Nach einem Gott fragen heißt Thema verfehlen

Re: Nach einem Gott fragen heißt Thema verfehlen

Beitragvon Nanna » Mi 25. Apr 2012, 18:41

Weder der Atheismus noch der Naturalismus propagieren Werte und das ist auch im Konzept so angelegt. Der vielwiederholte Vorwurf, dass den "gottlosen" Weltbildern Normen fehlen, ist eine Folge der ebenso vielwiederholten Fehlkategorisierung von Atheismus/Naturalismus als Gegenbegriff zur Religion und spezifisch zum Christentum. Dabei sind die Kerninhalte von Atheismus und Naturalismus weiten Teilen der Religionsinhalte gegenüber indifferent. In erster Linie besteht das Problem bei allen Aussagen der Religion, die über Gott begründet werden und/oder empirisch nicht haltbar sind. Da geht es aber hauptsächlich um deskriptive Aussagen, gegen normative Aussagen wenden sich Atheismus/Naturalismus nicht grundsätzlich, sondern nur bezogen auf die inhaltliche Begründung. So kann ein Naturalist Solidarität (vulgo "Nächstenliebe") befürworten, und zwar, betonterweise mit demselben Recht wie ein Gläubiger, nur begründet er diese Norm nicht-supernaturalistisch. Es gibt genug Möglichkeiten in der Philosophie, Normen ohne übernatürlichen Rückbezug zu begründen, z.B. in der Diskurstheorie.

Was in einer komplett religionslosen Gesellschaft passiert wäre ist übrigens empirisch nicht nachprüfbar, da solche Gesellschaften nicht bekannt sind, insofern ist das ein bequemes Argument.
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Re: Nach einem Gott fragen heißt Thema verfehlen

Beitragvon ujmp » Mi 25. Apr 2012, 18:47

stine hat geschrieben:
ujmp hat geschrieben:b) "Nächstenliebe" ist auch nur eine Worthülze, man kann auch "Solidarität" zu diesem Verhalten sagen.
Und woher kommt sie, die Solidarität?
Das "natürliche" Empfinden des Menschen alles teilen zu wollen?

:o0: stine

Sag doch mal, was du alles teilst. Das ist aber zweitranging. Wenn du behauptest, dass "Nächtsenliebe" ein Alleinstellungsmerkmal des Christentums ist, musst du das irgendwie mit konkreten Beobachtungen belegen. Dazu musst du eben auch die Anderen beobachten. Dabei wirst du feststellen, dass deine hohe Meinung vom Christsein nur ein simpler Forer-Effekt ist.
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Re: Nach einem Gott fragen heißt Thema verfehlen

Beitragvon stine » Mi 25. Apr 2012, 19:30

laie hat geschrieben:Worauf ich hier hinaus will: der Atheismus in seiner westlichen Ausprägung zehrt von der christlichen (und neuplatonischen und stoischen und arabischen) Tradition seines Umfelds. Er ist ohne dieses Umfeld nicht denkbar. Ohne diese Tradition wüsste ich nicht zu sagen, woher der Atheismus überhaupt irgendwelche Werte nimmt.
Darauf will ich auch hinaus. :up:
Nanna hat geschrieben:So kann ein Naturalist Solidarität (vulgo "Nächstenliebe") befürworten, und zwar, betonterweise mit demselben Recht wie ein Gläubiger, nur begründet er diese Norm nicht-supernaturalistisch.
Wenn keine religiöse Historie die Nächstenliebe je propagiert hätte, was könnte einen durch und durch naturalistischen Menschen dazu bringen, sein Revier zu teilen? Wäre er nicht viel zu nüchtern und selbstbezogen und würde er seine Hilfsbereitschaft nicht nur seinem Clan zukommen lassen? Und, auch die alten Philosophen kannten schon einen strafenden Gott, selbst sie waren im Geiste nicht mehr vogelfrei.

Im Augenblick weiß ich nicht, wo das eigentliche Problem ist.
Ist es denn so schauderhaft eine Kultur gut zu heißen, die sich bisher entwickelt hat, auch wenn religiöse Hintergründe sie bis hierher brachten? Dann nennt man das eben heute nicht mehr Nächstenliebe, sondern Solidarität, na und? Das hebelt aber den Ursprung dieses Denkens nicht aus.

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Re: Nach einem Gott fragen heißt Thema verfehlen

Beitragvon ujmp » Mi 25. Apr 2012, 19:36

laie hat geschrieben:
ujmp hat geschrieben:
stine hat geschrieben: Nein, wenn ihr "christliche Werte" als historische Grundlage für unsere Gesellschaft negieren wollt, dann müsst ihr mir beweisen, woher der erzieherische Aspekt zur Zurückhaltung und zum sozialem Engagement kommen.



Das ist ein Zirkelschluss. Du setzt das, was du belegen möchtest schon als Prämisse voraus, namlich, dass die Erziehung dabei ein besondere Rolle spielt. Aber wenn schon. Selbstverständlich hast du auch dafür keinen konkreten Beleg - selbstgefälliges Christengeschwätz!


Warum soll das ein Zirkelschluss sein?


Es ist bekannt, dass altruistische Verhaltensweisen angeboren sind. Der Mensch ist von Geburt an ein soziales Wesen. Beleg doch mal, dass nichtreligiöse Menschen weniger sozial denken!
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Re: Nach einem Gott fragen heißt Thema verfehlen

Beitragvon stine » Mi 25. Apr 2012, 19:48

ujmp hat geschrieben:Der Mensch ist von Geburt an ein soziales Wesen.
Ja, für sich und die Seinen.
ujmp hat geschrieben:Beleg doch mal, dass nichtreligiöse Menschen weniger sozial denken!
Genau darum geht es doch, Nichtreligiöse sind genauso in einer historisch religiösen Kultur aufgewachsen, sie sind keine Kulturexoten. Oder erzähl mal, woher die nichtreligiöse vorweihnachtliche Solidarität mit afrikanischen Kindern herkommt?

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Re: Nach einem Gott fragen heißt Thema verfehlen

Beitragvon ujmp » Mi 25. Apr 2012, 19:52

"... I think that the greatest wonder in the world is not the Grand Canyon. The Grand Canyon is really simple. It's just a lot of rock, and then a lot of water and wind, and a lot of time, and you get the Grand Canyon.It's not that complicated. This is what's really complicated,that there were people living in places like the Grand Canyon, cooperating with each other, or on the savannahs of Africa,or on the frozen shores of Alaska, and then some of these villages grew into the mighty cities of Babylon, and Rome, and Tenochtitlan. How did this happen? This is an absolute miracle, much harder to explain than the Grand Canyon."

Jonathan Haidt on the moral roots of liberals and conservatives

Er spricht furchtbar schnell, aber man kann unter dem Video, rechts auf "interactive transscript" clicken und den Text mitlesen...
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Re: Nach einem Gott fragen heißt Thema verfehlen

Beitragvon ujmp » Mi 25. Apr 2012, 19:54

stine hat geschrieben:
ujmp hat geschrieben:Der Mensch ist von Geburt an ein soziales Wesen.
Ja, für sich und die Seinen.
ujmp hat geschrieben:Beleg doch mal, dass nichtreligiöse Menschen weniger sozial denken!
Genau darum geht es doch, Nichtreligiöse sind genauso in einer historisch religiösen Kultur aufgewachsen, sie sind keine Kulturexoten. Oder erzähl mal, woher die nichtreligiöse vorweihnachtliche Solidarität mit afrikanischen Kindern herkommt?

LG stine


Das sind sehr dumme Argumente. Da könne ich auch sagen: "Siehste, der Mensch ist trotz der Religion ein soziales Wesen!"
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Re: Nach einem Gott fragen heißt Thema verfehlen

Beitragvon Nanna » Mi 25. Apr 2012, 21:37

stine hat geschrieben:
Nanna hat geschrieben:So kann ein Naturalist Solidarität (vulgo "Nächstenliebe") befürworten, und zwar, betonterweise mit demselben Recht wie ein Gläubiger, nur begründet er diese Norm nicht-supernaturalistisch.
Wenn keine religiöse Historie die Nächstenliebe je propagiert hätte, was könnte einen durch und durch naturalistischen Menschen dazu bringen, sein Revier zu teilen?

Du traust der Religion hier viel zu viel zu. Ein Blick in die Geschichte sollte vermuten lassen, dass Religion ebenso häufig zur Erklärung bestehender Verhaltensmuster herangezogen wurde wie zur Propagierung neuer Verhaltensweisen. Die Religion hat sicherlich eine gewisse Kodifizierung erwünschter Verhaltensnormen geleistet, was in Großgruppen mit wachsender Anonymität, z.B. in Städten, sicherlich unabdingbar war. Aber da war die Religion wahrscheinlich mehr Vehikel als Initiator.

Kooperation ist als Verhaltensweise in Gruppen in der Natur weitverbreitet, auch in nicht-menschlichen Kontexten. Die meisten gruppenbildenden Tiere einschließlich des Menschen kooperieren zum wechselseitigen Vorteil (ich sage "die meisten", weil der Schutz eines Fischschwarms oder einer Herde meiner Meinung nach höchstens eine passive Kooperation darstellt). Für soziale Wesen ist es, von Ausnahmefällen abgesehen, gar nicht möglich, als Einzelgänger zu überleben, dafür fehlen uns die physischen und psychischen Voraussetzungen. Religiöse Vorschriften sind zwar ohne Frage eine starke Motivation für überzeugte Gläubige, aber der evolutionär erworbene Impuls zur Kooperation dürfte um ein Vielfaches stärker sein und sich durch persönliche Glaubensinhalte im statistischen Mittel zwar ausgestalten, aber nicht grundlegend modifizieren lassen. Das heißt, eine auf naturalistischen Überzeugungen gegründete Gemeinschaft würde vielleicht andere Formen der Kooperation finden als religiöse, aber diese würden sich wohl nur strukturell und organisatorisch, nicht qualitativ unterscheiden.

Beim Sexualtrieb als einem der stärksten Triebe wird dieser Zusammenhang sehr offensichtlich deutlich. Religiöse rammeln ja nun, von einer asketischen, nicht-repräsentativen Minderheit abgesehen, genauso hingebungsvoll wie Naturalisten. Im Grunde kriegt man es bei den Religiösen sogar noch offener mit, weil da der unmögliche Keuschheitsanspruch zusammen mit der sexuellen Realität zwangsläufig regelmäßige Skandale mit immenser Fallhöhe erzeugt. Nicht zufällig sind in stark religiös geprägten Landstrichen wie Pakistan, Saudi-Arabien oder den USA die Suchanfragen nach sexuellen Inhalten im Internet deutlich höher als in säkularen. Die Triebabfuhr muss irgendwie organisiert werden, das funktioniert bei Religiösen vielleicht anders als bei Säkularen, die im Schnitt deutlich offenere und promiskere Lebensformen wählen, aber qualitativ erleben beide dieselben Begierden, die irgendwie kanalisiert werden. Beim Drang zur Kooperation mag das nicht so extrem sichtbar sein wie bei der Sexualität, aber das zugrundeliegende Prinzip dürfte ähnlich sein.

stine hat geschrieben:Wäre er nicht viel zu nüchtern und selbstbezogen und würde er seine Hilfsbereitschaft nicht nur seinem Clan zukommen lassen? Und, auch die alten Philosophen kannten schon einen strafenden Gott, selbst sie waren im Geiste nicht mehr vogelfrei.

Die "alten Philosophen" haben uns mit einer ganzen Reihe weltlicher Kooperationsbegründungen beglückt, allen voran die Vertragstheorien, die bei Locke, Rosseau und Co. entstanden sind und z.B. mit Rawls auch in jüngerer Zeit noch prominent weiterentwickelt wurden. Die Notwendigkeit zur Kooperation ist den Naturalisten genauso präsent wie den Religiösen. Die Religiösen mögen teils ältere Schriften dazu besitzen, das heißt aber nicht, dass sie das Patent auf eine grundlegende menschliche Verhaltensweise haben.
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Re: Nach einem Gott fragen heißt Thema verfehlen

Beitragvon Lumen » Do 26. Apr 2012, 02:07

Wenn das Christentum wie von stine beschrieben und erwünscht wirkt, müßte sich das in der Geschichte ja gezeigt haben. So einfach ist das. Da hatten Christen sehr lange Zeit, ihren Himmel auf Erden zu implementieren. Würde die christliche Geschichte aber von Folter, Krieg und Verwarlosung handeln, müsste folglich von der Behauptung abstand genommen werden, das Christentum habe einen positive Effekt gehabt. So, nun noch ein Blick in ein Geschichtsbuch und die Sache ist entschieden. Da gibt es keine Unzweideutigkeit, wie gefühlt schon hundert Mal dargelegt. Da wären Gegenargumente mal ganz schick, wenn schon eine Weigerung besteht, diese Fakten zur Kenntnis zu nehmen.

Man braucht auch nicht weit gucken. Die Kirchen fanden und finden sich mit schöner Regelmäßigkeit auf der Seite des Bösen wieder um das mal verkürzt und plakativ zu umschreiben. Sie waren Unterstützer der letzten Diktatoren Europas von Spanien über das "Dritte Reich" bis nach Italien, Menschenrechte wie Gleichstellung der Geschlechter wurden und werden bis heute missachtet oder behindert, sie sind mehr oder weniger offen gegen Homosexualität (was auch Menschenrechte berührt), haben krasse Skandale mit Kindesmißbrauch und Vertuschung am Hals und seit jeher wird eine autoritäre, wenn nicht totalitäre Ideologe gepredigt. Und das soll gut sein? Chrstliche Werte!?
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Re: Nach einem Gott fragen heißt Thema verfehlen

Beitragvon ujmp » Do 26. Apr 2012, 07:37

stine hat geschrieben:
Im Augenblick weiß ich nicht, wo das eigentliche Problem ist.
Ist es denn so schauderhaft eine Kultur gut zu heißen, die sich bisher entwickelt hat, auch wenn religiöse Hintergründe sie bis hierher brachten? Dann nennt man das eben heute nicht mehr Nächstenliebe, sondern Solidarität, na und? Das hebelt aber den Ursprung dieses Denkens nicht aus.


Das Problem ist, dass es Betrug und Beleidigung ist, den Menschen einzureden, sie wären ohne Religion unmenschlich.

Akzeptabel wäre z.B. eine Statistik, wie "Religiöse geben XX% ihres Einkommens für Spenden aus, Nichtreligiöse YY%". Aber was die katholische Fraktion hier vorträgt ist nichtsweiter als peinliche Selbsbeweihräucherung. Man kann es leider nicht Unkenntnis nennen, weil diese Themen hier andauernd besprochen wurden, es sieht leider sehr nach stumpfer Ignoranz aus.
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Re: Nach einem Gott fragen heißt Thema verfehlen

Beitragvon stine » Do 26. Apr 2012, 07:47

Nanna hat geschrieben:Religiöse Vorschriften sind zwar ohne Frage eine starke Motivation für überzeugte Gläubige, aber der evolutionär erworbene Impuls zur Kooperation dürfte um ein Vielfaches stärker sein und sich durch persönliche Glaubensinhalte im statistischen Mittel zwar ausgestalten, aber nicht grundlegend modifizieren lassen. Das heißt, eine auf naturalistischen Überzeugungen gegründete Gemeinschaft würde vielleicht andere Formen der Kooperation finden als religiöse, aber diese würden sich wohl nur strukturell und organisatorisch, nicht qualitativ unterscheiden.
Genau richtig: Wenn also Religionen aufgelöst werden sollen, dann braucht es Alternativen. Die müssen aber ganauso überzeugend an den Menschen gebracht werden, wie das Religionen über hunderte von Jahren gemacht haben.

Nanna hat geschrieben:Nicht zufällig sind in stark religiös geprägten Landstrichen wie Pakistan, Saudi-Arabien oder den USA die Suchanfragen nach sexuellen Inhalten im Internet deutlich höher als in säkularen.
Vielleicht ist es doch zufällig oder es hat damit zu tun, dass es dort mehr Menschen gibt, die sich langweilen und sich nicht anderweitig beschäftigen können. Eine religiöse Ursache hat das sicher nicht, weil kaum ein Religiöser sich den Vorgaben seiner Religion diesbezüglich unterordnet. Wenn man nur die Kandidaten betrachtet, die sich einer strengen Askese beugen, dann würden diese sicherlich nicht die Mehrheit bilden oder sogar der Askese wegen dem Internet ganz fernbleiben.

Lumen hat geschrieben:Wenn das Christentum wie von stine beschrieben und erwünscht wirkt, müßte sich das in der Geschichte ja gezeigt haben.
Das Christentum wäre heute nicht so weit verbreitet, wenn es nicht friedliche Menschen hervorgebracht hätte.

Lumen hat geschrieben:Die Kirchen fanden und finden sich mit schöner Regelmäßigkeit auf der Seite des Bösen wieder um das mal verkürzt und plakativ zu umschreiben.
Davon abgesehen, dass das wirklich nur verkürzt und plakativ ist, aber was beweist das? Je dominanter der Diktator, umso friedlicher und kleinlauter das Volk.
Der Papst erschießt seine Abweichler wenigstens nicht.
(Verkürzt und vereinfacht ausgedrückt :mg: )

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Re: Nach einem Gott fragen heißt Thema verfehlen

Beitragvon stine » Do 26. Apr 2012, 07:58

ujmp hat geschrieben:...es sieht leider sehr nach stumpfer Ignoranz aus.
Wenn du meinst.
Ich sehe nur, dass es nicht einfach ist, unterschiedliche Einstellungen dauerhaft nüchtern zu betrachten.
Ich verteidige hier weder die Kirche noch den Glauben an einen Gott, ich möchte nur, dass ein bestehendes System vorurteilsfrei geprüft wird. Nicht alles in diesem System ist schlecht. (sagen übrigens die EX-DDRler auch immer :mg: )

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Re: Nach einem Gott fragen heißt Thema verfehlen

Beitragvon ujmp » Do 26. Apr 2012, 08:11

Wie wär's, wenn du selbst mal anfängst, deine Religion vorurteilsfrei zu prüfen. Noch mal: sag doch mal konkrete Beispiele! Sonst ist das alles Kasperletheater.
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Re: Nach einem Gott fragen heißt Thema verfehlen

Beitragvon stine » Do 26. Apr 2012, 11:56

Ich nenne dauernd Beispiele, im Gegensatz zu euch. Jedes Beispiel kann natürlich mit einem säkularen Begriff den Religionen entwendet und dem weltlichen Sozialgefüge zugeordnet werden. Aus Nächstenliebe wird dann Solidarität und aus Hingabe wird Altruismus. Anscheinend ist alles natürlich vorhanden. Ich persönlich kann das nicht nachempfinden, weil ich von altruistischen Atheisten noch nichts gehört habe, wohl aber von hingebungsvollen Religiösen.

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Re: Nach einem Gott fragen heißt Thema verfehlen

Beitragvon laie » Do 26. Apr 2012, 14:21

ujmp hat geschrieben:Der Mensch ist von Geburt an ein soziales Wesen.


Er wird dazu gemacht! Er mag die Anlagen mitbringen, daß man ein soziales Wesen aus ihm machen kann, aber tatsächlich wird er erst durch Erziehung zu einem solchen.
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Re: Nach einem Gott fragen heißt Thema verfehlen

Beitragvon Lumen » Do 26. Apr 2012, 18:01

stine hat geschrieben:Ich nenne dauernd Beispiele, im Gegensatz zu euch. Jedes Beispiel kann natürlich mit einem säkularen Begriff den Religionen entwendet und dem weltlichen Sozialgefüge zugeordnet werden. Aus Nächstenliebe wird dann Solidarität und aus Hingabe wird Altruismus. Anscheinend ist alles natürlich vorhanden. Ich persönlich kann das nicht nachempfinden, weil ich von altruistischen Atheisten noch nichts gehört habe, wohl aber von hingebungsvollen Religiösen.

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Es gibt diesen Präfix a- der sich aus dem altgriechischen ἀν herleitet und soviel wie ohne oder nicht bedeutet. Der Präfix wird vor Wörter angestellt, um eine Negierung "des Üblichen" anzuzeigen (also eine Abweichung einer Norm), wobei das davon abhängt was zu jener Zeit gerade gängiges Wissen war. Beschrieb man eine Fortpflanzung als sexuelle Fortpflanzung, konnte man durch das Vorstellen des Buchstaben zu "asexuell" anzeigen, dass hier was anderes passiert. Wenn also die meisten Menschen gängigerweise einer definierten Religion (einem Theismus) anhingen, konnte man diesen "Rest", der irgendetwas (aber nicht-theistisches) glaubte, als "atheist" bezeichnen, ohne aber auf die Besonderheiten des jeweiligen Weltbildes eingehen zu müssen. Das war historisch auch unsinnig, denn diese Atheisten gehörten keiner gleichförmigen "anderen" Anschauung an.

Im Laufe der Zeit sind aber sehr viele Unternehmungen entstanden die keinerlei Bezug zum Theismus haben, somit, wenn man es drauf anlegt "Atheistisch" sind. Bekanntere Etikette sind z.B. Humanisten, andere könnten sich als Philantrophen zu erkennen geben. Wenn man keine göttliche Mission erfüllt, dann ist der jeweilige Glaube der Mitglieder folglich zweitrangig! Das ist ergibt sich aus der Logik der Sache. Eine Organisation wie Ärzte ohne Grenzen, Greenpeace oder ein Kinderhilfswerk und wie sie alle heißen dienen einer Sache, somit ist es hier egal, ob die Mitglieder sich als Atheisten oder sonstwas zu erkennen geben. Es spielt einfach keine Rolle. Wenn ich hingegen nur eine Religion befördern will, dann müssen die Mitglieder natürlich dieser Religion angehören und die Organisation wird bei jeder Aktion natürlich erstmal tönen: "Sehet! Wir Christen helfen!" Das nennt sich positiv ausgdrückt auch Marketing. Demnach setzen sich die meisten Menschen dauernd im Kleinen oder Großen für ihre Mitmenschen ein, es ist aber fast unmöglich es "wegen" des Atheismus zu machen. Genausowenig wie man sogut wie unmöglich Menschen "wegen" des Atheismus umbringen kann. Kein Nennenswerter Verbrecher der Geschichte hat Menschen "wegen" seines Atheismus getötet, aber sehr viele Menschen haben für ihre Religion gemordet.

Davon abgesehen, stine, die Christen werden in der Geschichte am Ende nicht gut da stehen. Ihre abscheulichen Ansichten haben sich als Sackgasse erwiesen, dann haben sie rechtzeitig die Antike wiederentdeckt (Renaissance), dann noch vielleicht hundert, zweihundert Jahre ein Terror-Regime geführt, bis vielen Christen um den Judenhasser Martin Luther der Kragen geplatzt ist. Dann gab es Krieg, die Christen haben sich gegenseitig dezimiert und halb Europa in Schutt und Asche gelegt und danach konnten Menschen wieder anfangen zu denken, wobei der Glaube seit jeher ins Hintertreffen geriet. Du wirst wahrscheinlich ein langes und gesundes Leben haben, Ärzte werden dich dank ihres Wissens heilen, du hast Zugang zu sauberen Wasser, falls du Kinder hast, bist du offenbar nicht durch Infektionen bei der Geburt gestorben. Was ist dagegen denn Jesus und diese Seuchenschleuder von Christentum gewesen?
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Re: Nach einem Gott fragen heißt Thema verfehlen

Beitragvon Nanna » Do 26. Apr 2012, 21:50

Lumen hat geschrieben:Demnach setzen sich die meisten Menschen dauernd im Kleinen oder Großen für ihre Mitmenschen ein, es ist aber fast unmöglich es "wegen" des Atheismus zu machen.

Sehr gut auf den Punkt gebracht! :up:
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Re: Nach einem Gott fragen heißt Thema verfehlen

Beitragvon stine » Fr 27. Apr 2012, 06:28

Lumen hat geschrieben:Demnach setzen sich die meisten Menschen dauernd im Kleinen oder Großen für ihre Mitmenschen ein, es ist aber fast unmöglich es "wegen" des Atheismus zu machen.
laie hat geschrieben:
ujmp hat geschrieben:Der Mensch ist von Geburt an ein soziales Wesen.

Er wird dazu gemacht! Er mag die Anlagen mitbringen, daß man ein soziales Wesen aus ihm machen kann, aber tatsächlich wird er erst durch Erziehung zu einem solchen.


Sehr gut auf den Punkt gebracht :up:

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Re: Nach einem Gott fragen heißt Thema verfehlen

Beitragvon Lumen » Fr 27. Apr 2012, 09:45

Die Welt ist aber nicht schwarz/weiß. Wenn es keine Erziehung gibt, wird aus dem Nachwuchs trotzdem kein Mörder und Dieb. Noch weniger gibt es Anzeichen dafür, dass für die Erziehung eine Gottheit nötig ist. Nach allem was wir wissen, reicht eine Erziehung, die auch atheistisch sein kann (also nicht-theistisch). Die meisten Erziehungsmodelle dieser Tage sind atheistisch.

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Re: Nach einem Gott fragen heißt Thema verfehlen

Beitragvon stine » Fr 27. Apr 2012, 10:00

Ein schönes Video!
Lumen hat geschrieben:Wenn es keine Erziehung gibt, wird aus dem Nachwuchs trotzdem kein Mörder und Dieb.
Erziehung ist Vorleben und Erziehung geschieht durch das Umfeld. Ich wiederhole das ja nur sehr ungern, weil es mir schon fast selber lästig ist: Unsere Gesellschaft ist bis Dato christlich geprägt.
Punkt.
Lumen hat geschrieben:Die Welt ist aber nicht schwarz/weiß
Genau so ist es und deshalb ist hier auch nicht alles nur religiös, aber eben auch nicht nur unreligiös. Vermutlich macht es die sinnvolle Mischung.

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