Lumen hat geschrieben:Unmittelbar falsifizierbare Elemente haben nichts mit besser oder schlechter zu tun. Vergleiche die Unterschiede zwischen diesen beiden Szenarien: "ohne Irminsul fällt der Himmel runter" und "die Erde ist der Mittelpunkt des Universums".
Stimmt, aber der Geozentrismus war auch unmittelbar falsifizierbar. Deine beiden Szenarien haben die Gläubigen erschüttert, wäre dem nicht so, wären nicht so viele, die den Heliozentzrismus vertaten, gestorben.
Lumen hat geschrieben:Was ändert sich unmitelbar wenn die eine Behauptung sich ändert und was bei der anderen? Wie ist das Verhältnis zu "Mittelpunkt des Universums" zu "Himmel fällt runter".
Nun, "Mittelpunkt des Universums" ist vielleicht wichtiger als "stabiler Himmel". Ersteres hat die unglaubliche Arroganz und die Egozentrik gewaltig erschüttert, zweiteres nichts dergleichen. Beiden gemein ist, dass der Glaube erschüttert wurde.
Lumen hat geschrieben:Ein Himmel ist eine unmittelbar erfahrbahre Sache, ein Mittelpunkt nicht.
Nein, beides sind nur Illusionen. Den Himmel kannst du nicht erfahren, sondern nur Wolken und blaue Reflexion sehen und den Wind spüren. Die "Sache" wurde ja vermutet: Ein Schirm mit Löchern oder eingefädelten Sternen. Dieses Konstrukt entsprang ja genau deiner Behauptung, es sei eine unmittelbar erfahrbare Sache. Einen Mittelpunkt kann man räumlich bestimmen, er ist erfahrbarer als der Himmel.
Lumen hat geschrieben:Da ist es eben nicht so dass Gott oder die Religion eine unmittelbar überprüfbare Behauptung aufbaut, anders als bei Göttern die Zuschlagen "müssen" oder Himmel die runterfallen "müssen".
Es ist ja nicht nur dieser Punkt. Wenn man nach dem "Müssen" des Christengottes sucht, kann man auch einiges finden. Die Apokalypse hätte eigentlich auch schon eintreten müssen (ich meine damit nicht diesen Mist zu "2012"), die Kreuzzüge hätten erfolgreich sein müssen, es hätte keine Gegenpäpste geben dürfen (also 2 Päpste auf einmal von verfeindeten Parteien). Und besonders wichtig: Der Titel "von Nazareth" hat einen besonderen Grund. Der eigentliche Geburtsort hat nämlich für den vorhergesagten "Messias" nicht gepasst (eigentlich Betlehem), deswegen wird immer "von Nazareth" gesagt. Für eine gewisse Zeit wurde ein anderer für diesen gehalten, auf ihn traf vieles zu, aber da er nicht erfolgreich war, wurde er im Nachhinein vergessen (sagt dir Simon Barkochba etwas? - ich weiß jetzt nicht, ob ich den Namen richtig geschrieben habe, aber er galt für eine kurze Zeit als solcher). Demnach falsifiziert der eigentliche Geburtsprt dieses Zimmermanns schon die Prophezeiung und damit das neue Testament.
Lumen hat geschrieben:Wenn jemand trotz Siegeslanze verlor, hatte Gott halt andere Pläne oder das Heer hatte irgendeinen Makel usw.
Wieso dürfte man bei der Irminsul nicht auch gesagt haben, dass Thor oder Odin irgendwo ein anderes tragendes Element hatten?
Lumen hat geschrieben:Schließlich war das Christentum auch mächtig genug um Rückschläge, Kopernikanische Wende oder Evolutionstheorie überstehen zu können und ist auch anpassbar genug.
Das stimmt zwar, aber was du genannt hast, war dafür nicht der Grund. Diese Religion hielt sich, weil sie Erbe der griechisch-römischen Vielgötterei mit ihrem Netzwerk wurde.
stine hat geschrieben:Komisch, du negierst eine Aussage, um dann genau das Selbe auszusagen.
Du hast meine Aussage nicht verstanden, hier nochmal die Gegenüberstellung und ein vollständigeres Zitat (ich habe die wichtigen Stellen untersrichen und mangelnde Ausführung markiert):
stine hat geschrieben:Der Gottesbegriff dient mE dazu, diese Welt für uns Menschen als Übergang zu betrachten(?). Diese Welt ist ein Stück unseres Seins. Sie macht sozusagen den irdisch gewordenen Zustand unseres Seins erst möglich.
Sich bewusst zu werden, dass das Leben endlich ist, war mit Sicherheit ein großer Aspekt, sich überhaupt religiös zu verhalten.
Der Gottesbegriff ist und bleibt die Ahnung all dessen und gerade drum, wird er uns noch lange begleiten.
So, hier hast du also begründet, dass die Erkenntnis (/das "sich bewusst werden"), dass wir sterblich sind, die Religiösität begründet. Ich habe dies bestritten und genau das Gegenteil behauptet:
Darth Nefarius hat geschrieben:Religion bedeutet, genau diese Erkenntnis zu leugnen, indem man von "Unsterblichkeit der Seele" oder Wiedergeburt redet.
laie hat geschrieben:Ja, so wahr wie das Wort eines Professors einer meiner Freunde, der allen Ernstes behauptet hat, daß man ohne Kenntnis der modernen Physik keine Philosophie mehr betreiben könne
Das stimmt bis zu einem gewissen Grad auch. Jemand mit dem Wissenstand aus dem Mittelalter würde mit der heutigen Philosophie nichts anfangen können. Diese ist das Spiegelbild unseres Wissensstandes.
laie hat geschrieben:Warum soll die Kopernikanische Wende oder die Evolutionstheorie ein Rückschlag für das Christentum gewesen sein?
Weil das Monopol des Wissens angetastet und streitig gemacht wurde. Hätte dies der Kirche wirklich nicht geschadet, hätte Kopernikus ein anderes Schicksal erfahren.
laie hat geschrieben:Das Problem ist, daß Du aus Deinem grundsätzlichen Religionsverständnis heraus nicht verstehen kannst, warum die Kirche eine Lehre wie das Kopernikanische Weltbild als gültig akzeptieren kann und trotzdem keinen Millimeter von ihren Dogmen abrücken muss.
Wie kann deine Wahrnehmung nur so getrübt sein?
Ersteres hat sie doch lange nicht getan!!! Irgendwann war es kein heißes Eisen mehr und man konnte es nach 1 oder 2 Jahrhunderten zugeben.
laie hat geschrieben:Der Punkt ist ganz einfach: für den Christen geht es um ein restlosen Bezogenseins auf Gott1.
Das musst du erläutern, abgesehen dass all deine Bedingungen und Beobachtungen völlig an der Realität vorbeigehen.