"Die Feinde der Vernunft"

Re: "Die Feinde der Vernunft"

Beitragvon Teh Asphyx » Mi 23. Nov 2011, 20:36

@ Zappa

Nein, das habe ich nicht missverstanden. Das was Du schreibst ist mir schon klar, aber es ändert ja nichts daran, dass fallende Ziegel und Menschen, die aus dem Fenster im 24. Stock springen Beispiele aus dem Bereich des „Common Sense“ sind (und halt unabhängig von der Entdeckung der Gravitation) und irgendwie am eigentlichen Problem der Diskussion völlig vorbei gehen, ob es jetzt wie hier um Quantenphysik geht oder um Diskursivität bei Sokal.

Es gibt ja bei amerikanischen Kreationisten immer wieder dieses dämliche Argument, wenn sie nicht wollen, dass die Evolutionstheorie ein Bestandteil des Schulunterrichts ist, die Evolutionstheorie sei ja „nur“ eine Theorie, was dann eben wirklich ein fundamentales Missverständnis ist (wobei ich unterstelle, dass das kein wirkliches Missverständnis ist, sondern die, die diese Argumentation immer wieder wiederholen, durchaus wissen, dass eine Theorie mehr als „nur“ ist). Natürlich ist eine wissenschaftliche Theorie weitaus mehr als einfach eine Idee, irgendwas könnte so und so sein, sondern die anhand der gegebenen Fakten plausibelste Erklärung und umso besser, wenn sie sogar für die Praxis zu gebrauchen ist.

@ Nanna

Weiß ich nicht, da ich mich mit beiden noch nicht so recht befasst habe.
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Re: "Die Feinde der Vernunft"

Beitragvon Gandalf » Fr 25. Nov 2011, 21:26

Teh Asphyx hat geschrieben:
Der Witz an der Sache ist der, dass beides keine wissenschaftlichen Argumente sind, sondern sehr triviale und bestenfalls „belegen“ können, dass hier triviale Gedanken zumindest für das praktische Leben sehr nützlich sein können.
.


Du spielst auf das Induktionsproblem an.

Dies wurde zwar von Popper gelöst, aber im Alltag scheren wir uns regelmäßig wenig darum und entscheiden aus "dem Bauch heraus" und verhalten uns intuitiv entsprechend meist sogar richtig.

Demgegenüber unterliegen gerade Intellektuelle einem Kryptoinduktivismus, der nicht auf den ersten Blick zu erkennen ist.
Sie verwechseln eine wissenschaftstheoretisch notwendige Begründung mit einer Herleitung, die sie für erforderlich halten. (@nanna ^^ ;))
Kryptoinduktivismus klingt wissenschaftlich - , kann teilweise wissenschaftlich sein, - ist es aber nicht (nicht nach der wissenschaftlichen Erkenntnistheorie nach Popper)

Herleitungen werden regelmäßig an (Hoch-)Schulen gelehrt (bzw. "angeboten"), taugen aber selbst nicht dazu Probleme zu lösen, da sie auf Induktionen beruhen
Eine Begründung beruht dagegen nicht auf etwas anderem und wird nicht durch etwas anderes gerechtfertigt, sondern dient allein der Problemlösung (sowohl im "Hausgebrauch" als auch in der Wissenschaft selbst)

Verlaufsprozess einer wissenschaftlichen Entdeckung (einschließlich Problemlösung für den Hausgebrauch)

...--> Problem --> vermutete Lösung --> vernünftige Kritik einschließlich experimenteller Überprüfung ---> Ersetzung falscher Theorien --> neues Problem --->.....

Eine Begründung ist nichts anderes als eine 'vermutete Lösung' in dem Prozess und sollte einen 'hohen Erklärungswert' haben. (was aber nicht gleichzusetzen ist mit "Herleitung")
Hier ist übrigens auch erkennbar, das Instrumentalismus (und Positivismus) keine wissenschaftlichen Philosophien sind - sie liefern "null" Erklärungswert, bzw. rühmen sich auch noch damit, das sie nichts erklären können.

Bsp.:
Emergente Phänomene zeichnen sich dadurch aus, das sie nicht aus Einzelkomponenten herleitbar sind.
Hier ist es offensichtlich, das eine Herleitung unsinnig ist und man nur mit Begründungen (Erklärungen) weiterkommen kann. (Instrumentalismus versagt naturgemäß völlig)

Geht man unsinnigerweise davon aus, das es eine Trennung zwischen mikro- und makrokosmischen Phänomenen gibt, könnte man leicht zu dem (induktiven) Schluss gelangen, das emergente Phänomene selten in der "harten" Physik anzutreffen sind und sich regelmäßig nur auf auf "weichere" Naturwissenschaften (wie z.B. Biologie) beschränken.

Nimmt man jedoch die Erkenntnisse der Quantenphysik ernst, geht das direkt "in die Hose": Die Kombination von Beobachtetem mit dem Beobachter ist 'Emergenz in Aktion'.
Die meisten, die mich hier kennen, wissen, das ich die Quantenmechanik entlang der "Multiversums-Theorie" als Erklärungsansatz ("vemutete Lösung") einsetze. (und glauben wohl, das ich spinne) Was sie aber regelmäßig nicht vermuten, ist, das ich diesen Erklärungsansatz universell auf nahezu alle Phänomene, die ich zu beschreiben versuche (immer mit) anwende. Daher zurück zur Eingangsfrage ...

sinngemäß: Ist die Flugbahn eines Ziegelsteines einem Naturgesetz geschuldet oder einer subjektiven Wirklichkeit?

... die ich zunächst mal auf einer anderen Eben aufwerfe, die vlt etwas übersichtlicher ist

Inwieweit ist die Höhle des Bären ein Teil des "Quantensystems Bär"?
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Re: "Die Feinde der Vernunft"

Beitragvon Gandalf » Fr 25. Nov 2011, 21:34

...weil es heir beseser passst und die 'Rechnung noch offfen ist'

stine hat geschrieben:Kann es sein, dass dieser David Deutsch ein wenig verrückt ist?
Esoterikern und Gottgläubigen sagt man nach, dass sie eine schizoide Persönlichkeitsstörung haben. Vielleicht hat so jemand das auch, aber weil er prinzipiell den Wissenschaften dient, kommt sowas für ihn nicht in Frage.

Ich glaube nicht, dass es viele Menschen gibt, die ihm folgen können.

Ich traue mir zu, ihm zu folgen - auch wenn ich ihm nicht überall hinfolge :ops:

D. Deutsch gilt in der Szene als eine Art "Rockstar". Einem der bekanntesten dt. Quantenphysiker (Erfinder der "Dekohärenz") kann man wohl diese "schizoiditat" nicht vorwerfen, wenn er meint das man die "Viele-Welten-Theorie" in der Quantenphsik 'braucht': http://www.rzuser.uni-heidelberg.de/~as ... Welten.pdf

Grüße
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Re: "Die Feinde der Vernunft"

Beitragvon Teh Asphyx » Fr 25. Nov 2011, 21:46

@ Gandalf

Ich weiß nicht, ob das passt, aber ich habe eine Beziehungstheorie, die zumindest analog zur Quantenphysik aufgebaut ist. Die Idee kam mir so, als ich mir einen Vortrag von Hans-Peter Dürr ansah und er erzählte, dass Materie unscharf sei und letztendlich nur die oszillierende Beziehung (wobei er da ja Substantive vermeidet), also das zwischen als wirklich zu betrachten ist.
Mir ist da irgendwie klar geworden, dass das im Makrokosmos eigentlich ähnlich ist und bin dadurch auf einen ähnlichen Ansatz gekommen, wie Derrida mit der Dekonstruktion (die Ähnlichkeit fiel mir erst später auf, weil ich damals über Derrida noch nicht so gut bescheid wusst), also dass es außerhalb des Kontexts nichts gibt. Alles wird durch Kontext (ich habe es „Beziehungen“ genannt) überhaupt erst. Da kam ich dann auch drauf, dass Menschen, Persönlichkeiten, Charakter, was auch immer, ebenso unscharf sind und eben nur aufgrund dessen was dazwischen ist, existieren und diese Beziehungen eben das eigentlich reale darstellen.
Meine Frage, da Du Dich mit Quantenphysik weitaus besser auszukennen scheinst als ich, wäre jetzt, ob das nur eine Analogie ist oder ob es dem entspricht, was Du meinst, wenn Du sagst, dass Du die Quantentheorie auch als Erklärungsansatz auf den Makrokosmos anwendest?
Für einen Spinner werde ich natürlich deswegen auch gehalten, bin aber auch erst ziemlich am Anfang meiner Arbeit, das wird noch alles fundierter begründet.
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Re: "Die Feinde der Vernunft"

Beitragvon Myron » Fr 25. Nov 2011, 22:15

Es gibt keine Beziehungen ohne aufeinander bezogene Dinge; und ich bezweifle, dass sich das Sosein von Dingen in deren Beziehungen zu anderen Dingen erschöpfen kann. Dinge müssen innerliche Eigenschaften haben, um überhaupt da zu sein; denn was nichts in sich ist, ist nicht.
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Re: "Die Feinde der Vernunft"

Beitragvon Teh Asphyx » Sa 26. Nov 2011, 00:28

Myron hat geschrieben:Es gibt keine Beziehungen ohne aufeinander bezogene Dinge; und ich bezweifle, dass sich das Sosein von Dingen in deren Beziehungen zu anderen Dingen erschöpfen kann. Dinge müssen innerliche Eigenschaften haben, um überhaupt da zu sein; denn was nichts in sich ist, ist nicht.


Eben das könnte aber auch ebenso gut ein Trugschluss sein. Die klassische Frage der Metaphysik, „Warum gibt es überhaupt seiendes und nicht vielmehr nichts?“ (habe die Formulierung von Martin Heidegger übernommen) lässt sich nicht vom Seienden, sondern nur vom Nichts aus beantworten. Aus dem Nichts kann Seiendes erst aus der Beziehung heraus entstehen (und bleibt letztlich unscharf). Die Richtigkeit dieser Herangehensweise sollte sich durch die Praxis bestätigen oder widerlegen, aber nicht durch einfache erstmal plausibel wirkende Annahmen.
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Re: "Die Feinde der Vernunft"

Beitragvon Myron » Sa 26. Nov 2011, 03:18

Zwischen dem Seienden und dem Nichtseienden gibt es keine realen, nicht rein intentionalen Beziehungen.
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Re: "Die Feinde der Vernunft"

Beitragvon ujmp » Sa 26. Nov 2011, 09:32

Gandalf hat geschrieben:Du spielst auf das Induktionsproblem an. ...

Der oberen Hälfte von dem, was du da schreibst, stimme ich zu. Ich meine aber, dass man das nur schwer verständlich machen kann, wenn man mit den alten Begriffen operiert. Zumindest primär ist m.E. der eigentliche Knackpunkt immer ein "Modell" - der Ausdruck trifft es m.E. am besten. Eine Hypothese ist ein Modell. Wissenschaft heißt: Modelle testen. Aber auch: Modelle aufstellen. - Und da bleibt uns nichts anderes übrig als bekannte Modelle zu variieren. Wenn man noch verstanden hat, dass diese Modelle aus nicht anderem gebaut sein können, als das was dem menschlichen Organismus durch seine Sensorik zur Verfügung steht, versteht man auch dass sich unser Wissen maximal auf die Nische bezieht mit der dieser Organismus wechselwirkt und darin nur auf den Teil, für den seine Sensorik empfindlich ist. -Wobei es Spekulation ist, ob es noch "Parallel-Nischen" gibt.

Parallel-Universen sind aber m.E. in sehr hohem maße nur logische Modelle. Dieser Logik nach sind aber auch Kobolde und Feen "wahrscheinlich" - bitteschön!, wer sich damit beschäftigen will!

Der größte Feind der Vernunft ist möglicherweise der Glaube an unfehlbares Wissen und in der Folge das Begründen von Meinungen die darauf beruhen. Das gibt so was wie "intellektuelle Derivate" - hoch gefährlich ;-)
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Re: "Die Feinde der Vernunft"

Beitragvon ujmp » Sa 26. Nov 2011, 10:09

Teh Asphyx hat geschrieben: als ich mir einen Vortrag von Hans-Peter Dürr ansah


Hans-Peter Dürr hätte ich als 20-Jähriger vermutlich ganz toll gefunden - er ist mir aber jetzt ein bissel zu esoterisch. Hier gibt es ein höchst oberflächliche Argumentation von ihm: vierte Minute

Bild

Er behauptet, man könne die Welt nicht sehen, wie sie ist, denn jeder sieht die Welt anders. Das will er mit diesem Bild belegen. Es ist aber so, dass früher oder später jeder Betrachter beide Betrachtungsweisen dieser "Realität" sehen kann - und zwar, weil er für beide ein Modell hat, das er wiedererekennt. Und vorallem sieht dort niemand eine Waschmaschine oder ein Spinnennetz - weil sie in dieser "Realität" schlicht nicht vorkommen. Wie man die Welt sieht ist also keineswegs unabhänging von der Realität und schon gar nicht zufällig.

Seine Unterscheidung zwischen "Realität" und "Wirklichkeit" ist reine Wortspielerei und enthält überhaupt nichts Neues. Schon Heraklit wusste, dass "alles fließt". Die Realtät ist sozusagen das Fließen - was aber, wie gesagt, nur eine Wortspielerei ist. In Definitionen steckt null Erkenntnis.
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Re: "Die Feinde der Vernunft"

Beitragvon ujmp » Sa 26. Nov 2011, 11:35

Teh Asphyx hat geschrieben:
Myron hat geschrieben:Es gibt keine Beziehungen ohne aufeinander bezogene Dinge; und ich bezweifle, dass sich das Sosein von Dingen in deren Beziehungen zu anderen Dingen erschöpfen kann. Dinge müssen innerliche Eigenschaften haben, um überhaupt da zu sein; denn was nichts in sich ist, ist nicht.


Eben das könnte aber auch ebenso gut ein Trugschluss sein. Die klassische Frage der Metaphysik, „Warum gibt es überhaupt seiendes und nicht vielmehr nichts?“ (habe die Formulierung von Martin Heidegger übernommen) lässt sich nicht vom Seienden, sondern nur vom Nichts aus beantworten. Aus dem Nichts kann Seiendes erst aus der Beziehung heraus entstehen (und bleibt letztlich unscharf). Die Richtigkeit dieser Herangehensweise sollte sich durch die Praxis bestätigen oder widerlegen, aber nicht durch einfache erstmal plausibel wirkende Annahmen.


Ich würde diese Frage muss erstmal ihre Gehalt hin prüfen, bevor ich behaupte, wie sie zu beantworten sei. Die Frage nach dem "Warum" setzt schon vorraus, dass es "Seiendes gibt", was aber eine sinnlose Tautologie ist, denn es bedeutet "das Sein des Seins". Und "Es gibt nichts" ist ein Widerspruch in sich, es bedeutet "Sein des Nichtseins". Das fällt m.E. nicht mehr in den Zuständigkeitsbereich der Vernunft. :mg:
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Re: "Die Feinde der Vernunft"

Beitragvon mat-in » Sa 26. Nov 2011, 16:23

Wir definieren unsere gemeinsame Realität doch darüber, das wir versuchen über die individuellen Schwächen der Wahrnehmung hinweg und durch Modellbildung zu einem einheitlichen Bild zu kommen? Daraus ergibt sich, das niemand als Einzelperson die perfekte Realitätswahrnehmung haben kann, aber das man die Realität per Se nicht erfassen kann? Blödsinn.
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Re: "Die Feinde der Vernunft"

Beitragvon Myron » Sa 26. Nov 2011, 16:43

ujmp hat geschrieben:Und "Es gibt nichts" ist ein Widerspruch in sich, es bedeutet "Sein des Nichtseins".


Nein, "Es gibt nichts"/"Nichts existiert" bedeutet nicht "Es gibt ein Nichts"/"Ein/Das Nichts existiert", sondern schlicht "Es ist nicht der Fall, dass es etwas gibt/etwas existiert", was nicht widersprüchlicherweise ein seiendes Nichtsein impliziert.
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Re: "Die Feinde der Vernunft"

Beitragvon ujmp » Sa 26. Nov 2011, 16:58

...ach stimmt ja, Myron! Das hattest du schonmal erklärt, habs aber wieder vergessen.
Zuletzt geändert von ujmp am Sa 26. Nov 2011, 17:12, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: "Die Feinde der Vernunft"

Beitragvon ujmp » Sa 26. Nov 2011, 17:11

mat-in hat geschrieben:Wir definieren unsere gemeinsame Realität doch darüber, das wir versuchen über die individuellen Schwächen der Wahrnehmung hinweg und durch Modellbildung zu einem einheitlichen Bild zu kommen? Daraus ergibt sich, das niemand als Einzelperson die perfekte Realitätswahrnehmung haben kann, aber das man die Realität per Se nicht erfassen kann? Blödsinn.


Genau. Unsere Modelle sind aus dem selben Material, deshalb können wir uns einigermaßen darüber verständigen - sprich: die Modelle kopieren. Allerdings versteh ich "Bild" nicht als "Abbild", sondern auch als Modell. Sehr gut kann man das m.E. am Farbensehen zeigen. Der physikalische Fakt sind elektromagnetische Wellen. Es gibt aber im Kopf kein "Abbild" dieser physikalischen Struktur - was wir als "Farbe" bezeichen hat keinerlei Ähnlichkeit damit.
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Re: "Die Feinde der Vernunft"

Beitragvon mat-in » So 27. Nov 2011, 11:45

Na ja, etwa so, wie ein digitalbild von einem Elefanten nicht den Elefanten enthält. Wir haben trotzdem gelernt es zu erkennen und können uns drauf einigen.
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Re: "Die Feinde der Vernunft"

Beitragvon Gandalf » Mi 30. Nov 2011, 20:25

Teh Asphyx hat geschrieben:@ Gandalf

Ich weiß nicht, ob das passt, aber ich habe eine Beziehungstheorie, die zumindest analog zur Quantenphysik aufgebaut ist. Die Idee kam mir so, als ich mir einen Vortrag von Hans-Peter Dürr ansah und er erzählte, dass Materie unscharf sei und letztendlich nur die oszillierende Beziehung (wobei er da ja Substantive vermeidet), also das zwischen als wirklich zu betrachten ist.
Mir ist da irgendwie klar geworden, dass das im Makrokosmos eigentlich ähnlich ist und bin dadurch auf einen ähnlichen Ansatz gekommen, wie Derrida mit der Dekonstruktion (die Ähnlichkeit fiel mir erst später auf, weil ich damals über Derrida noch nicht so gut bescheid wusst), also dass es außerhalb des Kontexts nichts gibt. Alles wird durch Kontext (ich habe es „Beziehungen“ genannt) überhaupt erst. Da kam ich dann auch drauf, dass Menschen, Persönlichkeiten, Charakter, was auch immer, ebenso unscharf sind und eben nur aufgrund dessen was dazwischen ist, existieren und diese Beziehungen eben das eigentlich reale darstellen.


Quantenphysik IST die Physik der Beziehungen! (im Gegensatz zur klassischen Physik der "Teile")

Teh Asphyx hat geschrieben:Meine Frage, da Du Dich mit Quantenphysik weitaus besser auszukennen scheinst als ich, wäre jetzt, ob das nur eine Analogie ist oder ob es dem entspricht, was Du meinst, wenn Du sagst, dass Du die Quantentheorie auch als Erklärungsansatz auf den Makrokosmos anwendest?
Für einen Spinner werde ich natürlich deswegen auch gehalten, bin aber auch erst ziemlich am Anfang meiner Arbeit, das wird noch alles fundierter begründet.

Du hast es erfasst.

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Re: "Die Feinde der Vernunft"

Beitragvon Teh Asphyx » Mi 30. Nov 2011, 23:01

ujmp hat geschrieben:Er behauptet, man könne die Welt nicht sehen, wie sie ist, denn jeder sieht die Welt anders. Das will er mit diesem Bild belegen.

Mir scheint das eher als Analogie zur besseren Anschauung denn als Beleg gemeint zu sein. Ich finde auch, dass seine Versuche, die Dinge allgemeinverständlich zu erklären manchmal etwas unbedarft wirken, aber dennoch denke ich, dass er Ahnung hat, von dem, was er wissenschaftlich tut.

Gandalf hat geschrieben:Quantenphysik IST die Physik der Beziehungen! (im Gegensatz zur klassischen Physik der "Teile")

[…]

Du hast es erfasst.


Danke, diese Bestätigung hilft mir ungemein. :up:
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Re: "Die Feinde der Vernunft"

Beitragvon ujmp » Sa 3. Mär 2012, 12:59

Gandalf hat geschrieben:Quantenphysik IST die Physik der Beziehungen! (im Gegensatz zur klassischen Physik der "Teile").


Trivialerweise ist die klassische Physik selbstverständlich auch eine Physik der Beziehungen. Jede mathematische Beschreibung beschreibt Beziehungen.
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Re: "Die Feinde der Vernunft"

Beitragvon Gandalf » Sa 3. Mär 2012, 16:34

ujmp hat geschrieben:
Gandalf hat geschrieben:Quantenphysik IST die Physik der Beziehungen! (im Gegensatz zur klassischen Physik der "Teile").


Trivialerweise ist die klassische Physik selbstverständlich auch eine Physik der Beziehungen. Jede mathematische Beschreibung beschreibt Beziehungen.


... und?
Ich vertrete ja bekanntlich die Ansicht das die Gesetze der klassischen Physik oftmals nur 'beobachterbezogene Vereinfachungen' von grundlegenderen (quantenphysikalischen) Beziehungen sind. Es wäre daher sehr seltsam, wenn sich hier Widersprüche auftun sollten, die Du zu erwarten scheinst?
(Wir können das gern am Beispiel eines klassischen Objektes, das den Ereignishorizont eines schwarzen Loches passiert, aus der jeweiligen Beobachterpositioin heraus "durchdeklinieren")

Grundsätzlich ist jedoch zu unterscheiden, ob ich mit einer konkreten Formulierung eine Beziehung zwischen zwei spezifischen Größen der klassichen Physik berechne, - oder ob ich die Formel an sich betrachte , die 'ALLE' möglichen Beziehungen zwischen den zwei Gößen BEINHALTET. Ersteres (die Berechnung) ist ein Vorgang der klassischen Physik, der Raum, Energie und Zeit benötigt; Letzteres ist eine geisteswissenschaftliche Feststellung, die über Raum und Zeit (und Energie) hinweg gilt.
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Re: "Die Feinde der Vernunft"

Beitragvon ujmp » Sa 3. Mär 2012, 18:54

Gandalf hat geschrieben:Ich vertrete ja bekanntlich die Ansicht das die Gesetze der klassischen Physik oftmals nur 'beobachterbezogene Vereinfachungen' von grundlegenderen (quantenphysikalischen) Beziehungen sind.

Es gibt keinen vernünftigen Grund zu der Annahme, dass "grundlegenderen quantenphysikalische Beziehungen " etwas anderes sind, als "Vereinfachungen".

Gandalf hat geschrieben:Grundsätzlich ist jedoch zu unterscheiden, ob ich mit einer konkreten Formulierung eine Beziehung zwischen zwei spezifischen Größen der klassichen Physik berechne, - oder ob ich die Formel an sich betrachte , die 'ALLE' möglichen Beziehungen zwischen den zwei Gößen BEINHALTET. Ersteres (die Berechnung) ist ein Vorgang der klassischen Physik, der Raum, Energie und Zeit benötigt; Letzteres ist eine geisteswissenschaftliche Feststellung, die über Raum und Zeit (und Energie) hinweg gilt.

Letzteres hat aber nichts mehr mit Physik zu tun. Und, klar, man kann für seine Formeln einfach beanspruchen, dass sie außerhalb des Erfahrbaren gelten. Das ist dann noch etwas gewiefter, als Religion, die ja immerhin behauptet, man könne Gott erleben, aber nur wenn er grad Lust hat.

Ich wette, dass du nicht weißt, was du selbst mit Größe eigentlich meinst. Newton hat auch nicht gewusst, was "Graviation" ist, er hat nur eine Beziehung zwischen Massen beschrieben, und diese Beziehung Gravitation genannt. Er wusste auch nicht, was Masse ist. Es ist auch nicht so interessant, was es ist , sondern wie es sich verhält. Unsere gesamte Vorstellungswelt besteht überhaupt nur aus Beziehungen. "y=f(x)" - das ist die Weltformel der Nische in der wir denken.
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