Man muss noch Chaos in sich haben, um einen tanzenden Stern

Re: Man muss noch Chaos in sich haben, um einen tanzenden St

Beitragvon HaVaKuk » Mo 23. Jan 2012, 19:32

Ja, genau !- Gut gemeint heißt noch lange nicht gut getan. Eltern verwechseln das oft und sind sich keiner Schuld bewust. "Du machst mich sehr traurig, wenn Du nicht mitkommst, in die Kirche." Fritzchen setzt seinen eigenen Willen durch, bleibt zu Hause und wird von der zurückkehrendeen Mutter gefragt: "So, bist Du jetzt glücklich?" - Hast Du es dem Lieben Gott und Deiner Mutter gezeigt, dass Du Dich nicht zwingen läßt?" Fritzchen ist empört, darf seiner Mutter aber nicht böse sein, denn sie will ja nur sein Bestes. Er empfindet Mitleid mit seiner Mutter, will sie nicht enttäuschen, sie hat ja nur noch ihn. Der Vater, ein evangelischer Pfarrer ist schon lange tot. Er erkennt so , das Mitleid Sünde gegen sich selbst wäre, - usw.
So stelle ich mir Nietzsches Kindheit vor, so habe ich das seelische Chaos selbst erlebt. Deshalb verstehe ich ihn so gut.
Natürlich kann das Chaos auch ganz anderer Art sein. Auch eine verliebte Seele wird kann tanzende Sternchen gebären!
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Re: Man muss noch Chaos in sich haben, um einen tanzenden St

Beitragvon Darth Nefarius » Mo 23. Jan 2012, 20:31

HaVaKuk hat geschrieben:Ja, genau !- Gut gemeint heißt noch lange nicht gut getan. Eltern verwechseln das oft und sind sich keiner Schuld bewust. "Du machst mich sehr traurig, wenn Du nicht mitkommst, in die Kirche." Fritzchen setzt seinen eigenen Willen durch, bleibt zu Hause und wird von der zurückkehrendeen Mutter gefragt: "So, bist Du jetzt glücklich?" - Hast Du es dem Lieben Gott und Deiner Mutter gezeigt, dass Du Dich nicht zwingen läßt?" Fritzchen ist empört, darf seiner Mutter aber nicht böse sein, denn sie will ja nur sein Bestes. Er empfindet Mitleid mit seiner Mutter, will sie nicht enttäuschen, sie hat ja nur noch ihn. Der Vater, ein evangelischer Pfarrer ist schon lange tot. Er erkennt so , das Mitleid Sünde gegen sich selbst wäre, - usw.
So stelle ich mir Nietzsches Kindheit vor, so habe ich das seelische Chaos selbst erlebt. Deshalb verstehe ich ihn so gut.
Natürlich kann das Chaos auch ganz anderer Art sein. Auch eine verliebte Seele wird kann tanzende Sternchen gebären!

:( :( :(
Im ernst, ich habe, wenn das zutrifft, Mitleid mit dir.
Wieso aber redest du von verliebter Seele? Beziehst du dich da auf mich, als ich von dem Chaos der Gläubigen geschrieben habe? Ich habe da eher etwas anderes gemeint, und bin auch noch auf den Umgang mit diesem Chaos eingegangen, der den "tanzenden Stern" definiert.
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Re: Man muss noch Chaos in sich haben, um einen tanzenden St

Beitragvon ujmp » Di 24. Jan 2012, 08:16

...ok, es Nietzsche sprach von einem inneren Chaos. Ich kann mich gut daran erinneren, wie mich in meiner religiösen Zeit die Diskrepanz zwischen Sollen und Sein frustrierte. Solche Erfahrungen sind aber kein Alleinstellungsmerkmal der Religiösität.

Mir scheint jedenfalls die Behauptung, Religiöse hätten mehr Probleme mit Chaos, aus der Luft gegriffen. Und ich kenne sehr viele Christen, die ihre Kinder klug und mit Liebe erziehen. "Gott" ist da mehr oder weniger nur ein Füllwort, so wie andere sagen, dieses oder jenes tut "man" nicht. Bei Religion von "Wahn" zu sprechen hat sicher gelegentlich seinen Platz, aber wenn das zur gewohnheitsmäßigen Rhetorik wird, kann man sich auch lächerlich machen.
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Re: Man muss noch Chaos in sich haben, um einen tanzenden St

Beitragvon xander1 » Di 24. Jan 2012, 08:55

Eigentlich habe ich mir vornommen nichts mehr zu schreiben in dem Forum, aber ich wurde per PN angeschrieben, meine Interpretation zu verraten von dem Spruch.

Also ich interpretiere folgendermaßen:

Wenn man gewisse Unsicherheiten hat betreffend der Person, in die man verliebt ist oder die man wertschätzt, das heißt wenn es zu wenige Informationen über sie gibt, und man nicht einfach an die Infos gelangen kann, weil die Person entfernt ist o.ä. , dann wird die Person für dich zu einem Stern. Tanzen bedeutet dabei vermutlich, dass Ausdruckskraft und Eleganz usw.

wikipedia zu Tanz: http://de.wikipedia.org/wiki/Tanz

Nietzsche hat in einem anderen Werk einen Menschen als Stern bezeichnet, wegen Entfernung und Wertschätzung. Außerdem gibt es einige Lieder, nicht von Nietzsche, in denen Menschen als Stern bezeichnet werden, wenn sie entfernt sind und wertgeschätzt werden.

Ich kenne es aus eigener Erfahrung und der Erfahrung von Bekannten, dass sie sich zum Beispiel verliebt haben und nun raten mussten, was die betreffende Person denkt, ob sie noch eine Chance haben bei ihr zu landen. Manche phantasieren dabei rum, was die Person in die sie sich verliebt haben denkt, weil sie nicht mit dem verliebten reden will. Summa summarum hat die Person, die ich kenne irgendwann die andere Person umgebracht. Es ist auch in der Bildzeitung gebracht wurden. Wahrscheinlich weil er blond und blauäugig war und er gedacht hat, dass sie besonders südliche Südländer mag und weil er denkt, dass er sein Studium nicht geschafft hat, weil er in sie verliebt war. Ich habe damals versucht ihm die Augen zu öffnen. Vielleicht war das ein Fehler. Er hatte sie damals immer gestalkt und auch mehrere Anzeigen deshalb bekommen.

Es reicht nicht ein Werk zu kennen, um Nietzsche zu interpretieren, man muss viele von ihm gelesen haben.
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Re: Man muss noch Chaos in sich haben, um einen tanzenden St

Beitragvon Darth Nefarius » Di 24. Jan 2012, 09:50

Das sehe ich aus so, ich habe selbst auch einige gelesen und schon darauf hingewiesen. Mit Liebe hat diese Aussage aber, wie ich denke, Nichts zu tun. Deine Ergänzungen bringen mich aber auf die Idee, die Schöpfung (das Gebähren) auf eine Art Mensch zu beziehen: den Übermenschen. Ich nehme an, dass man diese schöpferische Energie (in diesem Zitat geht es eindeutig um Schöpfung, nicht um Liebe) direkt auf dieses Ziel beziehen kann. Der Übermensch als tanzender Stern wäre eine Metapher, die Nietzsche eigen sein könnte. Von Entfernung kann nicht die Rede sein, wenn es um Gebähren geht, das ist wohl der Inbegriff von Nähe.
ujmp hat geschrieben:"Gott" ist da mehr oder weniger nur ein Füllwort, so wie andere sagen, dieses oder jenes tut "man" nicht. Bei Religion von "Wahn" zu sprechen hat sicher gelegentlich seinen Platz, aber wenn das zur gewohnheitsmäßigen Rhetorik wird, kann man sich auch lächerlich machen.

Nein, ich kann darüber nicht lachen, Religion ist immer Wahn. Ein Füllwort ist "Gott" auch nicht, hinter diesem Begriff steht eine Idee mit moralischen Konstrukten, das "Gute", die "Schöpfung", der "Sinn" wird durch dieses Wort zum Ausdruck gebracht, da steckt viel mehr als "Das tut man nicht." dahinter. Man muss in der Tat nicht immer die Religion so bezeichnen, aber nur, wenn man mit Religiösen spricht, formell wäre diese Klassifizierung richtig. Wahn muss nicht immer ausbrechen, er kann vorhanden sein, ohne schädlich zu wirken. Das Potential zum Schaden besteht aber. Hier (nicht nur in desem Thema) wurden die Schäden eine religiösen Erziehung, auch wenn sie unbeabsichtigt waren, erläutert. Die Religion ist nur unter Gläubigen des selben Glaubens unschädlich, aber diese Situation trifft immer seltener zu.
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Re: Man muss noch Chaos in sich haben, um einen tanzenden St

Beitragvon HaVaKuk » Di 24. Jan 2012, 20:39

Darth Nefarius hat geschrieben:Wieso aber redest du von verliebter Seele? Beziehst du dich da auf mich

Nein, auf den, der diesen thread eröffnet hat, und nach meiner mail die Antwort geschrieben hat.
Er lebt in einer anderen Situation und einer anderen Zeit und versteht das Zitat folglich anders.
In anderen Zeiten herrschten andere Sitten und Ansichten. Und wer die nicht kennt,
oder besser noch, erlebt hat, der kann interessante Bücher aus diesen Zeiten nicht so verstehen,
wie sie gemeint waren. Deshalb beschreibe ich, was zur Zeit meiner Kindheit Normalität war.
Und das waren im Vergleich mit Nietzsches Kindheit schon sehr fortschrittliche Erziehungsmethoden.

Darth Nefarius hat geschrieben:Im ernst, ich habe, wenn das zutrifft, Mitleid mit dir.

Mitleid?- Uns ging es noch gut! - Ich hatte gebildete Eltern, die uns gerecht belohnten und bestraften und mich viel seltener mißhandelten, als meine Lehrer und einheimischen Mitschüler. Wir waren aarischer Abstammung und durften am Leben bleiben, denn ich war noch zu jung, um eingezogen zu werden und mein Vater wurde auch nicht an die Front geschickt, um als Held zu sterben, weil er bei der Waffen-SS eingetreten war um zu überleben. Dafür wurde er dann nach dem Krieg verhaftet und kam in Amerikanische Gefangenschaft.
Ich wurde katholisch, protestantisch, evangelisch-methodistisch und antroposophisch unterrichtet, und als ich entschied, mich überhaupt nicht konfirmieren zu lassen, - galt ich eben als noch nicht reif genug für die Entscheidung, welcher Religionsgemeinschaft ich angehören wollte. Väter und Lehrer kannten nur befehlen und gehorchen, wie im Kasernenhof. Der Wille von Kindern wurde gebrochen. Mütter übten ihre Erziehungsgewalt subtiler aus: Kinder wurden zur Einsicht gebracht, indem man sie mit Liebesentzug bestrafte. Wer sich unterodnete, dem ging es wohl, gemäß dem Göttlichen Gebot aus dem Kathechismus, da da lautet: "Du sollst Deinen Vater und Deine Mutter ehren, auf dass es Dir wohlergehe, und Du lange lebest auf Erden." - Die 10 Gebote hatte jedes Kind auswendig zu lernen.
Aber hat schon mal jemand nachgedacht, warum Kinder aus dem auserwählten Volk Gottes, das von Moses aus Ägyptenland geführet wurde, nur dann lange leben durften, wenn sie sich den göttlichen und elterlichen Geboten fügten?
Ihr könnt ja mal nachlesen im Alten Testament, welche Sünden nach dem Willen Gottes mit dem Tode bestraft wurden.
Dann versteht Ihr vielleicht auch den Ursprung des Wortes "Todsünde".
Nur wenn man sich Zustände der jewiligen Zeit vergegenwärtigt kann man verstehen, was Erlösung bedeutete,
und was Menschen, wie Jesus, Paulus, Luther, Nietzsche, Freud, - um nur einige nennen, für Fortschritt brachten.
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Re: Man muss noch Chaos in sich haben, um einen tanzenden St

Beitragvon stine » Di 24. Jan 2012, 22:19

HaVaKuk hat geschrieben:Aber hat schon mal jemand nachgedacht, warum Kinder aus dem auserwählten Volk Gottes, das von Moses aus Ägyptenland geführet wurde, nur dann lange leben durften, wenn sie sich den göttlichen und elterlichen Geboten fügten?

"Du sollst Vater und Mutter ehren, auf dass es dir wohlergehe", ich finde das macht Sinn. Da hat sich ein Verfasser was dabei gedacht. Wahrscheinlich hat er beobachtet oder selber am eigenen Leib erfahren, dass wenn er zu Mutter und/oder Vater nett ist, er viel mehr erreichen kann.
Dieses Gebot leben die Kinder auch heute noch, ohne dass sie es je gehört haben. Oder ist es so selten geworden, dass Kinder ihre Eltern mit allen Tricks um den Finger wickeln?

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Re: Man muss noch Chaos in sich haben, um einen tanzenden St

Beitragvon HaVaKuk » Di 24. Jan 2012, 23:00

HaVaKuk hat geschrieben:Bei der Mehrzahl der Menschen, wirkte sich das Chaos, schädlich aus. Es kann entstehen, wenn einem Kind religöser Wahn eingetrichtert wurde.
ujmp hat geschrieben: Ich behaupte mal, dass Religiöse viel leichter mit Chaos fertig werden können, es liegt nämlich in der Natur der Irrationalität "Fünfe grade sein zu lassen".

Religiösen wurde beigebracht, dass der Glaube höher ist, als alle Vernunft.
Also hat sich Vernunft dem Gauben zu unterwefen.
Sie haben kein Chaos mehr in sich, mit dem sie fertig werden müssen,
sondern eine feste, hierarchische Ordnung, die sich in der Kirche widerspiegelt.
Nur wer das Chaos noch in sich hat und die Kritik der reinen Vernunft zuläßt
kann einen tanzenden Stern gebären, - einen leuchtenden Gedanken,
der nicht wie ein Fixstern als ewige Wahrheit am Himmel steht,
sondern einen tanzenden, sich verändernden, sich vollendenden.
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Re: Man muss noch Chaos in sich haben, um einen tanzenden St

Beitragvon ujmp » Di 24. Jan 2012, 23:22

Das ist alles ein wenig weltfremd. Jeder Mensch hat irgendwelches Chaos in sich, es ist halt die Frage, wie er damit fertig wird. Religiöse lassen sich auch nicht einfach so etwas beibringen, ganz im Gegenteil, sie sind äußert kritisch gegenüber allem, was ihrem Glauben widerspricht. Die Vernunft muss sich auch nicht dem Glauben unterwerfen. Es ist keineswegs unvernünftig zu an Gott glauben, sondern falsch.
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Re: Man muss noch Chaos in sich haben, um einen tanzenden St

Beitragvon Nanna » Di 24. Jan 2012, 23:50

stine hat geschrieben:"Du sollst Vater und Mutter ehren, auf dass es dir wohlergehe", ich finde das macht Sinn. Da hat sich ein Verfasser was dabei gedacht.

Ich halte es da unter'm Strich mit George Carlin: "Obedience and respect [...] should be earned, they should be based on the parent's performance!" (wen Englisch nicht stört: http://www.youtube.com/watch?v=1KiCEJoX9kE)
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Re: Man muss noch Chaos in sich haben, um einen tanzenden St

Beitragvon ujmp » Mi 25. Jan 2012, 07:43

stine hat geschrieben:
HaVaKuk hat geschrieben:Aber hat schon mal jemand nachgedacht, warum Kinder aus dem auserwählten Volk Gottes, das von Moses aus Ägyptenland geführet wurde, nur dann lange leben durften, wenn sie sich den göttlichen und elterlichen Geboten fügten?

"Du sollst Vater und Mutter ehren, auf dass es dir wohlergehe", ich finde das macht Sinn. Da hat sich ein Verfasser was dabei gedacht. Wahrscheinlich hat er beobachtet oder selber am eigenen Leib erfahren, dass wenn er zu Mutter und/oder Vater nett ist, er viel mehr erreichen kann.
Dieses Gebot leben die Kinder auch heute noch, ohne dass sie es je gehört haben. Oder ist es so selten geworden, dass Kinder ihre Eltern mit allen Tricks um den Finger wickeln?


Der Großteil der biblischen Gebote spricht natürliche Instinkte aus - das Gottesargument - biblisch zeitgemäß etwas rabiat - ist m.E. nur nachgeschoben und eigentlich überflüssig. Einerseits gehört es zum angeborenen Verhalten von Kindern, auf die Eltern zu hören, sie verhalten sich vorwiegend nachahmend, viel länger als z.B. Schimpanzen. Andererseits möchte kein Mensch selbst im Alter verachtet oder alleingelassen werden, also baut man schon mal vor: Wie ich dir - so man mir!
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Re: Man muss noch Chaos in sich haben, um einen tanzenden St

Beitragvon Darth Nefarius » Mi 25. Jan 2012, 16:16

HaVaKuk hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Wieso aber redest du von verliebter Seele? Beziehst du dich da auf mich

Nein, auf den, der diesen thread eröffnet hat, und nach meiner mail die Antwort geschrieben hat.
Er lebt in einer anderen Situation und einer anderen Zeit und versteht das Zitat folglich anders.
In anderen Zeiten herrschten andere Sitten und Ansichten. Und wer die nicht kennt,
oder besser noch, erlebt hat, der kann interessante Bücher aus diesen Zeiten nicht so verstehen,
wie sie gemeint waren. Deshalb beschreibe ich, was zur Zeit meiner Kindheit Normalität war.
Und das waren im Vergleich mit Nietzsches Kindheit schon sehr fortschrittliche Erziehungsmethoden.

Nun, in einer anderen Zeit leben, bedeutet nicht, etwas besser zu verstehen. Nietzsche hat in einer Zeit gelebt, die nicht eure war und die ihn noch weniger verstand als wir. "Also sprach Zarathustra" ist nicht aus dem letzten Jahrhundert, ich kann dieses Buch mindestens genauso gut verstehen, wie ihr. Ich habe auch Anhaltspunkte geliefert, warum er es bestimmt nich auf die Liebe bezog.
HaVaKuk hat geschrieben:Mitleid?- Uns ging es noch gut! - Ich hatte gebildete Eltern, die uns gerecht belohnten und bestraften und mich viel seltener mißhandelten, als meine Lehrer und einheimischen Mitschüler. Wir waren aarischer Abstammung und durften am Leben bleiben, denn ich war noch zu jung, um eingezogen zu werden und mein Vater wurde auch nicht an die Front geschickt, um als Held zu sterben, weil er bei der Waffen-SS eingetreten war um zu überleben. Dafür wurde er dann nach dem Krieg verhaftet und kam in Amerikanische Gefangenschaft.

Wie gesagt, ich habe Mitleid, dass es einigen schlechter ging, mindert dies nicht, ich übersehe aber auch das Leid anderer, auch das Leid meiner Familie nicht. Man wird nur irgendwann zum Zyniker, wenn man sich das Leid vor Augen führt, dann ist es irgendwann auch egal, oder extrem abgeschwächt.
HaVaKuk hat geschrieben:Ich wurde katholisch, protestantisch, evangelisch-methodistisch und antroposophisch unterrichtet, und als ich entschied, mich überhaupt nicht konfirmieren zu lassen, - galt ich eben als noch nicht reif genug für die Entscheidung, welcher Religionsgemeinschaft ich angehören wollte. Väter und Lehrer kannten nur befehlen und gehorchen, wie im Kasernenhof. Der Wille von Kindern wurde gebrochen. Mütter übten ihre Erziehungsgewalt subtiler aus: Kinder wurden zur Einsicht gebracht, indem man sie mit Liebesentzug bestrafte. Wer sich unterodnete, dem ging es wohl, gemäß dem Göttlichen Gebot aus dem Kathechismus, da da lautet: "Du sollst Deinen Vater und Deine Mutter ehren, auf dass es Dir wohlergehe, und Du lange lebest auf Erden." - Die 10 Gebote hatte jedes Kind auswendig zu lernen.
Aber hat schon mal jemand nachgedacht, warum Kinder aus dem auserwählten Volk Gottes, das von Moses aus Ägyptenland geführet wurde, nur dann lange leben durften, wenn sie sich den göttlichen und elterlichen Geboten fügten?

Einige gehen anders mit Problemen um als andere. Ich achte meine Familie, zumindest einen Teil von ihr, für ihre Rentitenz, ihren Überlebenswillen und die Fähigkeit, die Resignation zu vermeiden. Dieses Verhalten gab es immer unter Menschen, viele gehorchen lieber, resignieren, schalten das Denken ab.
Zur Frage: Weil Gott ein Volk bevorzugt, was bedeutet, dass auch die Eltern selektieren sollen, das ist die Botschaft.
Ihr könnt ja mal nachlesen im Alten Testament, welche Sünden nach dem Willen Gottes mit dem Tode bestraft wurden.
Dann versteht Ihr vielleicht auch den Ursprung des Wortes "Todsünde".
Nur wenn man sich Zustände der jewiligen Zeit vergegenwärtigt kann man verstehen, was Erlösung bedeutete,
und was Menschen, wie Jesus, Paulus, Luther, Nietzsche, Freud, - um nur einige nennen, für Fortschritt brachten.

Ja, die Perversion ist weit fortgeschritten in diesem Machwerk. Paulus, Jesus, Luther sind eher eine andere Kathegorie als Freud und Luther. Paulus hat maßgeblich zum Aufblühen dieser Sekte beigetragen, die die kulturelle, religiöse Vielfalt und Toleranz beseitigte, das für Jahrhunderte. Jesus war ein Endzeitprediger, der das Leben gering schätzte, folglich auch nicht an ihm hing. Sollen das Vorbilder sein? Luther hat eine marrode Kirche durch einen neuen Feind erneuert und die Liberalisierungswellen, die auch mit der Korruption einhergingen, aufgehalten, den Europäern einen neuen Grund gegeben, sich zu bekämpfen. Auch er ist in meinen Augen verachtenswert.
stine hat geschrieben:"Du sollst Vater und Mutter ehren, auf dass es dir wohlergehe", ich finde das macht Sinn. Da hat sich ein Verfasser was dabei gedacht. Wahrscheinlich hat er beobachtet oder selber am eigenen Leib erfahren, dass wenn er zu Mutter und/oder Vater nett ist, er viel mehr erreichen kann.
Dieses Gebot leben die Kinder auch heute noch, ohne dass sie es je gehört haben. Oder ist es so selten geworden, dass Kinder ihre Eltern mit allen Tricks um den Finger wickeln?

Ich persönlich liebe meine Eltern, sie hatten selbst wenige Gründe dazu, ihre zu lieben. Das macht nicht immer Sinn. Liebe muss sich verdient werden, auf Biegen und Brechen ist sie nur schädlich, oder einseitig. Der eine mögliche Sinn ist quasi ein "Arschkriech-Gebot", das speziell auf die Eltern bezogen ist, aber übertragbar auf den Chef, den Lehrer, das Staatsoberhaupt, wertlos. Ich muss meine Eltern nicht ehren, ich tue es, weil sie ehrenwert sind. trotzdem darf man Kindern es nicht übel nehmen, wenn sie gaaanz große Augen machen, wenn sie ein neues Spielzeug wollen. =) :blush2:
ujmp hat geschrieben:Jeder Mensch hat irgendwelches Chaos in sich, es ist halt die Frage, wie er damit fertig wird. Religiöse lassen sich auch nicht einfach so etwas beibringen, ganz im Gegenteil, sie sind äußert kritisch gegenüber allem, was ihrem Glauben widerspricht. Die Vernunft muss sich auch nicht dem Glauben unterwerfen. Es ist keineswegs unvernünftig zu an Gott glauben, sondern falsch.

Das kann man als Chaos bezeichnen, es ist aber nunmal nicht das Chaos, das Nietzsche beschrieben hat, ich habe dich darauf hingewiesen, dass Nietzsche nicht nur dieser eine Satz ausmacht. Er hat auch eine gewisse Zielsetzung gehabt, die Problematik, das Chaos/das Dionysische beschrieben. Vernunft ist ein Konstrukt, das die Basis für eine objektive Moral und eine objektive Reife sein soll, die es aber nicht gibt, somit gebe ich dir in gewisser Weise recht.
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Re: Man muss noch Chaos in sich haben, um einen tanzenden St

Beitragvon Katharsis » So 26. Aug 2012, 22:38

ich habe mich nur registriert um hier zu antworten

ich glaube ihr missversteht Nietzsche.
Es geht doch um Gebären im wörtlichen Sinne. Um die Weitergabe von Möglichkeiten.
"Du sollst dich nicht nur fort, aber auch hinaufpflanzen" (oder ähnlich ;) )
Es geht um die Ideologie des Erziehers. Sie soll nicht fest sein, sondern in sich Chaos haben, Grübeln an sich war meines Erachtens bei Nietzsche das Ziel des Philosophierens. Man muss offen sein und doch chaotisch, rein, natürlich.
Tanzen ist bei Nietzsche mit Triumphieren gleichzusetzen. Ein Stern ist was helles, also gutes, was übermenschliches, metaphorisch - irgendwas erstrebenswertes. Ähnlich wie "Star" im heutigen Kontext.

Du sollst dein Kind nicht begrenzen, sondern inspirieren, nur so kann es dich übertreffen.

Und: das Kind muss kein Philosoph werden. Philosoph zu sein ist laut Nietzsche eher wie eine Berufssache. Nietzsche stand z. B. auf die griechische Moral, er hatte das Schicksal eines einfachen Menschen stets vor Augen und hat sich ans Ziel gesetzt den einfachen Menschen so einzurichten, dass er eben seine Einfachkeit überwindet, dass die Mentalität der Gesellschaft das Streben nach dem Höheren als Tugend setzt. Es geht darum, Sterne zu züchten, eine Gesellschaft von Virtuosen zu errichten, dass ist Nietzsches Betrachtung von Menschenliebe.

Ich schließe mich Nietzsche an.
Ich füge nur hinzu, dass die Ziele an sich keinen Zweck haben, dass Virtuosentum auch nur eine Konstruktion ist, nichts absolutes, halt: mein Geschmack.
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Re: Man muss noch Chaos in sich haben, um einen tanzenden St

Beitragvon Darth Nefarius » Mo 27. Aug 2012, 11:30

Hmm, ich erkenne den Widerspruch zu meinen Aussagen nicht. Im Prinzip habe ich das auch so verstanden, allerdings nicht unbedingt nur auf Erziehung bezogen.
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Re: Man muss noch Chaos in sich haben, um einen tanzenden St

Beitragvon xander1 » Mo 27. Aug 2012, 21:00

Katharsis hat geschrieben:"Du sollst dich nicht nur fort, aber auch hinaufpflanzen" (oder ähnlich ;) )

Falls du meinst in Richtung des Sterns, muss ich sagen, dass der Stern nicht unbedingt besser ist.

Katharsis hat geschrieben:Es geht um die Ideologie des Erziehers. Sie soll nicht fest sein, sondern in sich Chaos haben, Grübeln an sich war meines Erachtens bei Nietzsche das Ziel des Philosophierens.

Das ergibt überhaupt keinen Sinn, dass es etwas mit Erziehung zu tun haben soll. Erziehung findet erst nach dem Gebären statt. Nietzsche beschreibt eine Bedingung zum Gebären.

Katharsis hat geschrieben:Man muss offen sein und doch chaotisch, rein, natürlich.

Man muss essen und aufs WC und sonst gar nix.


Katharsis hat geschrieben:Tanzen ist bei Nietzsche mit Triumphieren gleichzusetzen. Ein Stern ist was helles, also gutes, was übermenschliches, metaphorisch - irgendwas erstrebenswertes. Ähnlich wie "Star" im heutigen Kontext.

Ja das passt wohl ganz gut so.

Katharsis hat geschrieben:Du sollst dein Kind nicht begrenzen, sondern inspirieren, nur so kann es dich übertreffen.

Es gibt auch Eltern die wollen das gar nicht, wegen Minderwertigkeitskomplexen ihrerseits.

Katharsis hat geschrieben:Es geht darum, Sterne zu züchten, eine Gesellschaft von Virtuosen zu errichten, dass ist Nietzsches Betrachtung von Menschenliebe.

Wohl eher zu gebären. Von dem was danach geschieht ist keine Erwähnung gemacht worden in dem Zitat.

EDIT:
Außerdem hat Nietzsche selbst keine Kinder gehabt. Noch ein Grund.
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Re: Man muss noch Chaos in sich haben, um einen tanzenden St

Beitragvon Darth Nefarius » Di 28. Aug 2012, 10:19

Ja, er meinte wohl wirklich nur allgemein die notwendigen Fähigkeiten, um schöpferisch tätig zu sein. Also etwas zu haben, das einen wurmt, das einem Probleme verursacht, das Chaos. Der tanzende Stern ist die schöne Schöpfung, die daraus entstehen kann, aus einem Problem, einer Motivation, einem Drang. Das mag nicht spektakulär klingen, ist aber im Kontext zu betrachten. Letztlich geht es darum, dass man selbst eine Art Gott ist, dass man so ein Übermensch wird, ein schöpferisches Wesen.
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