswirkungen davon, was (auch normale) Menschen damit einander angetan haben, geht am Vorstellungsvermögen vorbei. Wir machen uns heute kein Bild von der Geisteshaltung der Demut, den Sorgen um das Seelenheil der Lieben (sowohl lebendige als auch bereits verstorbene) usw. Der Psychoterror den diese Religion zu verantworten hat, übersteigt jede Vorstellungskraft. Neuere Forschung geht z.B. davon aus, dass die Kirche von vielen Scheiterhaufen auf dem Grund und Boden, der heute Deutschland ist, vor allem geschockt war. Die Leiden und Qualen haben sich normale Menschen selbst gegenseitig angetan und auch freiwillig erduldet, als Auswirkung des Glaubens und der Frömmigkeit (z.B. führte die christlichen Lehre zu der perversen Ansicht, dass unvorstellbare Qualen durch Folter im Diesseits weniger schlimm sind, als entsprechendes Abgelten der Strafe im Jenseits) — also lieber eine halbe Stunde Gedärme herausdrehen erdulden, als eine halbe Ewigkeit im Fegefeuer absitzen.Wichtig: Das ist der christliche Glaube selbst, nicht irgendeine finstere Organisation die das verordnet hätte! Rechnet man noch die durch Frömmigkeit entstandene Haltung der Ignoranz und des Glaubens dazu, dass alles einem göttlichen Plan folge, kann man auch die Seuchen und Krankheiten dem christlichen Glauben anlasten.
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Re: Einschränkung der Redefreiheit gegenüber Religionen durch EU

Beitragvon Nanna » Sa 30. Okt 2010, 20:00

Lieber Lumen, willkommen im Forum!

Lumen hat geschrieben:Das Übel steckt im Glauben selbst und ist damit fest verwoben.
[...]
Wichtig: Das ist der christliche Glaube selbst, nicht irgendeine finstere Organisation die das verordnet hätte! Rechnet man noch die durch Frömmigkeit entstandene Haltung der Ignoranz und des Glaubens dazu, dass alles einem göttlichen Plan folge, kann man auch die Seuchen und Krankheiten dem christlichen Glauben anlasten.

Ich denke, dass du hier eine gefährliche Simplifizierung begehst, indem du eine bestimmte Ausformung des christlichen Glaubens mit dem christlichen Glauben an sich gleichsetzt. Das ist ein bisschen so, als würdest du von Thilo Sarrazin auf die SPD schließen.
Selbstverständlich reden wir hier, wenn wir über überdrehte Frömmigkeit reden, über einen Glauben, den man meiner Ansicht nach berechtigterweise als "verrückt" und auch "gefährlich" bezeichnen darf, aber wir sollten uns davor hüten, Glaubende per se in fromm und damit verrückt und nicht-fromm und damit eigentlich schon gar nicht mehr glaubend einzuteilen. Es ist auch eine inakzeptable Bequemlichkeit - inakzeptabel nicht aus ideologischen, sondern aus methodologischen Gründen -, eine Ausformung eines Glaubens mit der gesamten damit verbundenen religiösen Strömung gleichzusetzen. Es ist sicherlich auch unser Sprachgebrauch, der hier ein Problem darstellt: Der Begriff "Religion" suggeriert, dass es beispielsweise die Religion des Christentums gebe und diese ganz genau in ihren Inhalten definiert sei. Tatsächlich hat aber der Glaube der heutigen Baptisten mit dem der Russisch-Orthodoxen des 15. Jahrhunderts genausowenig zu tun, wie der lateinamerikanische Katholizismus mit den Nestorianern, trotzdem gehören alle vier und noch mehrere weitere tausend Strömungen zu einer Großströmung, die sich Christentum nennt. Ich halte es sowohl für sachlich falsch als auch den Betroffenen gegenüber unfair, alle diejenigen, die sich unter diesem Label versammeln, mit Schreckensgeschichten des europäischen Mittelalters kollektiv in Geiselhaft zu nehmen. Von daher bitte ich dich um Differenzierung: Es ist eine, sicherlich einflussreiche, Strömung unter dem christlichen Logo gewesen, die Schaden und Leid verursacht hat, aber es gibt auch Strömungen, die sich dagegen vehement zur Wehr setzen würden und das dürfen wir nicht ignorieren, nur weil es nicht in unser Weltbild passt, in dem die Religion eben nicht nur selbst an dämonische Kräfte glaubt, sondern auch selbst als eine solche angesehen wird.

Glaube muss nicht per se Schlechtes erzeugen, und ich kann die Leute aus der Ecke der kämpferischen Atheisten nur immer wieder daran erinnern, sich nicht an der Sisyphosaufgabezu versuchen, diesen Nachweis zu führen, das ist ähnlich aussichtslos, wie die Existenz Gottes beweisen zu wollen. Derlei Gedankenspiele sollten den spirituell Unausgelasteten überlassen werden. Was das viel größere Problem darstellt, ist die Tatsache, dass hier und heute in der Auseinandersetzung zwischen Religiösen und Säkulären von religiöser Seite oftmals in die Richtung argumentiert wird, der Glaube bringe automatisch das Gute hervor, und das ist eben genauso großer Käse. Glaube und Religion sind soziale, psychologische, z.T. auch politische Phänomene, die in ihrem Nutzen nicht scharf abzugrenzen sind: Wenn ich meinem Supermarkt vertraue, dass er frische Produkte verkauft, ist das auch eine Form von Glaube und einer, der wohl zu Recht nicht nur als harmlos, sondern auch als nützlich angesehen wird; in den meisten Fällen wird ein solcher Glaube ja nichteinmal als solcher reflektiert.

Sorry, ich mag einfach keine Pauschalisierungen. ;-)
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