Die biologisierende Ausdeutung der Welt

Re: Die biologisierende Ausdeutung der Welt

Beitragvon Nanna » Mo 23. Jul 2012, 16:08

Da, sind wir, glaube ich, nicht weit auseinander. Wir haben nur unterschiedliche Narrative, die wir zur Einordnung der Welt favorisieren.
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Re: Die biologisierende Ausdeutung der Welt

Beitragvon laie » Mo 23. Jul 2012, 16:28

Das wäre schön. Konnte die ganze Nacht nicht schlafen, weil mir das "Am Anfang war das Wort" plötzlich im Traum "wie Schuppen von den Augen fiel", so daß ich davon erwachte. Die Einsicht war natürlich, wie immer in solchen göttlichen Momenten viel stärker als das, was ich jetzt hier schreibe und normalerweise muss man so etwas gleich aufschreiben, aber die Gedanken fliessen nur mühsam die Tinte hinab.
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Re: Die biologisierende Ausdeutung der Welt

Beitragvon Darth Nefarius » Mo 23. Jul 2012, 16:46

laie hat geschrieben:Was begreift denn der "nackte Mensch", der eben gerade "den Mutterschoß durchbrochen hat"?

Heh? Wo schreibe ich denn, dass der "nackte Mensch" begreift? Ich sagte WIR! Es ging doch gar nicht um die beschnittenen Kinder, sondern nur um die Definition von Natur! Ich habe, wenn du richtig gelesen hättest, doch selbst gesagt, dass das Kleinkind nichts begreift, schutzlos, hilflos und ausgeliefert ist, wodurch seine Meinschenwürde angetastet wird! Man, ließ doch mal die Kommentare richtig!
Nanna hat geschrieben:Du offenbarst gerade, dass du keinen Schimmer davon hast, was Soziologen tun.

Ein Soziologe hat mir mal gesagt, dass ein Soziologe erstmal - wenn er etwas erklären will - meint, dass es eigentlich nicht zu erklären ist. Dann überlegt er sich, ob er kapitalismuskritisch argumentiert oder nicht und möglichst unverständlichen, kaum belegbaren Mist schreibt. Das ist für mich keine Wissenschaft.
laie hat geschrieben:Aber noch viel entscheidender ist doch: wir müssen nicht so leben, wie wir nach "Meinung der Biologismen" leben sollten.

Genau das halte ich für einen Fehler. Sei es die Religion, sei es der Kommunismus, diese Ideologien haben versucht den Menschen von seiner Natur zu entfremden und waren dadurch besonders grausam und ineffizient. Wenn mansich nicht so gegen seine Natur sträuben würde, wäre der Mensch nicht so zerrissen in seinen Ideen. Das ist ein grundlegender Makel an Weltverbessererideologien.
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Re: Die biologisierende Ausdeutung der Welt

Beitragvon laie » Mo 23. Jul 2012, 16:48

Ach Darth Nefarius

Was ist denn der Unterschied zwischen dir und einem Neugeborenen?
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Re: Die biologisierende Ausdeutung der Welt

Beitragvon Darth Nefarius » Mo 23. Jul 2012, 18:37

Bleib sachlich. Gerade mein letzter Abschnitt sollte doch eine Antwort provozieren, sofern du dem etwas entgegenzusetzen hast
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Re: Die biologisierende Ausdeutung der Welt

Beitragvon Nanna » Mo 23. Jul 2012, 18:51

laie hat geschrieben:Die Einsicht war natürlich, wie immer in solchen göttlichen Momenten viel stärker als das, was ich jetzt hier schreibe und normalerweise muss man so etwas gleich aufschreiben, aber die Gedanken fliessen nur mühsam die Tinte hinab.

Kein Stress, das Forum ist geduldig und ich auch.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Nanna hat geschrieben:Du offenbarst gerade, dass du keinen Schimmer davon hast, was Soziologen tun.

Ein Soziologe hat mir mal gesagt, dass ein Soziologe erstmal - wenn er etwas erklären will - meint, dass es eigentlich nicht zu erklären ist. Dann überlegt er sich, ob er kapitalismuskritisch argumentiert oder nicht und möglichst unverständlichen, kaum belegbaren Mist schreibt. Das ist für mich keine Wissenschaft.

Ne, aber das ist auch keine Soziologie. ;-)

Darth Nefarius hat geschrieben:
laie hat geschrieben:Aber noch viel entscheidender ist doch: wir müssen nicht so leben, wie wir nach "Meinung der Biologismen" leben sollten.

Genau das halte ich für einen Fehler. Sei es die Religion, sei es der Kommunismus, diese Ideologien haben versucht den Menschen von seiner Natur zu entfremden und waren dadurch besonders grausam und ineffizient. Wenn mansich nicht so gegen seine Natur sträuben würde, wäre der Mensch nicht so zerrissen in seinen Ideen. Das ist ein grundlegender Makel an Weltverbessererideologien.

Dein Problem ist hier, dass du zwei verschiedene Definitionsmöglichkeiten des Begriffs Ideologie durcheinanderwirfst. Ideologie kann erstmal nur ein wertneutraler Begriff für ein Set an Ideen sein, eine Weltanschauung. Das ist verwandt mit dem Narrativ, von dem laie und ich hier die letzten Beiträge gesprochen haben, wobei ein Narrativ im engeren Sinne nicht dasselbe ist wie eine Ideologie im engeren Sinne und auch nicht wie ein Diskurs. Alle sind aber sprachlich vermittelt und hängen dadurch zusammen. Eine Ideologie im engeren bzw. emphatischen Sinne ist das, was du als "Weltverbessererideologie" bezeichnest, nämlich eine bestimmte diesseitsorientierte Weltanschauung mit utopischer Zielsetzung.
Der Fehler in deiner Argumentation ist meines Erachtens, dass du jede Form von Narrativ unter diesen Ideologiebegriff subsummierst. In so einer Welt wäre tatsächlich jede präskriptive Idee eine gefährlich schillernde Angelegenheit. Aber nicht jedes gesellschaftliche Narrativ formuliert überhaupt derartige Heilsansichten wie der Kommunismus (die Religion ist keine Ideologie, sondern wieder ein eigenes Gebilde, das sich durch andere Eigenschaften auszeichnet, z.B. die Jenseitsorientierung, welche Ideologien wegen ihrer Diesseitigkeit üblicherweise nicht besitzen) und deshalb ist auch nicht jedes Narrativ eine Ideologie.

Deine zweite Prämisse, dass der Mensch eine bestimmte Natur hat, der er folgen sollte, halte ich für eine krasse Form von naturalistischem Fehlschluss. Dieser Weg führt direkt auf eine schiefe Ebene, wo der Mensch sich als Subjekt auf einen maschinenartigen Ablauf reduziert und sich seiner Freiheit und Verantwortung entledigt. Da war sogar die Genesis schon weiter. Ich glaube, ob es uns passt oder nicht, sind wir denkende, diskursive Wesen, die gar keine andere Wahl haben, als Narrative und Ideen zu entwerfen und dadurch eine Welt zu konstruieren, in der zu leben für uns "Sinn macht". Und an der Stelle kommen wir zurück zu dem, worauf laie und ich uns schon geeinigt hatten, nämlich dass ein Ausbrechen aus der Kultur nicht möglich ist, sondern maximal das Ersetzen einer kulturellen Deutung durch eine andere (womit wir beide keinen Kulturrelativismus meinen). Es geht darum, die Grenzen unserer Erkenntnis zu definieren und da haben wir eben nicht nur physische Erkenntnisgrenzen (z.B. den physischen "Rand" des Universums), sondern auch kulturelle, weil wir selbst ein Atom nicht außerhalb unseres kulturellen Kontextes betrachten können.
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Re: Die biologisierende Ausdeutung der Welt

Beitragvon ujmp » Mo 23. Jul 2012, 19:12

Nanna hat geschrieben:
laie hat geschrieben:Es geht darum, daß wir "ohne die anderen" gar keine Vorstellung von physischer Realität hätten.

Ok, dem kann ich mich absolut anschließen, das läuft auf einen intersubjektiven Erkenntnisprozess hinaus.

Das ist aber eine äußerst gewagte Behauptung. Für Erkenntnis ist Intersubjektivität überhaupt nicht erforderlich, bestenfalls für die Kommunikation über Erkenntnisse.
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Re: Die biologisierende Ausdeutung der Welt

Beitragvon Nanna » Mo 23. Jul 2012, 19:18

Ja, da stimmt schon. Aber ist die Kommunikation über Erkenntnisse denn nicht relevant für den Überprüfungsprozess?
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Re: Die biologisierende Ausdeutung der Welt

Beitragvon ujmp » Mo 23. Jul 2012, 20:51

Für Wissenschaft als Institution - ja. Das hat aber m.E. nur etwas damit zu tun, dass die Wissenschaft sozusagen ein Wissensspeicher ist. Und da muss alles seine Ordnung haben, denn jeder soll genau wissen oder herausfinden können, wovon bei den Erkenntnissen die Rede ist. Wissenschaftliche Erkenntnisse werden deshalb intersubjektiv formuliert. Ich meine, man beschreibt sie mit Erfahrungen, die jeder selbst machen kann (prinzipiell). Wissenschaft beinhaltet Erkenntnis, ist aber nicht dasselbe.

Bei einem Experiment zählt aber m.E. überhaupt nicht, was die Anderen wohl zu einem Ergebnis sagen werden. Auch nicht, wie sie überhaupt das Experiment verstehen. Was zählt ist, ob meine persönliche Erwartung an den Ausgang eines Experimentes erfüllt wird oder nicht. Ok, bei der Beurteilung kann es die bekannten Probleme geben - die werden aber nur mehr, wenn Intersubjektivität dazu kommt. Und die Vorschläge, diese Probleme zu lösen, kann ich alle auch alleine befolgen. Ich kann meine zu testende Variable unter den verschiedensten Bedingungen testen und sooft ich nur will - ohne das ein Mensch neben mir steht. Alle Experimente die z.B. zur Elektrizität gemacht wurden, hätte theoretisch auch einer alleine machen können - was soll Intersubjektivität zur Erkenntnis beisteuern?

Gewiss, meine Erwartungen sind nicht unabhängig von der Kultur in der ich lebe. Ich muss sie in einer Sprache formulieren, die ich mit anderen teile. Das bedeutet aber nicht, dass meine Erkenntnis von dieser Teilhabe eingeschränkt wird, sondern ich entwickle diese Sprache durch meine Erkenntnis weiter - zunächst nur in mir, und dann teile ich es mit. Eine Sprache oder eine Kultur ist ja nichts Definierbares. Jeder Mensch hat seine eigne Variante davon. Es ist eine Software, die sich durch Gebrauch in jedem Einzelnen verändert. Es gibt nicht zwei Menschen, die sich nicht missverstehen. Kommunikation bedeutet in diesem Sinne für mich, dass ich die Kultur in dem Anderen weiterentwickle.
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Re: Die biologisierende Ausdeutung der Welt

Beitragvon ujmp » Di 24. Jul 2012, 05:47

Im letzten Abschnitt könnte man Kuhns Paradigmen rauslesen. Er ist gar nicht so schlecht, möglicherweise sogar besser als ich :mg:
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Re: Die biologisierende Ausdeutung der Welt

Beitragvon laie » Di 24. Jul 2012, 10:59

ujmp hat geschrieben:Für Erkenntnis ist Intersubjektivität überhaupt nicht erforderlich


Aber doch Kommunikation und Sprache oder? Ich meine, daß Problem ist doch ganz ähnlich wie die Widerspruchsfälle, die ich in einem eigenen thread Widerspruchsproblematik zu behandeln versuchte: Es handelt sich um die gleichzeitige Annahme zweier Gegensätze. Unsere Welt, in der wir meinen, zu leben, wird durch unsere Sprache zergliedert. Auch unsere Theorien sind sprachliche Gebilde. Wir haben also auf der einen Seite ein sprachliches Gebilde und auf der anderen Seite das X, auf welches sich dieses Gebilde beziehen soll. Können wir das X unabhängig von der sprachlichen Ebene beschreiben?

Daß sich der aufrechte Gang des Menschen, sein Intellekt, seine Sprachfähigkeit, seine Kultur usw. entwickelt haben; von all dem hören wir, nachdem wir sprechen gelernt haben. Nachdem wir sprechen gelernt haben, werden uns sprachliche Gebilde wie die Evolutionstheorie vorgesetzt. Freilich hat die Evolutionstheorie einen hohen Grad an Plausibilität. Aber das ändert nichts daran, daß wir das X nur über die Evolutionstheorie wahrnehmen. Wir behaupten, daß X so ist wie die Evolutionstheorie sagt: "X ist ein Modell der Evolutionstheorie" aber dazu müssten wir auch sagen können: "Die Evolutionstheorie ist ein Modell von X". Wir wissen aber über X nichts, bevor wir nicht die Evolutionstheorie haben.

Das gilt natürlich auch für alle anderen Theorien und sprachlichen Gebilde und Texte.

Du sagst, daß Intersubjektivität bestenfalls für die Kommunikation über Erkenntnisse erforderlich sei. Natürlich, wenn man seine Ideen mitteilen möchte, benötigt man jemanden, der sich das anhören möchte. Das ist so richtig wie trivial. Der Punkt ist, daß kein Kaspar Hauser irgendwelche Erkenntnisse hat.

Ich hatte das Bild vom nackten Menschlein, das den Mutterschoss durchbricht und mit nichts auf die Welt kommt, nicht umsonst gewählt. Wir werden zu dem, was wir sind, in einem kulturellen Umgebung. Ausserhalb dieser Umgebung haben wir gar keine Existenz. Nicht so sehr in dem Sinne, daß wir nicht eine Weile ohne andere Menschen überleben könnten: die Aufklärung des 18. Jh. war fasziniert von den sog. "Wolfskindern", die eine Weile ohne menschliche Zivilisation überlebt hatten; sondern vielmehr in dem Sinn, daß wir gar nicht "wir" wären. Wir wüssten gar nicht, wer wir sind ohne die anderen. Umso mehr ist es sehr lustig, wenn dann immer wieder die Rede auf die "Natur des Menschen" kommt, die uns versucht zu sagen, wer oder was wir denn eigentlich wären, wenn es keine Kultur und Zivilisation gäbe.
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Re: Die biologisierende Ausdeutung der Welt

Beitragvon Darth Nefarius » Di 24. Jul 2012, 12:25

Nanna hat geschrieben:Dein Problem ist hier, dass du zwei verschiedene Definitionsmöglichkeiten des Begriffs Ideologie durcheinanderwirfst. Ideologie kann erstmal nur ein wertneutraler Begriff für ein Set an Ideen sein, eine Weltanschauung.

In der Theorie mag die Unterscheidung zwischen Weltanschauung und Ideologie richtig sein, aber nach meiner Erfahrung haben diejenigen, die sich auch wirklich Gedanken um die Welt machen und nicht nur über die nächste Miete und die nächste Party nicht nur eine Weltanschauung, sondern eine Ideologie im engeren Sinne.
Nanna hat geschrieben: Das ist verwandt mit dem Narrativ, von dem laie und ich hier die letzten Beiträge gesprochen haben, wobei ein Narrativ im engeren Sinne nicht dasselbe ist wie eine Ideologie im engeren Sinne und auch nicht wie ein Diskurs. Alle sind aber sprachlich vermittelt und hängen dadurch zusammen. Eine Ideologie im engeren bzw. emphatischen Sinne ist das, was du als "Weltverbessererideologie" bezeichnest, nämlich eine bestimmte diesseitsorientierte Weltanschauung mit utopischer Zielsetzung.

Die Zielsetzung ist immer utopisch, wenn sie darauf hinausläuft, den Menschen von seinem Wesen zu entfremden.
Nanna hat geschrieben:Der Fehler in deiner Argumentation ist meines Erachtens, dass du jede Form von Narrativ unter diesen Ideologiebegriff subsummierst. In so einer Welt wäre tatsächlich jede präskriptive Idee eine gefährlich schillernde Angelegenheit.

In der Praxis ist das auch nach meiner Beobachtung so. kennst du ernsthaft jemanden, der keine wenigstens leichte ideologische Einfärbung in seinem Weltbild hat, wenn er überhaupt eines hat? Eine Ideologie zu haben, ist fast so selbstverständlich wie zu atmen, wenn man sich ein wenig gedanken um die Umgebung macht. Ich kenne niemanden hier, der sich öfters beteiligt hat und kein Anzeichen von Ideologie durchschimmern ließ. Nur die Dummen haben keine, sie folgen nur.
Nanna hat geschrieben: Aber nicht jedes gesellschaftliche Narrativ formuliert überhaupt derartige Heilsansichten wie der Kommunismus (die Religion ist keine Ideologie, sondern wieder ein eigenes Gebilde, das sich durch andere Eigenschaften auszeichnet, z.B. die Jenseitsorientierung, welche Ideologien wegen ihrer Diesseitigkeit üblicherweise nicht besitzen) und deshalb ist auch nicht jedes Narrativ eine Ideologie.

Religion IST eine Ideologie, weil sie auch einen Bezug zum Diesseits hat und erklärt, dass das Diesseits die Qual und die Prüfung ist und das Verhalten und der Grad der Unterwürfigkeit im Diesseits entscheidet, wie das Jenseits aussehen wird.
Wie gesagt, du hast theoretisch recht, aber praktisch ist jedes Narrativ eine Ideologie. Der Mensch neigt schnell dazu an eine einfache Lösung zu glauben, wenn er meint, das Problem erkannt zu haben (sofern er überhaupt eines wahrnimmt oder nachdenkt).
Nanna hat geschrieben:Deine zweite Prämisse, dass der Mensch eine bestimmte Natur hat, der er folgen sollte, halte ich für eine krasse Form von naturalistischem Fehlschluss.

Ich habe nie eine Ethik oder Moral formuliert, bei mir gibts kein "Sollen". Ich habe nur kritisiert, dass manche den Menschen von seiner Natur entfremden wollen, das halte ich für einen Fehler. Wenn man seiner Natur folgt, entfällt ein "Sollen", weil man dann ein "Wollen" hat. Der eigenen Natur zuwiderhandeln bedeutet, seinem Willen zuwiderhandeln. Das verursacht oft einen Zwiespalt im Menschen, der Aggressionen gegenüber anderen verursachen kann.
Nanna hat geschrieben: Dieser Weg führt direkt auf eine schiefe Ebene, wo der Mensch sich als Subjekt auf einen maschinenartigen Ablauf reduziert und sich seiner Freiheit und Verantwortung entledigt.

Der Mensch hat auch keine freiheit und Verantwortung, es gibt nur den Determinismus und Kausalität. Wenn einem dies bewusst wird, hörtz man auf, Schuld zu suchen, sie anderen zu geben, auch Generationen nach einem möglichen Verursacher einer beliebigen Tat. Verantwortung ist der verkleidete Wolf im Schafspelz, die zur Rache führen kann. Freiheit besteht nicht wirklich, wir handeln gewiss immer mit dem Glauben, wir hätten einen gewissen Einfluss, aber selbst dieser Glaube ist determiniert, weil wir nicht anders können, oder depressiv und untätig werden. Aktionismus ist da eine bessere Alternative.
Nanna hat geschrieben: Da war sogar die Genesis schon weiter.

WAS??? Wieso bitte?
Nanna hat geschrieben:Ich glaube, ob es uns passt oder nicht, sind wir denkende, diskursive Wesen, die gar keine andere Wahl haben, als Narrative und Ideen zu entwerfen und dadurch eine Welt zu konstruieren, in der zu leben für uns "Sinn macht".

Nichts "macht Sinn", das ist nichtmal korrektes Deutsch. Es wird schnell und manchmal schlampig ein Sinn gefunden, an ihm wird festgehalten, auch wenn es schon ein irrationales Verhalten ist und eher schadet als nützt.
Nanna hat geschrieben:Und an der Stelle kommen wir zurück zu dem, worauf laie und ich uns schon geeinigt hatten, nämlich dass ein Ausbrechen aus der Kultur nicht möglich ist, sondern maximal das Ersetzen einer kulturellen Deutung durch eine andere (womit wir beide keinen Kulturrelativismus meinen).

Nein, der Ausbruch aus der eigenen Natur ist nicht möglich, aus der Kultur gewiss. Ordnet mich doch einer Kultur zu! Ich bin in Asien geboren, in einem Land der ehemaligen Sowjetunuion, das jetzt den Islam zur Staatsreligion erklärt hat und lebe ab einem jungen Alter in Deutschland, konnte mich nie mit der Region identifizieren und man hat weder mich oder meine Eltern völlig akzeptiert (bis auf Ausnahmen, denen die Kultur egal ist), ich liebe griechisches Essen, die italienische Sprache und Kunst, genauso wie die deutsche und russische Sprache. Was für eine Kultur habe ich?? Ich habe mich nie mit einer Kultur identifizieren können, weder mit der des Exils meiner Vorfahren, noch mit deren Heimatländer (mehr als 3, schätzungsweise), noch mit dem Ort, an dem ich die meiste Zeit gelebt habe (also im Norden Deutschlands). Also, was soll meine Kultur bitte sein? Ich kann mich höchstens mit Ideen, mit Geschichten von Personen identifizieren, mit Motiven, mit Zielen. Diese Aspekte sind kulturunabhängig, die betreffenden Personen waren niemals Archaetypen der Kultur, in der sie sich bewegten.
Nanna hat geschrieben: Es geht darum, die Grenzen unserer Erkenntnis zu definieren und da haben wir eben nicht nur physische Erkenntnisgrenzen (z.B. den physischen "Rand" des Universums), sondern auch kulturelle, weil wir selbst ein Atom nicht außerhalb unseres kulturellen Kontextes betrachten können.

Doch gewiss, auch wenn ich bestimmte Größenordnungen benutze wie ein Angström, bin ich noch lange nicht Skandinavier, sondern beziehe mich auf eine Person, nicht eine Gemeinschaft mit Riten und Klischees. Alles hat physische oder energetische Erscheinungsformen, fang nicht an mit Metaphysik zu argumentieren.
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Re: Die biologisierende Ausdeutung der Welt

Beitragvon Lumen » Di 24. Jul 2012, 13:13

Richard Dawkins hat geschrieben:My own view, frequently expressed (for example in the The Selfish Gene and especially in the title chapter of A Devil's Chaplain) is that there are two reasons why we need to take Darwinian natural selection seriously. Firstly, it is the most important element in the explanation for our own existence and that of all life. Secondly, natural selection is a good object lesson in how NOT to organize a society. As I have often said before, as a scientist I am a passionate Darwinian. But as a citizen and a human being, I want to construct a society which is about as un-Darwinian as we can make it. I approve of looking after the poor (very un-Darwinian). I approve of universal medical care (very un-Darwinian). It is one of the classic philosophical fallacies to derive an 'ought' from an 'is'. Stein (or whoever wrote his script for him) is implying that Hitler committed that fallacy with respect to Darwinism. If we look at more recent history, the closest representatives you'll find to Darwinian politics are uncompassionate conservatives like Margaret Thatcher, George W Bush, or Ben Stein's own hero, Richard Nixon. Maybe all these people, along with the Social Darwinists from Herbert Spencer to John D Rockefeller, committed the is/ought fallacy and justified their unpleasant social views by invoking garbled Darwinism. Anyone who thinks that has any bearing whatsoever on the truth or falsity of Darwin's theory of evolution is either an unreasoning fool or a cynical manipulator of unreasoning fools


Soviel zur Natur und Wolfskindern ;)

laie hat geschrieben:Daß sich der aufrechte Gang des Menschen, sein Intellekt, seine Sprachfähigkeit, seine Kultur usw. entwickelt haben; von all dem hören wir, nachdem wir sprechen gelernt haben. Nachdem wir sprechen gelernt haben, werden uns sprachliche Gebilde wie die Evolutionstheorie vorgesetzt. Freilich hat die Evolutionstheorie einen hohen Grad an Plausibilität. Aber das ändert nichts daran, daß wir das X nur über die Evolutionstheorie wahrnehmen. Wir behaupten, daß X so ist wie die Evolutionstheorie sagt: "X ist ein Modell der Evolutionstheorie" aber dazu müssten wir auch sagen können: "Die Evolutionstheorie ist ein Modell von X". Wir wissen aber über X nichts, bevor wir nicht die Evolutionstheorie haben.


Meines Erachtens vermischst du zwei verschiedene Sachen. Wir werden nach der Geburt vor viele vollendete Tatsachen gestellt. Wir finden ein Universum mit bestimmten Gesetzmäßigkeiten vor, werden mit bestimmten genetischen Anlagen in eine bestimmte Zeitepoche und Kultur, in einen bestimmten Haushalt hineingeboren und sehen das alles auch noch durch von diesen Vorbedingungen geprägten Wahrnehmungsapparat. Trotzdem ist der Satz des Pythagoras nachvollziehbar von der Antike bis heute und von Japan bis Chile. Wohl aber nicht von Wolfskindern: jede Form von Wissen oder Theorie ist von irgendeinem Vorwissen abhängig.

Als Beispiel ausgerechnet die Evolutionstheorie zu wählen, ist für mich unverständlich. Es kann ja nicht so schwer sein, anzuerkennen, dass eigentlich allgemein gemeinte Kritik an Erkenntnis und Wissen mit Inhalt Evolutionstheorie automatisch Kreationismus heraufbeschwört. Und so habe ich wieder den Eindruck es geht um Relativierung von Wissen vs. Glauben, dabei kann jeder sowohl in praktischer Anwendug von Wissen als auch im Verhältnis von Behauptung/Belege/Plausibilität sehr leicht erkennen, dass religiöser Glaube und Wissenschaften nichtmal annähernd in der gleichen Liga spielen, das ist Krabbelgruppe gegen Championsleague und das Ergebnis steht entsprechend schon bei 0:1337. Das gute ist, man kann jederzeit das Team wechseln.
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Re: Die biologisierende Ausdeutung der Welt

Beitragvon laie » Di 24. Jul 2012, 13:41

Lumen hat geschrieben:Soviel zur Natur und Wolfskindern ;)


NICHTS hast du mit deinem Zitat geklärt und widerlegt. Den Widerspruch der Beziehung zwischen Sprache und Aussenwelt, daß wir ohne unsere kulturelle Umgebung weder wüssten, wer wir sind noch was Evolution, Welt, Natur, einfach was ALLES bedeutet, all das hast du gekonnt umfahren.

Lumen hat geschrieben:Wir werden nach der Geburt vor viele vollendete Tatsachen gestellt. Wir finden ein Universum mit bestimmten Gesetzmäßigkeiten vor, werden mit bestimmten genetischen Anlagen in eine bestimmte Zeitepoche und Kultur, in einen bestimmten Haushalt hineingeboren und sehen das alles auch noch durch von diesen Vorbedingungen geprägten Wahrnehmungsapparat.


Wer hat dir das alles gesagt? Von wem hast du das gehört? Kam etwa die Evolutionstheorie so wie die Frau Aventiure und hat dir ins Ohr geflüstert, daß du bestimmte genetische Anlagen hast?

Lumen hat geschrieben:Als Beispiel ausgerechnet die Evolutionstheorie zu wählen, ist für mich unverständlich.


Es steht dir frei, irgendein anderes sprachliches Gebilde einzusetzen. Jedes ist an dieser Stelle gleich gut. Daß ich die Evolutionstheorie gewählt habe liegt einfach am Thema des threads: die biologisierende Ausdeutung der Welt.

Lumen hat geschrieben:Es kann ja nicht so schwer sein, anzuerkennen, dass eigentlich allgemein gemeinte Kritik an Erkenntnis und Wissen mit Inhalt Evolutionstheorie automatisch Kreationismus heraufbeschwört.


Achso. Und deshalb meinst du darf ich als Beispiel nicht die "Heilige Kuh" Evolutionstheorie nehmen. Weil sonst der Kreationismus heraufbeschwört wird. Ob es dir nun passt oder nicht: Evolutionstheorie und Kreationismus hören wir, nachdem wir eine Sprache gelernt haben. Du hast einfach den gemeinsamen Punkt, auf den nanna und ich hinweisen, nicht verstanden. Stattdessen hast du

Lumen hat geschrieben:... wieder den Eindruck es geht um Relativierung von Wissen vs. Glauben,


Natürlich. Etwas anderes war ja auch nicht zu erwarten.
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Re: Die biologisierende Ausdeutung der Welt

Beitragvon Vollbreit » Di 24. Jul 2012, 15:10

ujmp hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Ihr behauptet, dass das, was in sozialer Beschreibung „altruistisch“ genannt wird, an seiner biologischen Wurzel egoistisch motiviert ist. Dafür fehlt erstens, die Begründung. Warum sollte das so sein? Sagt es doch mal.

Solange man keine zusätzlichen Entitäten benötigt, soll man sie auch nicht vermehren. Und man kann zeigen, das der Altrusimus in bestimmten fällen Zusammenbricht, wenn er offensichtlich nicht reziprok ist.


Der Altruismus ist keine zusätzliche Entität, sondern einfach ein anderer Begriff für eine andere Erklärungsansatz, im Lichte der Erkenntnis, dass Egoismus allein alles und damit nichts erklärt.
Zeig mal auf wo, der Altruismus zusammenbricht.

ujmp hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Zweitens: Warum soll es überhaupt nur einen Urtrieb geben, und nicht mehrere?.

Nieman hat das hier behauptet. Aber warum sollte es mehrere geben?


Weil der Egoismus allein nicht hinreicht und die Basis der Triebe die Affekte sind und diese sind bereits dualistisch.

ujmp hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Drittens: Ihr schmuggelt damit heimlich, biologischen Begründungen in soziale Kontexte ein:
Soziologisch würde man es altruistisch nennen, sagt ihr, aber im Kern ist es Egoismus.

Ich hab gesagt dass, der soziale Atrusimus biologisch ein egoistisches Fundament hat. Das braucht man nichts "reinzuschmuggeln", wenn es eine Tatsache ist.


Wo und warum ist es denn so? Das müsstest Du schon zeigen.
Eine Tatsache behaupten kann jeder.

ujmp hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Und damit behauptet ihr implizit eine Reihenfolge, bei der die biologische Sicht höherrangig ist, ebenfalls vollkommen unbegründet.

Dieses Vorurteil ist wohl der Motor dieser Diskussion. Es ist aus meiner Sicht unbegründet.


Könntest Du denn Deine Position skizzieren, damit man nichts aufs Raten angewiesen ist?
Zuletzt geändert von Vollbreit am Di 24. Jul 2012, 15:41, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Die biologisierende Ausdeutung der Welt

Beitragvon Vollbreit » Di 24. Jul 2012, 15:23

laie hat geschrieben:
ujmp hat geschrieben:Lego und Schach und Flugzeuge sind genau so Natur, wie Spinnennetzte, Vogelnester oder Maulwurfhügel.


"Lego und Schach und Flugzeuge sind genau so Natur, wie Spinnennetzte, Vogelnester oder Maulwurfhügel" ist zunächst einmal ein Satz. Diesen Satz hören wir von anderen. Wir sind nicht "die Natur" und die Natur spricht auch nicht zu uns. Unsere Eltern sprechen zu uns, unsere Lehrer, alle möglichen Personen, aber nicht die Natur. Unsere Naturerfahrung beschränkt sich für gewöhnlich auf unmittelbare Sinnesreize, etwa, wenn ich mir mit dem Hammer auf den Finger haue.


Vor allem oder darüber hinaus, oder wie man es gerade will, wiederholt ein allumfassender Naturbegriff nur den Fehler des allumfassenden Egoismusbegriffs. Das ist ja gerade der Witz daran.
Wenn alles Natur ist, die Gezeiten wie Atomkraftwerke, Herzchirurgie wie Froschlaich, die Kniescheibe die der Modus Ponens, dann muss man die Differenzierung innerhalb der allumfassenden Klammer des Naturbegriffs einführen. Letzten Endes landet man dann auf Umwegen doch wieder bei der Differenzierung von Natur und Kultur, zum Beispiel.
Oder eben bei der von Egoismus und Altruismus.

Warum man aber überhaupt der Biologie bei der Welterklärung den Vorrang geben sollte, ist damit auch noch nicht erklärt. Wenn alles Natur ist, warum dann keine philosophische oder politische Betrachtung?
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Re: Die biologisierende Ausdeutung der Welt

Beitragvon laie » Di 24. Jul 2012, 15:27

Vollbreit hat geschrieben:Wo und warum ist es denn so. Das müsstest Du schon zeigen.
Eine Tatsache behaupten kann jeder. ...
Warum man aber überhaupt der Biologie bei der Welterklärung den Vorrang geben sollte, ist damit auch noch nicht erklärt. Wenn alles Natur ist, warum dann keine philosophische oder politische Betrachtung?


Na,na,na, du wirst doch wohl nicht den Kreationismus heraufbeschwören wollen mit all deinen kritischen Fragen und Einwänden :devil:

pass auf, sonst kommt der Lumen
Zuletzt geändert von laie am Di 24. Jul 2012, 15:37, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Die biologisierende Ausdeutung der Welt

Beitragvon Vollbreit » Di 24. Jul 2012, 15:33

ujmp hat geschrieben:
Nanna hat geschrieben:
laie hat geschrieben:Es geht darum, daß wir "ohne die anderen" gar keine Vorstellung von physischer Realität hätten.

Ok, dem kann ich mich absolut anschließen, das läuft auf einen intersubjektiven Erkenntnisprozess hinaus.

Das ist aber eine äußerst gewagte Behauptung. Für Erkenntnis ist Intersubjektivität überhaupt nicht erforderlich, bestenfalls für die Kommunikation über Erkenntnisse.


Damit hast Du Dich natürlich endgültig disqualifiziert.
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Re: Die biologisierende Ausdeutung der Welt

Beitragvon Lumen » Di 24. Jul 2012, 15:40

laie hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Wo und warum ist es denn so. Das müsstest Du schon zeigen.
Eine Tatsache behaupten kann jeder.


Na,na,na, du wirst doch wohl nicht den Kreationismus heraufbeschwören wollen mit all deinen kritischen Fragen :devil:

pass auf, sonst kommt der Lumen


Quatsch, mit Vollbreit bin hier weitgehend einer Meinung, biege dann aber am Ende nochmal scharf ab. Solche Sätze wie "Alles ist Natur" ist nur in bestimmten Kontexten eine sinnvolle Ausage, daher weil wir vernünftigerweise annehmen, dass unser Universum und wir selbsts aus Naturprozessen hervorgegangen sind. Das ist aber von der anderen Seite gleich wieder zu beschneiden, denn der Naturbegriff sollte nicht an die Stelle einer Gottheit treten oder zu philosophischen Fantastereien einladen, darum ist der Ausspruch nur sehr begrenzt nützlich. Er kommt in gewisser Weise einem hierarchischen Denken des Menschen entgegen, der alles in Mengen einteilt, und dazu neigt, Gemeinsamkeiten und Ursachen finden zu wollen, um übergeordnete Mengen finden zu können. Dabei täuscht diese Struktur über die Wirklichkeit hinweg. Es ist aber nicht so schwer, sich davon zu lösen. So wie man auch lernen kann, ein Nicht-Wissen auszuhalten oder eine provisorische, näherungsweise richtige Theorie anzuerkennen, solange man keine bessere kennt, kann man auch die sprachlichen Besonderheiten ausblenden und versuchen, den Sachverhalt anders zu erfassen, visuell, mathematisch usw.
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Re: Die biologisierende Ausdeutung der Welt

Beitragvon Vollbreit » Di 24. Jul 2012, 15:55

Wir streiten hier ja auch nicht um den Naturbegriff, der ohnehin nicht fassbar ist. Es bleibt halt nur übrig sich darauf zu verständigen, was man jeweils meint, wenn man von „Natur“ spricht. Man kann sie als Gesamtheit der Wechselwirkungen der Gesetzmäßigkeiten des Universums bezeichnen, aber da wir von diesen keine Ahnung haben, bleibt der Begriff notgedrungen eine metaphysische Idealisierung.

Hier geht es ja darum, zu klären, warum einer naturalistischen – und innerhalb dieser, einer biologistischen – Ausdeutung ein besonderer Gehalt zugesprochen werden sollte, über den vollkommen legitimen Forschungsansatz die biologischen Grundlagen des Geistes erfassen zu wollen.

Warum sollten Hirnforscher über das Strafrecht entscheiden?
Was sagt es uns, wenn der Kapitalismus so schön zur (angeblich) egoistischen Evolution passt?
Was erklären uns Biologen über Literatur?

Hier gilt es erst mal in guter philosophischer Art darum, die Begriffe zu klären.
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