Keine Fantasie ist mehr wert als ein Menschenleben

Re: Keine Fantasie ist mehr wert als ein Menschenleben

Beitragvon stine » Do 8. Sep 2011, 21:38

Dass das Tier Mensch eine Kultur geistiger Art entwickelt hat ist auch ein natürlicher Prozess. Alles was innerhalb dieser Kulturen stattfindet, kann man weitläufig als natürlich ansehen, wenn du damit deinen Frieden hast.

Das ist aber immer noch nicht die Antwort auf meine Frage.
Ich denke auch nicht, dass ich an dieser Stelle weiter fragen werde, weil Betroffene immer wieder mit den selben Antworten kommen und sich Nichtbetroffene gerne raushalten, um Solidarität und Toleranz zu zeigen. Meine persönliche Meinung ist bekannt: Ich vermute dass es ein Schlüsselerlebnis in der Pubertät gibt, welches das sexuelle Verlangen in eine bestimmte Richtung lenkt.
Und wohlgemerkt: Ich spreche nicht von Liebe, weil lieben kann ich auch meinen Hund und trotzdem begehre ich ihn nicht :mg:

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Re: Keine Fantasie ist mehr wert als ein Menschenleben

Beitragvon Arathas » Do 8. Sep 2011, 22:19

stine hat geschrieben:Ich vermute dass es ein Schlüsselerlebnis in der Pubertät gibt, welches das sexuelle Verlangen in eine bestimmte Richtung lenkt.


Gab es so ein Schlüsselereignis bei dir? Bei mir nicht, soweit ich mich erinnern kann.
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Re: Keine Fantasie ist mehr wert als ein Menschenleben

Beitragvon stine » Fr 9. Sep 2011, 07:13

Filme, Bücher, Witze, Tuscheln unter Freundinnen...
Ich denke, das waren die prägenden Einflüsse.

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Re: Keine Fantasie ist mehr wert als ein Menschenleben

Beitragvon Arathas » Fr 9. Sep 2011, 07:16

stine hat geschrieben:Filme, Bücher, Witze, Tuscheln unter Freundinnen


So etwas nennst du Schlüsselereignis? ;-)
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Re: Keine Fantasie ist mehr wert als ein Menschenleben

Beitragvon stine » Fr 9. Sep 2011, 07:27

Es sind viele kleine Ereignisse und Eindrücke, die zielgerichtet den Menschen Stine formten.

=) stine
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Re: Keine Fantasie ist mehr wert als ein Menschenleben

Beitragvon Arathas » Fr 9. Sep 2011, 07:38

Ja, aber viele kleine Eindrücke, die einen Menschen formen, sind genau das Gegenteil des von dir konstituierten Schlüsselerlebnisses. Ich mein ja nur. =)
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Re: Keine Fantasie ist mehr wert als ein Menschenleben

Beitragvon njrwally » Fr 9. Sep 2011, 08:07

Nanna hat geschrieben:Ich bin kein Homophober und kein Rassist, ich diskriminiere niemanden und schließe niemanden wegen seiner Zugehörigkeit zu einer Minderheit aus, niemand hat das Recht mir gegenüber diesbezüglich Forderungen zu stellen.


Ok. Es tut mir leid, du bist nicht homophob. Ich verstehe, dass du mir nur helfen wolltest. Ich war nicht so gut drauf und habe entschieden gehabt, mir nichts mehr gefallen zu lassen. Ich glaube dir, dass du nicht homophob bist, trotzdem lebst du in einer Kultur, in der Homophobie für selbstverständlich gehalten wird. Daher kannst du nichts für deine homophobe Reaktion. Ich sehe mich aber verpflichtet, dir das bewusst zu machen.

Nanna hat geschrieben:Es tut mir leid, was dir passiert ist, aber was erwartest du von mir? Dass ich dich bemitleide? Ich kenne genug Leute, die eine schwierige Kindheit hatten, versucht haben sich umzubringen oder jahrelange Depressionen hatten, darunter auch zwei Homosexuelle. Um mich zu schockieren musst du schon mehr auspacken, als mich über gesellschaftliche Missstände zu informieren, deren Existenz mir bestens bekannt ist.


Ich weiß nicht, wie du jetzt drauf kommst. Was hat das eine mit dem anderen zu tun? Mach dir keine Sorgen um mich! Das brauche ich nicht! Mir geht's gut! Der Grund, warum ich diese Erfahrungen erzähle, ist natürlich nicht, dass ich bemitleidet werden möchte, sondern, dass man Menschen leichter sensibilisieren kann, wenn man von persönlichen Erfahrungen spricht. Ich will nicht, dass Leute mich sensibel behandeln, aber dass sie Homophobie als ein sensibles und ernstes Thema erkennen. Nur so kann man vermeiden, dass sich täglich Jugendliche und Erwachsene umbringen. Das Thema ist SEHR SEHR SEHR SEHR ernst. Es gibt gerade Millionen von Kindern, die viel lieber sterben würden, bevor irgendwer erfährt, dass sie nicht das sein können, was die Gesellschaft von ihnen verlangt.

Nanna hat geschrieben:Ich habe nicht gesagt, dass du abartig bist, ich denke das auch nicht und ich verbitte mir derartige Unterstellungen.


Ich habe auch nie geschrieben und auch nie verstanden, dass du gemeint hättest, ich wäre abartig. Lies aufmerksam bitte.
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Re: Keine Fantasie ist mehr wert als ein Menschenleben

Beitragvon njrwally » Fr 9. Sep 2011, 08:16

stine hat geschrieben:Dass das Wort "schwul" ein Schimpfwort ist, mag dich vielleicht stören, es gibt aber auch genügend andere Worte die genauso die heterosexuellen Menschen betreffen.

Welche Schimpfwörter betreffen ausschließlich Heterosexuelle? "Schwul" und "Schwuchtel" sind die häufigsten Schimpfwörter auf allen Schulhöfen in Deutschland und das hat als Folge, dass sich täglich Kinder das Leben nehmen!!!!!!!! Du willst nicht verstehen, wie schlimm das ist. Schau dir bitte diese nette Reportage über einen jungen Schwulen in einem deutschen Dorf: http://www.youtube.com/watch?v=P05A_Ogr2VY

stine hat geschrieben:Für mich ist das genauso eine Spielart der Natur, nur dass sie gesellschaftlich verpönt ist und unter Strafe steht.


Pädophilie findet man auch bei anderen Tieren, aber in der Wissenschaft sind sehr viele der Meinung, es sei eine Krankheit. Ich weiß nicht, ob das stimmt oder nicht, aber es muss unbedingt unter Strafe bleiben!
Es gibt Studien, die zeigen, dass Umerziehungsversuche erfolgreich sein können. Die Neigung kann man nicht ändern, aber ein großer Anteil ist fähig aufzuhören, das auszuleben, wenn ihnen bewusst gemacht wird, was sie für einen Schaden damit verursachen. Der einzige Weg dafür ist aber, dass man das enttabuisiert. Das wird aber lange dauern, wenn es überhaupt mal kommt.
Zuletzt geändert von njrwally am Fr 9. Sep 2011, 08:20, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Keine Fantasie ist mehr wert als ein Menschenleben

Beitragvon 1von6,5Milliarden » Fr 9. Sep 2011, 08:19

Arathas hat geschrieben:Also sprich bitte nicht von "natürlich", wenn du über Heterosexualität redest, weil du damit Homosexualität direkt als unnatürlich einstufst.
Mit "natürlich" sollte man ganz allgemein und insbesondere da aufpassen! Homophobie kann auch ganz natürlich sein, denn auch "gutes oder schlechtes Verhalten" ist nicht unnatürlich, Homophobie kann ganz einfach auch ein (natürliches) Gruppenverhalten sein, Außenseiter (wie auch immer zum Außenseiter geworden) werden bei allen sozialen Tieren auch abgelehnt. Und was ein Individuum zum Außenseiter macht ist sehr variabel. Nur weil es "primitive Kulturen" gibt bzw. von vergangene Kulturen es (angeblich) bekannt ist, dass dort Homosexualität zu keiner Ausgrenzung führt(e), ist es noch lange nicht bewisen oder belegt, dass Homophobie nicht auch eine Folge des ganz natürlichen (und eben gerade des natürlichen) Drangs zu Gruppenbildung und Ausgrenzung ist. Und nur unsere geistigen Fähigkeiten, unsere Kultur (die es zu entwickeln gilt) sollte diese natürlichen Dränge überwinden oder zumindest relativieren. Keine "harte Ausgrenzung" von Personen die mit ihrem Verhalten (was zur Ausgrenzung führen könnte) niemanden schaden (wie Arathas richtig differenziert hat).
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Re: Keine Fantasie ist mehr wert als ein Menschenleben

Beitragvon njrwally » Fr 9. Sep 2011, 08:33

mat-in hat geschrieben:Aus naturwissenschaftlicher Sicht sind mir keine Fälle von pädophilie (nicht verwechseln mit inzest!) außer dem Menschen in der Natur bekannt,


Das stimmt nicht! Das machen zum Beispiel Bonobos die ganze Zeit! Auch habe ich das bei Walrossen gesehen.

mat-in hat geschrieben: Weil wir nun mal nicht 100% von unseren Genen determiniert sind und unser Gehirn ziemlich komplex ist, da kann allerlei schief gehen.


Kein Säugetier ist 100% seinen Genen determiniert. Manche haben sogar ein komplexeres Gehirn als wir und sie halten dich vielleicht für genauso idiotisch, wie du sie hältst.

mat-in hat geschrieben:Allein das ich dir das erklären muß... entweder du bist ignoranter, als ich es für möglich gehalten habe oder du bringst das absichtlich in diesen Fehlkontext um homosexualität mit etwas zu assoziieren das negativ belegt ist. Beides nicht toll.


Das Problem ist hier der Heterozentrismus in dieser Kultur. Es kann nicht vermieden werden, dass alles, was in der Peripherie bleibt, für viele verschwimmt. Sogar bei Schwulen habe ich gemerkt, dass sie das so sehen. Deshalb will ich den Heterozentrismus durchbrechen! Um Menschen, auch "Heterosexuellen" das Leben einfacher zu machen.

Aber ich glaube da hast du mit njrwally den richtigen zum diskutieren getroffen, der ignoriert auch alle Argumente und jeder der nicht seiner Meinung ist, muß homophob sein...
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Re: Keine Fantasie ist mehr wert als ein Menschenleben

Beitragvon njrwally » Fr 9. Sep 2011, 08:44

Lumen hat geschrieben:Ich stelle die behaupteten Missstände im Umgang mit Homosexuellen wie sie hier geschildert wurden in Abrede. Wenn das so wäre, hätten wir nicht mehrere hochrangige homosexuelle Politiker, die ja von irgendwem gewählt werden müssen. [...] aber eine stetige Verbesserung der Situation seit mindestens 20 Jahren sollte erkennbar sein.


Es stimmt tatsächlich, dass es die Medien offener darlegen als früher und dass sich die Rechtslage sehr verbessert hat, aber Homophobie ist in den letzten 20 Jahren tatsächlich gestiegen! http://www.youtube.com/watch?v=GzUROJbBcRc
Solange es noch ein einzelnes Kind gibt, das sich Gedanken macht, sich deshalb das Leben zu nehmen (und davon gibt's jetzt gerade VIELE TAUSENDE [!!!!!!!!!!!] in Deutschland), kann man von sehr schlimmen Missständen sprechen.
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Re: Keine Fantasie ist mehr wert als ein Menschenleben

Beitragvon njrwally » Fr 9. Sep 2011, 08:52

stine hat geschrieben:Die Betroffenen werden schon wissen, warum sie sind, wie sie sind und wenn nicht, dann wollen sie es nicht wissen.


Ich glaube nicht, dass die Betroffenen so leicht wissen können, warum sie so sind. Warum bist du heterosexuell?
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Re: Keine Fantasie ist mehr wert als ein Menschenleben

Beitragvon njrwally » Fr 9. Sep 2011, 08:57

Arathas hat geschrieben:Es ist ziemlich egal, ob ein Mensch die Veranlagung zur Pädophilie hat oder es "angelernt" ist: Hierbei kommen andere Menschen zu Schaden, und allein das ist der Grund, warum Pädophilie nicht in Ordnung ist. Ob angeboren oder nicht.


Ich bin mit dir einverstanden, dass es egal sein sollte, warum man homo- oder heterosexuell ist, aber solange es noch für viele ein Tabu ist, halte ich es für gerechtfertigt, dass uns die Wissenschaft hilft, das zu naturalisieren. So können wir vielen Familien helfen, die damit nicht zurecht kommen können. Wegen Glauben oder anderer Gründe.

Was Pädophilie angeht, darf sie natürlich nicht akzeptiert werden, aber das die Hintergründe zu erforschen ist sehr legitim, weil es auch dadurch vielleicht vermieden oder verbessert werden kann. Ich finde es gut, dass sich die Gesellschaft Gedanken darüber macht.
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Re: Keine Fantasie ist mehr wert als ein Menschenleben

Beitragvon Arathas » Fr 9. Sep 2011, 09:02

njrwally hat geschrieben:aber Homophobie ist in den letzten 20 Jahren tatsächlich gestiegen!


Ich denke nicht, dass die Gesellschaft homophober geworden ist, sondern dass Homophobie, wie Homosexualität, heute offener zur Schau gestellt wird. Das eine bedingt das andere.

Klar hat sich früher niemand darüber mockiert, dass ein schwules Pärchen sich auf der Straße küsst. Weil das früher nicht so allgemein akzeptiert und toleriert wurde und deshalb auch viel seltener passierte. Und keiner kann sich über was aufregen, was nicht stattfindet ...
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Re: Keine Fantasie ist mehr wert als ein Menschenleben

Beitragvon njrwally » Fr 9. Sep 2011, 09:09

stine hat geschrieben: Meine persönliche Meinung ist bekannt: Ich vermute dass es ein Schlüsselerlebnis in der Pubertät gibt, welches das sexuelle Verlangen in eine bestimmte Richtung lenkt.


Wer weiß! Ich glaube aber, dass die Sexualität der Frau anders ist und vielleicht plastischer als die des Mannes. Vielleicht sieht du das deswegen so. Laut einer Studie tendieren Frauen generell zur Bisexualität, was ich auch in meiner Lebenserfahrung bestätigt habe, aber ich dachte immer es wäre kulturell bedingt, weil die Gesellschaft so patriarchalisch ist und von Männern mehr Männlichkeit verlangt wird als von Frauen Weiblichkeit. "Schwul" ist ja in Folge ein sehr häufiges Schimpwort. "Lesbisch" dafür keines. Deshalb haben Männer mehr Angst, bisexuell zu sein, es kann aber auch sein, dass die meisten von Natur aus nur in eine Richtung tendieren, was bei mir ganz sicher der Fall ist.
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Re: Keine Fantasie ist mehr wert als ein Menschenleben

Beitragvon njrwally » Fr 9. Sep 2011, 09:17

Arathas hat geschrieben:Ich denke nicht, dass die Gesellschaft homophober geworden ist, sondern dass Homophobie, wie Homosexualität, heute offener zur Schau gestellt wird. Das eine bedingt das andere.


Laut einer Studie sind genauso viele Menschen heute dagegen wie in den 70ern, aber das ist von der Migration bedingt. Deshalb muss man dringend in Schulen anfangen, Kindern abzugewöhnen, solche Schimpfwörter zu verwenden. Ich versuche es jetzt hier in Österreich. Ich habe schon ein Treffen mit einer Politikerin gehabt und werde mich sehr bald persönlich mit anderen treffen.
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Re: Keine Fantasie ist mehr wert als ein Menschenleben

Beitragvon Arathas » Fr 9. Sep 2011, 09:24

njrwally hat geschrieben:Deshalb muss man (...) Kindern abgewöhnen, solche Schimpfwörter zu verwenden


Glaube nicht, dass das erfolgversprechend ist. Den Leuten/Kindern was abzugewöhnen oder verbieten ist schwer bis unmöglich. Ich denke und hoffe eher, dass sich das Wort im normalen Sprachgebrauch von selbst in seiner Bedeutung wandelt. So wie "geil" heutzutage etwas anderes bedeutet als vor 20 Jahren und einfach nur noch "cool" oder "toll" heißt. Das Wort schwul ist doch nicht schlimm. Nur müssen das erst noch alle kapieren.
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Re: Keine Fantasie ist mehr wert als ein Menschenleben

Beitragvon Gernot Back » Fr 9. Sep 2011, 10:37

Arathas hat geschrieben:
njrwally hat geschrieben:aber Homophobie ist in den letzten 20 Jahren tatsächlich gestiegen!


Ich denke nicht, dass die Gesellschaft homophober geworden ist, sondern dass Homophobie, wie Homosexualität, heute offener zur Schau gestellt wird. Das eine bedingt das andere.


Also, vielleicht lebe ich hier in Köln ja auf einer Insel der Glückseligen, aber ich habe hier genau so wenig Probleme wie Heterosexuelle, wenn ich hier mal händchenhaltend oder küssend mit einem Geschlechtsgenossen durch die Stadt schlendere. Ich kann mich allerdings auch noch an Zeiten (frühe 90er-Jahre) erinnern, wo mein damaliger Lebensabschnittsgefährte und ich bei einem Besuch in dessen Heimat noch von der Dorfjugend (ich nenne es mal so, obwohl Nördlingen eigentlich eine Kleinstadt ist) noch übelst angepöbelt wurden.

Bei dir, Nicolas, unterstelle ich, dass du in deiner argentinischen Heimat noch viel mehr solcher diskriminierender und beleidigender Erfahrungen erlebt hast, weil sie dort aufgrund des immer noch vorherrschenden Machismo noch mehr an der Tagesordnung sind als hierzulande.

Ich denke nicht, dass Homosexuelle sich "zur Schau stellen", abgesehen vielleicht einmal von den inzwischen stark kommerzialisierten CSD-Paraden, bei denen es nur noch um Halli-Galli geht und kaum noch ein politisches Anliegen erkennbar ist. (Damit habe ich übrigens auch in Problem!) Homosexuelle nehmen sich heute einfach die Freiheiten, die auch Heterosexuelle wie selbstverständlich für sich in Anspruch nehmen. Aber auch für die war es noch in den Fünfziger- und Sechzigerjahren hierzulande alles andere als normal, in der Öffentlichkeit Zärtlichkeiten auszutauschen.

Ich überblicke ja nun schon einen etwas längeren Zeitraum schwulen Lebens in Deutschland und kann nur sagen, dass sich vieles auch in unserem alltäglichen Leben zum Besseren gewendet hat. Das ist allerdings kein Grund, sich als Schwuler nun zufrieden zurückzulehnen. Die erkämpften Freiheiten wollen ständig verteidigt werden und es ist ja auch rechtlich noch nicht jede Diskriminierung abgeschafft (man denke nur an das Ehegattensplitting und gemeinsame Adoption von Kindern).

In den Köpfen der Gesellschaft hat sich auch vieles entspannt. Sowohl bei der heterosexuell lebenden Mehrheit, als auch bei Schwulen und Lesben. Das ist vor allem dem Umstand zu verdanken, dass wir uns heute meist ohne Probleme zeigen und offen als Schwulen und Lesben auftreten können, was am Anfang, als das noch nicht üblich war, oft noch sehr verkrampft wirkte.

Das Wort "schwul" ist zwar heute unter Jugendlichen zu dem Standard-Wort geworden, um Geringschätzung gegenüber allem und jedem zum Ausdruck zu bringen (und das war vor 30 Jahren noch nicht so), aber das ist ja letztlich auch nur Ausdruck der allgemeinen Enttabuisierung von Sexualität in Verbindung mit der eigenen Unsicherheit, die Jugendliche in Bezug auf ihre sexuelle Identität in diesem Alter durchleben.

Mittlerweile haben schwule Jugendliche in Deutschland aber doch genug positive Vorbilder (welche Vorabend-Soap-Opera kommt denn z.B. eigentlich noch ohne schwule und lesbische ProtagonisInnen aus?), dass sie so etwas gut aushalten können. Ich kenne sogar schwule Jugendliche, die sich selbst so bezeichnen und dennoch sagen, irgendetwas sei "so schwul" wenn sie sagen wollen, dass sie es nicht cool finden. Die denken sich entweder noch nicht einmal etwas dabei oder machen dazu dann auch noch eine selbstironisierende exaltierte "schwule" Geste!

Ich bin mir unsicher, ob man hier vielleicht sogar auch sagen kann "... und das ist gut so!"

Locker bleiben!

Gruß Gernot
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Re: Keine Fantasie ist mehr wert als ein Menschenleben

Beitragvon Arathas » Fr 9. Sep 2011, 10:50

Gernot Back hat geschrieben:Das ist vor allem dem Umstand zu verdanken, dass wir uns heute meist ohne Probleme zeigen und offen als Schwulen und Lesben auftreten können


Genau das meinte ich übrigens mit "zur Schau stellen". Nicht diese Paraden usw. Einfach nur das öffentliche Auftreten.
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Re: Keine Fantasie ist mehr wert als ein Menschenleben

Beitragvon stine » Fr 9. Sep 2011, 12:29

Arathas hat geschrieben:Ja, aber viele kleine Eindrücke, die einen Menschen formen, sind genau das Gegenteil des von dir konstituierten Schlüsselerlebnisses. Ich mein ja nur. =)
Bei MIR gab es ja kein Schlüsselerlebnis.
njrwally zitierte:
njrwally hat geschrieben: „Früher hatte das ,Rumwichsen‘ nach dem Sport was völlig Normales“, bestätigt Christian Högl, Obmann der HOSI-Wien. „Heute weiß hingegen schon jeder 13-Jährige, dass das eine schwule Handlung ist.“
DAS sind Schlüsselerlebnisse. Hinzu kommt, dass was Verbotenes tun, den Adrenalinspiegel um ein vielfaches ansteigen lässt, es also einen größeren Kick gibt. Und wenn solche Erlebnisse noch VOR dem ersten sexuellen Kontakt mit dem anderen Geschlecht kommen, dann könnte das durchaus prägend sein.

njrwally hat geschrieben:Pädophilie findet man auch bei anderen Tieren, aber in der Wissenschaft sind sehr viele der Meinung, es sei eine Krankheit. Ich weiß nicht, ob das stimmt oder nicht, aber es muss unbedingt unter Strafe bleiben!
Es gibt Studien, die zeigen, dass Umerziehungsversuche erfolgreich sein können. Die Neigung kann man nicht ändern, aber ein großer Anteil ist fähig aufzuhören, das auszuleben, wenn ihnen bewusst gemacht wird, was sie für einen Schaden damit verursachen. Der einzige Weg dafür ist aber, dass man das enttabuisiert. Das wird aber lange dauern, wenn es überhaupt mal kommt.
@njrwally:
Dann kann man die sexuelle Ausrichtung also doch umerziehen, sofern sie nicht in die momentane Kultur passt? :lookwrong:
Bei den einen schon, bei den anderen nicht, oder wie?

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