Nach einem Gott fragen heißt Thema verfehlen

Re: Nach einem Gott fragen heißt Thema verfehlen

Beitragvon Vollbreit » So 29. Apr 2012, 12:27

@ ujmp:

Das Argument, welches ich missverstehen könnte, habe ich aber noch gar nicht gefunden, um das ging es ja.
Dass es hier und da Gemeinsamkeiten gibt, ist richtig, zwischen Opalen und Regenbögen, Greisen und Säuglingen, Nilpferden und Mutter Theresa.
Und?

Worin liegt jetzt die integrative Herausforderung?
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Re: Nach einem Gott fragen heißt Thema verfehlen

Beitragvon Vollbreit » So 29. Apr 2012, 12:39

Lumen hat geschrieben: Der Kapitalismus ist keine christliche Erfindung. Wie gesagt, ich lehne die Deutung ab, wonach alles was von Christen und/oder in christlicher Zeit entwickelt wurde quasi "Copyright Jesus Christus" ist, vor allem da Christen ja gerne selektiv werden: bei den Nazis sind es dann plötzlich nicht-christliche Einflüsse, aber die Erfindung der Wäscheklammer ist natürlich auf eine christliche Erziehung zurückzuführen.

Das Problem ist, man kann das immer so und so sehen.
Der Inder Prabhu Guptara http://en.wikipedia.org/wiki/Prabhu_Guptara schriebt in einen Beitrag zu einer „Global Marshall Plan“ Initiative, zum evangelischen Kirchentag von 2005, daraus:

Prabhu Guptara hat geschrieben: „Obwohl ich eine gute Schuldbildung erfahren habe, war mir bevor ich nach Europa kam, niemals bewusst, dass Europa trotz der Errungenschaften des Römischen Reiches eine der ärmsten und am weitesten zurückgebliebenen Regionen der Welt war – bis zur Reformation.“


Diese sei nicht nur das Werk von Luther und Calvin gewesen, sondern einer Vielzahl unbekannter Personen, die die Gesellschaft revolutionierten
Prabhu Guptara hat geschrieben:„indem sie ihre besonderen, der Bibel entnommenen Ideale gelebt und weiter verbreitet haben:

a) Der Wert der Arbeit als etwas an sich Lohnendes führte zu einer Kultur des Fleißes, spöttisch als ‚protestantische Arbeitsmoral‘ bezeichnet, die heute alle entwickelten Länder kennzeichnet. Es muss jedoch betont werden, dass diese Arbeitsmoral zu Zeiten der Reformation relativ ausgeglichen war, da sie z.B. die Fürsorge für die eigene Familie betonte (die zu dieser Zeit Eltern, Geschwister und Nachfahren einschloss) sowie das Freizeitvergnügen an Sonn- und Feiertagen. Der ‚getriebene‘ Lebensstil des modernen Workaholics gehörte nicht zum ursprünglichen Protestantismus, sondern entstand in ‚postchristlichen‘ Zeiten, nach dem Zweiten Weltkrieg, als der Darwinismus als der ‚Rammbock der Gottlosigkeit‘ sich in der europäischen und amerikanische Kultur durchsetzte.

b) Die Bedeutung von Zeit, im Hinblick eines Glaubens an die Einzigartigkeit dieses Lebens und die Unvermeidbarkeit von Gottes ‚Richterspruch‘ darüber, wie jeder einzelne die Chancen seines Lebens genutzt hat.

c) Der Bildung eines aus freiem Willen heraus gemäßigten Lebensstiles, der im Gegensatz steht zu dem übermäßigen und prestigeorientierten Konsumverhalten der Eliten der Vorreformation und des nicht reformierten Europas (welches in unserer heutigen ‚postdarwinistischen Zeit‘ wieder zunimmt).

d) Ein Bestehen auf Rechtsstaatlichkeit – bestimmte Prinzipien und Regeln sind allgemein anerkannt und sollten von jedem befolgt werden. Wenn jemand sich nicht an dieser vereinbarten Regeln und Prinzipien hält, dann sollte diese Person, unabhängig von ihrer gesellschaftlichen Stellung, im Verhältnis zu dem vergangenen Verbrechen bestraft werden. Die Eliten haben immer versucht sich über das Gesetz zu stellen. Die Sicherheit des Rechtsstaates kann nicht länger als gegeben vorausgesetzt werden, da die Auswirkungen der Reformation durch den Einfluss des Darwinismus und die daraus folgende Annahme einer neuen ‚Dreifaltigkeit‘ (Geld, Technologie/macht und persönlicher Komfort) als Götter der modernen Welt zunichte gemacht wurden.

In jedem Falle führten a – d dazu, dass sich zum ersten Mal in der Geschichte Reichtum auch unter gewöhnlichen Menschen ansammelte.

e) Die Dringlichkeit Bildung für die breit Bevölkerung bereit zu stellen (das beinhaltet insbesondere Bildung für Frauen sowie die Bedeutung eigenständigen Denkens und eigener Entscheidungsfindung): Unabhängigkeit und Selbstständigkeit warten wichtig, denn man würde für seine eigenen Entscheidungen und sein individuelle Lebensführung im Lichte dieser Entscheidung von Gott gerichtet werden (das ist ein ziemlicher Gegensatz zu dem Verständnis von Alphabetisierung in der islamischen und jüdischen Welt).

f) Andererseits muss man die Meinung anderer respektieren, da auch sie nach dem Abbild desselben Gottes erschaffen wurden, Kinder desselben Gottes sind und ihnen von demselben Gott das gleiche Recht verliehen wurde, ihre eigenen Entscheidungen zu treffen. (Der Unterschied zu römisch-katholischen, christlich-orthodoxen oder nicht reformierten Teilen der Welt, in denen es bis heute nicht unerhört ist, Menschen eines anderen Stammes oder eine abweichende Meinung vertretende einfach umzubringen, ist offensichtlich.)

Die kumulative Wirkung von e und f bedingte eine Kultur, in der Demokratie zum ersten Mal in der Geschichte funktionierte. Obwohl Demokratie eine griechische Idee war, konnten die Griechen sie niemals über Hierarchien und Stadtstaaten hinweg verwirklichen. Stammesgesellschaften praktizierten – und praktizieren heute noch – eine ähnliche Form der Demokratie innerhalb ihrer Gesellschaften, die sich aber nicht über Stammesgrenzen hinaus anwenden lässt. Dies gibt ufschluss darüber, warum die Demokratie in vielen anderen Gesellschaften nicht funktioniert – z.B. in Afrika, China, Japan, Russland oder anderswo.

g) Die Kultivierung von Lesefähigkeit, Wissen und unabhängigem Urteilsvermögen führte zu einer ‚Wissensexplosion‘ und der Erschaffung der modernen Wissenschaft. Andere Gesellschaften (z.B. in Griechenland, Babylon, Ägypten, Indien, China, Korea oder Japan) brachten höchst beeindruckende Thesen hervor, doch es war die Reformation mit ihrer Betonung der Bedeutung dieser Welt und der Wahrheit, die die wissenschaftliche Methodik hervorbrachte. Diese basiert auf der Annahme, dass die wahre Welt wichtiger ist als unsere Thesen und Vermutungen, und dass Eigeninteresse der Wahrheit untergeordnet werden sollte. Ohne solche Überzeugungen wäre die Wissenschaft niemals entstanden. In seinem Sog zieht die Wissenschaft eng verwandte Glaubensüberzeugungen nach sich, und das ist der Grund, warum sich traditionelle Gesellschaften (z.B. die Hindufaschisten in Indien) bis in die heutige Zeit hinein der Wissenschaft widersetzen, da sie fürchten ‚enttraditionalisiert‘ zu werden.

Dies (der Punkt g), zusammen mit dem Kapitalismus und einer demokratischen Kultur, führte zu der ‚technologischen Explosion‘, die aus Europa, einem der ärmsten Teile der Welt, einen der reichsten machte. Die USA wurde noch konsequenter auf diesen Prinzipien aufgebaut (obwohl die Preisgabe dieser Prinzipien durch einen Großteil der Bevölkerung seit dem Zweiten Weltkrieg zu den ‚Kulturkriegen‘ geführt hat). Die USA haben das moderne Verständnis von Philantropie und Wohltätigkeit zur vollen Blüte gebracht – sich nicht darauf beschränken dem Einzelnen zu helfen, sonder vielmehr darauf hinzuarbeiten, ganze Gesellschaften zu verändern.

Insgesamt fand eine Entfesselung von Kreativität und Innovation, und die Etablierung von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit statt – welche schon zur Wirklichkeit der Reformation gehörten, lange bevor sie von der französischen Aristrokatie zurückgewiesen wurden (was die Französische Revolution unvermeidbar machte). Und sie sind noch immer die Losung derer, die die Reformierung der Gesellschaft nach der Tradition der Reformer, ja der Propheten und Jesu selbst, fortführen wollen.“
(P.Guptara, Jenseits von Verzweiflung und Zynismus, in: Impulse für eine Welt in Balance – Global Marshall Plan Initiative, Global Marshall Plan Foundation, S.61 – 65)
Zuletzt geändert von Vollbreit am So 29. Apr 2012, 12:42, insgesamt 2-mal geändert.
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Re: Nach einem Gott fragen heißt Thema verfehlen

Beitragvon ujmp » So 29. Apr 2012, 12:40

Die Tatsachen widersprechen der Behauptung, dass altrusitisches Verhalten Erziehung voraussetzt. Diese Tatsachen in ein religiöses Welbild zu "integrieren" ist eine Aufgabe um die ich niemanden beneide - das ist aber selbstgewähltes Schiksal. ;-)
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Re: Nach einem Gott fragen heißt Thema verfehlen

Beitragvon Lumen » So 29. Apr 2012, 12:48

  1. Die Ansichten des Adolf Hitler sind hier aufbereitet (english).
  2. Hitler, der Atheist: humoristisch und in englisch. Da sind auch einige Beispiele drin, was Verbote von Organisationen und so angeht. Der Bund Neudeutschland soll also als Argument herhalten: "Schon 1933 kam es zu Auseinandersetzungen mit der HJ Hitlerjugend, die alle Jugendlichen erfassen wollte" heißt es im Wikipedia Artikel. War das also der "Atheismus" oder lag es an der Anti-Religiösen Haltung? Nein, sondern an Gleichschaltung und Verbreitung der Nazi-Ideologie.
  3. Ob Hitler Atheist war, tief in seinem Herzen, ist ganz offenkundig eine billige Strategie von Christen (die wahrscheinlich in den USA von Evangelikalen ersonnen wurde). Er war auch Bartträger. Das was sich heute unter Atheismus subsumiert sind wissenschaftliche Weltbilder, die allesamt davon handeln, eben nicht unüberprüfbaren und unbewiesenen Behauptungen blind zu folgen. Somit ist es schon beispielhaft niederträchtig, das so umzudeuten, das daraus "Führer, wir folgen dir blind" oder "wir vertrauen auf die eine wahre Partei" wird. Insbesondere wo gerade das Merkmale einer religiösen Weltsicht. Abartiger geht es kaum noch, aber auch ein Grund, warum ich ein starker Anti-Theist bin (ich empfinde Christen und ihre Apologeten als Lügner und Scharlatane). Da habe ich kein Verständnis.
  4. Zumal die meisten Regierungen, während der Kriege, davor und danach nicht direkt religiös sind, oder genau gleich religiös oder irreligiös waren wie das Nazi Regime. Die Alliierten waren dann auch allesamt atheistisch, wenn man diese (unsinnige!) Logik unbedingt benutzen möchte.
  5. Die Rattenlinien, die die Nazi-Verbrecher über den Vatikan ausgeschleust haben, wurden aber schon direkt von Christen betrieben. Schade schade, wie das morsche und bankrotte christliche Ideal hier an der Wirklichkeit zerschellt. Mein Beileid! Bund Neudeutschland, jaja.
  6. Es bringt nichts, immer neue Nebelgranaten zu werfen und Nebenschauplätze auszuwalzen: Wo bleiben die Belege für den positiven christlichen Einfluss mitsamt einer Logik, warum Einflüsse auf die Christenheit oder Vorprägungen von vormals Nicht-Christen seltsamerweise außer Kraft gesetzt sind. Wir feiern sogar Ostern mit Osterhasen und Eiern.
  7. So, nochmal Atheismus 1mal1: a-theistisch ist ein adjektiv, dass eine Weltanschauung dahingehend einordnet, dass ihr Weltbild nicht auf einem Schöpfergott basiert. Dieser Umstand ist normalerweise egal. Aber wenn es um einen Diskurs mit Religion geht, ist diese Eigenschaft entscheidend, dann wird daraus der Sammelbegriff. Ansonsten, nochmal: Nicht-Rauchen ist kein Laster, keine Briefmarken sammeln ist kein Hobby und Nicht-an-Gott-glauben (Atheismus) ist (zunächst) keine Weltanschauung. Was sich unter Atheismus in den letzten Jahren als Weltbild manifestiert, ist nicht dasselbe, was historisch "Atheismus" heißt und auch nicht identisch mit allen Ansichten die ohne Götter auskommen. Der Atheismus der heutigen Zeit wird langsam Synonym mit einer wissenschaftlichen-naturalistischen Sicht der Welt, dass heißt aber eben nicht, dass dies dasselbe ist wie "Massenmörder X der Geschichte, der zufällig auch an keinen Gott glaubt".
  8. Da fällt mir noch ein: laie, stine und Vollbreit: Wahrt ihr mal in Novosibirsk? Falls nicht, müsstet ihr meine Schwester kennen, denn die war auch nicht dort.
  9. Vollbreit: "Paradigmatisch Dakwins‘ egoistische Gene die ein autonom entscheidendes Individuum aus dem Rennen nehmen (wollen) um, später an dasselbe zu appellieren.". Das hast du anscheinend einfach nicht verstanden. Hier eine Doku über Dawkins, in der er auch nochmal auf die Gegenargumente eingeht (BBC, english)
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Re: Nach einem Gott fragen heißt Thema verfehlen

Beitragvon Vollbreit » So 29. Apr 2012, 12:52

@ ujmp:

Was ist mit den Tatsachen der Wolfskinder?
Die Idee einfach der Natur ihren unverbildeten Lauf zu lassen ist ja seit Rousseau (ob man ihr hier verbogen haben mag, oder nicht) keineswegs neu.

Man hat es auch schon probiert, so rein evolutionär gesehen, hat es sich aber wohl nicht durchgesetzt.
Meistens ist es ziemlich grauenhaft gescheitert.
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Re: Nach einem Gott fragen heißt Thema verfehlen

Beitragvon Vollbreit » So 29. Apr 2012, 13:39

Lumen hat geschrieben:[list=1]
[*]Die Ansichten des Adolf Hitler sind hier aufbereitet (english).


Hitler war aufgrund seiner Pathologie ein Mann dem es kaum gelungen sein wird, sich einer größeren Idee unterzuordnen. Er war, ähnlich wie ein Breivik, allenfalls gerührt von der eigenen Größe und dass die Göttliche Vorsehung ihn dann letztendlich auswählte.
Meinst Du, das sei katholische Linie?
Das sind Menschen, die Religion und auch alles Sonstige vereinnahmen und instrumentalisieren, für die eigene Grandiosität.

Lumen hat geschrieben:[*]Hitler, der Atheist: humoristisch und in englisch. Da sind auch einige Beispiele drin, was Verbote von Organisationen und so angeht. Der Bund Neudeutschland soll also als Argument herhalten: "Schon 1933 kam es zu Auseinandersetzungen mit der HJ Hitlerjugend, die alle Jugendlichen erfassen wollte" heißt es im Wikipedia Artikel. War das also der "Atheismus" oder lag es an der Anti-Religiösen Haltung? Nein, sondern an Gleichschaltung und Verbreitung der Nazi-Ideologie.


Das ist ja mein Argument.
Die Nazis haben alles gleichgeschaltet und was sich gesperrt hat, verboten, verprügelt, ermordet, vergast.

Lumen hat geschrieben:[*]Ob Hitler Atheist war, tief in seinem Herzen, ist ganz offenkundig eine billige Strategie von Christen (die wahrscheinlich in den USA von Evangelikalen ersonnen wurde).


Natürlich, der Feind sitzt überall.
Ob Du es glaubst oder nicht, es gibt Menschen, zum Glück sogar viele, die sich um den kleinkarierten Streit um den lieben Gott usw. überhaupt nicht kümmern.
Mir ist das eigentlich auch völlig wurscht, nur diese Ultrabilligpolemik, die tut einfach weh.

Lumen hat geschrieben:Er war auch Bartträger. Das was sich heute unter Atheismus subsumiert sind wissenschaftliche Weltbilder, die allesamt davon handeln, eben nicht unüberprüfbaren und unbewiesenen Behauptungen blind zu folgen.


Also das heißt, Du zeichnest ein idealisiertes Bild von Atheisten, über dessen Definitionshoheit Du gerne verfügen möchtest, kritisierst aber zugleich, dass Christen ein idealisiertes Bild von sich zeichnen?

Lumen hat geschrieben:Somit ist es schon beispielhaft niederträchtig, das so umzudeuten, das daraus "Führer, wir folgen dir blind" oder "wir vertrauen auf die eine wahre Partei" wird. Insbesondere wo gerade das Merkmale einer religiösen Weltsicht. Abartiger geht es kaum noch, aber auch ein Grund, warum ich ein starker Anti-Theist bin (ich empfinde Christen und ihre Apologeten als Lügner und Scharlatane). Da habe ich kein Verständnis.


Hitler hat kategorisch gesagt, die Partei bin ich. Fertig.
Kannst Du auch bei Fest nachlesen, mit Quellenangabe.
Ansonsten sind Deine affektgeladenen Begrifflichkeiten hier eher unangemessen.

Lumen hat geschrieben:[*]Zumal die meisten Regierungen, während der Kriege, davor und danach nicht direkt religiös sind, oder genau gleich religiös oder irreligiös waren wie das Nazi Regime. Die Alliierten waren dann auch allesamt atheistisch, wenn man diese (unsinnige!) Logik unbedingt benutzen möchte.


Ja, offensichtlich spielt Religion für die Erklärung der Nazizeit eine sehr untergeordnete Rolle.
Warum instrumentalisiert Du sie dann?

Lumen hat geschrieben:[*]Die Rattenlinien, die die Nazi-Verbrecher über den Vatikan ausgeschleust haben, wurden aber schon direkt von Christen betrieben. Schade schade, wie das morsche und bankrotte christliche Ideal hier an der Wirklichkeit zerschellt. Mein Beileid! Bund Neudeutschland, jaja.


Was hat das eine mit dem anderen zu tun und wer leugnet denn die zweifelhafte Rolle des Vatikans, während der NS-Diktatur? Das ist doch gar kein strittiger Punkt.

Lumen hat geschrieben:[*]Es bringt nichts, immer neue Nebelgranaten zu werfen und Nebenschauplätze auszuwalzen: Wo bleiben die Belege für den positiven christlichen Einfluss mitsamt einer Logik, warum Einflüsse auf die Christenheit oder Vorprägungen von vormals Nicht-Christen seltsamerweise außer Kraft gesetzt sind. Wir feiern sogar Ostern mit Osterhasen und Eiern.


Auch hier weiß ich nicht, auf was Deine Kritik abzielt?
Jeder weiß doch, dass das Christentum ein Amalgam, aus verschiedenen Strömungen ist, jüdischen, griechischen, ägyptischen Einflüssen unterliegt, dass es darüber hinaus aber natürlich originär christliche Akzente gibt.
Dass die nun die Geschichte Europas nicht geprägt haben sollen, ist etwas abenteuerlich, ich weiß nicht, wer Dich mit dieser Behauptung – sollte es Deine sein – ernst nimmt, ich zumindest nicht.
Warum hat denn wohl Bertrand Russell in seiner „Philosophie des Abendlandes“ einen Abschnitt von fast 170 Seiten nur über die katholische Philosophie?
Obendrein widersprichst Du Dir ja selbst, wenn Du die Rolle den der Einfluss des Christentums hatte auf 0 reduzieren willst, ihm aber zugleich alles Übel der vergangenen Jahrhunderte in die Schuhe schieben willst. Wie soll das denn gehen, so ganz ohne Macht und Einfluss?

Lumen hat geschrieben:[*]So, nochmal Atheismus 1mal1: a-theistisch ist ein adjektiv, dass eine Weltanschauung dahingehend einordnet, dass ihr Weltbild nicht auf einem Schöpfergott basiert. Dieser Umstand ist normalerweise egal. Aber wenn es um einen Diskurs mit Religion geht, ist diese Eigenschaft entscheidend, dann wird daraus der Sammelbegriff. Ansonsten, nochmal: Nicht-Rauchen ist kein Laster, keine Briefmarken sammeln ist kein Hobby und Nicht-an-Gott-glauben (Atheismus) ist (zunächst) keine Weltanschauung.


Ihr habt aber ein Weltanschauung und zwar eine explizit religionsfeindliche.
Schau Dir doch mal das Forum an.
Alles dreht sich um (die dumme) Religion und die Überlegenheit der Wissenschaft.
Die größte Gemeinsamkeit ist die Ablehnung des gemeinsamen Feindbildes, was da heißt Religion und religiöser Aberglaube, wo dann auch Esoterik, UFOs, Homöopathie, Wünschelruten und Demeter drunter fällt.

Das ist schon die große Klammer.
Umso erfreulicher, dass es hier lobenswerte Ausnahmen gibt, die auch die eigene Rolle mit Bedacht und Fingerspitzengefühl reflektieren. Chapeau! Das finde ich schön, ohne jede Ironie, weil man es in Foren allgemein selten trifft. Dich würde ich allerdings nicht dazurechnen, ich empfinde Dich als einseitigen Fundamentalisten.

Lumen hat geschrieben: Was sich unter Atheismus in den letzten Jahren als Weltbild manifestiert, ist nicht dasselbe, was historisch "Atheismus" heißt und auch nicht identisch mit allen Ansichten die ohne Götter auskommen. Der Atheismus der heutigen Zeit wird langsam Synonym mit einer wissenschaftlichen-naturalistischen Sicht der Welt, dass heißt aber eben nicht, dass dies dasselbe ist wie "Massenmörder X der Geschichte, der zufällig auch an keinen Gott glaubt".


Ist mir schon klar.
Diese billigen Retourkutschen schreibe ich i.d.R., wenn ich mich darüber überhaupt noch erregen kann, als Antwort auf billige und einseitige Polemik, die ich immer dann besonders ärgerlich finde, wenn die Nazi- oder Kinderfickerkeule rausgeholt wird, üble Stilmittel die ja regelmäßig zu Deinem Repertoire gehören.

Lumen hat geschrieben:[*]Da fällt mir noch ein: laie, stine und Vollbreit: Wahrt ihr mal in Novosibirsk? Falls nicht, müsstet ihr meine Schwester kennen, denn die war auch nicht dort.


Ja, Kalauer, Polemik und moralische Ereiferung, das passt gut zusammen und sagt schon was über den Autor aus.
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Re: Nach einem Gott fragen heißt Thema verfehlen

Beitragvon ujmp » So 29. Apr 2012, 14:18

"Selbstloses Verhalten" lässt sich bei Mensch und Tier beobachten. Für religiöse Tiere gibt es jedoch keine diskutable Evidenz. Daraus folgt, dass Religion keine notwendige Voraussetzung für "Selbstloses Verhalten" sein kann. Religion könnte höchtsens noch eine hinreichende Voraussetzung sein. Es gibt aber keine empirische Evidenz dafür, dass religiöse Menschen selbstloser handeln würden als nichtreligiöse. Es vielmehr so, dass die angebliche Hüterin der Moral bekanntlich Jahrhunderte lang Brot gepredigt und Kuchen gegessen hat. Die Behauptung, ohne die Religion würde die Welt moralisch verkommen ist daher äußerst gewagt.

Und dass Erziehung notwendig ist besagt noch nicht, dass es sich um religiöse Erziehung handeln muss.
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Re: Nach einem Gott fragen heißt Thema verfehlen

Beitragvon Lumen » So 29. Apr 2012, 14:55

Deine Liste von dem Inder ist ja interssant, da wird das Zeitalter der Aufklärung mal eben unterschlagen und die Verbesserung der Lebensumstände der Frauen, in Abgrenzung zu Islam und Judentum, dem Protestantismus zugerechnet. Das ist jetzt dein ernst? Und das wurde auf einem Kirchentag gesagt? Das sind mal schwere Geschütze. Das weiß die Redaktion der Emma noch garnicht, dass sie bei den Christen die besten Unterstützer findet. Vielleicht geht es den Homosexuellen auch so, und in Wahrheit setzt sich die Kirche für sie ein. Ganz genau, nur leider nicht in diesem Teil des Multiversums.

Dann wird das Fass aufgemacht von den angeblichen atheistischen Massenmördern, eine verbotene christliche Jugendorganisation soll dann den christlichen Widerstand darstellen, und wenn die ganze Argumentation dir um die Ohren fliegt, wird gejamnert und lamentiert. Ich habe das Argument doch selbst demontiert, da brauchst du durch deine unehrliche Zitier-Taktik garnicht erst versuchen, einen anderen Eindruck zu erwecken.

Anti-Theist zu sein ist keine fundamentalistische Position. Das Christentum ist faktisch eine totalitäre Ideologie, die auch noch den Glauben an unüberprüfbare und unbewiesene Behauptungem befördert. Christliche Demagogen wie du einer bist, versuchen hingegen ständig von sich abzulenken und z.b. Hitler und andere mit Atheismus zu verknüpfen, dabei werden weiter unbewiesene Behauptungen von der Nächstenliebe bis zu Werten rausgehauen, und darauf gebaut, dass Atheisten damit beschäftigt sind, die Anschuldigungen gegen sie zu entkräftigen. Das sind die üblichen Nebelgranaten. Und du bist eindeutig einer der Kandidaten die dazu gehören.

Was sind nun deine Argumente pro Christentum. Nochmal. Lenk nicht ab. Liefere!
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Re: Nach einem Gott fragen heißt Thema verfehlen

Beitragvon Nanna » So 29. Apr 2012, 16:31

Lasst uns mal beim Thema bleiben.

laie hat geschrieben:welche Argumente hast du denn für deine Behauptung gebracht, daß deine und meine Kultur nicht seit 1700 Jahren durch das Christentum geprägt wird.

Wie ich schon angeführt habe: Das Problem besteht hier in der überstrapazierten Erweiterung eines Begriffs. Du erschlägst hier zwei Jahrtausende Kulturgeschichte mit einem einzelnen Faktor und schreibst dem im Grunde die Urheberschaft an sämtlichen Entwicklungen in diesem Zeitraum zu. Dabei dürfte das, was genuin christlich ist ein überschaubarer Teil sein. Natürlich wurde früher wegen des christlichen Leitmotivs so ziemlich alles auf irgendeine Weise in Bezug zum Christentum gesetzt. Das heißt aber nicht, dass jede Idee, die ein Christ in den letzten 2000 Jahren hatte, deshalb das Prädikat christlich verdient hat. Es muss schon eine stringente Ableitung aus spezifisch christlichen Inhalten geben.

Daher müsste am Anfang jeder Überlegung erstmal stehen, was spezifisch christliche Inhalte überhaupt sind. Klar sollte sein: Alles, was es vor dem Christentum gab, fällt schonmal raus, da es per definitionem keinen Effekt geben kann, der vor seiner Ursache auftritt.
Ebenso bin ich der Meinung, dass Innovationen, die zwar im zeitlichen und geografischen Umfeld des Christentums entstanden und im Laufe der Jahrhunderte von ihm aufgesogen wurden, nicht als christliche Ideen gelten können, allenfalls im sehr schwachen Sinne.
Damit wird der Kanon der christlichen Ideen schonmal deutlich zurechtgestutzt auf einen Kernbereich, der mit Christentum auch tatsächlich etwas zu tun hat.

laie hat geschrieben:Ich habe das Beispiel des Personenkonzepts, der Heilserwartung, des Protestantismus und Kapitalismus gebracht.

Was meinst du mit dem Personenkonzept genau?

Heilserwartung - guter Versuch, aber das ist nicht genuin christlich. Millenialismus und Heilslehren gab es schon vor dem Christentum und du kannst nicht eine Idee als christlich ausgeben, die das Christentum auch nur woanders zusammengeklaut hat. Wo ich zustimmen würde, ist, dass das Christentum die erste große Religion war, die das Heil so richtig groß rausgebracht hat. Aber nur weil Westinghouse einer der ersten Glühbirnenhersteller war, waren es trotzdem Erfinder wie Edison, die das Ding erfunden haben und nicht dieser Konzern.

Protestantismus und Kapitalismus - da machen wir jetzt ein Riesenfass auf. Ja, es gibt da einen Zusammenhang, gar keine Frage. Trotzdem würde ich sagen, dass es weit aus dem Fenster gelehnt ist, zu sagen, dass der Kapitalismus eine logische Folge des Christentums sei. Eher scheint mir die Metapher angebracht, dass der Protestantismus einer der wichtigsten Faktoren war, ein Umfeld zu generieren, in dem der Kapitalismus wachsen und gedeihen konnte. Ebenso wichtig ist aber beispielsweise das Bürgertum gewesen, das sich sehr früh sehr prominent im katholischen Frankreich zur dominanten Klasse aufgeschwungen hat. Der Kapitalismus ist aber seinem ganzen Wesen nach eindeutig etwas anderes als das Christentum, was meiner Meinung nach beispielsweise durch die ganze katholische Soziallehre im ja durchaus positiven Sinne untermauert wird.

laie hat geschrieben:Ja, auf den Punkt gebracht: die westliche Aufklärung beginnt bereits mit dem Satz: "Gott ist Mensch geworden".

Ja, und die chinesische Wirtschaftsentwicklung der letzten Jahrzehnte beginnt mit Konfuzius Festellung: "Der Weg ist das Ziel." Komm... im Ernst?

Wenn ich so argumentieren würde, würde ich behaupten, dass die Demokratie eine vom Monarchismus durchdrungene Regierungsform sei, weil sie ja aus Protestbewegungen gegen die Monarchie heraus entstanden sei. Das ist doch abwegig. Natürlich stehen wir heute da, wo wir stehen, auch wegen des Christentums. Und natürlich sind wir als Menschen, wer wir sind, weil unsere Eltern waren wie sie waren. Aber unsere Eltern waren nicht unser einzige Einfluss auf uns und die meisten von uns haben sicher vieles, was ihre Eltern vertreten haben, durch Reflexion und begründete Betrachtung hinter sich gelassen und neue Positionen formuliert, die eben NICHT durch und durch vom Denken der Eltern durchdrungen sind.
Den Eltern-Kind-Vergleich bitte nicht zu wörtlich nehmen...
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Re: Nach einem Gott fragen heißt Thema verfehlen

Beitragvon laie » So 29. Apr 2012, 16:35

ujmp hat geschrieben:Man kann ein bestimmtes Verhalten beim Menschen beobachten, das wir "sozial" nennen mögen, welches sich bei Tieren ebenso beobachten lässt, und das sich daher nicht mit Erziehung erklären lässt. Das Nilpferd ist ein Gegenbeleg für die Behauptung, dass soziales Verhalten erzogen werden muss.


Das meinst du, weil du nicht weisst, was soziales Verhalten eigentlich in seiner menschlichen Komplexität bedeutet. Im Ernst: das Nilpferd steht in einer Linie mit den Handlungstypen, die bei einer Initiation vorgeschrieben sind? Oder mit den teilweise bis ins kleinste Detail vorgeschriebenen Kleiderordnungen bei gesellschaftlichen Anlässen?
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Re: Nach einem Gott fragen heißt Thema verfehlen

Beitragvon ujmp » So 29. Apr 2012, 16:49

laie hat geschrieben:Das meinst du, weil du nicht weisst, was soziales Verhalten eigentlich in seiner menschlichen Komplexität bedeutet. Im Ernst: das Nilpferd steht in einer Linie mit den Handlungstypen, die bei einer Initiation vorgeschrieben sind? Oder mit den teilweise bis ins kleinste Detail vorgeschriebenen Kleiderordnungen bei gesellschaftlichen Anlässen?


Alter Schlawiner! Wen willst du denn hier mit Roten Heringen und Strohmännern aufs Kreuz legen?
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Re: Nach einem Gott fragen heißt Thema verfehlen

Beitragvon laie » So 29. Apr 2012, 17:12

@ Nanna

So habe ich das noch gar nicht gesehen. Da hast du recht. Die Aufklärung hebt ganz plötzlich an und hat uns aus den Fängen der christlichen Gewaltherrschaft befreit. Leute wie ich haben "Christentum" viel zu naiv und viel zu breit benutzt. Wissenschaft im eigentlichen Sinn gab es bei den eigentlichen Christen ebensowenig wie Hygiene und Gerechtigkeit. Was Wunder, es war eben das "Zeitalter des Glaubens"! Und Glauben ist nun mal nicht Wissen. Christen wären auch heute noch die dummen, schmutzigen und fiesen Gestalten von damals, wenn man sie nur ließe.

Erst Sigmund Freud fing an, die Untiefen unserer Persönlichkeit wenigstens ansatzweise auszuleuchten mit seiner Dreiteilung in Es-Ich-Über-Ich. Diese Dreiteilung ähnelt der Trinität von Gedächtnis-Wille-Liebe natürlich nur formal, nicht inhaltlich.

Die Art und Weise, wie die Geisteswissenschaften namentlich in Deutschland bis heute an einen Text herangehen, haben mit den Techniken, die bei vorher schon bei der Bibelexegese angewandt wurden, gar nichts zu tun. Schließlich kann man ja auch irgendwelchen Affen -rudimentär zwar, aber immerhin- das Lesen von ein, zwei Worten beibringen.

Der amerikanische Traum: jeder kann es schaffen, die Zukunft kann für jeden rosig aussehen, dafür hat die christliche Heilserwartungslehre natürlich nicht Pate gestanden. In einer Gesellschaft, die diesen Optimismus nicht kennen würde, gäbe es diesen amerikanischen Traum natürlich auch.
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Beitragvon ujmp » So 29. Apr 2012, 17:53

laie hat geschrieben:Erst Sigmund Freud fing an, die Untiefen unserer Persönlichkeit wenigstens ansatzweise auszuleuchten mit seiner Dreiteilung in Es-Ich-Über-Ich. Diese Dreiteilung ähnelt der Trinität von Gedächtnis-Wille-Liebe natürlich nur formal, nicht inhaltlich.

die Dreiteilung findet sich auch bei den "Drei Musketieren" und in dem "Drei-Länder-Eck" - ich liebe Zahlenlotto...! :mg:
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Re: Nach einem Gott fragen heißt Thema verfehlen

Beitragvon Nanna » So 29. Apr 2012, 17:58

@laie:

Hast du das, was ich geschrieben habe, eigentlich wirklich gelesen, oder bist du nur schnell drübergegangen und hast dann geschrieben, was dir zu bestimmten Schlagwörtern eingefallen ist?

Ich habe Zusammenhänge nicht geleugnet, nur gefordert, diese zu präzisieren und Entwicklungen nicht auf Monokausalitäten zurückzuführen. Würdest du ernsthaft behaupten, dass geisteswissenschaftliche Methoden christlich sind, weil die Bibelexegese ihre erste große prominente Anwendung war? Ist die Infinitesimalrechnung deutsch, weil Leibniz sie formuliert hat? Oder doch eher französisch, weil sie maßgeblich von Descartes mitentwickelt wurde? Sind chinesische Naturwissenschaftler, die mit Analysis rechnen also in Wirklichkeit geistige Europäer? Merkst du nicht, wie beliebig das wird, wenn man statt komplexe Längsschnittbetrachtungen anzustellen einzelne Stränge willkürlich isoliert und dann aufgrund der Tatsache, dass man 90% der beteiligten Informationen zum Fenster rausgeschmissen hat, wilde Kausalitäten propagiert?
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Re: Nach einem Gott fragen heißt Thema verfehlen

Beitragvon Vollbreit » So 29. Apr 2012, 18:24

ujmp hat geschrieben: "Selbstloses Verhalten" lässt sich bei Mensch und Tier beobachten. Für religiöse Tiere gibt es jedoch keine diskutable Evidenz. Daraus folgt, dass Religion keine notwendige Voraussetzung für "Selbstloses Verhalten" sein kann.


Das ist doch kunterbunt durcheinander.
Wer hat denn behauptet, dass Religion eine notwendige Voraussetzung für selbstloses Verhalten sei?
Aber was ist denn selbstloses Verhalten? Ein biologisches Programm, ist ein biologisches Programm, ein Wesen das ihm unterliegt ist nicht schuldfähig, sicher aber auch nicht selbstlos.

Das sind Zuschreibungen von Wesen, die Selbstlosigkeit kennen (sonst könnten sie diese Eigenschaft nicht zuschreiben). Das ist wie der Hund mit dem „schlechten Gewissen“ das kein Hund hat.
Tiere haben Affekte, aber erst sprachbegabte Wesen, können ihre Affekte benennen und eine innere Distanz aufbauen.
Vermutlich habe Tiere bestimmte Vorformen von Empathie, das müssen sie insofern haben, da sie ihre Jungen versorgen und deren Affekte lesen und richtig darauf reagieren müssen.
Es ist anzunehmen, dass auf bestimmte Reize auch über Artgrenzen hinweg reagiert wird, Schreie, Blicke, Bewegungsmuster, eben ganz kühn nach dem Nutzen, so ist das naturalistische Spiel.
Doof, unbewusst und roboterhaft, das ist die Lesart, die der Naturalismus sogar auf den Menschen mit aller Gewalt ausdehnen will.

Egomaschinen, hormonell gesteuert mit der Illusion der Eingriffsmöglichkeit ausgestattet, damit es sich besser anfühlt. Ist nicht meine Erfindung, Beschwerden an die Biologenfraktion.
Wenn Du also gegen das Gebot theoretischer Sparsamkeit in die Natur etwas hineingeheimnissen möchtest, bist Du in der Beweispflicht.

ujmp hat geschrieben: Religion könnte höchtsens noch eine hinreichende Voraussetzung sein. Es gibt aber keine empirische Evidenz dafür, dass religiöse Menschen selbstloser handeln würden als nichtreligiöse.


Moment, meinst Du, dass es keine Evidenz trotz vielfacher Untersuchungen gibt, oder gibt es einfach keine Untersuchungen darüber, ein kleiner, aber gewichtiger Unterschied.

ujmp hat geschrieben: Es vielmehr so, dass die angebliche Hüterin der Moral bekanntlich Jahrhunderte lang Brot gepredigt und Kuchen gegessen hat. Die Behauptung, ohne die Religion würde die Welt moralisch verkommen ist daher äußerst gewagt.


Dass Religion ein starkes Wertesystem ist, durchaus mit vielen Vorteilen, ist ausreichend untersucht.
Dass Religion soziozentrisch ist und auf Abweichler nach unten (aber auch nach oben) einen gewissen Druck ausübt, ist glaube ich schwer zu bestreiten.

ujmp hat geschrieben: Und dass Erziehung notwendig ist besagt noch nicht, dass es sich um religiöse Erziehung handeln muss.


Das wäre zumindest auch nicht meine Behauptung. Ich kann mir andere, alternative, vermutlich sogar bessere Systeme vorstellen. Die humanistischen Ideale kann ich problemlos Unterschreiben, nicht unbedingt diese vom Christentum abgekupferten 10 Angebote, ich finde die bei wiki dargestellen 5 Grundüberzeugungen sehr stark:

Wikipedia hat geschrieben:1. Das Glück und Wohlergehen des einzelnen Menschen und der Gesellschaft bilden den höchsten Wert, an dem sich jedes Handeln orientieren soll.
2. Die Würde des Menschen, seine Persönlichkeit und sein Leben müssen respektiert werden.
3. Der Mensch hat die Fähigkeit, sich zu bilden und weiterzuentwickeln.
4. Die schöpferischen Kräfte des Menschen sollen sich entfalten können.
5. Die menschliche Gesellschaft soll in einer fortschreitenden Höherentwicklung die Würde und Freiheit des einzelnen Menschen gewährleisten.
http://de.wikipedia.org/wiki/Humanismus

Aber es ist doch eine Sache zu sagen, dass es nicht immer und nur das Christentum sein muss und eine andere zu behaupten, das Christentum (und überhaupt alle Religion) sei von A bis Z nur Mist, unterdrückend, mordend und außer die Nazis zu unterstützen und Kinder zu ficken, hätten sie nichts zustande gebracht. Ersteres ist diskutabel und in meinen Augen richtig, Letzteres ist einfach Gegeifer.
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Re: Nach einem Gott fragen heißt Thema verfehlen

Beitragvon Vollbreit » So 29. Apr 2012, 19:15

Lumen hat geschrieben:Deine Liste von dem Inder ist ja interssant, da wird das Zeitalter der Aufklärung mal eben unterschlagen und die Verbesserung der Lebensumstände der Frauen, in Abgrenzung zu Islam und Judentum, dem Protestantismus zugerechnet. Das ist jetzt dein ernst?


Ich gehe davon aus, dass Prof. Dr. Guptava, das ernst meinte.

Und das wurde auf einem Kirchentag gesagt? Das sind mal schwere Geschütze. Das weiß die Redaktion der Emma noch garnicht, dass sie bei den Christen die besten Unterstützer findet. Vielleicht geht es den Homosexuellen auch so, und in Wahrheit setzt sich die Kirche für sie ein. Ganz genau, nur leider nicht in diesem Teil des Multiversums.


Das ist Deine Art mit Argumenten der anderen Seite umzugehen, Du machst sie verächtlich, das ist bezeichnend.

Lumen hat geschrieben:Dann wird das Fass aufgemacht von den angeblichen atheistischen Massenmördern, eine verbotene christliche Jugendorganisation soll dann den christlichen Widerstand darstellen, und wenn die ganze Argumentation dir um die Ohren fliegt, wird gejamnert und lamentiert.


In dem Text? Habe ich nicht gelesen, kannst Du die Stellen mal zitieren?
Oder springst Du gerade zu einer anderen Stelle?

Lumen hat geschrieben:Ich habe das Argument doch selbst demontiert, da brauchst du durch deine unehrliche Zitier-Taktik garnicht erst versuchen, einen anderen Eindruck zu erwecken.


Ich wüsste nicht, was ich wo „unehrlich“ zitiert haben soll, kannst Du vielleicht auch das belegen, mit der Erklärung, was daran unehrlich sein soll.

Lumen hat geschrieben:Anti-Theist zu sein ist keine fundamentalistische Position.


Das kann durchaus sein, ich halte auch eher Dich für einen Fundamentalisten.
Das mag ein Irrtum sein, denn ich dann auch korrigieren werde, momentan, spricht Deine äußerst selektive Wahrnehmung und Dein wenig souveräner Umgang mit anderen Meinung nach meiner Einschätzung aber eher dafür als dagegen.

Lumen hat geschrieben:Das Christentum ist faktisch eine totalitäre Ideologie, die auch noch den Glauben an unüberprüfbare und unbewiesene Behauptungem befördert.


Faktisch, ah.
Welche Fakten sind das denn und wo stehen sie?
Bei wiki habe ich folgendes gefunden?

Wikipedia hat geschrieben:„Dem Christentum wird generell unter Nichtchristen Positives wie Negatives zugesprochen. Positiv wird meist die Lehre der Nächstenliebe gesehen. Auch setzen sich weltweit viele Christen für den Frieden und für barmherzige Konzepte gegen die Armut ein. Negativ wird die Geschichte des Christentums mit Kreuzzügen, Hexenverfolgungen, Inquisition und Antijudaismus gesehen. Die Positionen zu ethischen Reizthemen wie künstlicher Empfängnisverhütung, Homosexualität und Schwangerschaftsabbruch sind auch innerchristlich umstritten.“
http://de.wikipedia.org/wiki/Christentum


Totalitär? Hm, bei wiki stand da eher was von politischen Systemen.
http://de.wikipedia.org/wiki/Totalit%C3%A4r
Totalitäre Systeme beißen sich mit demokratischen Systemen, das Christentum hat sich doch eigentlich ganz gut mit demokratischen Systemen arrangiert.

Lumen hat geschrieben:Christliche Demagogen wie du einer bist, versuchen hingegen ständig von sich abzulenken


… von mir? :-)

Lumen hat geschrieben:und z.b. Hitler und andere mit Atheismus zu verknüpfen, dabei werden weiter unbewiesene Behauptungen von der Nächstenliebe bis zu Werten rausgehauen, und darauf gebaut, dass Atheisten damit beschäftigt sind, die Anschuldigungen gegen sie zu entkräftigen.


Och, sagen wir mal so.
Wenn Du etwas zurückblätterst wirst Du lesen können, dass nicht ich, wüst Hitler mit dem Atheismus zu verknüpfen versuchte, sondern dass Du, die Tatsachen hier verdrehend geschrieben hast:
Lumen hat geschrieben: Es wäre auch interessant, wie du diese christliche Tradition in der Geschichte festmachst. In der jüngeren Geschichte waren die Deutschen, und damit mehrheitlich Christen, zum Beispiel am Massenmord beteiligt.

Dies hast Du am Samstag 28. April 2012, 20:56 gepostet.
Du hast also ohne Not die Nazikeule ausgepackt, unterstellt, Du meinst mit jüngerer Gesichten und dem Massenmord der Deutschen, mehrheitlich Christen, die Nazizeit. Für mich liegt das nahe.
Ich erlaubte mir dann Herrn Hitlers gefühlte Nähe zu den Katholiken, die er gerne umgebracht hätte, mit einem Zitat zu belegen.
Du kannst das nachlesen.

Lumen hat geschrieben:Das sind die üblichen Nebelgranaten. Und du bist eindeutig einer der Kandidaten die dazu gehören.

Was sind nun deine Argumente pro Christentum. Nochmal. Lenk nicht ab. Liefere!


Meine Argumente pro Christentum?
Hm, soziale Stabilität, ein Gruppengefühl (für die Mitglieder), Resilienz gegen schädliche Einflüsse, die Etablierung von Werten, soziales Engagement, Nächstenliebe, Bereitschaft zu spenden, das wären einige der starken Seiten.
Die christliche Religion kann sich gut anpassen, ist nie sonderlich konträr zu Kunst und Wissenschaft gewesen und hat oft eine starke Betonung auf die Versöhnung von Rationalität und Glauben gelegt. Politisch agiert die Kirche klug und wie bei der Unterstützung des Sturzes des Kommunismus erfolgreich.
Das waren jetzt so ein paar Aspekte die mir dazu einfallen.
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Re: Nach einem Gott fragen heißt Thema verfehlen

Beitragvon Vollbreit » So 29. Apr 2012, 19:47

Nanna hat geschrieben:Daher müsste am Anfang jeder Überlegung erstmal stehen, was spezifisch christliche Inhalte überhaupt sind. Klar sollte sein: Alles, was es vor dem Christentum gab, fällt schonmal raus, da es per definitionem keinen Effekt geben kann, der vor seiner Ursache auftritt.


Da bin ich anderer Ansicht.
Übertrag das doch mal auf die persönliche Ebene.
Du würdest mit einigem Recht wohl darauf pochen, dass bestimmte Ideen Deine sind.
Nun ist es aber recht klar, dass viele Deiner Meinungen von Deinen Eltern, Deiner frühen Peergroup, Lehrern, Mitdiskutanten, Unidozenten, aus Büchern und sonst woher stammen und zeitlich auch vor Deiner geäußerten Meinung liegen.

Es muss gar nicht immer die große Originalität sein, das fundamental Neue, was typisch Nanna ist, sondern es ist vor allem Deine Art der Synthese, Dein ganz eigener Blick auf die Dinge, die individuelle Mixtur und dabei stört es doch eigentlich nicht, dass der überragende Teil der Inhalte, einzeln betrachtet, schon mal irgendwo in der Geschichte zu finden sein dürfte.

Natürlich ist das Christentum in großen Teilen auch ein Bastard, aber ist das ein Streitthema?
Der heutige Papst, damals Theologieprofessor (der Text selbst ist aus den frühen 1960ern), schreibt dazu recht lapidar:
Joseph Ratzinger hat geschrieben: „Das Christentum ist – wie man weiß – nicht in Europa entstanden, sondern im vorderen Asien, an dem geographischen Punkt, an dem sich die drei Kontinente Asien, Afrika du Europa berühren. Dies war nie nur eine geographische Berührung, sondern eine Berührung der geistigen Ströme der drei Kontinente. Insofern gehört „Interkulturalität“ zur Ursprungsgestalt des Chrsitlichen.“
J. Ratzinger, Glaube, Wahrheit, Toleranz, Herder 2004, S.70


Den Rest findet man vermutlich bei wiki, in den drei hier aufgeführten Punkten:
http://de.wikipedia.org/wiki/Christliche_Lehre#Ursprung
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Re: Nach einem Gott fragen heißt Thema verfehlen

Beitragvon Vollbreit » So 29. Apr 2012, 20:56

@ ujmp:

Wofür?
Sag doch einfach, worum es Dir geht.
Wenn Empathie zum Teil angeboren ist, würde ich mich dagegen nicht wehren, es scheint in der Tat so zu sein.

Dennoch gehört zu einer eigenständigen Entscheidung die Reflexion, das ist nun mal die Grenzscheide.
Wenn man sagt, die Natur hat tolle Programme geschrieben, würde ich zustimmen, hat sie, falls das alles so stimmt, wie es heute erzählt wird.
Aber es ist das alte Spiel, weitest Du den biologistischen Anspruch ubiquitär aus, kannst Du Argumentationen einstellen.
Selbstlosigkeit ist dann etwas, was wie blonde Haare und 5 Finger vererbt wird oder auch nicht und braucht keine Argumente.
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Re: Nach einem Gott fragen heißt Thema verfehlen

Beitragvon ujmp » So 29. Apr 2012, 21:04

Beschäftige dich einfach nicht mit meinen unmaßgeblichen Ansichten, diese Vorträge sind fruchtbarer. ;-)
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