Gerade EHEC finde ich schon deshalb verunsichernd, weil es grundsätzliche Fragen dazu aufwirft, wie wir auf längere Sicht mit immer resistenter werdenden Keimen umgehen werden. Ich habe den Artikel nicht mehr zur Hand, es wurde entweder vor ein paar Tagen inder ZEIT oder SZ gesagt, dass der Vorgänger von EHEC ein recht einfach zu bekämpfender Keim namens EPEC war, der durch die seit den 1950ern steigenden Hygienestandards ausgerottet wurde. EHEC ist sozusagen der nächste Schritt in der Evolution und durch unseren exzessiven Konsum von Antibiotika haben wir diese Enstehung sicherlich auch noch mehr beschleunigt als nötig gewesen wäre.
Natürlich kann jeder, nicht ganz zu Unrecht, geißeln, dass wir wegen jeder neuauftretenden Miniepidemie alle gleich verrückt spielen. Andererseits hat sich in den letzten 20-30 Jahren die Globalisierung derart ausgeweitet, dass Seuchen sich lokal kaum mehr eindämmen lassen und oftmals deren Ursprung noch schwerer zu ermitteln ist, als das in Zeiten geringer Mobilität der Fall war. Insofern haben Krankheitsausbrüche in unserer vernetzten Welt schon eine andere Gestalt als das noch zu den Kindheitszeiten der Älteren hier der Fall war. Darüberhinaus ist auch klar, dass die Evolution irgendwann mal wieder einen Volltreffer landen wird. Mit AIDS ist ihr das schon weitestgehend gelungen, und wenn EHEC nicht die nächste Killerapplikation der Evolution ist, dann halt das, was nächstes Jahr kommt, oder übernächstes, oder in zehn Jahren. Es ist ein bisschen wie beim Terrorismus, der Angreifer hat beinahe unbegrenzte Versuche offen, die attackierte Gemeinschaft muss jedes Mal Glück haben.
Entscheidend wäre die Frage, was man dagegen tun kann. Wird auf Dauer die Genanalyse kombiniert mit roher Rechengewalt ermöglichen, Gegenmittel gegen jegliche Keime in kurzer Zeit zu entwickeln? Müssten Lieferketten noch strenger überwacht werden, oder steht da der Aufwand nicht mehr im Verhältnis zum Ergebnis? Müssen Hygienevorschriften noch deutlicher verschärft werden oder besser überwacht, wie mit der neuen Restaurantampel, oder schießen wir uns da nur selbst ins Knie, wie z.B. mit den offenbar unnötigen
Plastikhandschuhen an Frischetheken? Bekannt ist ja auch, dass Frauen mehr verschiedene Bakterienarten an den Händen haben, vermutlich deshalb, weil sie sich im Durchschnitt häufiger die Hände waschen als Männer. Beschleunigen wir also mit grundsätzlich eigentlich sinnvollen Verhalten am Ende die Evolution von Krankheitskeimen?
Ich denke, es sind gerade solche Widersprüche und offenen Fragen und die Unklarheit, durch welches Verhalten man sich am besten schützen kann, weshalb die Debatte derartige Auswüche animmt.