Ist es falsch, sich Atheist/Bright etc. zu nennen?

Re: Ist es falsch sich Atheist / Bright etc. zu nennen?

Beitragvon Zappa » Fr 21. Okt 2011, 17:25

stine hat geschrieben: Der Mensch hat diese eingebaute Schwachstelle: Sein überzogenes (Selbst)Bewusstsein und damit den Drang nach einer Weltanschauung und letztlich auch die Vorahnung seines eigenen Todes.


Das sehe ich genauso, nur kann man da unterschiedliche Folgerungen draus ziehen. Zunächst einmal gebe ich Dir Recht, dass es etwas kurzgegriffen ist zu argumentieren "Man bist Du blöd, wenn Du religiös bist. Repariere gefälligst mal deine persönliche Schwachstelle und dann wird alles gut". Oft wird - auch hier im Forum - so argumentiert. Auf der Ebene kann dann der Gläubige argumentieren: "Selber Schwachstelle, Dir fehlt halt der Draht zu Gott". Auf der persönlich psychologisierenden Ebene kommt man schnell in eine Pattsituation.

Andererseits kann man die Erkenntnis, dass Menschen u.a. dazu neigen Kausalitäten zwanghaft zu suchen und lieber erfundene Geisterwesen akzeptieren, als mal zuzugeben, dass man die Ursache nicht kennt, oder das Menschen aufgrund Ihrer Unreife bei der Geburt einen autoritativ-abhängigen Wissenserwerb in der Jugend pflegen und sich oft aus dieser Abhängigkeit nicht mehr befreien können, für eine sachliche Kritik der Religion nutzen. Dennett hat das in für mich in nachvollziehbar guter Weise in seinem Buch "Den Bann brechen - Religion als natürliches Phänomen" getan. Platt gesagt: Wenn ich die Ursache für meine Gottesfürchtigkeit genau so kenne wie die Ursache für den Juckreiz unter meinen Achseln, dass verschwindet das "spirituelle" doch recht bald.

Es bleiben natürlich die sogenannten letzten Dinge, die sich menschlicher Erfahrung zumindest noch auf absehbare Bereich entziehen. Jemand der lernt auch mal mit ad hoc Thesen, Widerlegungen von solchen und auch Nichtwissen umzugehen, kann da meiner Meinung nach auch viel entspannter rangehen. Religion arbeitet ja demgegenüber leider (notgedrungen?) mit Setzungen, Dogmen, Ängsten etc. pp.
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Re: Ist es falsch sich Atheist / Bright etc. zu nennen?

Beitragvon melli79 » Fr 21. Okt 2011, 20:00

stine hat geschrieben:
Lumen hat geschrieben:Kurzum, den Schwachsinn von "Glauben respektieren" kaufe ich nicht. Dem Einbauen einer systematischen Schwachstelle in den gesunden Menschenverstand und ein Eingriff in die kritischen Fähigkeiten von Menschen muss vehement widersprochen werden.
Worin siehst du denn den Vorteil, wenn Menschen in ihrem Leben und Denken alleingelassen werden? Nur Lesen, Schreiben und Rechnen lernen ist dem Naturell Mensch einfach zu wenig.
Wieviele Menschen denkst du bräuchten einen Psychoanalytiker, einen Facharzt für Nervenleiden oder einen Therapeuten, wenn es die Religion nicht mehr gäbe? Wer kümmert sich um die so vielfach angezweifelte Seele?
Der Mensch hat diese eingebaute Schwachstelle: Sein überzogenes (Selbst)Bewusstsein und damit den Drang nach einer Weltanschauung und letztlich auch die Vorahnung seines eigenen Todes. Damit fertig werden zu können, ohne dabei verrückt zu werden, das hat die Religion bisher gekonnt abgedeckt.
Der Naturalismus hat gar keine andere Chance, als spirituell zu werden. Selbst im Materialismus steckt Spiritualität, wenn man ihn zu Ende denkt.


Vielleicht kommen wir hier doch noch zu einer erhitzten Diskussion. Ich stimme Lumen zu, dass die Religionen Schwachstellen in den ansonsten so natürlich neugierigen Geist junger Menschen einbauen. Ich kann ja verstehen, dass sich der Mensch auch mal nach einfachen Erklärungen und Trost für die Ungewissheiten des Lebens sehnt, aber doch nicht in uralten überlieferten offensichtlichen Fehlern. Ich denke, man sollte der modernen Kunst das Feld überlassen und nur dafür sorgen, dass die Künstler genügend Zugang zu den Wundern der modernen Wissenschaft haben. So wie die Gläubigen des Mittelalters vor den mystischen Bildern der Maler in den Kirchen staunten und erfurcht zeigten, können sie doch heute vor ansprechend gestalteten Bildern vom Kleinsten (Mikrobiologie, Nanotechnologie) bis zum Größten (Astronomie) in der Wissenschaft staunen (aber vielleicht nicht zu viel Ehrfurcht haben). Wenn ich die Schönheit der ``unbekannten Wesen'' aus dem Mikrokosmos sehe, tröstet mich das oft über die schmerzliche Erkenntis hinweg, dass mein Leben endlich ist und nicht im Himmel bei ``jenem höheren Wesen'' fortgeführt wird.

Es gibt zahlreiche Versuche, wissenschaftliche Modelle in Literatur und Filmhandlung umzusetzen – Science Fiction. Hoffen lässt mich, dass der gerade bei der jungen Generation so beliebt ist. Um schließlich auf den steigenden Bedarf nach Psychotherapeuten zurückzukommen, auch dafür haben Schriftsteller und Drehbuchautoren ein Mittel gefunden - die steigende Anzahl sozialer Filme, Selbsthilfebücher und dergleichen. Ich denke, dass im kritisch-ironischen Spiegel der Filmwelt den hilfebedürftigen Menschen weit besser geholfen ist, als mit dem Besuch ehrfurchteinflößender Kirchen, der Überdehnung 2000 Jahre alter Bücher, die zwar liebevoll vom Pfarrer auf das moderne Leben umgemünzt sind, trotzdem aber aus einem eher armseligen Ideenkreis auswählen (Gewalt, Unterwerfung, Vernichtung, blinder Gehorsam, ...).

Um zum Thema Bright oder doch besser Atheist zurückzukommen. Ich denke, dass der Standpunkt eines Brights einen wichtigen Schritt im Dialog gerade in einem religiös so überdefinierten Land wie den USA - ``one nation under god'' - bedeutet. Persönlich sehe ich aber den Atheismus als das längerfristige Ziel für die Gesellschaft. Da ich natürlich nicht missionieren will und Menschen mit einer gefestigten Meinung vom Gegenteil überzeugen will, bin ich dafür, dass man die Rolle der Religion(en) in der Erziehung der Kinder zurückdrängen sollte. So finde ich den Ansatz in Berlin begrüßenswert, das man Ethikunterricht (statt schulischem Religionsunterricht) für alle Kinder verpflichtend macht und dort Aufklärung gleichberechtigt und von einem neutralen Standpunkt über viele wichtige Religionen betreibt. Das ist besser, als es dem christlichen Pfarrer zu überlassen, den Kindern die Bibel einzubläuen und in nur einer Stunde über die Unterschiede des Islams zu berichten. Vielleicht sollte man so weit gehen, und Taufe vor dem 14. Lebensjahr verbieten und es ab diesem Alter jedem Jugendlichen selbst zu überlassen (ohne Bevormundung durch die Eltern), ob er getauft werden will. Letztendlich wird auch die Integration neuer Religionen, z.B. des friedlichen und privaten Islams, in die westliche Gesellschaft einfacher, wenn die Trennung zwischen Staat und Kirche weiter voranschreitet und es auch gesellschaftlich anerkannt ist, mal in eine Moschee, mal in eine Kirche und meistens aber ins Naturkundemuseum zu gehen.

Ich entschuldige mich für den langen Beitrag und wollte nur noch wiederholen, dass ich gerade im offenen Deutschland für die Bevorzugung des Begriffes Atheismus bin, aber gegen eine militante Auslegung dieses.

Schönes Wochenende
melli
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Re: Ist es falsch sich Atheist / Bright etc. zu nennen?

Beitragvon stine » Fr 21. Okt 2011, 20:19

Zappa hat geschrieben:Religion arbeitet ja demgegenüber leider (notgedrungen?) mit Setzungen, Dogmen, Ängsten etc. pp.
Nicht alle Religionen dürfen hier zusammengewürfelt werden. Es gibt durchaus Religionen, die ohne Dogma und mit dem Offenlassen der letzten Dinge an das Seelenheil rangehen. Es gibt auch inzwischen viele Theologen, die sehr interpretatorisch (gibts das Wort überhaupt?) an die biblischen Überlieferungen herangehen. Fakt ist, dass der Mensch auf der Suche war und ist.
Natürlich kann man mit dem Wissen, dass wir immer noch nichts wissen auch leben :wink: , aber wahrscheinlich reicht das den meisten nicht. Jemand, der sich zu den Brights bekennt, hat vermutlich auch eine ganz andere Denke, als jemand, der sich das Dogma seiner Kindheit bis ins Alter bewahrt. Menschen sind eben verschieden. Das ist wohl das einzige, was wir mit Sicherheit sagen können.
Ich meine, wer fällt heute noch auf Gewinnspiele herein? Wer schreibt noch blauäugig seine Adresse auf die Umfrage am Gewinnrad im Supermarkt? Wer glaubt noch wirklich an die Wahlversprechen der Politiker?
Hm? Wer?
Das ist doch letztlich alles das Selbe: Der Mensch will belogen sein, weil die Realität zu nüchtern und zu banal ist!

Ich würde sagen: Atheist zu sein und sich Bright zu nennen, schützt auch nicht vor all den anderen Dummheiten! :mg:

melli79 hat geschrieben: Wenn ich die Schönheit der ``unbekannten Wesen'' aus dem Mikrokosmos sehe, tröstet mich das oft über die schmerzliche Erkenntis hinweg, dass mein Leben endlich ist und nicht im Himmel bei ``jenem höheren Wesen'' fortgeführt wird.
Das sind spirituelle Gefühle einer neuen Generation! Aber diese Ehrfurcht hat auch nicht jeder aus sich selbst heraus. Religion sehe ich deswegen in der heutigen Zeit als das Heranführen an die Wertigkeit des Lebens überhaupt erst zu denken. Dogmen hin oder her, wenn nicht Religion, dann sollte es wenigstens Philosophie als Pflichtfach geben. Das tut es aber nicht und da ist mir ein aufgeschlossener Theologe als Diskussionspartner noch lieber, als ein atheistischer Besserwisser.

Übrigens: Das Mikrokosmos wartet nur darauf, dass sich unser Körper wehrlos ins Aus begibt. Das Leben geht weiter, auch unter der Erde! Alle Atheisten wissen das.

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Re: Ist es falsch sich Atheist / Bright etc. zu nennen?

Beitragvon Lumen » Sa 22. Okt 2011, 02:31

stine hat geschrieben:
Lumen hat geschrieben:Kurzum, den Schwachsinn von "Glauben respektieren" kaufe ich nicht. Dem Einbauen einer systematischen Schwachstelle in den gesunden Menschenverstand und ein Eingriff in die kritischen Fähigkeiten von Menschen muss vehement widersprochen werden.
Worin siehst du denn den Vorteil, wenn Menschen in ihrem Leben und Denken alleingelassen werden? Nur Lesen, Schreiben und Rechnen lernen ist dem Naturell Mensch einfach zu wenig.
Wieviele Menschen denkst du bräuchten einen Psychoanalytiker, einen Facharzt für Nervenleiden oder einen Therapeuten, wenn es die Religion nicht mehr gäbe? Wer kümmert sich um die so vielfach angezweifelte Seele?
Der Mensch hat diese eingebaute Schwachstelle: Sein überzogenes (Selbst)Bewusstsein und damit den Drang nach einer Weltanschauung und letztlich auch die Vorahnung seines eigenen Todes. Damit fertig werden zu können, ohne dabei verrückt zu werden, das hat die Religion bisher gekonnt abgedeckt.
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Ich behaupte nicht, das Menschen mit irgendwas "alleine gelassen" werden müssen. Menschen können sich umeinander kümmern. Was ich nicht verstehe, warum du und viele andere ganz selbstverständlich von einer notwendigen Institutionalsierung von privaten Emotionen ausgehen. Also von einer Art Behörde, die als zentrale Instanz das Gewissen und gewisse emotionale Zustände von Untergebenen verwalten soll. Das ist gerade der, offenbar noch immer unverstandende, Punkt warum ich bestimmte Ausprägungen der Religion für genuin totalitär halte. Gleichzeitig ärgert mich die Argumentation pro Religion in dieser Sache, wo von Gläubigen einfach frech das Zerrbild einer emotionslosen, kühl rationalen Welt entgegen gestellt wird.

Es geht gar nicht um Emotionen haben, sich kümmern, mitfühlen und austauschen usw. sondern inwiefern Emotions-Kontroll-Behörden gebraucht werden, die aus dieser Tätigkeit stets Macht abgeleitet und missbraucht haben. Das heißt die Argumentation selbst von Gläubigen fühlt sich unehrlich und manipulativ an, was der Hauptgrund schlechthin für mich ist, Religiöse mit jedem weiteren Vorfall as moralisch korrupt einzustufen.

Menschen glauben ständig irgendetwas und sind ständig in nachweislich unrichtigen Denkmustern verhaftet, da sind alle Menschen gleich. Das Problem ist nicht eine individuelle Ansicht, Weltbild, Glaube, sondern der Versuch der Gleichschaltung mittels Emotions-Kontroll-Behörde. Im Kontrast dazu ist die Konsensbildung durch Wissenschaften, oder Demokratie etc.
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Re: Ist es falsch sich Atheist / Bright etc. zu nennen?

Beitragvon Nonsens² » Sa 22. Okt 2011, 06:35

stine hat geschrieben: Es gibt auch inzwischen viele Theologen, die sehr interpretatorisch (gibts das Wort überhaupt?) an die biblischen Überlieferungen herangehen. Fakt ist, dass der Mensch auf der Suche war und ist.


Was sucht ein Mensch, der daran glaubt, dass das was er in einem meist weit über 1000 Jahre alten Buch liest und/oder was ihm die dazugehörigen, eben so alten Glaubens-Institutionen sagen, die Wahrheit in ihrer reinsten Form ist?? (so unglaublich rein in der Tat, dass einige Menschen sie natürlich für wesentlich reiner halten als die, der jeweils anderen Bücher u. Institutionen...).
Und das Hauptbestreben besagter Glaubens-Institutionen liegt natürlich darin, den Menschen weiter glauben zu lassen,dass ihre Wahrheiten die einzig wirklich wahren sind, da dies schließlich die Quelle ihres Einflusses und somit ihre Machtgrundlage ist. (...und wer verliert schon gerne an Macht und Einfluss? Besonders wenn diese so dermaßen gewaltig sind, dass sie in fast jedem Bereich des Lebens irgendwie präsent sind.)
Was sucht also ein solcher Mensch? Die Wahrheit?!? ...Warum sollte er? Er glaubt doch fest daran, sie schon zu kennen... und er wird in diesem seinen Glauben von hunderten, tausenden, millionen und teilweise milliarden anderen Menschen quasi täglich bestätigt. (frei nach dem Motto:"Leute fangt an Kot zu essen, 100 Milliarden Fliegen können nicht irren!")

Es stimmt natürlich vollkommen, dass fast alle Menschen in ihren Leben schonmal auf der Suche nach Wahrheit, tieferem Sinn, Bestimmung, Liebe (in welcher Form auch immer) usw. waren, es noch sind oder sein werden. Nur leider ist die Suche nach all diesen großen/schönen Dingen eine in vielerlei Hinsicht sehr anstrengende, niemals endende Suche.
Ich persönlich bin (und ich möchte fast wetten, einige Andere auch) sehr froh darüber , dass diese Suche wohl niemals enden wird, weil ich neuen Erkenntnisse, neuem Wissen, neuem Sinn usw. so positiv gegenüber stehe, dass ich die mit der Suche danach verbundenen Anstrengungen nicht scheue, sondern hinnehme und versuche daran zu wachsen. (...selbst wenn es manchmal bei dem Versuch bleibt... :loser: )
Da meine positive Haltung/Meinung zu dieser "Suche" aber bei weitem nicht für alle Menschen (...realistisch betrachtet, wohl eher für die wenigsten...) gilt, wird es wohl immer (viele) Menschen geben, die sich, aus welchen Gründen auch immer (wobei wahrscheinlich meist die Furcht vor Veränderung/dem Ungewissen eine Rolle spielen werden), GEGEN diese Suche entscheiden, ob nun von Anfang an oder ab einem gewissen Punkt.
Diese Menschen nehmen das, was sie für eine Abkürzung zum Ende ihrer Suche halten und tauschen doch nur ihr aktives Suchen gegen das passive VER-harren in einer ihnen diktierten Scheinwahrheit ein, auf der sie dann vehement BE-harren. (Was sehr vielen Menschen scheinbar sehr gut gefällt)
Außerdem wird es immer Menschen geben die niemals auf die Idee kommen (können) nach anderen Wahrheiten zu suchen, weil sie von klein auf indoktriniert werden und so die jeweilige Doktrin als die einzige Wahrheit ansehen.

Eine Glaubens-Institution/Religion wie wir sie kennen, könnte garnicht existieren geschweige denn funktionieren, wenn ALLE Menschen FREI nach ihren eigenen Wahrheiten, ihrem eigenem Wissen und ihrem eigenen Sinn suchen und danach leben könnten/dürften/würden.
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Re: Ist es falsch sich Atheist / Bright etc. zu nennen?

Beitragvon stine » Sa 22. Okt 2011, 13:14

Lumen hat geschrieben:Gleichzeitig ärgert mich die Argumentation pro Religion in dieser Sache, wo von Gläubigen einfach frech das Zerrbild einer emotionslosen, kühl rationalen Welt entgegen gestellt wird.
Das darf dich auch ärgern, allerdings ist das doch nicht die Regel? Wer behauptet denn das?
Wenn du Religiöse fragst, dann sagen sie nicht aus, dass Nichtreligiöse schlechtere Menschen wären, die Aussage ist, dass Nichtreligiöse viel verpassen, praktisch nicht die ganze Fülle der menschlichen Möglichkeiten mit ins Boot nehmen. Sie denken, wer nur Realist ist, verpasst etwas im Leben! Ich denke, das ist die Kernaussage Religiöser.

Im Umkehrschluss macht es Religiöse aber selbst auch traurig und zornig, wenn Nichtreligiöse immer nur auf dem Weltkirchentum herumreiten, wenn von Glaube die Rede ist. Religion ist wesentlich vielfältiger als Islam und Christentum.

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Re: Ist es falsch sich Atheist / Bright etc. zu nennen?

Beitragvon mat-in » Mo 24. Okt 2011, 18:20

Wenn die Naturwissenschaft bestimmt was gut ist für den Mensch, ist es eine kühle, emotionslose Welt voller mathematisch gesteuerter Roboter (siehe: "We" von Yevgeny Zamyatin oder "Brave New World"). Das die Wissenschaft sich aber unter umständen damit beschäfitgt, was Emotionen sind, warum der Mensch sie braucht und wie... und wir dadurch erst zu unserem heutigen Verständniss gekommen sind...
Genauso verhält es sich immer wieder mit den Vorwürfen gegenüber Atheisten. Wenn die bestimmen was gut ist für den Menschen, dann vergewaltigen wir vor dem Mittagessen mal schnell die Arbeitskollegin, weil uns danach ist und wir ja keine Regeln und Moral mehr haben. Das die größten Errungenschaften unserer Gesellschaft (Demokratie, Gleichberechtigung, Meinungsfreiheit, ...) keine religiösen Errungenschaften sind.....

Etwas persönlicher: So wie meine Oma dachte das ich als Vegetarier "nur noch Kartoffeln, Reis, Nudeln und Salat" (also die Beilagen) essen werde, hat es auch eine ganze Weile gedauert sie zu überzeugen, daß ich auch "ohne Gott" ein guter Mensch sein kann und ich mich nicht "von Gott abwende, weil ich böse geworden bin", sondern "Gott mir einfach egal ist". Sie ist RK aber sicher nicht der religiöseste Mensch. Liegt aber vielleicht daran, das religiöse - neben vielen anderen Dingen auch erzählt bekommen, daß alles was nicht-christlich oder nicht-islamisch oder nicht-wasweisichwassig ist böse ist.

Natürlich werden die Vorwürfe bizarrer, je mehr die Leute in ihrer eigenen kleinen "Realität" wohnen, aber sie sind ohne Zweifel vorhanden.
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Re: Ist es falsch sich Atheist / Bright etc. zu nennen?

Beitragvon stine » Mo 24. Okt 2011, 19:12

mat-in hat geschrieben:Liegt aber vielleicht daran, das religiöse - neben vielen anderen Dingen auch erzählt bekommen, daß alles was nicht-christlich oder nicht-islamisch oder nicht-wasweisichwassig ist böse ist.
Mir scheint, das ist die einzige religiöse Wahrheit, die Atheisten zu kennen glauben. Warum nur sonst würde die ständige Entschuldigung: "...ich bin Atheist und bringe trotzdem niemanden um", nur immer wieder ins Feld gebracht?
Ich sagte es schon: Nicht das Erkennen der fälschlichen Annahme, dass Gut oder Böse die Eigenschaften sein müssten, die Religiöse oder Nichtreligöse pauschal auszeichnet, ist die Mauer, sondern es ist das Gefühl des Getragenwerdens und das unumstoßliche Vertrauen, das aus dem Glauben erwachsen kann und den Gläubigen im Leben begleitet, das, was ein Realist nicht spüren kann, das trennt die beiden Weltanschauungen weit mehr, als die Moral. Ein Realist ist realistisch und es trägt ihn nichts, was nicht da ist. Ein Religiöser käme sich verlassen vor, müsste er seinen Beschützer in der Realität zurücklassen.

stine hat geschrieben:Wenn du Religiöse fragst, dann sagen sie nicht aus, dass Nichtreligiöse schlechtere Menschen wären, die Aussage ist, dass Nichtreligiöse viel verpassen, praktisch nicht die ganze Fülle der menschlichen Möglichkeiten mit ins Boot nehmen. Sie denken, wer nur Realist ist, verpasst etwas im Leben!
In meiner Familie gibt es zur Hälfte Atheisten und ich bin mir nicht sicher, ob sie damit glücklicher sind, als die Hälfte der Familie, die sich ein bisschen Glauben bewahrt hat.

Um zu der Ausgangsfrage zurückzukommen: Es ist sicherlich nicht taktisch abzuwägen, ob man sich als Atheist, Bright oder Humanist bezeichnen sollte, sondern man sollte einfach nur bei der Wahrheit bleiben. Dazu gehört aber auch, dass sich ein offizieller Atheist auch mal dazu bekennen darf, dass er auch hin und wieder nach ein wenig Spiritualität verlangt.
Ich denke, dass davon niemand ganz befreit ist. Oder täusch ich mich? :wink:

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Re: Ist es falsch sich Atheist / Bright etc. zu nennen?

Beitragvon Arathas » Do 22. Dez 2011, 08:09

stine hat geschrieben:In meiner Familie gibt es zur Hälfte Atheisten und ich bin mir nicht sicher, ob sie damit glücklicher sind, als die Hälfte der Familie, die sich ein bisschen Glauben bewahrt hat.


Man ist ja auch nicht Atheist, um damit glücklicher zu sein. Ich könnte z.B. auch glücklicher sein, wenn ich mir einredete, dass Harry Potter real sei und irgendwann ein Zauberer vor meiner Tür steht, um mich zum Hogwarts-Express zu bringen. Ich wäre nämlich sehr gerne ein Zauberer. :mg:

Aber wenn ich nunmal die Wahl habe, glücklicher zu sein mit etwas Ersponnenem, oder ein wenig weniger glücklich mit dem Istzustand der Realität, nehme ich lieber die Realität.

Adieu, Hogwarts. :abschied:
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Re: Ist es falsch, sich Atheist/Bright etc. zu nennen?

Beitragvon mat-in » Do 22. Dez 2011, 13:24

Da freuen sich die Wildschweine, das sie keine Warzen mehr haben...

Ich habe immer mehr das Gefühl, daß Glück eine Frage von "nicht denken" ist, zu mindest oft. Je mehr man denkt, desto mehr fragen hat man und desto unwahrscheinlicher ist es, daß man die auf sich beruhen lassen kann...

Zurück zum Thema:
Nein, Atheist sollte man sich sogar nennen (gut, vielleicht nicht auf dem Basar in Kairo, aber sonst...).
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Re: Ist es falsch, sich Atheist/Bright etc. zu nennen?

Beitragvon Celtic » Do 22. Dez 2011, 17:02

mat-in hat geschrieben:Zurück zum Thema:
Nein, Atheist sollte man sich sogar nennen (gut, vielleicht nicht auf dem Basar in Kairo, aber sonst...).


Das Dilemma dabei ist, daß ich mit der Bezeichnung "Atheist" ja nur zum Ausdruck bringe, was ich nicht glaube. Ich kann mich - sachlich völlig korrekt - auch als Nicht-Muslim bezeichnen, aber solche Negativ-Bezeichnungen sagen nur sehr wenig über mich und mein Weltbild aus. Deshalb ziehe ich positive Bezeichnungen wie z.B. "Naturalist" vor.
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Re: Ist es falsch, sich Atheist/Bright etc. zu nennen?

Beitragvon Arathas » Fr 23. Dez 2011, 08:52

Nur dass ein Atheist noch lange kein Naturalist ist (auch wenn der Weg kein weiter ist).
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Re: Ist es falsch, sich Atheist/Bright etc. zu nennen?

Beitragvon mat-in » Fr 23. Dez 2011, 09:59

Ich verwende das hauptsächlich in Gesprächen die auf Gott kommen, da paßt Atheist schon. Grenzt sich auch schon ab, da man dem Naturalisten ja noch den ein oder anderen Glauben vorwerfen kann ;)
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Re: Ist es falsch, sich Atheist/Bright etc. zu nennen?

Beitragvon Darth Nefarius » Mo 26. Dez 2011, 13:00

Ja, hatten wir das Thema nicht schon irgendwo anders diskutiert? Falsch ist es auf jedenfall nicht, nicht im juristischen und auch nicht im rhetorischen Sinne. Ich nenne mich nicht Naturalist, habe auch schon geschrieben, warum (Stichwort "Naturler" :titten: ). Sich erstmal von einer unlogischen Haltung zu distanzieren ist besser, als irgendeine andere einzunehmen, nur um irgendeine einnehmen zu müssen. Atheist impliziert auch ohnehin bestimmte Dinge, auch wenn das hier einige anders sehen. Für mich impliziert der konsequente Atheismus auch einen gewissen Nihilismus und Empirismus. Mir wird niemals die Assoziation mit Esoteriker oder Satanist kommen (was schon einige eingeworfen haben), das ist Nonsens.
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Re: Ist es falsch, sich Atheist/Bright etc. zu nennen?

Beitragvon 1von6,5Milliarden » Mo 26. Dez 2011, 15:19

Darth Nefarius hat geschrieben: Mir wird niemals die Assoziation mit Esoteriker oder Satanist kommen (was schon einige eingeworfen haben), das ist Nonsens.
Ja, da hast du recht. das ist Nonsens. Denn es interessiert bei der Auswirkung weniger was du dir denkst, sondern was die anderen denken.
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Re: Ist es falsch, sich Atheist/Bright etc. zu nennen?

Beitragvon Darth Nefarius » Di 27. Dez 2011, 11:03

Oh, da habe ich wohl schon einen Fan, was? Dein Ton ist ja schon so richtig super, aber ich nehme mal an, dass man dass zu jedem Kommentar hier schreiben könnte, das macht jede Diskussion überflüssig. Es stimmt schon, manche Dorftrottel mit der Bibel unterm Kopfkissen würden vielleicht Atheist mit Satanist assoziieren, aber auf jeden Fall nicht mit Esotheriker, sie wüssten mit einem solchen Begriff nichts anzufangen. Und falsch wird es dadurch trotzdem nicht, sich so zu nennen; ich assoziiere Religion mit Faschismus, trotzdem bedeutet Religion "theoretisch" etwas anderes. Und meinetwegen kann der Dorftrottel wieder die Hexenverbrennung fordern, er wird nur bei entsprechender Aggression im Gefängnis landen. Dass der Begriff Atheist manchen Angst einjagt, finde ich nicht so schlimm, sobald sich ein anderer Begriff etabliert, wird eben dieser Angst einjagen. Soetwas beobachtet man oft, irgendwann ist aus "behindert" auch ein Schimpfwort geworden, irgendwann wird der entsprechende Anglizismus auch nicht mehr mit Golf assoziiert werden. Falsch ist es also nicht, man sollte nur um seiner selbst willen, darauf verzichten, seine Haltung zu verraten (tue ich manchmal auch).
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Re: Ist es falsch, sich Atheist/Bright etc. zu nennen?

Beitragvon webe » Mo 23. Jan 2012, 21:26

Ich mag die Bezeichnung Atheist, die meines Wissens vom Altgriechischen stammt und gottlos oder ohne Gott heisst. In Deutschland ist ein Outing in dieser Richtung akzeptierd. Erklärungsnöte bei der Entstehung des Universiums und des Menschen haben eher die Religiösen, da ihr Glauben zustark vermenschlicht wurde.
Was die Religiösen stark macht, ist ihre Struktur und die Nähe einzelner Mitglieder zur Politik: Letztendlich ihre daherrührende Macht über Jahrzehnte,Jahrhunderte.

Es gibt leider für den Atheismus keine grosse und mächtige Gewerkschaft oder ähnliches, wie bei den Religiösen. Also kein ernstzunehmenderLobby in Berlin!

Es ist so wenig falsch, sich Atheist, Bright etc. zunennen, wie sich zum Vegetarierer zubekennen; es sei denn, man macht Geschäftsabschlüsse mit den Religiösen!
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Re: Ist es falsch, sich Atheist/Bright etc. zu nennen?

Beitragvon mat-in » Di 24. Jan 2012, 08:31

Ja, es fehlt ein reicher Gönner, der eine "gottlose" Studienstiftung ins Leben ruft und ähnliche Dinge. Die Kirchen sponsern Forschung, Studenten, (Politiker?).
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Re: Ist es falsch, sich Atheist/Bright etc. zu nennen?

Beitragvon Darth Nefarius » Di 24. Jan 2012, 09:10

[MOD]Unnötiges Vollzitat des kompletten Vorbeitrags entfernt, 1v6,5M[/MOD]
? Wenn etwas die Stiftung, in der du bist, haben sollte, dann doch wohl Geld, oder? Mit der Brono Giordani (oder wie auch immer die heisst) sollte sich doch etwas machen lassen?! Hat sie keine Eisen im Feurer in diesen Bereichen?
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Re: Ist es falsch, sich Atheist/Bright etc. zu nennen?

Beitragvon mat-in » Di 24. Jan 2012, 12:37

Ich beziehe da mein Wissen aus einem Nebensatz und verstreuten Indizien, das ist keine offizielle Aussage!

Die 6 Stipendiaten der Stiftung (nicht: Studenten denen die Stiftung ein Studium bezahlt, sondern Leute die sie sich leistet: Eine Fotografin, die Vorsitzende des Zentralrates der Ex-Muslime, eine frau für die PR, eine Frau für das Forum und die Website, ...) bekommen "etwa ein halbes Pfarrergehalt" und keine weiteren Stellen drin sind um mich zu fördern - als erster Satz, noch bevor ich fragte... und wenn das Rundschreiben mit dem Jahresbericht mit einer Entschuldigung beginnt, daß man es nicht persönlich unterschrieben hat weil man mit reinen Drucksachen viel Porto spart...

...dann habe ich schon das Gefühl das es anders finanziert ist als das Cusanuswerk (1100 Stipendiaten in Deutschland) oder Tempelton Foundation die mit 70 millionen pro Jahr Forschung "fördern".
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