Tante Seltsam hat geschrieben:Aber ich sehe das Thema Religion oder Spiritualität sehr differenziert. Ich glaube zB, dass religiöse Ausdruckformen wie Liturgie oder kultische Handlungen auch ein Mittel sind, um sich mit der Welt auseinanderzusetzen und Bedeutung zu finden. Das heißt, ich denke, das hat einen psychologischen Nutzen. Man kann durchaus zu neuen Erkenntnissen gelangen, wenn man sich mit mythischen Geschichten beschäftigt.
Das Problem ist eher der Dogmatismus und dass Menschen Dinge wörtlich nehmen, die dafür nicht geeignet sind.
Hmmm, ist das schon ein Diskussionsaufruf? Ja, es gibt viele Mittel, sich mit der Umgebung auseinanderzusetzen, man kann auch mit einem
durch die Straßen laufen, dann ist man auch fröhlich (ein psychologischer Nutzen). Der Faschismus ist auch in der Hinsicht praktisch, dass die Leute relativ freundlich zu ihren Angehörigen sind, dass sie relativ gefährlich zu außenstehenden sind, ist doch nur eine Marginalie, oder?
Ich tausche Geselligkeit und eine Autorität oder ein Regelwerk lieber gegen meinen
relativ freieren Willen die Logik.
Grundsätzlich haben viele Strukturen auf den ersten Blick eine gewisse Effizienz, aber ich bin daran gewöhnt, zu versuchen, alles in seiner Gesamtheit zu betrachten, also auf Plausibilität, Nutzen und Schaden hin zu betrachten, die Religion und sonstwelche kultischen Handlungen sind eher gefährlich als nützlich (es gibt genug Sachen, die die kultischen und religiösen Handlungen nicht nur ersetzen, sondern auch noch sehr viel effizienter sind), was die Plausibilität betrifft sind wir uns einig. Mit mythischen Geschichten beschäftige ich mich manchmal auch gerne, aber ich erkenne da nicht die Richtigkeit des Kultes oder des Glaubens, sondern die politischen, gesellschaftlichen und historischen Hintergründe und die psychologischen Bedürfnisse, oder versuche es zumindest.
Dass die Menschen wörtlich nehmen, was auch wörtlich gemeint war (wenn der Papst beispielsweise den Katholiken wieder erlaubt, für die Juden, die seiner Ansicht nach in der Hölle landen, zu beten), ist nicht deren Schuld, es steckt einerseits Naivität dahinter, andererseits (von Seiten der spirituellen Autoritäten) auch ein gefährliches Querolantentum, das mit Rechthaberei verbunden und gegen Logik sehr resistent ist. Letztlich hängt es doch davon ab, womit man selbst besser leben kann, mit Plausibilität (die mit Verantwortung, vielen Freiheiten verbunden ist) oder mit Wunschdenken (das alle Ängste von Tod, Verantwortung und komplexen Fragestellungen nimmt).
Ansonsten, willkommen!