mat-in hat geschrieben:Das Problem daran ist, daß der Staat weder das eine noch das andere Verteilen kann und darf (auch wenn es mit Christlichen Schriften immer wieder passiert).Sonst wäre er nicht weltanschaulich neutral. Auch aufklärerische Schriften als direkte Reaktion drauf zu verteilen halte ich - wie oben schon gesagt - für der Sache zu viel wind gegeben. Das stellt es so dar, als wäre da echt was drin das jemand interessieren könnte und macht zusätzlich neugierig. Natürlich kann man davor und danach und währenddessen - ohne direkten Bezug auf die Koräne(?) Korane(?) Korinthen... solche Schriften verteilen. Immer eine gute Idee, aber meine Erfahrung zeigt, daß es minimale Wirkung hat. Leute die sowieso schon deiner Meinung sind lesen das und stimmen zu und Leute die es dringend nötig hätten immunisieren sich gegen Kritik mit nichtlesen.
Nein, der Staat selbst muss das auch nicht, aber wenn immer mit staatlicher Initiative irgendein rfeligiöser zentralrat einberufen werden kann, dann können diesen Räten auch Handlungsimpulse (wie das auch geschieht) gegeben werden. Zugegeben, da fehlt noch der Zentralrat der Atheisten, aber man könnte mit anderen anfangen. Und ich habe es schon formuliert - weltanschaulich neutral ist nur ein Stein. Neugier ist nie falsch, man soll doch am besten Werke beider Seiten lesen. Ja, bei den meisten würde es wohl zutreffen, dass sie bei ihrer Meinung bleiben, aber mein Eindruck von der Menschheit ist, dass sie selten eine dezidierte Meinung hat. Vielleicht erinnerst du dich auch noch an den Fischaugenblick vieler deiner Mitschüler, wenn sie nach ihrer Meinung gefragt werden. Da die Aufnahme des Gratisangebots eine freiwillige Angelegenheit wäre, ist nichts gegen eine Bestätigung der eigenen Ablehnung der religiösen Dogmen einzuwenden. Ich habe gerne Nietzsche und Machiavelli gelesen, obwohl ich mit denen nahezu einer Meinung war. Kant habe ich auch gelesen, das hat mich in meiner Ablehnung seinerseits bestätigt. Andersherum würden wenige Salafisten diese Werke lesen, sie könnten sich nicht immunisieren, da sie nicht fähig wären diese Argumente zu verstehen (sie wollen es nicht). Die typische Reaktion religiöser Gemüter ist Ignoranz, das ist ihre effektivste Immunisierung. Die Zielgruppe dieser Aktion wären die Fischäugigen, die sich schwer tun, eine eigene Meinung zu haben und nur auf Schnäppchen stehen. Auch wenn die Wahrhscheinlichkeit gering ist, so kann es doch passieren, dass aus einer neutralen Haltung eine Meinung wird.
Celtic hat geschrieben:Leider neutralisieren die sich nicht gegenseitig. Da fischt jeder für sich selbst in seinem trüben Gewässer nach Seelen. Die sprechen selbstverständich kein Wort miteinander. Interessant wäre es in der Tat erst, wenn die beiden Gruppen miteinander in Kontakt kämen und sich gegenseitig "bekehren" wollten. Aber davon kann in dem Fall keine Rede sein.
Du hast doch selbst erklärt, dass sie mit wenig Erfolg agieren. Ich bin mir sicher, dass sie sich ihren Erfolg gegenseitig minimieren, da ganz öffentlich sich beide auf eine Stufe stellen und schon lokal und optisch relativieren. Neutralisieren war vielleicht das falsche Wort.
Celtic hat geschrieben:Auch wenn dem aufgeklärten Zeitgenossen bei der Koranlektüre an vielen Stellen die Haare zu Berge stehen - man sollte sich ruhig mal damit beschäftigen. Auch wenn man mit dem Islam nichts anfangen kann und will, sind Informationen aus erster Hand unbezahlbar. Denn dann hat man die Infos nicht aus zweiter oder dritter Hand, sondern direkt aus der Quelle.
Das ist so, als wenn man als überzeugter Nicht-CDU-Wähler deren Wahlprogramm liest. Oder als Antifaschist einen Blick in die üblichen Nazi-Publikationen wirft.
Ich widerspreche dem nicht, für einen Leseverbot habe ich mich nie ausgesprochen. Ich handhabe es ja auch so.
Zappa hat geschrieben:Du vermischt hier zwei verschiedene Dinge: Es geht hier nicht um den Aspekt Determinismus vs. Willensfreiheit, sondern um die politische Freiheit (Freizügigkeit / Libertät / Autonomie). Das ist ein Begriff, der Sinn macht und den jeder versteht. Ob Du daran glaubst oder ein Spaten in Hamburg umkippt ...
Ich vermische hier nichts, ein gesellschaftliches Konstrukt hat keine eigenen Naturgesetze, also wird der politische Freiheitsbegriff niemals reell existieren können, wenn dies nicht auch kausal(physikalisch?) der Fall ist. Freizügigkeit/Autonomie sind nur künstliche Kategorien, die nicht reell beobachtbar sind. Ein Papier, das das gegenteilige behauptet, ändert das nicht. Der Begriff Autonomie würde sich in einen unendlichen Regress verstricken, wenn du dies und das benennst, wovon die Autonomie des Bürgers nicht autonom ist. Dieser Begriff macht keinen Sinn.
Zappa hat geschrieben:Dein Argument, dass der Staat sich ja auch in andere Dinge einmischt ist nicht sehr stark. Es geht hier ja um eine prinzipielle Frage des Zusammenlebens mit Grundrechtscharakter: Müssen Nichtreligiöse und Anhänger anderer Religionen die friedliche Ausübung einer anderen Religion akzeptieren oder nicht? (Und ich kann mir kaum eine friedlichere Ausübung denken als das Verteilen einer Bekenntnisschrift (immer davon ausgegangen ich werde dabei weder belästigt noch behindert)).
Niemand muss irgendetwas akzepieren, tolerieren ist hingegen empfehlenswert (muss aber genaugenommen auch niemand, auch wenn es auf einem Papier steht). Ja, ich halte es auch für friedlich, Manifeste zu verteilen - warum sollte dies nicht mehr der Fall sein, wenn der Staat soetwas anstößt? Wo ist dein Problem? NICHTS ANDERES HABE ICH DOCH VORGESCHLAGEN!
Zappa hat geschrieben:Da das Ganze aber tief in die Freiheitsrechte eingreift, braucht es schon starke Argumente dafür und ich habe noch keins von Dir gelesen. Soll es denn eine verbindliche Staatsideologie oder -religion geben, an die sich alle zu halten haben? Wenn ja wer legt die fest? Wie wird das überwacht? Was ist mit dem Schutz von Minderheitenmeinungen etc. pp.?
Inwiefern würde es in Freiheitsrechte eingreifen, würde der Staat ein Paar Zentralräte zu dem motivieren, was er schon immer getan hat - nur mit einer konkreten Aktion? Es gibt offiziell keine Staatsideologie, aber inoffiziell haben ranghohe Vertreter des Staates ein "christlich-jüdisches Abendland" ausgerufen. Zudem wird meistens bei selbigen auf Gott (zwar auf freiwilliger Basis, aber meistens trotzdem) und nicht auf Allah oder Budda geschworen. Ich sehe keine Neutralität. Wer das festlegt? Die Historie.
Zappa hat geschrieben:Das derzeitige System ist doch viel besser ausgewogen: Die Gesellschaft regelt Normen und Gesetze, an die sich jeder zu halten hat. Die Einhaltung dieser Regeln wird notfalls mit Sanktionen oder Gewalt durchgesetzt. Moral, Religion und Ideologie ist persönliche Ansichtssache und darf frei geäußert werden (ebenso wie eine Kritik an den Regeln). Das ist eine vernünftige Machtbalance und ein lernendes System. Deswegen dürfen auch Bürger einzelnd oder in Gruppen diese Aktion kritisieren, veralbern, konterkarieren etc. pp. (immer hübsch friedlich), nicht aber der Staat. Das ist ein fundamentaler Unterschied!
Der Staat würde auch nicht kritisieren, sondern aufklären. Ich verstehe immer noch nicht, wo du einen infernalischen Eingriff und eine Kritik in dem Anstoß siehst, Werke der Aufklärung und anderer Religionen verteilen zu lassen (was ich vorgeschlagen habe)?
Ich habe das nochmal aufgeschrieben, weil ich bezweifle, dass du wirklich meine Kommentare gelesen hast.