Kirchliche Trauung boykottieren?

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Re: Kirchliche Trauung boykottieren?

Beitragvon Teh Asphyx » Mo 23. Jan 2012, 14:18

laie hat geschrieben:Da nil80's Weltanschauung eh schon allen bekannt ist, kann sie beim Besuch der Zeremonie auf ein eigenes Zeichen à la "ich bin aber anders" verzichten. Ist infantil....


Dann ist es aber ebenso infantil, dass religiöse Leute zum Beispiel ständig ein Kreuz an einer Kette um den Hals tragen müssen, auch wenn sie in einem Unreligiösen Kontext sind. Ich finde es wichtig, dass „ich bin aber anders“ nicht nur bedeutet, dass ich meine eigene Meinung habe, sie vielleicht auch äußere, mich dann aber den Umständen „unterwerfe“, sondern eben auch bedeutet, dass ich bestimmte Dinge folglich tue oder nicht tue und auch mit eingefahrenen Dingen breche. Wenn das nicht möglich ist, dann ist auch Meinungsfreiheit wertlos.
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Re: Kirchliche Trauung boykottieren?

Beitragvon laie » Mo 23. Jan 2012, 14:27

ebenso infantil, dass religiöse Leute zum Beispiel ständig ein Kreuz an einer Kette um den Hals tragen müssen, auch wenn sie in einem Unreligiösen Kontext sind.


d'accord. Ich meine, daß es letztlich weniger auf die eigene Weltsicht ankommt, sondern auf die Frage, mit wem ich wie zusammenleben möchte.
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Re: Kirchliche Trauung boykottieren?

Beitragvon Nanna » Mo 23. Jan 2012, 14:35

Wir leben aber nicht in einer Gesellschaft, in der man sich restlos aus dem Weg gehen kann. Ich würde das als Ausdruck einer gefährlichen Gettoisierung betrachten. Man muss mit Menschen Kontakt haben und auskommen, die andere Ansichten haben. Das einzige Mittel, das dabei auf Dauer Erfolg verspricht, ist, die Tatsache zu akzeptieren, dass man andere Weltanschauungen hat. In nil80s Fall scheint es aber so zu liegen, dass das Umfeld sich mit diesem Schritt nicht immer allzu leicht tut. Würden die das völlig entspannt sehen, würde ich dir viel eher zustimmen, dass es nicht nötig ist, auf irgendeine Weise ein Zeichen zu setzen.
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Re: Kirchliche Trauung boykottieren?

Beitragvon laie » Mo 23. Jan 2012, 14:43

fiktionale Antwort von nil80: Eben weil wir zusammenleben, auch mit Leuten, mit denen es manchmal schwer ist, muss ich nicht ständig "Öl ins Feuer gießen". Dann freu ich mich halt im Stillen, dass ich es besser weiss. Wenn ich mich nicht akzeptiert fühle, so wie ich bin und denke, dann geh ich halt nicht hin.

Oder aber, wenn mir nicht's am Zusammenleben liegt, dann geh ich hin, säe mit meinem zwei, drei Aufklebern Wind und ernte Sturm.... Huuiiiihhhh!
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Re: Kirchliche Trauung boykottieren?

Beitragvon Nanna » Mo 23. Jan 2012, 14:46

Ist ein kleines Zeichen der Abgrenzung schon "Öl ins Feuer gießen"?

Ich finde, ein klein bisschen Andersartigkeit muss eine Hochzeitsgesellschaft aus zivilisierten Mitteleuropäern schon aushalten können, ohne das gleich einer weint.
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Re: Kirchliche Trauung boykottieren?

Beitragvon laie » Mo 23. Jan 2012, 14:53

Das finde ich auch. Der Punkt ist, daß sich nil80 in meinen Augen nur der eigenen Lächerlichkeit preis gibt, wenn sie in einem Umfeld, welches um ihre Antiklerikalität ohnehin schon weiss, diese nun noch einmal eigens meint bekunden zu müssen.
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Re: Kirchliche Trauung boykottieren?

Beitragvon Teh Asphyx » Mo 23. Jan 2012, 14:56

Nanna hat geschrieben:Wir leben aber nicht in einer Gesellschaft, in der man sich restlos aus dem Weg gehen kann. Ich würde das als Ausdruck einer gefährlichen Gettoisierung betrachten.


Es muss ja nicht unbedingt gefährlich werden. Man muss da denke ich irgendein Zwischending finden. Ich finde es schon wichtig, mich abzugrenzen und mich mehr mit Menschen zu umgeben, mit denen ich kann. Das heißt nicht mal, dass man gleicher Ansicht sein muss, aber es sollte eine gemeinsame Basis dazu da sein, wie man mit den Ansichten umgeht. Mit religiösen Menschen würde ich mich da einfach schwer tun, weil so vieles aus einer so unterschiedlichen Perspektive betrachtet wird, dass viele Kommunikation einfach unmöglich wird.

Nanna hat geschrieben:Man muss mit Menschen Kontakt haben und auskommen, die andere Ansichten haben. Das einzige Mittel, das dabei auf Dauer Erfolg verspricht, ist, die Tatsache zu akzeptieren, dass man andere Weltanschauungen hat.


Entweder das, oder man muss sich zumindest darüber einig sein, wie man in der Diskussion argumentieren „darf“, damit man sich gegenseitig trotzdem ernst genommen vorkommt.

Nanna hat geschrieben:In nil80s Fall scheint es aber so zu liegen, dass das Umfeld sich mit diesem Schritt nicht immer allzu leicht tut. Würden die das völlig entspannt sehen, würde ich dir viel eher zustimmen, dass es nicht nötig ist, auf irgendeine Weise ein Zeichen zu setzen.


Dann würde ja auch niemand ein Problem damit haben, wenn sie nicht zur kirchlichen Trauung kommt.
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Re: Kirchliche Trauung boykottieren?

Beitragvon webe » Mo 23. Jan 2012, 19:03

Ich halte es für mich so:

Taufen, Beerdigungen,Trauungen boykottiere ich nicht, den ich will jenen Gläubigen nicht bevormunden, ihn in seiner Geistesfreiheit nicht einschränken. Aber trotzdem nehme ich an den jeweiligen religiösen Akten nicht teil, was ich auch im Vorfeld bekenne, somit ist meine Richtung oft vor dem auszuübenden Anlass genügend bekannt und akzeptierd: Denn ein Antialkoholiger lade ich auch nicht zu einer Alkoholfeier ein, wenn es keine nichtalkoholische Getränke geben kann.

Und wenn der Schwerpunkt auf dem religiösem Abschnitt liegt, dann ist für mich das Fernbleiben gewählt. Bisher hatten wir immer noch viel Spass und Freude bei dem weltlichen Akt, und somit war meine Abwesenheit im Kirchlichen gar kein Thema.

Ein Vegetarier ist auch kein Fleisch um anderen damit zugefallen.
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Re: Kirchliche Trauung boykottieren?

Beitragvon Celtic » Mo 23. Jan 2012, 19:36

Ich würde eine solche Feier nicht aus ideologischen Gründen boykottieren. Ich fände es äußerst unpassend, eine Einladung zu einer Hochzeit anzunehmen und dann irgendwie Kritik zu üben, nur weil die Vorstellungen des Brautpaars sich nciht mit meinen Überzeugungen deckt. Man kann sich auch in einer der hinteren Kirchenbänke niederlassen und das bunte Treiben aus der Ferne beobachten - und sich innerlich aus der Sache heraushalten.

Mal abgesehen davon, daß die meisten Brautpaare den Hochzeitsgottesdienst sowieso nur als eine Art traditionellen und feierlichen Rahmen für ein Familienfest sehen - ohne selbst von der Kirche überzeugt zu sein. Es hört sich komisch an, aber die allermeisten haben keinen blassen Schimmer, wie ein Gottesdienst abläuft und was die Liturgie für eine Bedeutung hat. Gefühlte 95% aller Hochzeiten sind Gottesdienste "von der Stange", bei denen der Pfarrer ein fertiges Konzept umsetzt und nur noch die Namen des Brautpaars ändert. (Oder auch nicht :blush2: )
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Re: Kirchliche Trauung boykottieren?

Beitragvon Darth Nefarius » Mo 23. Jan 2012, 20:48

stine hat geschrieben:@Darth Nefarius: Google mal nach Hochzeitsbräuchen oder -rituale weltweit. Es gibt selten eine Hochzeit, die nicht mit irgendeinem Glauben oder Aberglauben behaftet ist. Ist man dazu eingeladen, kann man das mögen oder nicht, aber niemand darf dem Brautpaar das Fest vermiesen mit ungefragten Weltanschauungsfragen; dann empfehle ich lieber fern zu bleiben, wenn es soooo eine Überwindung kostet.

Nichts anderes habe ich gesagt. Ich sehe es auch so, dass man von Ritualen umzingelt ist. Ich habe doch nur nahegelegt, dass es 3 Handlungsmöglichkeiten gibt: Nicht hingehen, wenn man es widerwertig findet, auf Kosten der Gesellschaft; hingehen auf Kosten der Überzeugung; einen stillen Protest zeigen, beide Bestrebungen abzuwägen. Gerade du hast verlangt, dass man da hingeht, weil es ja nicht so schlimm sei und man schließlich eingeladen wurde.
Egal, was jetzt noch folgt, es bleibt immer die Entscheidung, ob man das eine oder das andere wählt. Gesellschaft oder Überzeugung.
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Re: Kirchliche Trauung boykottieren?

Beitragvon webe » Mo 23. Jan 2012, 20:52

Wie würdet ihr euch verhalten, wenn eine hochzeit nicht die Kirche sondern eine Teufelsmesse als Ritual auserwählt hätte?

Daher sage ich: Wie weit man geht, sei es der Kirchgang oder die Teufelsmesse, muss jeder für sich selber entscheiden, und jene Freiheit besitzt man.
Für jede Entscheidung ist man frei und keine Rechenschaft schuldig. Somit steht meine Ansicht der Ablehnung für eine Teilnahme an religiösen Ritualen nur für mich da und muss daher nicht kopiert werden. Das eigene Ich soll entscheiden, was ich will, das tue ich, was ich nicht will, tue ich nicht! Somit wird meine Auffassung toleriert, so wie ich die Andere ebenso akzeptiere.

Am Mittwoch treffe ich mich privat mit einer Lieben Bekannten, und wir werden einen schönen und gelungenen Abend verbringen, wie zuvor. Sie ist im kirchlichen Bereich arrangiert, ich bin atheitisch geprägt, und trotz dieser Widersprüchen überwiegt die Toleranz und der Respekt. Dadurch gibt es andere Beitbranden die uns angenehme Stunden bescheren lassen.
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Re: Kirchliche Trauung boykottieren?

Beitragvon webe » Mo 23. Jan 2012, 20:55

...Die Meinung des Vorredners unterstreiche ich.
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Re: Kirchliche Trauung boykottieren?

Beitragvon stine » Mo 23. Jan 2012, 21:35

Darth Nefarius hat geschrieben:Gerade du hast verlangt, dass man da hingeht, weil es ja nicht so schlimm sei und man schließlich eingeladen wurde.
:lookwrong:
Lies doch lieber meinen ersten Beitrag zum Thema nochmal nach, bevor du mir wieder etwas unterstellst, was ich nicht geschrieben habe.

LG stine
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Re: Kirchliche Trauung boykottieren?

Beitragvon Lumen » Di 24. Jan 2012, 00:36

Der feine Unterschied bei Kreuz-Kettchen und Ansteckern ist, ob es praktisch immer (aus welchen Gründen auch immer) getragen wird oder extra zur Hochzeit zugelegt wird, um Protest zu zeigen. Da muss schon die Frage gestellt werden, warum ausgerechnet am "schönsten Tag" des Lebens eines Angehörigen ein solcher "stiller Protest" nötig ist. Das ist einfach unverhältnismäßig. Wir reden hier ja nicht von einer x-beliebigen Feier, und es ist auch nicht so, dass man da wochenlang in der Kirche überstehen müsste. Das ist vielleicht eine Stunde, aber eben für das Brautpaar eine sehr wichtige. Das ist weder der richtige Zeitpunkt für Grundsatzdiskussionen noch lohnt es sich für die eine Stunde, oder lass es drei sein, eine Beziehungskrise mit der Verwandtschaft und Bekanntschaft anzuzetteln, zumal der Hochzeitstag eine lebenslange Erinnerung bleiben wird. Im Ernst, ich kann bei aller kirchenkritik auch meinerseits überhaupt nicht nachvollziehen, warum "Protest" in irgendeiner Form hier angebracht sein sollte.

Bisher gab es auch kein überzeugendes Argument, warum sich diese Schlacht lohnen sollte. Schlachten die man von vornherein vernichtend und ohne Effekt verliert, solle man besser gar nicht erst schlagen. Umgekehrt gefragt: was soll denn bezweckt werden?

Mit andern Worten, nil80 kann sich eine Stunde vor der Kirche langweilen, und da rumgammeln, ist dabei ausgeschlossen, hat danach schlecht Anschluß, hat zumindest ein paar Gesprächsthemen weniger, ein paar angesäuerte Angehörige mehr und ist vielleicht Gesprächs/Tratschthema. Wofür?
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Re: Kirchliche Trauung boykottieren?

Beitragvon mat-in » Di 24. Jan 2012, 08:30

Lumen hat geschrieben:Mit andern Worten, nil80 kann sich eine Stunde vor der Kirche langweilen, und da rumgammeln, ist dabei ausgeschlossen, hat danach schlecht Anschluß, hat zumindest ein paar Gesprächsthemen weniger, ein paar angesäuerte Angehörige mehr und ist vielleicht Gesprächs/Tratschthema. Wofür?
Ein gutes Buch zu lesen vor der Kirche ist da immens weniger Zeitverschwendung als innerlich brodelnd angepaßt und ohne Sticker in der Kirche zu sitzen. Aber auch mit Sticker in der Kirche sitzen macht sinn, wenn man danach drüber redet (obwohl ich vermute das die Leute es total übersehen oder für Schmuck halten werden), denn nur so werden wir es früher oder später schaffen, als brights / atheisten / naturalisten gesellschaftlich akzeptiert zu werden. Nur so lernen die Leute das auch ihr Nachbar, ihr Bruder, usw. der voll der super Mensch ist Atheist sein könnte.
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Re: Kirchliche Trauung boykottieren?

Beitragvon Darth Nefarius » Di 24. Jan 2012, 10:10

Lumen hat geschrieben:Mit andern Worten, nil80 kann sich eine Stunde vor der Kirche langweilen, und da rumgammeln, ist dabei ausgeschlossen, hat danach schlecht Anschluß, hat zumindest ein paar Gesprächsthemen weniger, ein paar angesäuerte Angehörige mehr und ist vielleicht Gesprächs/Tratschthema. Wofür?

Für die eigene Überzeugung! Sie hat geschildert, wie sie bereits andere Besuche erlebt hat, da konnte man nicht von Langeweile sprechen, das ist ,wie für mich, ein Tanz auf Kohlen. Man kann zwischendurch sonstwohin gehen, eben ein Buch lesen, alles ist sinnvoller, als in der Kirche zu sitzen, wenn man es nicht kann.
mat-in hat recht, genauso muss nunmal die Präsenz anfangen, das geht nunmal nicht anders, es wird immer auch ein gesellschaftliches Ereignis sein, wenn es ein religiöses ist. Man muss für soetwas die metaphorischen Eier haben! :anmachen: :cooler:
stine hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Gerade du hast verlangt, dass man da hingeht, weil es ja nicht so schlimm sei und man schließlich eingeladen wurde.


:lookwrong:
Lies doch lieber meinen ersten Beitrag zum Thema nochmal nach, bevor du mir wieder etwas unterstellst, was ich nicht geschrieben habe.

Ich habe sehr aufmerksam gelesen:
stine hat geschrieben:wenn du das Prozedere nicht als kulturelle Veranstaltung abhaken kannst, dann würde ich dir raten einfach zu spät zu kommen.
Blöderweise ist halt der Bus nicht rechtzeitig da gewesen oder deine Strumpfhosen hatten alle Laufmaschen oder das Geschenk ist in die Brüche gegangen und du musstest noch schnell ein anderes besorgen, usw.
Notlügen sind durchaus auch unter Glübigen erlaubt und besser, als die lieben Anverwandten mit seiner persönlichen Meinung zu belästigen. Also jedenfalls nicht an diesem Tag, vielleicht hinterher mal...

Nach der Kirche wirds ja meistens ganz unreligiös lustig. Das solltest du dir nicht entgehen lassen!

Das hast du auch geschrieben:
stine hat geschrieben:Natürlich kann man das alles gut oder schlecht finden, aber wenn man eingeladen wird, sollte man mitfeiern und das manifestierte Ego mal zu Hause lassen, sofern niemand sonst zu Schaden kommt.

Ja, man kann sein Ego, seine Überzeugungen, immer zu Hause lassen.
Das ist eine eindeutige Empfehlung, zu kommen, dass man Aufgrund seiner Überzeugung damit ein Problem haben klönnte, hast du schlichtweg ignoriert.
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Re: Kirchliche Trauung boykottieren?

Beitragvon Nanna » Di 24. Jan 2012, 15:09

Natürlich kann das Brautpaar erwarten, dass sich die Gäste in einem gewissen Rahmen anpassen. Aber es lädt ja auch die ganze Person bzw. Persönlichkeit "nil80" ein, oder nicht? Ich finde implizite Vorgaben nach dem Muster "Wir möchten, dass du kommst, aber du musst deine Persönlichkeit zuhause lassen, es reicht, wenn du eine hübsch geschminkte Hülle deiner selbst vorbeibringst, die irgendwelchen unverfänglichen Smalltalkstuss ablädt" schon ziemlich grenzwertig. Auf diese Weise degradiert man seine Gäste von Individuen mit Ecken und Kanten zu Statisten. Das langweiligste sind doch Familienfeiern mit verbissenen Pedanten, die Panikattacken beim Gedanken bekommen, gefühlte gesellschaftliche Normen nicht penibelst zu erfüllen. Man muss nicht aus Prinzip provozieren, aber seine Überzeugung am Eingang abzugeben kann's doch auch nicht sein.
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Re: Kirchliche Trauung boykottieren?

Beitragvon laie » Di 24. Jan 2012, 16:36

die "ganze" Persönlichkeit? Ich denke, wir halten alle einen Gutteil unserer Persönlichkeit immer verborgen und zeigen nur einen Bruchteil davon. Wobei ich auch für mich gestehen will, daß ich gar nicht so genau weiss, was nun als zu meiner Persönlichkeit gehörend unbedingt der Welt mitgeteilt werden müsste. Leidet meine Persönlichkeit, die ich nicht einmal scharf definieren kann, darunter, wenn ich sie nicht ausbreite, sondern sie zurückhalte?
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Re: Kirchliche Trauung boykottieren?

Beitragvon Nanna » Di 24. Jan 2012, 16:43

Der Unterschied ist hier nur, dass du entscheidest, welchen Teil du nach außen hin offenbarst und welchen du verbirgst. Etwas ganz anderes ist, wenn von dir offen verlangt wird, dass du einen im Prinzip harmlosen (!) Teil deiner Persönlichkeit verbergen sollst, weil er sich mit den ästhetischen Vorstellungen anderer Leute beißt. Ich kann verstehen, dass das Brautpaar keine Konflikte an seiner Hochzeit haben will, das würde ich auch nicht wollen, genauso wie ich einen Gast mit einem Hang zu schmutzigen Witzen bitten würde, sich zurückzuhalten, auch wenn das irgendwie Teil seiner Persönlichkeit ist, aber ich muss ihm deshalb ja nicht rundherum alles an Ausdrucksform verbieten, z.B. mit einer lustigen Frisur aufzutauchen, nur weil ich selber immer zum Lachen in Keller gehe. Es geht einfach um die Frage, wo man die Grenze zwischen unnötiger Inanspruchnahme von Sonderrechten und Aufmerksamkeit einerseits und der genauso unnötigen Assmiliation eines Abweichlers andererseits zieht. In dem Zusammenhang verstehe ich nicht, warum ein dezentes Abgrenzungszeichen ein Problem sein sollte.
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Re: Kirchliche Trauung boykottieren?

Beitragvon laie » Di 24. Jan 2012, 16:59

Ja. Schwieriges Thema.

"einen im Prinzip harmlosen (!) Teil deiner Persönlichkeit verbergen sollst, weil er sich mit den ästhetischen Vorstellungen anderer Leute beißt."

Genau dadurch ist m.E. dieser Teil nicht mehr harmlos. Zumal, wenn es sich nicht um ästhetische Vorstellungen handelt, sondern die Leute ihr Leben darauf aufbauen. Ein Beispiel:

Ich nehme anonym als Ungetaufter an einem katholischen Gottesdienst teil. Laut katholischem Regelwerk darf ich aber die Kommunion nicht empfangen, der Priester darf mir die Hostie nicht geben. Ich könnte jetzt vor mir argumentieren: "Der da vorn weiss doch eh nicht, ob ich getauft bin oder nicht." Ich gehe also vor und empfange unberechtigterweise den "Leib Christi". Das nächste mal gehe ich zum Priester und eröffne ihm: "Ich hab das letzte Mal geschummelt. Du hast mir verbotenerweise die Kommunion erteilt."

Ich mag das eine oder andere für grossen Blödsinn halten, aber es gibt Menschen, die müssen sich an das, was ich Blödsinn nenne, halten. Und damit sind meine Gesten diesbezüglich nicht mehr harmlos.

Genauso wäre es, wenn nil80 nun heiraten würde, ohne Kirche, und dazu ihre christliche Verwandtschaft einlüde. Auch in diesem Fall hätte nil80 ein Recht darauf zu bestehen, von öffentlich gemachten christlichen Bekundungen oder Missionierungseifer verschont zu bleiben.

P.S.

und was das "dezente Abgrenzungskriterium" angeht, so schließe ich mich Lumen an: es kommt halt immer darauf an, ob ein solches Abgrenzungsmittel dauerhaft getragen wird oder nur zu diesem einen, besonderen Anlass verwendet wird. Im ersten Fall bin ich dafür, im zweiten finde ich es albern
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