Teh Asphyx hat geschrieben:Moral soll also jetzt mal wieder die Lösung sein? Ich frage mich nur wie …
chulinn hat geschrieben:Teh Asphyx: Moral soll also jetzt mal wieder die Lösung sein? Ich frage mich nur wie …
Der Ansatz ist doch eindeutig beschrieben: Wenn man eine Methode findet wie man die Auswirkungen auf das Gemeinwohl messen kann, dann ist die Einführung einer Gemeinwohl-Ökonomie nur konsequent.
mat-in hat geschrieben:Weil? Du keine Lust hast drüber nachzudenken?
Teh Asphyx hat geschrieben:Ähm, nein, weil ich mir im klaren darüber bin, dass bisher jeder Versuch, ein Gemeinwohl zu definieren in eine Form des Totalitarismus ausgeartet ist
Teh Asphyx hat geschrieben:
Das Einzige, was meine Ansicht nach sinnvoll ist, ist zu ermöglichen, dass jeder Menschen (und auch Gruppen) die Möglichkeit hat(haben), sein(ihr) Wohl selbst herbeizuführen.
chulinn hat geschrieben:Kennst Du Bhutan? Die sind noch nicht in den Totalitarismus abgerutscht und ich denke sie können das vermeiden. Ich bin mir völlig im Klaren das die meisten "Versuche" sich nach einem vermeintlichen Gemeinwohl auszurichten grandios gescheitert sind bzw. billige Feigenblätter für die Errichtung einer Diktatur waren. Insofern ist die Skepsis mehr als berechtigt. Mir geht es aber nicht um eine große Revolution zur schlagartigen Änderung der Gesellschaft. Man sollte jetzt sich überlegen wie man einzelne Aspekte zur Förderung des Gemeinwohls umsetzen könnte. Und vor allem nach der Umsetzung muss man auch genau prüfen ob die Maßnahmen auch gefruchtet haben.
chulinn hat geschrieben:Und was ist wenn es sich bei der Gruppe um die Bevölkerung eines Landes handelt? Dann gibt es mehr Meinungsverschiedenheiten, also die Abstimmung wird wesentlich komplexer, aber das Prinzip bleibt das Gleiche.
chulinn hat geschrieben:Gibt es bei dem von Dir bevorzugten Ansatz auch konkrete Beispiele oder Ansätze u.ä. was zu tun ist? Ich will ja nicht drängeln, aber so wie es zur Zeit aussieht wird es wohl nicht reichen in ein oder zwei Jahren eine große Währungsreform durchzuführen und alle sind wieder glücklich.
Teh Asphyx hat geschrieben:Ich finde halt einfach Gemeinwohl unmöglich zu definieren, da es immer auf etwas totalitäres hinausläuft, ...
Nanna hat geschrieben:Mal davon abgesehen, dass "totalitär" natürlich gleich signalisiert, dass es um etwas ganz ganz Böses geht - warum ist die (sowieso nur partielle!) Ausrichtung einer Gesellschaft an kollektiven Interessen gleich nochmal normativ verwerflich? Freiheit ist gut, Anpassung ist schlecht, Hierarchien sind vom Teufel... ist das nicht eine unheimlich simplifizierende und utopisierende Prämisse?
Teh Asphyx hat geschrieben:Du simplifizierst gerade und zwar enorm!
Teh Asphyx hat geschrieben:Es ist deswegen verwerflich, weil es kein gemeinsames Interesse aller gibt, also sollte man dafür sorgen, dass jeder so gut wie möglich seine individuellen Interessen verfolgen kann, ohne dass andere dabei beeinträchtigt sind, ihre Interessen verfolgen zu können.
Teh Asphyx hat geschrieben:Außerdem braucht eine offene Gesellschaft Utopien, um sich bewegen zu können, ist auch bei Karl Popper, Hans Albert und anderen nachzulesen.
Teh Asphyx hat geschrieben:Nenne Du doch mal ein paar Gründe, warum die etablierten Hierarchien gut sein sollen, anstatt mir einfach nur vorzuwerfen, dass ich was daran auszusetzen habe. Das ist nämlich absolut kein Argument.
Teh Asphyx hat geschrieben:Lies bitte genau, was ich schreibe und wenn was unklar ist, frage nach, aber unterstelle mir nicht irgendeinen Mist, weil Du von dem einen auf das andere schließt.
Nanna hat geschrieben:Jedesmal, wenn ich zusammen mit anderen Leuten in die S-Bahn (kollektives Verkehrsmittel) steige, […] dass unsere Zivilisation im Großen und Ganzen auf der Wahrung kollektiver Interessen angewiesen ist.
Nanna hat geschrieben:Dein "andere Interessen dürfen nicht verletzt werden"-Disclaimer klingt in dem Zusammenhang übrigens gut, ist aber auch ein Gummiparagraph, denn wer entscheidet denn bei Interessenkollision, welches Interesse vorzugehen hat (schau mal z.B. in den Organspende-Thread, da siehst du ganz gute Beispiele für kollidierende Interessen (Gandalf/stine betrachten schon eine simple Frage nach der Spendebereitschaft als Eingriff in die Privatsphäre, der Rest sieht die Interessen der Organbewerber verletzt, wenn nichtmal minimaler Entscheidungsdruck aufgebaut werden darf))?
Nanna hat geschrieben:Im schlimmsten Fall müssen sich alle permanent zurückhalten, weil irgendeine Minderheit sich auf bizarre Weise in ihren Rechten verletzt sieht. Ein Beispiel wäre die Forderung marginaler Religionsgruppen nach einem eigenen Religionsunterricht an den Schulen, aber es gäbe auch andere Beispiele, falls du ein Schulsystemargument wegen deiner erziehungstechnischen Einstellung nicht gelten lassen willst.
Nanna hat geschrieben:Ähnliche Beispiele wären Schwarzfahrer und zahlende Fahrgäste […] aber im Grunde geht es um logisch ähnlich strukturierte Konflikte.
Nanna hat geschrieben:Natürlich kannst du behaupten, dass vielleicht gar nicht alle mit der Bahn fahren wollen, der Einsiedler von der Alphütte z.B. nicht, wobei der trotzdem Steuern zahlt, die indirekt die Bahn mitfinanzieren. Das wäre dann radikale Habermas'sche Diskurstheorie: Wenn du nicht alle gefragt hast, kannst du keine allgemeinen Standards definieren. Ok, das wäre dann vom akademisch-theoretischen Standpunkt tatsächlich korrekt, für die lebenpraktische Umsetzung aber völlig irrelevant.
Nanna hat geschrieben:Das von dir vielgelobte Internet ist da natürlich ein dankbarer Kandidat, weil mit geringsten Ressourcen mehr Räume und Handlungsmöglichkeiten erzeugt werden können, als annähernd aufbrauchbar. Das relativiert sich aber, wenn ich neben dem Rechner meinen ans öffentliche Gasnetz angeschlossenen Heizkörper aufdrehe.
Nanna hat geschrieben:Überall da, wo es potentielle Ressourcenkonflikte gibt und das ist halt nunmal nicht nur in Subsaharaafrika, […] Das kann man nicht wegabstrahieren.
Nanna hat geschrieben:Ich schätze die Herren, […] dass jeder dabei Kompromisse machen müssen wird und dass es manche dabei mehr trifft als andere.
Nanna hat geschrieben:Ich studiere Politikwissenschaft, da gewöhnt man es sich an, Gesellschaftsentwürfe kaltherzig zu zerlegen.
Nanna hat geschrieben:Der Vorteil der bestehenden Herrschafts- und Gesellschaftssysteme ist dabei, […] muss es da früher oder später durch, also warum nicht früher mit der Kritik beginnen?
Nanna hat geschrieben:Ich kann dir gerne sagen, was an "etablierten Hierarchien" so alles vorteilhaft sein könnte, wenn du mir sagst, was du damit meinst.
Nanna hat geschrieben:Ich sehe nämlich ehrlich gesagt gar nicht, inwiefern unsere Gesellschaft nicht längst ein Rhizom ist. […] Ich verteidige gar nicht so sehr "etablierte Hierarchien", es ist mehr so, dass ich mir nicht sicher bin, ob dein Feindbild stimmig ist.
Nanna hat geschrieben:Genausowenig schafft das Rhizommodell Hierarchien ab, es stellt sie lediglich anders dar oder entzerrt sie an manchen Stellen (was ja durchaus begrüßenswert sein kann, keine Frage!). Du steckst zu viel Erwartung in dieses Modell, wahrscheinlich ist es das, was ich etwas Widerspruch provozierend finde.
Nanna hat geschrieben:Außerdem hatte ich dich schon hier und da gebeten, etwas mehr Zusammenhänge zu erläutern.
Teh Asphyx hat geschrieben:Richard David Precht scheint ja zum Beispiel der Ansicht zu sein, dass weniger Vielfalt bei der Nahrung dem Gemeinwohl dient und verwechselt dabei auch noch Freiheit und Vielfalt und will damit begründen, warum zu viel Freiheit nicht gut ist. Das peinliche Video, das auch noch durch Zwangsgeld finanziert ist, gibt es hier: http://www.youtube.com/watch?v=bY6s23aX5rY
Klar, er ist DDR-Fan und da hatte man solche Ansichten, aber die Gefahr ist halt immer wieder da, dass wenn das Allgemeinwohl in seiner Definition über die wenigen trivialen Dinge wie Nahrung, Luft und Wasser hinausgeht, eben totalitäre Ausmaße annimmt.
Teh Asphyx hat geschrieben:(dass in Ländern der dritten Welt eine sehr hohe Nachfrage nach Nahrungsmitteln besteht, ist für die Marktwirtschaft irrelevant, weil dort die Kaufkraft fehlt – und das, obwohl die Menschen dort genug gegen zu bieten hätten)
Teh Asphyx hat geschrieben:und zweitens daran, dass die Idee herrscht, dass getauscht werden müsse, das heißt, das für jede Leistung eine Gegenleistung in irgendeiner Form erfolgen müsse.
(Auszug:)....Von einer Entlastung der Allgemeinheit durch individuelle Vorsorge, also von einer Wettbewerbsgesellschaft, in der Freiheit und Selbstverantwortung anerkannt sind, kann keine Rede mehr sein. Nicht Globalisierung oder Neoliberalismus haben uns in diese Lage gebracht, sondern der Versuch, Logik und Moral des Kapitalismus außer Kraft zu setzen. Dass dies auf Dauer nicht gelingen kann, ist ein geringer Trost.
Gandalf hat geschrieben:- Was ein Widerspruch ist. Denn kann ich etwas bieten, habe ich immer Kaufkraft. Es ist doch nur die Frage, wie und durch was die Kaufkraft durch äußere Umstände, die die beiden Vertragsparteien nicht zu verantworten haben 'entwertet' wird, so dass sie ihre Kraft verliert!? (und was man tun kann, diese "Effizienzverluste" zu minimieren)
Gandalf hat geschrieben:ja gut, wir kennen Betrug, Raubrittertum, Mafia und Feudalsystem, etc. bei dem das so ist. - Wie sollten wir demnach dieses System nennen, das Du vorschlägst, bei dem die einen das Tauschgut abnehmen (konsumieren) und die anderes das Tauschgut ohne Gegenleistung anbieten (erarbeiten)?
Gandalf hat geschrieben:Hier ein sher guterArtikel von einem 'politischen Soziologen' (Michael Zöller, Uni Bayreuth), von dem sich die heutigen Ökonomen einiges abschneiden können (wobei ich dennoch der Meinung bin, dass der "aktuelle Neoliberalismus" sein Schärflein zur "Ursache" mit beigetragen hat, da er das Zwangsgeldsystem nicht hinterfragt)
http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/d ... 24932.html(Auszug:)....Von einer Entlastung der Allgemeinheit durch individuelle Vorsorge, also von einer Wettbewerbsgesellschaft, in der Freiheit und Selbstverantwortung anerkannt sind, kann keine Rede mehr sein. Nicht Globalisierung oder Neoliberalismus haben uns in diese Lage gebracht, sondern der Versuch, Logik und Moral des Kapitalismus außer Kraft zu setzen. Dass dies auf Dauer nicht gelingen kann, ist ein geringer Trost.
Teh Asphyx hat geschrieben: Das ist mein Problem bei Hayek und auch bei sonstigen Liberalen, dass da immer von einer idealen Handelssituation ausgegangen wird und alles andere dabei ausgeblendet.
Teh Asphyx hat geschrieben:Gandalf hat geschrieben:ja gut, wir kennen Betrug, Raubrittertum, Mafia und Feudalsystem, etc. bei dem das so ist. - Wie sollten wir demnach dieses System nennen, das Du vorschlägst, bei dem die einen das Tauschgut abnehmen (konsumieren) und die anderes das Tauschgut ohne Gegenleistung anbieten (erarbeiten)?
Es geht mir nicht um Tauschgut, sondern um existenznotwendige Ressourcen. Ich habe nie gesagt, dass die einen das erarbeiten und die anderen das konsumieren sollen. Aber selbst wenn, wo ist das Problem? Was ist daran so schlimm, wenn nicht jeder einen gleichwertigen Beitrag leistet und trotzdem alle versorgt sind, solange keiner gezwungen wird, zu arbeiten?
Teh Asphyx hat geschrieben: Wie willst Du überhaupt messen, welches Gut welchen Wert hat?
Teh Asphyx hat geschrieben:Ich hatte auch mal gedacht, dass Angebot und Nachfrage das von alleine regeln würden, aber das ist nicht richtig, viele andere Faktoren spielen eine Rolle und Angebot und Nachfrage können manipuliert werden. Und ich weiß, dass es keinen realen Versuch eines reinen Kapitalismus gab, aber man kann auch so absehen, dass es nicht zu dem gewünschten Ziel führen würde.
Teh Asphyx hat geschrieben:Das Problem ist nur, dass selbst, wenn man jetzt einen Reset machen würde und jeder mit den gleichen Startbedingungen in einer rein kapitalistischen Gesellschaft leben würde, spätestens über die Vererbung von Eigentum (Kapital) sich ganz schnell wieder eine Aristokratie bilden würde, weil eben durch das Erbe Menschen an Eigentum kommen, das sie nicht „verdient“ haben, sondern nur haben durch das Glück, in der richtigen Familie geboren zu sein. Und dieses Eigentum bedeutet Macht. Für dieses Erbschaftsproblem habe ich bisher von keinem Befürworter des Kapitalismus eine sinnvolle Lösung gehört.
Teh Asphyx hat geschrieben:China ist ein wunderbares Beispiel, dass eine autoritäre Marktwirtschaft noch viel viel effizienter sein kann, als die viel gepriesene „freiheitliche“ Marktwirtschaft, das sollte zu denken geben (wobei ich keinesfalls für das chinesische System bin, aber es beweist so schön, dass Marktwirtschaft und Freiheit keine Synonyme sind).
Gandalf hat geschrieben:
(Im übrigen: Gehört dieser Thread hier zum "Wissenschaftsbereich" ?)
Gandalf hat geschrieben:Diese "Idealvorstellung" kannst Du jedenfalls nicht von den Liberalen übernommen haben, da sie wissen, das die Zukunft ungewiss ist und es 'nie' ein Ideal geben kann, sondern nur den 'Versuch' einer bestmöglichen Adaption (die zudem immmer wieder neu auf den Prüfstand muss). Es geht nicht darum "die beste Ideologie" durchzusetzen, sondern um 'Wachsamkeit' und darum "wie man seine Werkzeuge scharf hält"
So ist bezüglich der "3. Welt" zu fragen: Was ist die Ursache, dass das so ist (wenn das stimmt, was Du behauptest)
Gandalf hat geschrieben:Also doch Mafia, Knechtschaft und Betrug: Das Problem ist, das auch diejenigen die arbeiten ebenfalls das Recht haben (müssen) nicht für 'andere arbeiten zu wollen'! Das geht nur in einer Phantasiewelt gut (vorzugsweise in einschlägig bekannten sozialistischen Takka-Tuka-Ländern") Alle anderen Gemeinschaften benötigen eine gehörige Portion Totalitarismus und/oder Betrug, um die arbeitsfähigen zum arbeiten zu bewegen
Gandalf hat geschrieben:Angebot und Nachfrage werden sogar massiv (von staatlichen Institutionen) manipuliert - deshalb haben wir ja auch aktuell "die Krise". Die heftigen Marktreaktionen sind keine Bösartigkeiten von irgendwelchen radikalen Kapitalisten, sondern die 'natürliche (Ausgleichs-)Reaktion' (zumindest der Versuch dessen) eines hoch manipulierten Marktes!
Gandalf hat geschrieben:Möglicherweise gibt es auch hier nicht 'die' Lösung. Denn niemand anders wie die Libertären streiten so heftig darüber, da ja verschiedene Freiheitsrechte beim Erbrecht konträr aufeinandertreffen. Da man es mit hoher Wahrscheinlichkeit also nur falsch machen kann, sollte man jederzeit offen für Korrekturen sein.
Gandalf hat geschrieben:Merkantilismus ist ein schlechtes Beispiel. Auf kurze Sicht kann ich immer duch räuberische Ausbeutung und staatliche Lenkung von Ressourcen Vorteile erlangen. Das dies scheitern wird, ist schon jetzt abzusehen. (Was sollen denn die Chinesen mit ihrem Exportüberschuss anfangen?)
Teh Asphyx hat geschrieben:Daraus hat sich etwas ganz merkwürdiges entwickelt, nämlich die exzentrische Idee, man müsse arbeiten, um seine Existenz zu rechtfertigen und das nicht gerade wenig.
In vielen Ländern der Erde sind das heute keine Lügen mehr. Wir sollten sorgsam darauf achten, dass es so bleibt, denn eine Selbstverständlichkeit ist das nicht.Teh Asphyx hat geschrieben:...die gleichen Lügen zu erzählen (Freiheit, Demokratie, Gerechtigkeit, Menschenrechte etc.)
stine hat geschrieben:Die Arbeit ist nicht die Rechtfertigung für die Existenz, sondern Existenzgrundlage. Das macht einen erheblichen Unterschied. Für seine Existenz braucht sich niemand rechtfertigen, wohl aber müsste er sich dafür rechtfertigen, wenn er andere für sich arbeiten ließe, um sich selbst auf die faule Haut zu legen.
stine hat geschrieben:In vielen Ländern der Erde sind das heute keine Lügen mehr. Wir sollten sorgsam darauf achten, dass es so bleibt, denn eine Selbstverständlichkeit ist das nicht.
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