Wirkung von Glaubensgemeinschaften auf den Charakter

Wirkung von Glaubensgemeinschaften auf den Charakter

Beitragvon xander1 » So 26. Dez 2010, 13:42

Ich möchte hier die Meinung der User diskutieren, über die Wirkung von Religionen und Glaubensgemeinschaften auf den Charakter und auf ähnliches.

Ich habe festgestellt, dass das Christentum die Autoritätshörigkeit und -Gläuigkeit bei den Anhängern im Laufe der Zeit erhöht. Ich denke, dass man das auch anhand von Bibelstellen nachweisen kann. (Kann mich zumindest daran erinnern, dass es so eine gab.) Im Islam wird das wohl nicht anders sein. Ich habe es auch life erlebt wie Christen Autoritäthörigkeit anerzogen wurde gegenüber Politkern, was völliger Schwachsinn ist.

Sollte das so sein, sind Christen und Moslems auch keine Menschen die Tätigkeiten einer demokratischen Regierung kritisch genug hinterfragen, wie aufgeklärte Atheisten. Und das alles nur wegen einem 2000 Jahre alten Buch, indem sich die Christen damit identifizieren Sklaven zu sein, laut einer Bibelstelle an die ich mich erinnere.

Ich habe auch einmal in einem Nachrichtenmagazin gelesen, dass wie jeder weiß, diese heiligen Schriften aus einer vordemokratischen Zeit stammen. Das Augenmerk in diesem Artikel bestand darin, dass deshalb die Werte nicht mehr zeitgemäß sind, was auch nichts neues sein dürfte.

Naja, aber mir geht es in diesem Thema nicht nur darum, sondern ich will es allgemein halten bezüglich der Ganzen Charakterformung durch Religionen. Wie es mir nämlich scheint, so ist das auch die Absicht hinter religiösen Gemeinschaften den Charakter so zu formen wie man es gerne hätte. Hierzu interpretiert man das heilige Buch so wie es einem passt. Dazu ist es schließlich da. Böse Absichten vermute ich eher nicht.

Ich wette jedenfalls, dass der Anteil der Christen bei den Stuttgart21-Demonstrationen vermutlich verschwindend gering ist.
Benutzeravatar
xander1
 
Beiträge: 2825
Registriert: Sa 12. Jul 2008, 07:52

Re: Wirkung von Glaubensgemeinschaften auf den Charakter

Beitragvon Lumen » So 26. Dez 2010, 18:51

Es gibt verschiedene Glaubensgemeinschaften und nicht alle sind gleich organisiert. Aber gerade Offenbarungsreligionen, vor allem Judentum, Islam und Christentum basieren letztlich auf Vertrauen zu Authoritäten. Das Selbstverständnis dieser Religionen baut auf dem Vertrauen darauf, dass eine Gottheit bestimmtes „Wissen“ exklusiv an bestimmte Menschen übergeben hat. Bezeichnenderweise immer Männer.

Früher waren die Schriften keineswegs für jeden frei zugänglich, sondern eine exklusive Gruppe von Priestern hatte den Zugang und vor allem die Deutungshoheit dazu, die Gläubigen mussten die Authorität des Klerus anerkennen. Später hat sich dann entgegen der Offenbarungen eine andere Sicht auf das Universums durchgesetzt und es ist auch ein anderes Rechtsverständnis entstanden. Damit gab es ein neues Problem.

    „Leistet dem, der euch etwas Böses antut, keinen Widerstand, sondern wenn dich einer auf die rechte Wange schlägt, dann halt ihm auch die andere hin“ — Jesus (NT, Berpredigt)

    „Doch jene meine Feinde, die nicht wollten, daß ich über sie herrschen sollte, bringet her und erwürget sie vor mir.“ — Jesus (Lukas 19.27).

    „Du sollst nicht morden/töten.“ — Zehn Gebote (AT)

Wobei die Luther-Übersetzung mit dem „erwürgen“ schon euphemistisch ist. Siehe auch hier. Schlachten; (κατασφάξατε) in der Form taucht angeblich nur an dieser Stelle im AT auf als sehr drastische Formulierung: abschlachten, abmetzeln (κατά).

Nun ist die Bibel selbst schon nicht eindeutig und ihr Gehalt wird noch weiter durch unser modernes Verständnis des Univerums und der Menschenrechte weiter unter Druck gesetzt. Also müssen Gläubige die göttlichen Offenbarungen notwendigerweise selektiv lesen und mal die eine, mal die andere Stelle wörtlich, mal symbolisch oder sonstwie auslegen. Beim Auslegen sind wieder Geistliche im Spiel, die genau das in ihren Predigten machen.

Der ganze Bibelkosmos ist per definition von rationaler Überlegung abgeschnitten und wenn er sich darauf verlässt um wahre Aussagen von unwahren oder gute Textstellen von verwerflichen zu trennen, drängt sich irgendwann zwangsläufig die Frage auf, ob die Bibel nicht eher die gleiche Funktion erfüllt wie etwa Tarotkarten. Dort haben die Karten nur noch symbolische Funktion und alles drumherum entspringt offenbar der Deutung der Tarotkarten-Leger und hüben wie drüben kann der Gläubige von sich aus nicht mehr nachvollziehen, was wirklich die Wahrheit ist, sondern muss sich auf die Deutung und Interpretation der „Experten“ verlassen, also der Authorität vertrauen. Diese Ansicht ist konsistent mit der Beobachtung, dass Religionsgemeinschaften einen gewissen Hang zu Sektiererei haben (dazu im Vergleich: Tarotkarten-Wahrsager sind auf dem extremen Ende komplett individuell, während sich Sekten um bestimmte Authoritäten herum gruppieren, am anderen Ende der Skala wäre der wirklich behauptete Wahre Glaube dem alle Menschen in genau gleicher, unzweideutiger Weise angehören).

Dazu kommt noch eine andere Komponente: Religionen erhalten sich durch Ausnutzen der kindlichen Naivität. Diese ist mutmaßlich evolitionär entstanden, damit Kinder der ihrer angeborenen Neugier vorerst nicht zu stark nachgehen. Religionsgemeinschaften setzten daher darauf, Kinder möglichst früh mit Glaubensinhalten zu erziehen, sodass die Neugier gegebenenfalls komplett verkümmert. Schließlich kommt noch der ursprünglich christliche Begriff der „Demut“ dazu, ein Gefühl der Unterwürfigkeit. Diese Form der Demut ist eine andere, als die „wissenschaftliche Demut“, die vor allem das Nicht-Wissen, nicht aber das „Hinnehmen der Gegebenheiten“ mit einschließt.
Benutzeravatar
Lumen
 
Beiträge: 1133
Registriert: Sa 30. Okt 2010, 01:53

Re: Wirkung von Glaubensgemeinschaften auf den Charakter

Beitragvon 1von6,5Milliarden » So 26. Dez 2010, 20:09

Ich würde nicht wetten.

Und ich würde sagen, "Obrigkeitshörigkeit" ist an sich auch eine Glaubenssache aber nicht nur eine Religionsglaubenssache. Denn wenn jemand an etwas glaubt ohne zu hinterfragen, ohne zumindest ab und zu darüber selbständig nachzudenekn, dann glaubt er daran und hat das Denken eben an diese Person oder Institution abgetreten.
Da ist es egal ob man an Professoren, Hitler, den Papst, Däniken, den Dalai Lama, Mohammed oder Dawkins glaubt.
Glauben eben nicht im Sinne von "ich glaub (= ich bin nach Überlegung zu der Meinung/Überzeugung gekommen), der hat da Recht", sondern im Sinne von" ich glaube an ...", "ich glaube es, weil xy es gesagt hat", "es muss stimmen, weil xy es sagt", "es ist so, weil xy es sagt" o.ä.

Gegen die Obrigkeit zu demonstrieren bedeutet i.d.R. erst einmal nur, nicht (mehr) dieser Obrigkeit hörig zu sein, es schließt aber deutlich nicht aus, einer anderen Instanz "hörig" zu sein oder auch einfach eine Instanz zu suchen, der man sich wieder (gerne) unterordnen kann.

Und Christen könnten auch in ihrer Obrigkeitshörigkeit ganz einfach nur die Obrigkeit "Bahn" und von Herrn Mappus nicht so trauen. Es kann ganz deutlich auch mit der Person und Institution des "Landesvaters" was zu tun haben. Wenn er als "achtenswerte Obrigkeit" nicht angesehen wird, dann mag auch ein sonst "treu-doofer" konservativer, christlicher Schwabe anderen hinterherlaufen. Theoretisch ist ja "lasst es so wie es ist" konservativ in Reinstkultur. Und die Konservativen in BW sind überwiegend Katholiken.
Benutzeravatar
1von6,5Milliarden
Mitglied des Forenteams
Mitglied des Forenteams
 
Beiträge: 5236
Registriert: Sa 25. Nov 2006, 15:47
Wohnort: Paranoia

Re: Wirkung von Glaubensgemeinschaften auf den Charakter

Beitragvon Lumen » So 26. Dez 2010, 20:23

Natürlich glaubt jeder an bestimmte Authoritäten. Ich glaube Darwin hatte recht. Ich glaube Einstein hat richtig gerechnet und so fort. Es ist aber eine vollkommen andere Qualität des Glaubens, in einem Fall ist der Glaube durch grundsätzliche Überprüfbarkeit eingegrenzt, im anderen Falle nicht.
Benutzeravatar
Lumen
 
Beiträge: 1133
Registriert: Sa 30. Okt 2010, 01:53

Re: Wirkung von Glaubensgemeinschaften auf den Charakter

Beitragvon ujmp » So 26. Dez 2010, 20:58

Lumen hat geschrieben:Natürlich glaubt jeder an bestimmte Authoritäten.

Ich nicht. Ich halte nur bestimmte Sichtweisen für plausibler als andere und bestimmte Methoden für erfolgversprechender als andere.
Benutzeravatar
ujmp
 
Beiträge: 3108
Registriert: So 5. Apr 2009, 19:27

Re: Wirkung von Glaubensgemeinschaften auf den Charakter

Beitragvon Lumen » So 26. Dez 2010, 21:03

Haarspalter :p
Benutzeravatar
Lumen
 
Beiträge: 1133
Registriert: Sa 30. Okt 2010, 01:53

Re: Wirkung von Glaubensgemeinschaften auf den Charakter

Beitragvon ujmp » Mo 27. Dez 2010, 08:18

Dass mich eine Sichtweise überzeugt ist etwas ganz anderes, als ob ich an eine Autorität glaube, die mir diese Sichtweise vermittelt hat. Den Namen der Lehrerin, die mich das Verhältnis von Umfang und Durchmesser im Kreis gelehrt hat, habe ich längst vergessen. Was diesem Gesetz Autorität verleiht, ist seine tägliche Bewährung - verstehste?

Alles kann ich nicht auf diese unmittelbare Weise selbst prüfen. Deshalb bin ich auf ein gewisses Maß an Vertrauen angewiesen. Z.B: kann ich nicht prüfen, ob das gegenwärtige Atommodell stimmt. Ich weiß aber wiederum aus eigener Erfahrung, dass die wissenschaftliche Methode zwar weniger, dafür aber solidere Ergebnisse liefert, als die religiös- oder ideologisch-spekulative Methode. An den Urknall glaube ich z.B. aber dennoch nicht. Und wenn man top Wissenschaftlern aufmerksam zuhört, hört man heraus, dass sie selbst auch nicht an sich glauben, auch nicht an ihre Theorien. Sie sehen in ihren Theorien nur bessere Erklärungen für ihre Beobachtungen, als sie frühere Theorien liefern konnten, weil ihre Theorien genauere Prognosen liefern. Gewiss gibt es auch unter Wissenschaftlern jede Menge Pfauenradschläger - aber meinen Respekt haben die jedenfalls nicht.

Ich gebe zu, dass ich eine Zeit lang ein sehr großes Bedürfnis nach Autorität hatte. Glücklicherweise wurde ich davon doch noch kuriert. Die Kontinuität der Unsicherheit meines Nichtwissens vermittelt mir mehr Sicherheit, als die permanente Entwurzelung, die man erfahren muss, wenn man zu sehr an den Grund glaubt, auf den man pflanzt.



Bild ... besser kann man "Autorität" nicht umschreiben! ;-)
Benutzeravatar
ujmp
 
Beiträge: 3108
Registriert: So 5. Apr 2009, 19:27

Re: Wirkung von Glaubensgemeinschaften auf den Charakter

Beitragvon Arathas » Mo 27. Dez 2010, 11:37

ujmp hat geschrieben:An den Urknall glaube ich z.B. aber dennoch nicht


Erklär mal, wie du das meinst. An den Urknall als "hier entstand das Universum" glaube ich auch nicht, aber dass vor ca. 13,7 Milliarden Jahren was Besonderes passiert ist, glaube ich schon, zumindest deutet sehr viel darauf hin.
Benutzeravatar
Arathas
Mitglied des Forenteams
Mitglied des Forenteams
 
Beiträge: 1177
Registriert: Do 19. Mär 2009, 11:58

Re: Wirkung von Glaubensgemeinschaften auf den Charakter

Beitragvon stine » Mo 27. Dez 2010, 15:22

Arathas hat geschrieben:...dass vor ca. 13,7 Milliarden Jahren was Besonderes passiert ist...
Was soll das gewesen sein?
Gab es den Ablauf, die "Zeit" schon immer oder hat irgendwann eine Uhr zu ticken begonnen?

Klar verändert eine Denkrichtung den Charakter, das ist doch das Prinzip! Warum sollte man Ideologien überhaupt unters Volk streuen, wenn man sich davon nicht versprechen könnte, eine menge Leute zu finden, die alle am selben Strang ziehen wollen?
Diese Erkenntnis ist nicht neu und wenn überhaupt sogar der einzig funktionierende Manipulator.
Religion, als erklärter Rahmen des unumstößlichen Alles, war und ist hierzu besonders geeignet.

LG stine
Benutzeravatar
stine
 
Beiträge: 8022
Registriert: Do 27. Sep 2007, 08:47

Re: Wirkung von Glaubensgemeinschaften auf den Charakter

Beitragvon Lumen » Di 28. Dez 2010, 00:58

ujmp hat geschrieben:Dass mich eine Sichtweise überzeugt ist etwas ganz anderes, als ob ich an eine Autorität glaube, die mir diese Sichtweise vermittelt hat. Den Namen der Lehrerin, die mich das Verhältnis von Umfang und Durchmesser im Kreis gelehrt hat, habe ich längst vergessen. Was diesem Gesetz Autorität verleiht, ist seine tägliche Bewährung - verstehste?


Sicher. Ich gehe davon aus wir meinen das gleiche. Was ich meinte: In der Regel kannst du nicht jede Theorie selbst beweisen und Quanten-Mechanik oder Evolution bewähren sich in unserem Alltag nicht täglich. Du verlässt dich darauf dass die Wissenschaft funktioniert, also Wissenschaftler wirklich Belege gefunden haben, diese nicht gefälscht sind, dass Peer-Review funktioniert und so weiter. Und natürlich ist der praktische Output, meinetwegen Blue-Ray, quasi der Beweis, dass die Theorien stimmen müssen.
Benutzeravatar
Lumen
 
Beiträge: 1133
Registriert: Sa 30. Okt 2010, 01:53

Re: Wirkung von Glaubensgemeinschaften auf den Charakter

Beitragvon Arathas » Di 28. Dez 2010, 08:58

stine hat geschrieben:
Arathas hat geschrieben:...dass vor ca. 13,7 Milliarden Jahren was Besonderes passiert ist...
Was soll das gewesen sein?


Gute Frage, aber jedenfalls können wir nur 13,7 Milliarden Jahre "zurück" blicken, in jede Richtung unseres Universums. Also war da wohl was. ;-)

stine hat geschrieben:Gab es den Ablauf, die "Zeit" schon immer oder hat irgendwann eine Uhr zu ticken begonnen?


Mit der Frage, ob es die Zeit schon immer gab, geht die Frage einher, ob es den Raum schon immer gab.
Benutzeravatar
Arathas
Mitglied des Forenteams
Mitglied des Forenteams
 
Beiträge: 1177
Registriert: Do 19. Mär 2009, 11:58

Re: Wirkung von Glaubensgemeinschaften auf den Charakter

Beitragvon 1von6,5Milliarden » Di 28. Dez 2010, 09:20

Arathas hat geschrieben:Gute Frage, aber jedenfalls können wir nur 13,7 Milliarden Jahre "zurück" blicken, in jede Richtung unseres Universums. Also war da wohl was.
Naja. Strenggenommen: "wir" können nur Daten empfangen und/oder auswerten die nach unserer bzw. einigermaßen gängiger Auslegung so ≈ 13 Milliarden Jahre alt sind.
Da sind schon noch Spielräume drin. Jetzt nicht wegen "ein paar Milliarden Jahre", sondern wegen systembedingten, grundsätzlichen Fehlern, Mängeln, Irrtümer, Fehlinterpretationen,Falschauslegungen etc.
Vielleicht war als nicht vor ≈ 13 Milliarden Jahren was, sondern es nur heute was - ein "Fehler".
Es mag der Horizont der Zeit oder der Wissenschaft sein.
Benutzeravatar
1von6,5Milliarden
Mitglied des Forenteams
Mitglied des Forenteams
 
Beiträge: 5236
Registriert: Sa 25. Nov 2006, 15:47
Wohnort: Paranoia

Re: Wirkung von Glaubensgemeinschaften auf den Charakter

Beitragvon Arathas » Di 28. Dez 2010, 09:29

Diesen Gedanken sollte man zwar immer im Hinterkopf haben, aber mehr auch nicht: Sonst braucht man gar keine wissenschaftlichen Erkenntnisse, die man nicht selbst nachmessen kann, mehr zu glauben. Bis/falls das mit den 13,7 Milliarden Jahren sich also als Fehler herausstellt, gehe ich in Überlegungen zu dem Thema einfach mal davon aus, dass es so ist, wie gesagt wird.
Benutzeravatar
Arathas
Mitglied des Forenteams
Mitglied des Forenteams
 
Beiträge: 1177
Registriert: Do 19. Mär 2009, 11:58

Re: Wirkung von Glaubensgemeinschaften auf den Charakter

Beitragvon musicman » Di 28. Dez 2010, 10:20

Arathas hat geschrieben: gehe ich in Überlegungen zu dem Thema einfach mal davon aus, dass es so ist, wie gesagt wird.


Man könnte auch sagen, Du/ich/wir, glauben dass es so ist, wie es gesagt wird.
Im Glauben daran, daß die Leute, denen wir eine gewisse Autorität in diesen Fragen zugestehen uns das Richtige sagen.
Im Prinzip nicht viel anders als die Kollegen der religiösen Fraktion, Ok die Argumente sind auf unserer Seite etwas besser, aber das ist auch immer eine Frage der Wahrnehmung und die ist bekanntermaßen subjektiv. Im Endeffekt glaubt jeder das, was ihm gefällt oder sagen wir, was seinen Überzeugungen oder seinen Neigungen entgegenkommt.

Betr. Authoritätshörigkeit und Charakterbildung messe ich der Religion keine großes Gewicht bei, ich habe die Erfahrung gemacht, dass so an die 80% der Leute das Bedürfnis haben, etwas/jemand hinterher zu laufen, 10% spielen gerne Chef und die anderen 10% kochen ihr eigenes Süppchen.
Eine gewisse Anzahl von Drecksäcken gibt es ebenfalls mit und ohne Religion, den Einfluß von Religion auf den Charakter halte ich daher für minimal.

musicman
Zuletzt geändert von musicman am Di 28. Dez 2010, 10:32, insgesamt 1-mal geändert.
musicman
 
Beiträge: 738
Registriert: Mi 16. Sep 2009, 21:56

Re: Wirkung von Glaubensgemeinschaften auf den Charakter

Beitragvon Arathas » Di 28. Dez 2010, 10:28

Der Unterschied ist, dass die Sachen, an die "wir" glauben, theoretisch von jedem von uns nachgewiesen werden könnten, wenn man genug Zeit und Lernkraft investiert (Biologie- oder Physikstudium, etc.) und die nötigen Geldmittel dazu hat. Wohingegen "die anderen" solange Theologie studieren können, wie sie wollen - dass es Gott gibt, werden sie sich selbst nie beweisen können, auch nicht theoretisch.
Benutzeravatar
Arathas
Mitglied des Forenteams
Mitglied des Forenteams
 
Beiträge: 1177
Registriert: Do 19. Mär 2009, 11:58

Re: Wirkung von Glaubensgemeinschaften auf den Charakter

Beitragvon musicman » Di 28. Dez 2010, 10:36

Arathas hat geschrieben:Der Unterschied ist, dass die Sachen, an die "wir" glauben, theoretisch von jedem von uns nachgewiesen werden könnten,


Schon, aber solange man es nicht getan hat, bleibt es beim glauben.

musicman
musicman
 
Beiträge: 738
Registriert: Mi 16. Sep 2009, 21:56

Re: Wirkung von Glaubensgemeinschaften auf den Charakter

Beitragvon Arathas » Di 28. Dez 2010, 11:14

Kleines Veto dennoch. =)

Jeder von uns (zumindest sollte es so sein) hat in der Schule bereits naturwissenschaftliche Fächer gehabt - und viele von uns hatten dazu auch noch irgendeine Art Religionsunterricht (auch ich). So habe ich bereits als Kind viele Dinge mit meinen eigenen Händen experimentell nachweisen können, die von der Wissenschaft behauptet werden. Klar, das sind nur ganz lapidare Sachen, aber bereits bei den kleinen Dingen erkennt man dann schon, dass hier eine Kongruenz besteht. Zumindest eine gewisse Teilmenge der Dinge, die die Wissenschaft behauptet, habe ich bereits selbst verifiziert. Darum bin ich auch viel eher geneigt, auch weiteren dieser Behauptungen Glauben zu schenken.

Wohingegen der Religionsunterricht in der Schule mir auch nicht mit klitzekleinen Beispielen verdeutlichen konnte, dass es Götter gibt. Wenn es nun so wäre, dass klitzekleine Wunder tatsächlich geschehen könnten und man das in der Schule experimentell nachweist, dann wäre damit auch ein Grundstock für späteren Glauben an die Religion gelegt. ;-)

So jedenfalls hast du schon Recht, dass Wissenschaft auch Glauben voraussetzt, aber dieser Glauben basiert auf einer ganz anderen qualitativen Grundlage.
Benutzeravatar
Arathas
Mitglied des Forenteams
Mitglied des Forenteams
 
Beiträge: 1177
Registriert: Do 19. Mär 2009, 11:58

Re: Wirkung von Glaubensgemeinschaften auf den Charakter

Beitragvon stine » Di 28. Dez 2010, 14:02

Arathas hat geschrieben:Wohingegen der Religionsunterricht ...
Einspruch!
Wenn du im Religionsunterricht aufgepasst hättest, hättest du bemerkt, dass es meist um ganz menschliche Belange ging und dass die ebenfalls 100% nachvollziehbar gewesen wären, wenn man sich nur darauf eingelassen hätte. Anders als die naturwissenschaftlichen Unterrichtsfächer gab es im Religionsunterricht vielleicht nichts zum Anfassen, dafür aber etwas zum Verstehen. Ein schönes Lied geht zu Herzen, das ist nachvollziehbar, aber trotzdem nichts zum Anfassen.

LG stine
Benutzeravatar
stine
 
Beiträge: 8022
Registriert: Do 27. Sep 2007, 08:47

Re: Wirkung von Glaubensgemeinschaften auf den Charakter

Beitragvon Arathas » Di 28. Dez 2010, 14:08

Kommt wohl sehr auf den Religionsunterricht an ... wir hatten über viele Jahre den örtlichen Pfarrer als Reli-Lehrer. :erschreckt:

Und dann hatten wir mal ne Reli-Lehrerin - ein Jahr lang leider nur - bei deren Unterrichtsstoff es tatsächlich um Menschen und völlig menschliche Belange ging. Die war super, die Themen waren super, und ich hatte sogar ne 1. :mg:

Aber die meiste Schulzeit über war mein Reli-Unterricht Müll. Beziehungsweise die Lehrer.
Benutzeravatar
Arathas
Mitglied des Forenteams
Mitglied des Forenteams
 
Beiträge: 1177
Registriert: Do 19. Mär 2009, 11:58

Re: Wirkung von Glaubensgemeinschaften auf den Charakter

Beitragvon stine » Di 28. Dez 2010, 14:48

Ja, das ist schade!
Aber das ist wohl bei vielen so gewesen. :-/
Hauptamtliche die Reli-Unterricht geben, sind meistens keine guten Pädagogen. Gerade in diesem Fach wäre es aber wichtig, den Menschen zu erreichen. Es wäre sozusagen das Fach zwischen den Fächern, das die zwischenmenschlichen Unebenheiten glätten sollte. Dann würde es auch den Charakter positiv verändern können.
Vielleicht überschätze ich aber hier auch die Seelsorge und echter Religionsdienst sieht anders aus...

LG stine
Benutzeravatar
stine
 
Beiträge: 8022
Registriert: Do 27. Sep 2007, 08:47

Nächste

Zurück zu Religion & Spiritualität

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 4 Gäste