ganimed hat geschrieben:Vollbreit hat geschrieben:Nein, es ist nicht albern, sondern richtig.
:) Also ich gebe zu, das Wort "albern" ist ein wenig zu abwertend. Ihr meint es sicher gut und ich ziehe das Wort zurück. Aber recht habe ich natürlich trotzdem.
Das Wort hat mich nicht gestört, sondern, dass Du in der Tat nicht recht hast.
ganimed hat geschrieben: Vollbreit hat geschrieben:Dein Argument ist: Leute, wir sind alle irgendwie determiniert, darum können wir auf Gründe, Ermahnungen, Drohungen, Strafen, Appelle wie gut oder schlecht gemeint sie auch seien, gar nicht reagieren. Darum hört auf mit den Strafen, sie bringen nichts.
Du hast meinen Punkt noch nicht ganz erfasst, scheint mir. Das Kind kann sehr wohl auf Appelle reagieren.
Ah okay, wodurch? Es kann begreifen, kapieren, schlussfolgern und reagieren?
Warum sollten Du oder ich das dann nicht auch können?
ganimed hat geschrieben:Aber wenn du es beim Kirschen klauen erwischt, dann ist das Kind doch bereits in den Brunnen gefallen. Tja, wenn du eine Zeitmaschine hättest, in die Vergangenheit führest und an das Kind appelierst BEVOR es die Kirschen klaut, dann gebe ich dir recht, dass wenn es dann trotzdem genau wieder diese Kirschen klaute (also beim zweiten Durchlauf, obwohl du doch an es appeliert hast), dann wäre es selber Schuld und verdiente eine Strafe. Aber, jetzt mal ehrlich, hast du eine Zeitmaschine? Ich nicht.
Was Du hier und jetzt kritisierst, ist, dass es unsinnig wäre, jemanden zu bestrafen, der (noch) ghar nicht weiß, dass man keine Kirschen klauen sollte. Das mag gut sein und ist natürlich die Voraussetzung für eine gerechtfertigte Strafe, dass man die Regeln kennt, versteht und einsieht oder einsehen könnte.
Das ist aber nicht der Punkt um den es in der Diskussion um das Thema Willensfreiheit und Strafe geht, da geht es darum, dass behauptet wird, niemand könne anders, als er tut, da er von seinem Gehirn – was irgendwie auf nichts und niemanden, schon gar nicht auf Ansprache und Argumente zu reagieren scheint – ferngesteuert ist.
ganimed hat geschrieben:Also bleibt es dabei, deine Appelle, Gründe, Ermahnungen, Drohungen und Strafen haben entweder gar nicht stattgefunden VOR der Situation S1, oder S1 hat niemals stattgefunden. Wir wissen nicht, wieso das Kind genau H1 ausführte. Wir wissen nur, dass es in der Situation nicht anders handeln konnte. Und dass es deshalb nicht schuld ist.
Klar ist es ein Sonderthema, ob jemand zu bestrafen ist, der nicht wusste, das er x nicht tun darf.
Aber wie gesagt, darum geht es in der Diskussion nicht.
ganimed hat geschrieben: Vollbreit hat geschrieben:Du sagst: Denkt doch mal nach, was ihr macht ist Blödsinn, Strafen bringen es nicht, wir können nicht anders.
Gleichzeitig sagt genau diese Botschaft aber auch: Ändert euer Verhalten. Schafft die Strafen ab. Denkt nach und handelt entsprechend.
Du vernachlässigst hier das Fortschreiten der Zeit. Wenn ich sage "denkt doch mal nach", dann könntet ihr das doch endlich auch mal tun. Und genau dadurch gelangt ihr in 3 Minuten nicht in die Situation S1 (in der ihr eure falsche Meinung hättet und nichts dafür könntet), sondern ihr landet in der Situation S2 (in der sogar ihr einseht, dass ich recht habe, aber auch hier nicht schuld seid).
Wenn ich also rufe "In S1 können wir nicht anders als H1 zu tun", dann ist es kein logischer Widerspruch, wenn ich von euch erwarte, in S2 (jetzt nur noch 2 Minuten) das wesentlich günstigere H2 zu tun.
Du setzt also auf Zeit und Zufall, statt auf Argumente.
Du meinst, wenn Du mir etwas erklärst, was ich nicht verstehe, dann ist es nicht die Kraft Deiner Argumente, die mich dazu bringen könnte zu verstehen, sondern durch Zeit und Zufall könnte es sein, dass sich meine Synapsen irgendwann so verschalten, dass ich unweigerlich erkennen muss, dass Dein Argument stimmt. Glaubst Du das?
Glaubst Du, dass Du selbst nur die Meinung x vertritt, weil Zeit und Zufall Dich dahin gebracht haben und dass man niemanden überzeugen kann? Warum kann das Kind dann auf Appelle reagieren? Und Was schützt uns davor, das wir das zufällig eben Eingesehene nicht bei der nächsten Zufallsverdrahtung wieder vergessen oder eine ganz anderen Einstellung haben? Wie erklärst Du Dir Lernprozesse unter diesen Bedingungen?
ganimed hat geschrieben: Vollbreit hat geschrieben:Du sagst, ändert euch und seht endlich ein, dass der Mensch sich nicht ändern kann.
Ich sage, aus S1 folgt H1 und daher hat man keine Schuld an H1. Und du verstehst daraus, dass ich angeblich behauptet hätte, dass der Mensch sich nicht ändern kann?
Dass der Mensch sich nicht ändern kann, ist gemeinhin das Argument, gegen Strafen.
Wenn Du meinst, jemand hätte durchaus, auch anders gekonnt, warum sollte man ihn dann nicht bestrafen, wenn es gravierend genug ist?
ganimed hat geschrieben:Ich bin ein wenig bestürzt über so viel Missverständnis. Stell dir dein Leben als eine Abfolge von Situationen vor. S1, dann S2 und schwupps, S3. Und schon siehst du, wie sehr du dich ändern kannst. In S1 kannst du NUR H1 tun. Ok. Aber bereits in S2 wäre genau H2 zu tun. H2 ist anders als H1. Je nachdem, was H1 und H2 ist, könnte das bereits eine Riesenänderung sein. H1 ist "Wulff gut finden". H2 sei "Wulff zum Teufel jagen". Du hättest dann deine Meinung um 180 Grad geändert. Ich meine nämlich nicht, dass H1 aus jeder Situation folgt, also sowohl aus S1 als auch S2 und allen nachfolgenden. Das wäre ja Unsinn. Meine Unfreiheit ist sehr punktuell und bezieht sich wirklich nur auf S1. In genau S1 ist nur H1 möglich. In jeder anderen Situation vielleicht schon wieder anderes, aber eben auch dort nur genau ein bestimmtes H (ich weiß nur nicht welches H).
Ich bin überzeugt, dass ich mich ändern kann, aber was in Deiner Darstellung fehlt, ist der Grund, warum man sich ändern sollte. (Du fragtest im anderen Thread Nanna, warum Deskritption nicht als Vorbild einer Ethik dient und dienen kann. Weil genau die Begründung fehlt, warum etwas, was der Fall ist, auch der Fall sein sollte. Schimpansen ziehen mordend über ihre Artgenossen her. Wir stammen vom Schimpansen ab. Also sollten wir mordend über unsere Artgenossen heerziehen?)
Du scheinst wirklich zu glauben, man ändert sich einfach nur so. Den Beruf, die Frau, die Hobbies, eines Morgens wacht man auf, stellt fest, die Synapsen sind anders und das und nur das ist der Grund? Das kennt man bei Hirnverletzungen oder –tumoren, aber so im Alltag…?