Nanna hat geschrieben:Wenn es so wäre, dass die MWI korrekt wäre, dass also Schrödingers berühmte Katze immer tot und lebendig gleichzeitig ist, nur eben in unterschiedlichen Welten (so als Beispiel gelesen unter http://plato.stanford.edu/entries/qm-manyworlds/#7), welchen Sinn hätte es dann noch, irgendetwas zu entscheiden oder vor allem, moralisch zu handeln? Denn dann wäre es doch so, dass ich annehmen müsste, dass schon der hypothetische Gedanke daran, jemanden zu töten, einen Bankraub zu begehen oder mit der Frau des besten Freundes zu schlafen in irgendeinem Universum auch von "mir" umgesetzt würde. Es wäre also irrelevant, das Böse zu unterlassen und das Gute zu tun (egal, was man für diese Begriffe jetzt jeweils einsetzt), weil es sowieso beides geschieht. Sprich, in manchen Universen herrschen immer noch die Nazis und in anderen haben Hippies aus der ganzen Welt ein Blumendorf gemacht.
Ich möchte das nicht als Gegenargument verstanden wissen, eher als offene Frage, wie man sich als MWI-Befürworter mit dieser widersprüchlichen Situation auseinandersetzen sollte. Vielleicht verstehe ich ja auch Implikationen der MWI ganz falsch. Eure Gedanken zu dem Thema würden mich interessieren!
Ich sehe hier gleich mehrere Missverständnisse. Das Schwerwiegenste ist vielleicht, aus einem theoretischen Modell einen moralischen Imperativ zu konstruieren. Das Modell der multiplen Universen sollte man als philosophisches Gedankenspiel betrachten und nicht als physikalische Realität. Selbst wenn letzteres der Fall wäre, wäre trotzdem eine Wechselwirkung ausgeschlossen und eine moralische Entscheidung an eine hypothetische Konsequenz in einer anderen Welt zu knüpfen, ist Religion in Reinstform :D
Ein paar Richtigstellungen aus meiner Sicht, die sich nicht an Hypothesen, sondern ausschliesslich an Logik und Fakten orientieren. Ich denke nur darauf sollten wir uns verlassen, zumal wenn wir uns einbilden wollen, Entscheidungen zu treffen ;)
Die folgenden Punkte möchte ich als Axiome verstanden wissen:
1. Das Universum ist vollständig determiniert.
Für Zufall gibt es keinen Platz ausser in der Vorstellung des menschlichen Gehirn. Dort hat er sich entwickelt und hartnäckig festgesetzt, um Phänomene zu erklären, für die es noch keine andere "vernünftige" Erklärung gibt. Tatsächlich passiert aber NICHTS, das nicht eine Ursache hätte. Alle Vorstellungen und Modelle, die einen Zufall auf Quantenebene implizieren, zeigen nichts anderes, als dass der Mensch hier noch kein vernünftiges Modell hat, mit dem er die beobachteten Vorgänge erklären kann.
2. Es gibt keine Freiheit
Selbstverständlich ist auch der Mensch vollständig determiniert und hat somit keine Wahl so oder so zu handeln. Entscheidungsfreiheit ist eine Illusion unseres Bewusstseins, die uns (unser Gehirn) in die Lage versetzt höchst komplexe Anforderungen, angemessen zu bewältigen.
Du hast also keine Wahl mit der Freundin deines Freundes zu schlafen, sondern du tust es oder tust es nicht und sinnierst allenfalls darüber nach, ob du es tun sollst oder nicht. Tatsächlich kannst du dich nicht einmal selbst dazu entscheiden, ob du darüber nachdenkst, sondern du tust es, weil du so determiniert bist. Ob du also den Freund betrügst, hängt von deiner genetischen und biologischen Disposition, deiner Sozialisation, den Umständen und unzähligen anderen Faktoren ab. Eine von diesen Faktoren unabhängige "moralische" Instanz, die sich über all dies hinwegsetzt und quasi autark entscheidet, gibt es nicht und wäre auch absurd, weil beliebig.
Freiheit - in einem absoluten Sinne - gibt es also nicht. Freiheit gibt es immer nur in einem konkreten Kontext und zu einem gewissen Grad.
Freiheit im physischen Sinne ist minimal, wenn du im Knast sitzt. Etwas größer, wenn du nicht im Knast, aber im Rollstuhl sitzt und maximal, wenn du gesund bist und sehr viel Geld hast.
Freiheit im psychischen Sinne gibt es auch nicht. Unsere Gedanken sind vollkommen abhängig von unserer genetischen Disposition und Sozialisation. Die gedankliche Freiheit ist also minimal, wenn du nicht mal eine Sprache hast und steigt mit zunehmendem Bildungsgrad.
3. Es gibt kein Gut und Böse
Gut und Böse als absolute Werte - wie du sie benutzt - gibt es nicht. Was für dich gut wäre, Beischlaf mit dieser Frau, wäre für deinen Freund Böse, weil Betrug und Vertrauensbruch. Dass du darüber sinnierst, zeigt nur, dass du ein empathischer Mensch bist, der sich in die Gedankenwelt des Freundes hineinversetzen kann.
Gut und Böse gibt es also immer nur mit einem konkrten Bezug.
Gut....im Hinblick auf dein Sexualleben.
Böse ...im Hinblick auf die Freundschaft.
Im Prinzip kannst du also tun, was du willst, denn die "Natur" (das Universum, die Welt,...) hat schon längst dafür gesorgt, dass du in ihrem Sinne das richtige tun wirst - und auch gar nicht anders kannst.