Naturalistische Religion

Re: Naturalistische Religion

Beitragvon platon » So 6. Feb 2011, 16:30

Entschuldige 1von6,5Milliarden,
aber "Naturalistische Religion" ist je nach Deinen Beweggründen für die Umbenennung entweder ein Oxymoron oder ein Paradoxon.
Du darfst es Dir aussuchen, aber Anspruch auf Ernsthaftigkeit hat beides nicht.
Naturalistisch bedeutet: alle Abläufe und Vorgänge haben natürliche Ursachen
Religion bedeutet: es gibt eine übernatürliche erste Ursache für alles, was existiert.
Das geht nicht zusammen, es sei denn: wir definieren Religion um, Aber warum eigentlich nicht? Ist doch alles schon mal dagewesen...
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Re: Naturalistische Religion

Beitragvon stine » So 6. Feb 2011, 16:50

Anscheinend werden Menschen niemals völlig religionslos leben können.

In einer Zeit, in der die „kulturelle Leitreligion des Westens“ (Christentum) für viele Menschen ihre Strahlkraft weitgehend eingebüßt hat, ist die Bereitschaft zu neuen religiösen Erfahrungen hoch. So kennt die moderne Gesellschaft zahlreiche naturreligiöse Strömungen, die grob in Gruppen eingeteilt werden können wie:

* neuheidnische Naturreligiosität
* Neo-keltische und neogermanische Tradition/Spiritualität
* neobaltische Tradition/Spiritualität: die lettischen Dievturi und litauischen Romowe, Romuva
* Hexentum und Wicca
* Voodoo, Santería, Umbanda und Candomblé (teilweise Synthese mit christlichen Vorstellungen)


Quelle: Wikipedia

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Re: Naturalistische Religion

Beitragvon platon » So 6. Feb 2011, 16:57

Wer erwartet denn, dass die Dummheit ausrottbar ist?
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Re: Naturalistische Religion

Beitragvon 1von6,5Milliarden » So 6. Feb 2011, 17:42

platon hat geschrieben:Entschuldige 1von6,5Milliarden,
aber "Naturalistische Religion" ist je nach Deinen Beweggründen für die Umbenennung entweder ein Oxymoron oder ein Paradoxon.
...

1von6,5Milliarden hat geschrieben:Auf Bitte des Threaderstellers
Was sagt dir dieser Satz? Nichts?
Ich habe mich auch erst gefragt, ob dies so sinnvoll ist und ob ich angesichts seines scheinbaren Widerspruchs in sich selber erst noch einmal nachfragen sollte.
Aber erstens bin ich nicht die Wörterpolizei, zumindest solange etwas nicht gegen die Forenregeln und ähnliches verstößt und akzeptiere deshalb den Wunsch des Nutzers
und
zweitens hat "Naturalismus" durchaus mehrere Bedeutungen bzw. Definitions- oder Auslegungsmöglichkeiten.

Und warum soll ich darüber mit dem Threadersteller vorher diskutieren, wenn er u.U. dies im Forum diskutieren wollte oder durch die Wortwahl zum Nachdenken oder Hinschauen anregen wollte?
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Re: Naturalistische Religion

Beitragvon 1von6,5Milliarden » So 6. Feb 2011, 17:45

stine hat geschrieben:Anscheinend werden Menschen niemals völlig religionslos leben können.
Deshalb muss Religion noch lange nicht sinnvoll sein, so wie es aussieht wird der Mensch auch niemals vollkommen ohne Mord und eventuell ohne Krieg leben können.
Und außerdem vermögen wir nicht in die Zukunft zu schauen.
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Re: Naturalistische Religion

Beitragvon mat-in » So 6. Feb 2011, 18:04

Ich habe nach einer ... weniger offensiven Benennung gesucht. Religionsersatz ist auch schon mit Fußball, Marxismus und so weiter belegt und führt hier wohl zu mißverständnissen.

Nach einer der gängigen Definitionen:
Religion is a cultural system that creates powerful and long-lasting meaning, by establishing symbols that relate humanity to truths and values.

Kann ich mir durchaus eine naturalistische Religion vorstellen, denn o.g. Eigenschaften sind auch ohne übernatürliches möglich.

Habt ihr einen besseren Vorschlag?
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Re: Naturalistische Religion

Beitragvon platon » So 6. Feb 2011, 22:03

Eine Definition von Religion, in der nichts von übernatürlichen Wesen, Vorgängen oder Phänomenen steht? Von wem ist die denn?
Und das war die ganze und vollständige Definition? Das würde mich doch sehr wundern!
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Re: Naturalistische Religion

Beitragvon platon » So 6. Feb 2011, 22:15

Danke, ich habe es selbst herausgefunden. Sie stammt vom Anthropologen Clifford Geertz in einer Abhandlung von 1973, "Religion as a Cultural System".
Na ist ja logisch, wenn ich Religion als Kultursystem verkaufen will, muss ich mir natürlich eine solche Definition zusammenbasteln. Und das ist eine "gängige Definition"?
Na gut, dass das mal erwähnt wurde. Was die Religiösen wohl dazu sagen wenn da kein Platz mehr für ihren Gott ist?
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Re: Naturalistische Religion

Beitragvon mat-in » Mo 7. Feb 2011, 00:06

Ich habe es als gängige gefunden. Hier sind noch ein par:
# Religion (lat: religio, wörtlich „Rück-Bindung“) bezeichnet eine Vielzahl unterschiedlicher kultureller Phänomene des Glaubens an eine „andere Welt“ der Gottheiten oder der Spiritualität, die menschliches Verhalten, Handeln, Denken und Fühlen prägen und Wertvorstellungen normativ beeinflussen. ...

# im weiten Sinne: kodifizierte und/oder auf Überlieferung beruhende Kult-/Glaubenspraxis und -auslegung

re·li·gion
1. a set of beliefs concerning the cause, nature, and purpose of the universe, especially when considered as the creation of a superhuman agency or agencies, usually involving devotional and ritual observances, and often containing a moral code governing the conduct of human affairs.
2. a specific fundamental set of beliefs and practices generally agreed upon by a number of persons or sects: the Christian religion; the Buddhist religion.

Ist wohl nicht ganz einfach Dinge wie Shintoismus und Christentum in einen Begriff zu packen. Ich denke das ist nichtmal ganz falsch, da nicht direkt einen Gott zu erwähnen, schließlich gibt es noch andere Religionen als Judentum/Christentum/Islam.

Unter die ein oder andere Definitonen oben würde eine "naturalistische Religion" auch noch fallen. Aber es ist wohl genau so ein "kompliziertes" Wort wie "Religionsersatz". Ich denke dennoch, das verständlich ist, was ich hier darlegen möchte. Andere Vorschläge wie wir es nennen?
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Re: Naturalistische Religion

Beitragvon stine » Mo 7. Feb 2011, 07:53

Ich finde, dass der Weg nach religiösen Alternativen zu suchen durchaus der richtige ist.
Allerdings muss ich Platon (leider) recht geben: ohne Mystik geht das wohl nicht! Eine naturalistische Religion müsste zumindest verlangen der Natur unsere Ehre und unseren Respekt zu erweisen und uns selbst zurückzunehmen. Das Wesen der Religion ist Bescheidenheit zu lernen und sich in die Natur als natürliches Wesen einzubetten - um daraus wiederrum Kraft zu schöpfen.
Es gibt asiatische Religionen die das bereits so praktizieren.
Da ist auch nichts Göttliches im Sinne einer personalen Präsenz.

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Re: Naturalistische Religion

Beitragvon Mark » Mo 7. Feb 2011, 15:26

Religion könnte doch auch zB auf methaphysische Betrachtungen ausgerichtet sein, zB einen "Weltgeist" zu dem es konstruktive und humanistisch sinnvolle Beiwerke zu leisten gibt. Die Methaphysik scheint ja die Mystik der Naturalisten zu sein.
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Re: Naturalistische Religion

Beitragvon platon » Mo 7. Feb 2011, 17:45

Macht ruhig noch ein bisschen so weiter, dann können wir den Atheismus getrost wieder in die lange Reihe der Religionen eingliedern.
Find ich irgendwie gut. Ich kann mich dann wieder als religiös bezeichnen, das grenzt mich etwas weniger aus. :2thumbs:
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Re: Naturalistische Religion

Beitragvon Shine » Mo 7. Feb 2011, 18:06

Also Religion hat jedenfalls etwas mit Glauben zu tun. Offensichtlich hat der Mensch ein natürliches Bedürfnis danach. Weshalb sonst eine Ersatzreligion suchen? Nun, ich gestehe jedem seinen eigenen Glauben zu.

Ich selbst habe meine eigenen Vorstellungen von Wahrheit, wäre jedoch jederzeit bereit, einer Gemeinschaft beizutreten, die für das globale Wohlergehen von Mensch und Natur eintritt und glaubt (=davon überzeugt ist), etwas dafür tun zu können. Es müsste dazu natürlich sehr gut definiert werden, was mit diesem "Wohlergehen" gemeint ist. Der Mensch ist ein Teil der Natur. Auf die Dauer kann es ihm nur gut gehen, wenn er die Natur nicht weiterhin vernichtet, wie er das jetzt tut und sozusagen den Ast absägt, auf dem er sitzt. Das müsste allerdings auch eine "überreligiöse" Religion sein, für die es hauptsächlich darum geht, "gute Geister" zu gewinnen - gleich welcher Couleur ... So etwas gibt es wohl schon mit Grean Peace (da bin ich schon Mitglied), aber der Bereich könnte auch weiter ausgedeht werden (da ist allerdings schon Amnesty International).

Sollte es jedoch darum gehen, eine "Gegenreligion" gegen die anderen Religionen zu erfinden um diese zu bekämpfen: Religionskriege hat es schon genug gegeben, davon brauchen wir keine mehr. Ansonsten kann man Wissenschaftsgläubigkeit bereits als Religion ansehen. In diesem Sinne sind die Brights bereits eine Glaubensgemeinschaft.
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Re: Naturalistische Religion

Beitragvon mat-in » Mo 7. Feb 2011, 19:42

Ich glaube nicht, daß der Mensch Glauben per se braucht. Was er aber sehr wohl vermissen kann ist Gemeinschaft - von einer (straff) organisierten Gemeinschaft auszutreten und dem "Sack Flöhe" beizutreten der sich Atheisten nennt, kann da ein Schock sein. Auch vermissen könnte er - wenn man ihn nicht an der Hand nimmt - Hoffnung oder Moral/Regeln. Diese Dinge sind es eigentlich, die ich damit gerne bieten würde.

Natürlich ist das als Alternative gedacht zur üblichen Religion, aber keinesfalls aggressiv (das missionieren und gegenseitige Verdummen ist was mir wohl an den großen Religionen am meisten auf die Gonaden geht). Einen Allwissenheits, alleindeutungsanspruch hätte es ja nicht. Wissenschaft gesteht auch immer die Möglichkeit ein, falsch zu liegen.
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Re: Naturalistische Religion

Beitragvon 1von6,5Milliarden » Mo 7. Feb 2011, 22:08

Shine hat geschrieben:Offensichtlich hat der Mensch ein natürliches Bedürfnis danach.
Unsinn. Dies ist falsch und daher nicht offensichtlich. Aber es wird offensichtlich von Geistern hereininterpretiert, die einfach so eingleisig sind und es sich einfach nicht vorstellen können oder wollen, dass es viele Menschen gibt, die nicht dieses Bedürfnis haben.
Shine hat geschrieben: Nun, ich gestehe jedem seinen eigenen Glauben zu.
Glaube ich nicht.
Jede Toleranz hat irgendwo ein Ende. Ob du einen Glauben, den du absolut verurteilst und ablehnst aber noch als Glauben bezeichnest oder kirchentypisch dann eine andere Bezeichnung dafür wählst, dies musst du selber herausfinden.
Offensichtlich gestehst du aber Menschen nicht zu, einfach keinen Glauben zu haben und zu suchen.

Shine hat geschrieben: So etwas gibt es wohl schon mit Grean Peace (da bin ich schon Mitglied),
dann solltest du wissen, dass die "Greenpeace" heißen.

Shine hat geschrieben: Ansonsten kann man Wissenschaftsgläubigkeit bereits als Religion ansehen.
Fallweise, aber nicht per se
Shine hat geschrieben: In diesem Sinne sind die Brights bereits eine Glaubensgemeinschaft.
Auch wenn es Brights (Einzelpersonen) gibt, die diese Einstellung als Glaubens-Substitut haben und auch so agieren, die Brights als solche sind keine Glaubensgemeinschaft.
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Re: Naturalistische Religion

Beitragvon Mark » Di 8. Feb 2011, 01:42

Nicht Glaube mit Überzeugung verwechseln ! Der Mensch kann feste Überzeugungen viel besser "verwerten" als das Surrogat "Glauben". Aber handfeste Überzeugungen zu entwickeln ist ein langer und aufwändiger Prozess, bedarf eines halben Lebens, oftmals mehr..
Preisfrage : Wie nennt man das nun, wenn man in einer Religion den Glauben durch Überzeugung ersetzt und die unbegründbaren Mutmaßungen durch klassischen Humanismus ?
überzeugte Humanisten.
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ich ruf mal: HAAAALLOOOOOO, uns gibt's schon

Beitragvon fritz-ferdinand » Fr 4. Mär 2011, 20:11

gleich zu Anfang: HEUTE springen leider bei dem Begriff frei-religiös die meisten Leute auf das Wort religiös an und schlagen gern drauf ein.

Mitte des 19. Jahrhunderts war das Wort FREI das wichtigere, und das sollte es auch heute sein. Heute wäre ich glücklich, wenn man die Bezeichnung "freireligiös" ändern könnte, was aus vielen Gründen aber nur schwer möglich ist.

Zu naturalistischer Religion vielleicht mal unter folgendem Link nachgucken

http://www.freireligioese-pfalz.de/allgemein.htm

Ich zitiere daraus nur mal die ersten Zeilen:

"In einer Freien Religion wird kein Glaubensbekenntnis vorgegeben oder eine unumstößliche Wahrheit verkündet. Freie Religion umfaßt eine große Bandbreite religiöser, weltanschaulicher und philosophischer Ansichten. Ihre gemeinsame Grundlage kann in Form von Grundsätzen formuliert werden:

1. Sinngebende Instanz in einer Freien Religion ist der Mensch. Sie kennt keine außerweltliche Autorität.
2. In einer Freien Religion ist der Maßstab des Denkens und Glaubens die Vernunft.
3. Freie Religion ist bestimmt vom Streben nach Freiheit und Menschlichkeit. Freiheit können Menschen nur im Miteinander verwirklichen.
4. Freie Religion kennt keine absolute, jemals abgeschlossene Wahrheit. Im Streben nach immer neuen Einsichten bemüht sie sich um Toleranz.
5. Freie Religion macht sich dazu die Erkenntnisse der Wissenschaften zu eigen und sucht, ihren Wert für die menschliche Situation darzustellen. ...
"

Ein paar Worte zum Verständnis: Das wichtigste bei uns ist, dass jeder seine EIGENEN Überzeugungen und Erklärungen für die Welt haben kann. Womit gegenseitige TOLERANZ die wichtigste Fähigkeit ist, die man da mitzubringen hat.

Einen Gott als irgendein persönliches Wesen kennen wir nicht, weil das mit der Vernunft nicht in Einklang zu bringen ist. Das Religiöseste ist bei einigen die Vermutung, dass das unpersönliche NATURganze etwas Größeres ist, als die Summe der Einzelteile, (Pantheismus) was aber sonst keine Auswirkung hat und insbesondere keiner einzigen wissenschaftlichen Erkenntnis widerspricht.

Tut mir leid, dass wir schon da sind, und nicht erst erfunden werden müssen (kleiner Scherz am Rande, hüstel). Aber es ist schon traurig, dass wir gerade am Aussterben sind, weil wir wohl zu unmodern sind, oder weil die Leute zu wenig hingucken, für was wir genau stehen, nämlich genau das, was in den ersten Beiträgen dieses Threads angesprochen wird.

Naja, offensichtlich muss es immer mal wieder Neugründungen geben, die das Rad neu erfinden, das gehört zu den Menschen wohl dazu. Dann musses halt wohl so sein.

Ich muss dazu sagen, dass es VERSCHIEDENE Freireligiöse Gemeinden gibt, (da wir keine feste Lehre haben) die Mainzer und Badener z.B. sind eher am pantheistischen Ende, die Wiesbadener z.B. am atheistischen, und wir Pfälzer gut gemischt irgendwo dazwischen, soweit ich das überblicke.

Natürlich gibt es da eine ganze Folklore von Verbänden mit feinen Unterschieden, angefangen von den "frommen" Unitarieren (wie in einem anderen Beitrag erwähnt) über eben Freireligiöse bis zu den diversen Humanisten, und dann noch Freidenker und Monisten und Atheisten und was weiß ich. Die Szene ist, wen wundert's, ordentlich zersplittert. Es ist daher vielleicht nicht ganz leicht, das genau passende zu finden.

Zumindest wir hier HABEN Gemeinschaftserlebnis, und schöne Morgenfeiern mit Reflektionen über Gesellschaft und Ethik, und wir HABEN Trauerbegleitung und Unterstützung in schwierigen Situationen, usw. usw.

Und sowas gibt's halt nicht nur bei uns, sondern in unterschiedlichem Maß in vielen anderen humanistischen Gemeinschaften auch.

Noch den Hinweis, dass in den 160 Jahren unsere Geschichte eine sehr große ENTWICKLUNG stattgefunden hat, von NOCH christlich orientierten Abspaltungen von den Kirchen, (wobei die Freiheit für eigene Glaubensüberzeugungen sofort der zentrale Punkt war), bis zum heutigen naturalistischen Charakter.

Übrigens ist der LInk von stine

http://de.wikipedia.org/wiki/Dachverban ... inschaften

keine schlechte Einstiegsadresse zum Weiterforschen, das andere Stichwort ist Humanistischer Verband.

Will hier keine "Missionierung" betreiben, das hasse ich nämlich auch, aber darauf hinweisen, dass es sowas wie uns gibt, das darf ich wohl schon, oder? Ich war froh, dass ich nach meinem Kirchenaustritt dann nach Jahrzehnten diese Gemeinschaft mal gefunden habe.
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Re: Naturalistische Religion

Beitragvon stine » Fr 4. Mär 2011, 23:23

Hallo Fritz-Ferdinand, du bist ja schon ein "alter Hase" hier im Forum. :mg:
Ich finde es gut, dass es religiöse Alternativen gibt. Ich für meine Person hab aber erst mal die Nase voll von organisierter Religion und Ehrenamtsarbeit. Hat mich ziemlich Kraft und Nerven gekostet in den letzten Jahren. Die Illusion von Gemeinschaft ohne Hintergedanken habe ich aufgegeben.
Ich glaube, dass irgendwann sowieso das Internet das "echte" Gemeindeleben ablösen wird. Die Gemeinden treffen sich heute fast auch nur noch zum Seniorenanchmittag, weil die älteren Damen noch keinen Pezeh haben und mit dem Telefon auch nur telefonieren können.
Eigentlich schade, man möchte ja gerne mal wieder über Gott und die Welt philosophieren, aber im echten Leben interessiert das keinen.

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Re: Naturalistische Religion

Beitragvon fritz-ferdinand » Sa 5. Mär 2011, 09:26

Hallo Stine,

jawoll, ich bin ein "alter Hase", schon über 50, obwohl du das wohl nicht gemeint hast. Und treffenderweise der Jüngste in unserem Kreis, das sagt ja schon manches :/

Dass in Zukunft das Internet das "echte" Gemeindeleben voll ersetzten kann, das kann ich mir einfach nicht vorstellen. Im Internet tauscht man sich über Ideen aus, und führt Diskussionen, aber sowas festliches ab und zu an einem Sonntagmorgen und dann Zusammensitzen und Schwätzen und das gemeinsame Liedchen zur Gitarre am Ende, das kann kein Internet ersetzen. Und mit der Zeit lernt man sich ja kennen, und macht ein paar andere Sachen zusammen.

Mich hat vor allem verblüfft, was für Ideen die "Alten" haben, und was sie noch alles auf die Beine stellen. Aber auch ganz praktische Probleme, wenn sie z.B. auf einmal kein Auto mehr fahren können, da kann man mal einspringen. Natürlich, sowas wie eine Familie oder so kann eine Gemeinde nicht ersetzten, aber ich will trotzdem nicht darauf verzichten. Insofern als der Gedankenaustausch in "körperlicher Anwesenheit" mit all seinen spontanen Reaktionen mir sehr viel bringt. Das hatte ich einfach lange vermisst. Zum Beispiel, zum Beispiel, habe ich gelernt, was der Umgang mit dem stetigen Verlust an Fähigkeiten für eine hochkomplexe und anspruchsvolle AUFGABE ist, der man sich mit zunehmendem Alter ganz bewußt und tatkräftig stellen muss, um nicht seine Lebenslust zu verlieren. Zugegeben, es gibt "jüngere" Themen.

Aber auch, und das ist gerade mein Denk-Thema, dass neue Gruppen wie z.B. die Neugründungen der säkularen Humanisten, sich wohl in erster Linie über Inhalte definieren, und sehr eifersüchtig die "reine Lehre" bewachen, um das mal ganz überspitzt zu formulieren, wohingegen alte Gruppen oder Organisationen immer die Tendenz haben, sich überzeugungsmäßig und aktivitätenmäßig aufzufächern, je mehr Personen hier oder da am Meinungsbildungsprozess teilnehmen bzw. teilgenommen haben. Bei bestimmten Gemeinschaften mit dem "einzig wahren Glauben" ist das ein ewiger Kampf gegen Abweichler und Putscher, was den Prozess aber nur dehnt, nicht zum Erliegen bringt. Aber bei uns ist Vielfalt ja ein konstituierender Faktor und insofern wird natürlich die Frage wichtiger, wie geht man dann miteinander um, ohne sich z.B. nur auf small talk oder backe backe Kuchen zu beschränken. Es ist die Frage nach gelebter Toleranz, aber auch deren Grenzen, die, wenn sie überschritten werden, zur Selbstzerstörung der Gemeinschaft führen. Das ist wie mit der Demokratie, die Demokratievernichtern gegenüber natürlich Grenzen setzen muss. Hoffentlich bin ich damit hier nicht im falschen Forum.

Zum anderen: Ich kenne das auch mit dem viel Energie ins Ehrenamt stecken, was insbesondere bei großen Organisationen zwar gern genommen, aber weniger gewürdigt wird. Ich habe da meine eigene Strategie entwickelt, nämlich nur das zu machen, wozu ich wirklich Lust dazu habe, und mich allem anderen rigoros zu verweigern, insbesondere irgendwelchen höheren Funktionärsämtern, auch wenn das als noch so "nötig" hingestellt wird. Dann ist das eher wie ein selbstbestimmtes Hobby, statt lästige Pflicht, unter der ich sicher erlahmen würde. Und dem Eigensinn hofiert man erstaunlicherweise mehr als der Aufopferung. :kg:

Und was die Hintergedanken betrifft, die du ansprichst, sag halt mal ein Beispiel, welche du meinst.

:up: Fritz-Ferdinand
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Re: Naturalistische Religion

Beitragvon stine » Sa 5. Mär 2011, 14:18

stine hat geschrieben:Und was die Hintergedanken betrifft...sag halt mal ein Beispiel...
Ich meine, es wird Arbeitskraft genutzt, die man sonst teuer bezahlen müsste.
So ein großer Interessensverein braucht Arbeiter ohne Ende. Wenn man sie für den Kern der Religion begeistern kann, dann tun sie, was man braucht für umsonst und ohne zu meckern. Ich geb das ja hier im Forum nicht gerne zu ( :wink: ), aber ich halte die Gebete und die Meditation zu Beginn und zum Abschluss von Sitzungen inzwischen für reine Gehirnwäsche und denke dabei ganz absichtlich an etwas Realistisches, weil ich meine kleinen grauen Zellen ungern vergewaltigen lasse.
Ich war auch schon häufiger zu Gast in freien Christengemeinden, die sich selbst nur über Spenden finanzieren und habe die Menschen dort als sehr liebenswert und außerordentlich ehrlich und hilfsbereit kennengelernt, aber bei den Predigern bin ich mir immer unsicher. Da bleibt stets der komische Beigeschmack, dass sie sich auf Kosten ihrer Anhänger das eigene Leben gut einrichten. Vielleicht muss das auch so sein, ich weiß es nicht. Schließlich muss der Mensch von was leben, aber sobald eine Hierarchie aufgebaut wird, gibt es Profiteure und ohne Hierarchie gibt es keine funktionierende Gemeinschaft.
Das hat noch nicht einmal was mit den Inhalten zu tun, sondern das ist gelebte Vereinsmeierei. Und die lehne ich sowieso ab.
Das ist auch in jeder Partei so, wo die fleißige Basis der Boden für die Spitzenverdiener ist. Auch hier ist Gehirnwäsche absolute Pflicht, weil man sonst seine Basis verlieren könnte.

Ob Religion eine Interessensgemeinschaft ähnlich den Kirchen braucht?
Ich war mir mal sehr sicher, aber inzwischen weiß ich es nicht mehr.

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