Religiöse Politik? Politische Religion?

Re: Religiöse Politik? Politische Religion?

Beitragvon stine » Mo 18. Okt 2010, 14:31

Zappa hat geschrieben:(50% katholische Ureinwohner / 50% Akademiker)
Gabs da keine Schnittmenge :erschreckt:
Das lässt ja tief blicken.
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Re: Religiöse Politik? Politische Religion?

Beitragvon 1von6,5Milliarden » Mo 18. Okt 2010, 14:38

Hat er nicht geschrieben, deine Vermutung lässt aber tief blicken :kg:
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Re: Religiöse Politik? Politische Religion?

Beitragvon 1von6,5Milliarden » Mo 18. Okt 2010, 14:44

Zappa hat geschrieben: dazu braucht es aber eine intellektuelle Kapazität, die ein erheblicher Teil der Erziehungsberechtigten nicht aufzubringen vermag.
Der Erziehungsberechtigten und auch der Zuerziehenden wohl
Zappa hat geschrieben:Seht Ihr das auch so?
Ja, es scheint oft so. Nein, denn vernünftige Werte werden nicht komplizierter, nur weil sie ohne religiöses Dogma beigebracht werden sollen. Es ist - meines Erachtens - selten die intellektuelle Fähigkeit die hier fehlt, es ist die (intellektuelle) Bereitschaft sich die Zeit zu nehmen, solche Werte vernünftig und begründet zu vermitteln. Dies mag zwar statistisch gesehen durchaus korrelieren, ich glaube aber eher, dass es mehr direkt an einer Familientradition liegt als direkt an den intellektuellen Fähigkeiten.
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Re: Religiöse Politik? Politische Religion?

Beitragvon musicman » Di 19. Okt 2010, 08:39

Arathas hat geschrieben:Was hältst du von diesem aktuellen Beispiel: Ein Freund von mir ist Atheist. Er hat vor kurzem geheiratet und wohnt in einem bayerischen Dorf. Das erste Kind ist vor ein paar Wochen auf die Welt gekommen. Es wurde getauft. Es wird zur Kommunion gehen. Auch zur Firmung.


Wir wohnen auch auf dem Land und meine jüngste Tochter 10J hat sich letztes Jahr taufen lassen und ging zur Kommunion, also meine Idee war das nicht und ich hätte auch keine Bedenken gehabt betr. sozialer Ausgrenzung, aber sie hat sich das in den Kopf gesetzt und wenn Frauen unbedingt was wollen - man kennt das ja. War auch mal wieder ein Anlass für ein Familienfest, so gesehen war es schon OK auch wenn mein Bruder partout nicht in die Kirche wollte.

Aber auf was ich hinaus will ist folgendes, es gab dann so einen Väterabend beim Pfarrer und da waren nicht wenige Stimmen, die meinten also wenn es nach dem Tod keine Strafe gäbe für böse Taten, könnte man ja gleich der größte Drecksack sein, da war ich schon ein bischen schockiert, aber anscheinend brauchen viele Leute dieses religiöse Korsett, damit sie nicht die Sau raus lassen.

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Re: Religiöse Politik? Politische Religion?

Beitragvon Arathas » Di 19. Okt 2010, 12:14

musicman hat geschrieben:aber anscheinend brauchen viele Leute dieses religiöse Korsett, damit sie nicht die Sau raus lassen.


Das klingt wie eine traurige Wahrheit.
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Re: Religiöse Politik? Politische Religion?

Beitragvon musicman » Di 19. Okt 2010, 19:34

Ich war auch überrascht, aber besser als wenn sie sie raus lassen, so hat die Religion doch zumindest in diesem Punkt ihr Gutes.

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Re: Religiöse Politik? Politische Religion?

Beitragvon Mark » Mo 25. Okt 2010, 22:29

Menschen die Religion dankbar annehmen als Stütze würden auch problemlos Alternativen annehmen können, die noch dazu mit guten Argumenten konstruiert wurden, zB ein Gesundheitswahn oder Elitarismus. Das aber passt nur für die Erfolgreichen. Die weniger Erfolgreichen brauchen etwas, daß auf alle Fälle "fruchtet", zB Nationalismus oder Fussball. Wobei beides "Leidenschaften" sein mögen bei denen leider allzuoft die Sau rausgelassen wird. Wir brauchen ein Substitut auf dem Niveau Nationalismus-Religion-Fussball welches zu sittlichem Verhalten anspornt.. einen globalen McGyver Fanclub ?
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Re: Religiöse Politik? Politische Religion?

Beitragvon stine » Di 26. Okt 2010, 07:12

Mark hat geschrieben:Menschen die Religion dankbar als Stütze annehmen würden auch problemlos Alternativen annehmen können...
Ja, das würden sie, aber es gibt keine problemlosen Alternativen. Ist ja selbst die Religion in Teilen problematisch.
Und ganau das ist das Problem.

Am besten sind Naturreligionen mit philosophischem Einschlag, da kann man am wenigsten falsch machen.

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Re: Religiöse Politik? Politische Religion?

Beitragvon mat-in » Mi 3. Nov 2010, 10:53

Ich weiß nicht ob ich die CSU / CDU nur als "schein-christlich" bezeichnen würde. Wenn mal man von idealisierten Bildern die hinter der religion mal gesteckt haben könnten absieht... zeigen die doch an Verhalten ganz gut, was man auch am Sonntag nach der "heiligen" Messe im Dorf sehen kann an Verhalten.
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Re: Religiöse Politik? Politische Religion?

Beitragvon Lumen » Fr 5. Nov 2010, 02:26

Zappa hat geschrieben:Ich bin zwar der Meinung, dass eine humanistische Ausbildung besser Werte vermitteln kann als Religion (Werte sind eben nicht gesetzt, sondern müssen begründet werden, ändern sich, sind diskursiv), dazu braucht es aber eine intellektuelle Kapazität, die ein erheblicher Teil der Erziehungsberechtigten nicht aufzubringen vermag. Seht Ihr das auch so?


Eine intellektuelle Kapazität ist nicht nötig. Zum einen müsste ein komplizierter Sachverhalt dann ja noch irgendwie bei den Kindern ankommen. Zum anderen wollen Kinder vielleicht eine Erklärung haben, erkennen ab einem gewissen Alter aber von selbst so etwas wie die Goldene Regel an, wenn sie Empathie ausbilden (sie können ab einem bestimmten Alter Motive anderer Menschen erkennen, von sich auf andere schließen usw.).

Die Goldene Regel ist dann für eine Weile tragfähig genug und auch in verschiedenen Formen und Farben für den modisch bewussten Jugendlichen verfügbar. Wem das nicht ausreicht, der kann sich mit dem Kategorischen Imperativen befassen oder sich im Expertenmodus auf (Fehler) Suche mittels Wissenschaft, Star Wars, Philosophie, Religion, New Age oder nach Indien begeben. Der bis hierhin übrig gebliebene Rest kann auf vielfältige Therapiemöglichkeiten oder auch auf Drogen zurückgreifen. Wer auch diese Stufe übersteht strebt ohnehin eine Karriere als Serienmörder oder PR-Berater an.

In Wahrheit™ wurde kein einziges Kind, never, ever, durch Gott oder Religion erzogen. »Mein lieber Freund! Wenn du nicht sofort dein Zimmer aufräumst, dann wird der liebe Gott aber sehr böse mit dir!«. Kann mir keiner erzählen.
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Re: Religiöse Politik? Politische Religion?

Beitragvon mat-in » Fr 5. Nov 2010, 07:16

Es macht trotzdem einen unterschied, ob man die Regeln als fest betoniert oder diskutierbar dargestellt bekommt. Ich fürchte nur, das viele Leute, auch als Kind schon, nicht in der Lage sind Regeln sinnvoll zu hinterfragen ud diskutieren und deswegen festgelegte brauchen.
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Re: Religiöse Politik? Politische Religion?

Beitragvon stine » Fr 5. Nov 2010, 19:13

Es ist schon ein Unterschied, "wer" die Gesetze festlegt. An Naturgesetzen kann man nicht herumdiskutieren. Wenn es kalt ist, muss das Kind die Jacke anziehen, darüber gibt es keine Diskussion und wenn es wegen Trotzköpfigkeit das nicht tut und hinterher einen Schnupfen bekommt, heißt es: Kleine Sünden bestraft der liebe Gott sofort! Also ist klar, dass Gott alles sieht, alles hört und für alles Konsequenzen hat. Wer hätte sich dem jemals entziehen können?
So Konnten Religionen über viele Jahrhunderte hinweg funktionieren, weil sie die Naturgesetze als göttliche Botschaft immer parat hatte und die einfachen Dinge des Lebens also auch immer damit erklären konnte. Selbst das weite Feld der Psychoanalyse kannten religiöse Seelsorger noch vor Freud und seinesgleichen.

Ich kann mich nicht erinnern, dass außer Jesus irgendjemand irgendwann religiöse Regeln angezweifelt hätte. Später zweifelte Luther zu recht an der katholischen Umsetzung mancher dazu erfunden Regel, aber die Notwendigkeit einer göttlichen Botschaft stellten auch sie beide nicht in Frage.

Wie sehr diskutierbare Regeln auch wirklich ausdiskutiert werden zeigen immer wieder mal die aktuellen Demos. Menschgemachte Regeln sind nun mal nur Interessensregeln und keine unumstößlichen Naturgewalten.

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Re: Religiöse Politik? Politische Religion?

Beitragvon mat-in » Mo 8. Nov 2010, 17:10

stine hat geschrieben:Es ist schon ein Unterschied, "wer" die Gesetze festlegt. An Naturgesetzen kann man nicht herumdiskutieren.

Äh, da ist der große Unterschied: An religiösen gesetzen läßt sich nicht (kaum) rumdiskutieren. An Naturgesetzen wird das permanent gemacht. Manche der Gesetzmäßigkeiten sind jedoch so gut und zuverlässig das sich nichts dran ändert ;)
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Re: Religiöse Politik? Politische Religion?

Beitragvon Mark » Do 18. Nov 2010, 16:03

Und wieder der aktuelle Fall : die CDU möchte die PID verbieten, obwohl die Gerichte bis in höchste Instanzen recht klar konträre Ansichten geäussert haben.
Wie kann das sein, daß in einem Land in dem eigentlich strikte Trennung von Staat und Religion vorliegt die Parteien ihre Programme religiös motivieren und damit handfest gegen das GG stehen ?
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Re: Religiöse Politik? Politische Religion?

Beitragvon 1von6,5Milliarden » Do 18. Nov 2010, 17:12

Trennung zwischen Staat und Kirche/Religion bedeutet ja nur, dass der Staat keine Religion bevorzugt, keine Religion für sich einsetzt, nicht für eine Religon handelt, vorschreibt, bevorzugt usw.

Wie eine Partei (! nicht der Staat) in einzelnen Fällen religiös motiviert "denkt", dann ist dies kein Verstoß gegen das GG und eventuell ganz einfach Demokratie, solange ein so zustande gekommenes Gesetz oder Verordnung nicht gegen das GG oder andere Gesetze verstößt. Ob ein in diesem Sinne legales Gesetz jetzt (auch) von einer Religionsgemeinschaft gewollt wurden ist unerheblich. Ein Gesetz ist nicht deshalb schon ein Verfassungsbruch, nur weil religiöse Menschen (Abgeordnete) es auf Grund ihrer Religion so wollten.
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Re: Religiöse Politik? Politische Religion?

Beitragvon BerndL » Mi 12. Jan 2011, 18:11

Die Diskussion ist rege und interessant, allerdings sollten wir folgende Fakten nicht vergessen:
1. Der Gott des alten Testaments war ein rachsüchtiges, eifersüchtiges, zum Kindermord aufrufendes und im höchsten Maße unsympathisches Kerlchen (es gibt viele Belege dafür in der Bibel, wer will bekommt gern von mir die entsprechenden Stellen geliefert, bin jetzt nur zu faul nachzuschauen;)). Wie man daraus Regeln für ein geordnetes, friedliches nebeneinander ableiten kann ist mir schleierhaft. Es sind wohl eher Humanismus und Aufklärung die unsere Gesellschaft so geformt hat wie sie heute ist.
2. Wenn ein geordnetes Sozialverhalten ohne Religion nicht möglich ist, wie kann es dann sein, daß Tierherden friedlich zusammen leben obwohl sie, zumindest nach meinem Kenntnisstand, keiner Religion nacheifern?
3. Die Trennung von Kirche und Staat existiert bei uns bestenfalls bedingt. Oder wie sonst kann es sein, daß Kirchenfunktionäre (zumindest der katholischen Kirche) außerhalb des Gesetzes stehen? Oder warum muss man beim Amtgericht (!) seinen Kirchenaustritt vollziehen? Oder mit welchem Recht treibt der Staat als willfähriger Erfüllungsgehilfe die Kirchensteuern ein?
Diese Liste könnte man beliebig verlängern...leider geht mir im Moment die Zeit aus. Bis später... ;-)
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Re: Religiöse Politik? Politische Religion?

Beitragvon stine » Mi 12. Jan 2011, 18:23

BerndL hat geschrieben:Wie man daraus Regeln für ein geordnetes, friedliches nebeneinander ableiten kann ist mir schleierhaft.
So schleierhaft ist das nicht. Schließlich kann man durch Angstmachen einige Verhaltensweisen erziwngen, die ohne ANgst ausdidkutiert werden, solange bis sie nicht mehr taugen.

BerndL hat geschrieben:2. Wenn ein geordnetes Sozialverhalten ohne Religion nicht möglich ist, wie kann es dann sein, daß Tierherden friedlich zusammen leben obwohl sie, zumindest nach meinem Kenntnisstand, keiner Religion nacheifern?
Tierherden haben keine Hirnwindungen, die sie zwingen über ihr Leben nachzudenken, zumindest denken das die meisten Wissenschaftler. Die Tiere leben in den Tag hinein und suchen sich ihr Fressen zusammen. Menschen, die so leben, sind mit sich und Gott im Reinen.

BerndL hat geschrieben:3. Die Trennung von Kirche und Staat existiert bei uns bestenfalls bedingt. Oder wie sonst kann es sein, daß Kirchenfunktionäre (zumindest der katholischen Kirche) außerhalb des Gesetzes stehen? Oder warum muss man beim Amtgericht (!) seinen Kirchenaustritt vollziehen? Oder mit welchem Recht treibt der Staat als willfähriger Erfüllungsgehilfe die Kirchensteuern ein?
Das ist alles historisch bedingt. Wie das im Einzelnen zustande gekommen ist, kannst du ja selber nachlesen, wenn du wieder Zeit dazu hast. :wink:
Ich halte es für außerordentlich wichtig, dass es eine Instanz gibt, auf die der Staat nicht beliebig zugreifen kann und dass es immer noch irgendwo rechtsfreie Räume gibt. Über die Form solchen Vereins kann man natürlich streiten.

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Re: Religiöse Politik? Politische Religion?

Beitragvon ganimed » Mi 12. Jan 2011, 18:50

stine hat geschrieben:Ich halte es für außerordentlich wichtig, dass es eine Instanz gibt, auf die der Staat nicht beliebig zugreifen kann und dass es immer noch irgendwo rechtsfreie Räume gibt.

Ein Rechtsstaat kann auf gar nichts beliebig zugreifen. Er ist ja immer an Recht und Gesetz gebunden.
Ich finde rechtsfreie Räume äußerst bedenklich. Welchen Vorteil könnte, deiner Meinung nach, ein rechtsfreier Raum haben? Kannst du Beispiele nennen?
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Re: Religiöse Politik? Politische Religion?

Beitragvon stine » Mi 12. Jan 2011, 19:46

Der Bürgeraufstand in der Ex-DDR zum Beispiel wurde auch, wenn nicht überhaupt überwiegend in Kirchen organisiert und die Freiheit wurde von Menschen herbeigebetet, die Gott bis Dato gar nicht kannten.
Es gab auch immer wieder mal versteckte Asylantenfamilien in den Kirchen.
Ob das gut oder schlecht ist, mag man sich drüber streiten, aber es war möglich.

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Re: Religiöse Politik? Politische Religion?

Beitragvon mat-in » Mi 12. Jan 2011, 20:18

Das hier fand ich... arg vereinfacht aber ganz aussagekräftig.
Deutliche Schnittmenge von Religion und Politik...


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War der Kirchgang in der DDR nicht schlicht eine Ausrede um sich zu treffen für solche konspirativen Dinge?
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