Geborgenheit ohne Gott

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Re: Geborgenheit ohne Gott

Beitragvon Nanna » Mi 8. Feb 2012, 23:25

stine hat geschrieben:Es gibt natürlich Menschen, denen der Fernseher und die eigenen 4 Wände genug Geborgenheit bieten, aber es gibt auch viele, denen das nicht reicht und trotzdem können sie nicht auf Familie und Freunde zurückgreifen.

Die Frage ist nur, warum man ausgerechnet den Naturalismus heranzieht, um diese Probleme anzugehen. Eine der großen Stärken - vielleicht nicht aus jedermanns Perspektive - ist doch, dass der Naturalismus keine Heilslehre darstellt. Der Naturalismus macht lediglich Aussagen darüber, wie die Welt ist und sich verhält, man kann innerhalb des Naturalismus Mechanismen erklären - auch Geborgenheit als Emotion, die auf neurologischen Vorgängen basiert, sicherlich -, aber für das Bieten eines kuscheligen Heims ist der Naturalismus schlicht nicht zuständig.

Man kann sich nicht seines eigenen Verstandes bedienen und sich dann darüber beschweren, dass die Wirklichkeit nicht so aussieht wie ein Mandala. Die Wirklichkeit ist grau. Grau heißt nicht trostlos, grau heißt einfach nur grau. Ich habe schon weiter oben ein Angebot gemacht, wie man sich der Herausforderung dieser Grauheit stellen kann, ohne zu verzweifeln. Der erste Schritt dahin ist, dass man die angebliche Lücke, die der Verlust des Konzeptes eines Gottes reißt, einfach mal Lücke sein lässt und stattdessen etwas mit dem macht, was man hat. Eine solide Holzhütte ist besser als ein marmormes Traumschloss, vor allem, wenn man in einem Sumpf wohnt und es da keinen Marmor gibt. Warum wird der Naturalismus dafür verantwortlich gemacht, dass manche Leute sinnlose Hoffnungen und Schwärmereien nicht begraben können? Es gibt doch SO vieles hier. Um es mit Tim Minchins Worten zu sagen: "Isn't this enough? Just this world? Just this beautiful, complex, wonderful, unfathomable natural world? How does it so fail to hold your attention that we have to diminish it with the invention of cheap man-made myths and monsters?"

Der Naturalismus kann aus sich heraus keine Geborgenheit geben. Es ist möglich, innerhalb des Naturalismus das Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit zu entwickeln, aber das ist eine Frage der persönlichen Perspektive. Einem depressiven Alkoholiker wird "Gottes Liebe" auch nicht zwingenderweise Geborgenheit vermitteln, es ist schon auch ein Minimum an Bereitschaft nötig, sich helfen zu lassen; und diese Hilfe kann genausogut von ehrlichen, wohlmeinenden Naturalisten geleistet werden. Die können genauso als Ankerpunkt dienen, indem sie beispielsweise sagen "Mein Freund, die Welt ist hart, aber wir sind da und wir lassen dich nicht allein." Man weiß, beispielsweise aus der Pallativmedizin, dass Menschen in ihren schwersten Stunden vor allem nicht allein sein wollen. Wir sind 7 Milliarden homo sapiens et sentirens, wir werden es ja wohl ohne Gott hinkriegen können, die Einsamkeit zu besiegen.
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Re: Geborgenheit ohne Gott

Beitragvon stine » Do 9. Feb 2012, 09:28

Du tust dem Naturalismus ein wenig unrecht, @Nanna. Ich sehe ihn nicht grau, im Gegenteil :mg: .
Aber natürlich hast du recht dass einem depressivem Alkoholiker Gott alleine auch nicht helfen kann, es braucht menschliche Hilfe.
Und so wie ich @tkarcher verstanden habe ist das genau der springende Punkt: Diese Hilfe gibt es zuhauf bei religiösen Gemeinden, aber nicht bei einem Haufen verstreuter Atheisten. Und so ist seine Frage nach einer tragenden Gemeinschaft schon ein wenig berechtigt.

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Re: Geborgenheit ohne Gott

Beitragvon laie » Do 9. Feb 2012, 11:40

Nanna hat geschrieben:Wir sind 7 Milliarden homo sapiens et sentirens, wir werden es ja wohl ohne Gott hinkriegen können, die Einsamkeit zu besiegen.


Weckt bei mir eine Assoziation an das Brecht Stück "Im Dickicht der Städte", wo ein Geschäftsmann einem anderen den Kampf erklärt, um wenigstens ein bisschen Geborgenheit über den Kampf zu finden. Ich hab das Stück vor vielen Jahren einmal gesehen, vieles vergessen, aber ein Bild ist mir in Erinnerung geblieben: daß, wenn wir alle wie auf einem Sklavenschiff dicht an dicht liegen, die Kälte zwischen uns dennoch so gross sei, daß wir alle erfrieren würden
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Re: Geborgenheit ohne Gott

Beitragvon Celtic » Do 9. Feb 2012, 17:36

Das Christentum hatte in Europa Jahrhunderte lang das Monopol, den Menschen die Welt zu erklären: Da gab es einen Gott, der die Welt erschaffen und den Menschen in der Bibel sehr ausführliche Anweisungen gegeben hat, wie sie leben sollen. Weiter gibt es viele Geschichten von Menschen, die danach gelebt haben (und belohnt wurden). Und es gibt natürlich auch ein paar Geschichten von Menschen, die nicht nachach gelebt haben - und die Konsequenzen tragen mußten. Es wird erzählt, wie das Böse auf die Welt kam und warum der Mensch ein hartes Leben führen muss. Vor 2000 Jahren kam Gott persönlich in Gestalt von Jesus auf die Welt und versöhnte durch seinen Tod am Kreuz die "abgefallene" und sündige Menschheit wieder mit sich selbst. (Über Logik und Unlogik von Theologie wollen wir hier besser nicht streiten.) In der Tradition der Apostel und Jünger entstand schließlich die Kirche als "verlängerter Arm Gottes in der Welt", die das Monopol auf Auslegung der heiligen Schriften hat und den Gläubigen die Welt erklärt.

Wenn man es unkritisch betrachtet, ist das ein in sich stimmiges Weltbild - und nicht wenige Menschen leben danach. Die Gemeinschaft mit anderen Christen vermittelt ein Gefühl von Geborgenheit, außerdem kann man darauf vertrauen, daß es einen Gott gibt, der alles zum Guten wendet. So wie Eltern zu ihrem Kind sagen "Alles wird gut...", wenn es hingefallen ist.

Das naturalistische Weltbild ist im Vergleich dazu in der Tat irgendwie kalt und nüchtern. Da gibt es keine Übernatürliche Macht, die in mein Leben eingreift und mich auf meinem Lebensweg führt. Da gibt es niemanden, der die Welt sinnvoll eingerichtet hat und überwacht, daß alles seine Ordnung behält. Da gibt es auch keine Gemeinschaft um einen Abendmahlstisch, an dem man sich mit Gleichgesinnten trifft. Ich kann sehr gut nachvollziehen, daß vielen Menschen bei diesen Gedanken gar nicht wohl ist.

Aber inzwischen hat die Kirche ihr Welterklärungs-Monopol verloren. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse sind für jeden zugänglich - und die Annahme eines allmächtigen und gütigen Gott ist angesichts der Zustände auf unserer Erde nicht mehr ohne weiteres möglich. Auf dieses Problem haben die Theologen zwar eine ganze Reihe von Antworten versucht - aber keine davon ist für mich (mehr) plausibel und akzeptabel.

Für ein naturalistisches Weltbild braucht man ziemlich viel Mut: Einmal muß man sich bewußt gegen die Weltsicht der Kirche (in die man aufgewachsen ist) entscheiden. Und man muß sich mit dem Gedanken anfreunden können, daß einem in den Krisenzeiten des Lebens kein gütiger Gott zur Seite steht. Man muss sich seine Lebens-Begleiter wohl oder übel selbst suchen.

Ich hatte schon immer Freunde, die mit Kirche überhaupt nichts anfangen können. Und die trotzdem kein sinn-loses oder einsames Leben führen. (Genausowenig wie Christen automatisch ein sinn-erfülltes Leben führen!) Es gibt jede Menge Möglichkeiten, Gemeinschaft zu erleben und zu pflegen.

Als Ausgleich für den Verlust der "christlichen Nestwärme" bekommt habe ich eine wesentlich größere Freiheit bekommen und kann mir eigenes Bild von der Welt entwerfen. Das ist mir zur Zeit mehr wert, als das Gefühl der Geborgenheit.

Bei den Brights finde ich es angenehm, daß es keine Dogmen und damit keinen Zwang oder Denkverbote gibt. Deshalb sind die Brights als Sammelbecken eine sinnvolle und faszinierende Ansammlung von Individuen. Wenn man versuchen würde, daraus eine organsierte Bewegung zu machen, würde sich der Charakter der Gemeinschaft "Brights" deutlich verändern.
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Re: Geborgenheit ohne Gott

Beitragvon laie » Do 9. Feb 2012, 18:25

Celtic hat geschrieben:Das Christentum hatte in Europa Jahrhunderte lang das Monopol, den Menschen die Welt zu erklären: Da gab es einen Gott, der die Welt erschaffen und den Menschen in der Bibel sehr ausführliche Anweisungen gegeben hat, wie sie leben sollen. Weiter gibt es viele Geschichten von Menschen, die danach gelebt haben (und belohnt wurden). Und es gibt natürlich auch ein paar Geschichten von Menschen, die nicht nachach gelebt haben - und die Konsequenzen tragen mußten. Es wird erzählt, wie das Böse auf die Welt kam und warum der Mensch ein hartes Leben führen muss. Vor 2000 Jahren kam Gott persönlich in Gestalt von Jesus auf die Welt und versöhnte durch seinen Tod am Kreuz die "abgefallene" und sündige Menschheit wieder mit sich selbst. (Über Logik und Unlogik von Theologie wollen wir hier besser nicht streiten.) In der Tradition der Apostel und Jünger entstand schließlich die Kirche als "verlängerter Arm Gottes in der Welt", die das Monopol auf Auslegung der heiligen Schriften hat und den Gläubigen die Welt erklärt.


Bringst Du hier nicht einiges, zumindest aber AT und NT durcheinander? Wo stehen im NT "sehr ausführliche Anweisungen, wie sie (die Menschen, meine Ergänzung) leben sollen?" Im AT ja, das stimmt, da gibt es eine Vielzahl solcher Vorschriften (irgendwer ist einmal auf über 600 derartiger Vorschriften gekommen). Das NT zeichnet sich gerade dadurch aus, dass solche Vorschriften ("das Gesetz") nicht mehr wichtig sind, bzw. nur noch den Zweck haben, dem Menschen auf sein prinzipielles Schuldigwerden hinzuweisen ("Denn durch das Gesetz kommt Erkenntnis der Sünde.", Paulus, Römerbrief, 3). Entscheidend ist gerade, daß Vorschriften, Gängelungen aller Art, kurz: "das Gesetz", welches niemand erfüllen kann, durch den Glauben an die Gnade abgelöst wurden. Deshalb sind wir auch erlöst, sagt man.

"Weiter gibt es Geschichten von Menschen, die danach gelebt haben (und belohnt wurden)" Meinst du, es reicht aus, irgendwelche Gebote und Vorschriften zu befolgen, um dann "einen Lohn" zu erhalten? Kennst du nicht die Worte "Eure Opfer ekeln mich und eure Musik ist in meinen Ohren Geplärr." (Amos 5, 21-24). Weißt du etwa nicht, was Jesus sagt: "Über weniges warst du treu, über vieles werde ich dich setzen?" (Matth. 25, 14-30)

Weil du im Kleinen getreu gewesen bist, will ich dir etwas geben: eine größeres Aufgabe!

Der Lohn besteht also nicht im Ausruhen oder in einem materiellen Gut, sondern in einer noch größeren Aufgabe. Darin besteht die Geborgenheit aus christlicher Sicht. Welche Aufgabe ist das nun? Die Nächstenliebe, nicht mehr und nicht weniger.
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Re: Geborgenheit ohne Gott

Beitragvon webe » Do 9. Feb 2012, 22:42

Die Religion war für manche einfache Leute - wie für mich- die wissenschaftliche Erklärung auf Ereignisse wie Erdbeben, Kriege, Krankheiten unsw., u die eine Gottanbetung vereinfachte das ganze Prinzip in Richtung Überschaulichkeit. Und wer es nicht so akzeptieren wollte, denn ergriffen die furchtbarsten Strafen, somit wart ein Ausscherren kaum möglich. Gab es bestimmte Gebiete, die ein anderes Denken erlaubten, abe rdann durch Kriege unterworfen wurden, war somit auch die Religionsfreiheit grösstenteils flöten gegangen. Die Religion hat genauso wie die NS-Geschichte ihre Opferwelle. Deshalb würde ich diese Kircxhen als Verbrechersyndikat den Garraus machen: Sie verbieten.
Nicht ihre Religion, aber ihre Instution. Jene, die in das Mittelalter hinreichen, sei es evangelisch od kath.. Sie haben Zwang ausgeübt, u sind dh wie die NS, nur in diesem verbrecherischem Sinne ein Teil unserer Kulrtur.

Hier´denke ich an die Opfer: Der Kirchen- , einschliessl. auch Martrin-Luther-Bösewicht- u NS-Zeit, u schäme mich dafür, dass NS-ler unseren Staat BRD unbescholten mitaufbauen durften! Pfui Deufel!!
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Re: Geborgenheit ohne Gott

Beitragvon Darth Nefarius » Fr 10. Feb 2012, 13:51

stine hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Die ganzen Streetworker und Psychotherapeuten werden die entsprechenden Aufgaben besser, ohne Indoktrination ausführen.
Bist du da ganz sicher?
@tkarcher weist ganz bewusst darauf hin, dass nicht jeder ein intaktes Familienleben hat und auch soziale Netzwerke kein Garant für soziale Geborgenheit sind. Es gibt natürlich Menschen, denen der Fernseher und die eigenen 4 Wände genug Geborgenheit bieten, aber es gibt auch viele, denen das nicht reicht und trotzdem können sie nicht auf Familie und Freunde zurückgreifen.
@Darth Nefarius: erkundige dich mal bei der Telefonseelsorge, wie heiß die Drähte dort laufen, sobald die Nacht anbricht, dann weißt du, wieviele Menschen sich nach einer Gemeinsachft sehnen.

Ich bestreite ja nicht, dass es solche Menschen gibt, nur, dass es nicht die Aufgabe des Atheisten ist, jemandem Honig um den Bart zu schmieren, es dafür gerade Seelsorger gibt, ggf. auch die religiösen. Meine Prämisse sit es nicht, den Menschen Gebrogenheit zu geben, sondern einfach nur für mich ein logisches Weltbild zu erschaffen, das sich mit den Beobachtungen deckt. Von einem Zahnarzt kannst du auch nict verlangen, dass er dich tröstet, das ist nicht sein Metier:
Nanna hat geschrieben:Die Frage ist nur, warum man ausgerechnet den Naturalismus heranzieht, um diese Probleme anzugehen. Eine der großen Stärken - vielleicht nicht aus jedermanns Perspektive - ist doch, dass der Naturalismus keine Heilslehre darstellt. Der Naturalismus macht lediglich Aussagen darüber, wie die Welt ist und sich verhält, man kann innerhalb des Naturalismus Mechanismen erklären - auch Geborgenheit als Emotion, die auf neurologischen Vorgängen basiert, sicherlich -, aber für das Bieten eines kuscheligen Heims ist der Naturalismus schlicht nicht zuständig.

stine hat geschrieben:Diese Hilfe gibt es zuhauf bei religiösen Gemeinden, aber nicht bei einem Haufen verstreuter Atheisten. Und so ist seine Frage nach einer tragenden Gemeinschaft schon ein wenig berechtigt.

Nein, einfach nicht zuständig für.
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Re: Geborgenheit ohne Gott

Beitragvon ujmp » So 12. Feb 2012, 00:08

Die Menschen haben Angst, ihre religiösen Krücken wegzuwerfen, weil sie befürchten, den Halt zu verlieren. Es ist aber vielmehr so, dass sie ohne Krücken viel besser laufen könnten. Die Kirchen sagen "benutze deine Beine nicht - siehst du, dir wird ja schon schwindelig!" Und weil man die Arme zum Gehen braucht, kann man die Hindernisse, die den Weg versperren, nicht selbst wegräumen.

Die Religion selbst ist das Problem, dessen Lösung sie zu sein vorgibt. Sie redet uns Bedürfnisse ein, die wir gar nicht haben und bietet uns gegen Entgeld deren Befriedigung an. (Die Religion wäre sofort am Ende, wenn man verbieten würde, seinen Lebenunterhalt damit zu verdienen)
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Re: Geborgenheit ohne Gott

Beitragvon stine » So 12. Feb 2012, 11:36

Die Menschen haben Angst, ihre linken Krücken wegzuwerfen, weil sie befürchten, den Halt zu verlieren. Es ist aber vielmehr so, dass sie ohne Krücken viel besser laufen könnten. Die Linken sagen "benutze deine Beine nicht - siehst du, dir wird ja schon schwindelig!" Und weil man die Arme zum Gehen braucht, kann man die Hindernisse, die den Weg versperren, nicht selbst wegräumen.

Die Linken selbst sind das Problem, dessen Lösung sie zu sein vorgeben. Sie reden uns Nöte ein, die wir gar nicht haben und bieten uns gegen Entgelt deren Beseitigung an. (Die Linken wären sofort am Ende, wenn man verbieten würde, seinen Lebenunterhalt damit zu verdienen)

:mg: stine
(Tut mir leid, aber mir war mal wieder danach...)
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Re: Geborgenheit ohne Gott

Beitragvon Arathas » Di 14. Feb 2012, 14:06

Darth Nefarius hat geschrieben:
stine hat geschrieben:Diese Hilfe gibt es zuhauf bei religiösen Gemeinden, aber nicht bei einem Haufen verstreuter Atheisten. Und so ist seine Frage nach einer tragenden Gemeinschaft schon ein wenig berechtigt.

Nein, einfach nicht zuständig für.


Oder aber: Atheisten/Naturalisten bräuchten zum Zwecke der tragenden Gemeinschaft ein ganz anderes Konzept als das der "Kirche voller Menschen, die zuhören wollen und einem vornedran, der seine Weltanschauung zum besten geben möchte".

Allein der Denkansatz, "religiöse Gemeinschaft" eins zu eins zu "naturalistische Gemeinschaft" ummünzen zu wollen, geht (für mich) in die falsche Richtung. Eine Kopie der bisherigen religiösen Strukturen einfach innerhalb einer atheistischen Gemeinschaft abbilden zu wollen, wäre auf jeden Fall nichts, womit ich etwas anfangen könnte. Und ich vermute, ich spreche da nicht nur für mich, sondern es wird auch andere Atheisten geben, die nichts auf einer Veranstaltung anfangen können, wo vorne jemand dransteht und behütend "seine" Schäfchen bewacht.

Gut, mir fehlt auch nichts in meinem Atheistentum, von daher kann ich schlecht mitreden. Es gibt sicherlich Atheisten, denen es an Glück, Geborgenheit, Selbstvertrauen oder Liebe mangelt, und vielleicht wäre eine bestimmte Art der Gemeinschaft tatsächlich das beste, was denen passieren könnte, aber ich wüsste momentan nicht, wie die am besten aussehen sollte. Aber wie eine Kirche, nur mit übergeworfenem Atheistenmantel, eher nicht.
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Re: Geborgenheit ohne Gott

Beitragvon stine » Di 14. Feb 2012, 16:31

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Re: Geborgenheit ohne Gott

Beitragvon tkarcher » Di 14. Feb 2012, 16:40

Arathas hat geschrieben:Eine Kopie der bisherigen religiösen Strukturen einfach innerhalb einer atheistischen Gemeinschaft abbilden zu wollen, wäre auf jeden Fall nichts, womit ich etwas anfangen könnte.

Ich genausowenig.
Arathas hat geschrieben:Vielleicht wäre eine bestimmte Art der Gemeinschaft tatsächlich das beste, was denen passieren könnte, aber ich wüsste momentan nicht, wie die am besten aussehen sollte.

Ich weiß es auch nicht und halte es auch für unrealistisch und vermessen, hier mit dem Anspruch in die Diskussion zu gehen: "Wir wissen, was das Beste für alle Atheisten/Naturalisten ist und planen jetzt auf dem Reissbrett eine tragfähige Atheisten-Gemeinschaft." Ich suche nur nach Ideen, wie sich einzelne, wertvolle Aspekte des kirchlichen Lebens in eine weltliche Lebensweise übertragen lassen.
Arathas hat geschrieben:Mir fehlt auch nichts in meinem Atheistentum.

Das ist super, und ich will dir jetzt auch bestimmt nichts einreden, aber ich bin einfach neugierig: Meine Familie und auch die religiösen Freunde orientieren sich sehr stark an kirchlichen Festen und Feiertagen: Man trifft sich zu Taufen, Konfirmationen und Hochzeiten(*), erkundigt sich nicht nur zum Geburtstag, sondern zumindest auch zu Weihnachten und Ostern mal nach dem Befinden der Tanten, Onkel, Paten und Freunde ... Fehlt dir das nicht, oder habt ihr in eurer Familie / eurem Freundeskreis einen adäquaten Ersatz dafür gefunden?

*) Und bevor jetzt jemand sagt "Das geht doch auch standesamtlich!": Ich habe auch standesamtlich geheiratet, und es war die trostloseste Zeremonie, die ich je erlebt habe! Ich bin jedenfalls sehr froh, dass ich die dem Großteil meiner Freunde und Verwandten erspart habe...

@stine: Danke für den Tipp! Ich hatte bei den "freireligiösen" tatsächlich bisher auch immer nach dem Wort "religiös" aufgehört zu lesen. Aber das hört sich wirklich vielversprechend an!
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Re: Geborgenheit ohne Gott

Beitragvon stine » Di 14. Feb 2012, 17:56

tkarcher hat geschrieben:Ich hatte bei den "freireligiösen" tatsächlich bisher auch immer nach dem Wort "religiös" aufgehört zu lesen.
Frei-Religiös scheint was anderes zu sein, als Frei-Kirchlich.
Freikirchler sind tatsächlich gläubige Christen.

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Re: Geborgenheit ohne Gott

Beitragvon mat-in » Mi 15. Feb 2012, 08:07

Was bei einem Freund in Schweden ganz gut funktioniert (gut, da kommt noch der Humanistische Gedanke dazu, nicht nur Atheismus als negativeigenschaft) sind wohl übliche Rituale die der Mensch sicht wünscht durchzuführen ohne Gott. Dort gibt es Namensgebungszeremonien wenn man seinem Kind in großer Feier einen Namen gibt, eine Jugenddings in dem sich Jugendliche in angemessenem Alter in dem man selbst denkt aus eigenem Antrieb dafür entscheiden für den Humanismus einzutreten, Eheschließungen bis hin säkulare Trauerreden.

Was fehlt dann noch in den Ritualen? Gemeinsamer Drogengenuß (Weihrauch) bei Orgelmusik... das bekommen wir auch noch hin. ;)
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Re: Geborgenheit ohne Gott

Beitragvon Arathas » Do 16. Feb 2012, 09:51

tkarcher hat geschrieben:erkundigt sich nicht nur zum Geburtstag, sondern zumindest auch zu Weihnachten und Ostern mal nach dem Befinden der Tanten, Onkel, Paten und Freunde ... Fehlt dir das nicht, oder habt ihr in eurer Familie / eurem Freundeskreis einen adäquaten Ersatz dafür gefunden?


Meinen Freundeskreis hab ich mir selbst ausgesucht und von daher sind da (natürlich) nur Leute drin, die ich mag - und ergo brauch ich selbstverständlich keine vorgeschobenen Feiertage oder Termine, um sie zu sehen. Mein Freundeskreis (einschließlich meiner Freundin, die ja genauso zum Freundeskreis gehört) ist für mich meine Familie. Und falls jemand aus meinem Freundeskreis tatsächlich mal religiöse Feiern begeht/veranstaltet (Hochzeit beispielsweise), habe ich auch kein Problem damit, da hinzugehen, ihm oder ihr zuliebe. Wichtig dabei ist, dass da ja dann auch die Leute sind, wegen derer ich da hingehe. Der Anlass wird somit (für mich) zur Nebensächlichkeit. Ich gehe zur kirchlichen Hochzeit eines Freundes, weil sich dort - wenn auch in einer Kirche - ein Freund von mir befindet. So einfach halte ich das. ;-)

Meine Familie dagegen hab ich mir nicht ausgesucht, und die meisten von denen sehe ich so gut wie nie, weil ich mit vielen nix anfangen kann. Und einige ganz offen nicht leiden kann. Gibt natürlich Ausnahmen: Meine Omi liebe ich von ganzem Herzen, und die besuche ich wiederum, so oft es mir möglich ist. Was Onkels, Tanten etc. angeht: Hier vermeide ich persönliche Treffen, so gut es geht, die meisten hab ich seit Jahren nicht gesehen und nichts von ihnen gehört (OK, leben auch alle 600 km entfernt von mir, nur meine Eltern wohnen in einem 20-km Radius).

Also: Nein, mir fehlt da gar nichts. Die Personen, die ich mag, habe ich gern und so oft wie möglich um mich herum, die anderen können mir, hart ausgedrückt, gestohlen bleiben, ganz egal, ob sie Familie sind oder nicht.
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Re: Geborgenheit ohne Gott

Beitragvon mat-in » Do 16. Feb 2012, 10:27

tkarcher hat geschrieben:Meine Familie und auch die religiösen Freunde orientieren sich sehr stark an kirchlichen Festen und Feiertagen: Man trifft sich zu Taufen, Konfirmationen und Hochzeiten(*), erkundigt sich nicht nur zum Geburtstag, sondern zumindest auch zu Weihnachten und Ostern mal nach dem Befinden der Tanten, Onkel, Paten und Freunde ... Fehlt dir das nicht, oder habt ihr in eurer Familie / eurem Freundeskreis einen adäquaten Ersatz dafür gefunden?

Natürlich gibt es in meiner familie auch religiöse feste (sind ja nicht alle so aufgeklärt, je älter sie sind, desto...) aber ich habe am Wochenende mit meinen Eltern und vorgestern mit meiner Großmutter telefoniert. War das falsch? Hätte ich auf einen Feiertag warten sollen? Tut mir leid... :mocken:
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Re: Geborgenheit ohne Gott

Beitragvon Vegan33 » Mo 27. Feb 2012, 15:02

Nun, das ist... eh... schwer. Tatsächlich gibt es nur wenige Menschen die ohne Gott Geborgenheit empfinden, aber selbst wenn man dadurch das man die Wahrheit erkennt Depressiv wird muss man einsehen das die Wahrheit eben schmerzt. Mir wäre es auch lieber wie ein Tier zu leben, anscheinend gibt es in der Tierwelt weder diese Frage noch Depressionen, warum eigentlich? Egal, darum geht es Ja nicht.

Ich für meinen Teil komme auch nur bedingt damit klar, aber auch mit Religionsglauben wäre Ich nicht glücklich genug. Selbst damals, als Ich an Gott geglaubt habe wollte Ich niemals in die Welt der Seelen ( oder so, was? ), sondern in der Materiellen Welt auf Ewig leben. Das will Ich heute noch und nur das würde mir Geborgenheit geben...
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Re: Geborgenheit ohne Gott

Beitragvon mat-in » Mo 27. Feb 2012, 19:34

Klar gibt es in der Tierwelt fälle von Depression. Bei Menschenaffen, bei Hunden...

Aber ja, erwachsen werden und aufzuhören an den Weihnachtsmann oder Gott zu glauben schmerzt. Kurz. Dann ist die Welt anders und auf andere Art und Weise viel interessanter.
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Re: Geborgenheit ohne Gott

Beitragvon Arathas » Di 28. Feb 2012, 11:21

Vegan33 hat geschrieben:sondern in der Materiellen Welt auf Ewig leben. Das will Ich heute noch und nur das würde mir Geborgenheit geben...


Hab ich dich nun falsch verstanden? Dein Satz klingt so, als würdest du sagen, dass du nur Geborgenheit empfinden würdest, wenn du ewig leben könntest (in dieser Welt)?

Was hat denn Geborgenheit mit ewigem Leben zu tun?

Und zudem: Hast du schonmal wirklich darüber nachgedacht, was ewiges Leben für dich bedeuten würde? Würdest du das tatsächlich wollen? Alles, was einem wichtig erscheint, ist doch deshalb wichtig, weil man eben nicht ewig lebt. Was wäre dir z.B. noch wichtig, wenn du ewig leben würdest? Was gäbe es, was du nicht auf morgen (oder irgendwann in zehntausend oder acht Millionen Jahren) verschieben könntest?
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Re: Geborgenheit ohne Gott

Beitragvon stine » Di 28. Feb 2012, 13:30

Arathas hat geschrieben:Was gäbe es, was du nicht auf morgen (oder irgendwann in zehntausend oder acht Millionen Jahren) verschieben könntest?
Die Freunde besuchen, die alle wegsterben? :wink:

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