Lumen hat geschrieben:Vollbreit hat geschrieben:@ Lumen:
Ah, siehst Du Dich wieder genötigt in Deine albernen paranoiden Phantasien zu flüchten? Was genau verlangst Du denn von mir? Wie kann ich Dir etwas zeigen, was Du nicht sehen willst oder kannst? Andere sehen es. Frag nach.
Welche "paranoiden Phantasien" willst du denn entdeckt haben, in meinem ach so wackelnden Weltbild? Nichts von dem, was du von Dawkins zitierst, stellt irgendeine Überraschung dar. Bei aller Polemik: Verfolgungswahn sehe ich in meiner Antwort nicht.
Lumen hat geschrieben:Offenbar stellt es für die Herrn Theologen-Philosophen eine unüberwindbare konzeptionelle Anstrengung dar, sich vorzustellen, dass Beine eine notwendige Voraussetzung zum Laufen sind, das Vorhandensein von Beinen aber noch kein Laufen-Sollen impliziert, und es den Genen vollkommen egal ist, ob mit den Beinen gelaufen wird, oder nicht.
Lumen hat geschrieben:Es werden auch beim Nachwuchs Beine wachsen, auch wenn die Art mittlerweile lieber schwimmt. Ein denkendes Wesen wie der Mensch, kann seinen Fortsätzen den Namen "Bein" geben und darüber sinnieren, ob man lieber laufen sollte, oder lieber gehen. Es ist sowohl dem Bein, als auch den Genen egal, ob Laie in einer anderen Kultur geboren wurde und "Beine" gar nicht kennt, sondern die Glieder in "Oberstummel" (für beide Oberschenkel mit Knie) und "Unterstummel" (für alles unterhalb Knie) unterscheidet und das Singular "halber Oberstummel Rechts" lautet. Es können spezialisierte Pedologie-Philosophen darüber sinneren, unter welchen Umständen gelaufen werden soll, und wann gehen oder gar krabbeln besser wären.
Lumen hat geschrieben:Den Genen wird es egal sein. Vom Biologie-Standpunk ist es egal, was ein Pedologe durch scharfes Nachdenken herausgefunden hat. Denn vom Laufen-Sollen wird Nichts hinzugefügt, oder abgezogen, was auch immer die Gene egoistischerweise davon halten. Oder umgekehrt, auch jede Philosophie wird nicht umhin kommen, und festellen, dass es Beine gibt und damit oft gelaufen wird.
Lumen hat geschrieben:Dabei haben Pedologen ja durchaus ihre Berechtigung. Aber sie arbeiten mit der Vorausetzung, dass es Beine gibt. Ohne Beine keine Pedologen, ohne Auge kein Optiker, ohne moralisches Empfinden keine Moral-Philosophen. Irgendwer hat also die Aufgabe, festzustellen, warum es Beine, Augen, Moralempfinden/Empathie gibt.
Lumen hat geschrieben:Ein Mensch mit Empathie und Spiegelneuronen usw. hat zudem kein Wissen von "zahlt sich aus", wir kalkulieren auch nicht "werde Dopmin als Belohnung erhalten" wenn wir wem helfen. Wenn diese Tatsachen aber aus eurer Sicht den Altruismus-Begriff zerstört, dann sei es eben so.
Lumen hat geschrieben:Davon abgesehen hat es sich bestimmt auch Philosophen-Theologen-Turm herumgesprochen, dass Tiere andere Tiere jagen und töten, um selbst zu überleben. Ich weiß, ist schlimm. Egoistische Biester aber auch!
Peter Sloterdijk hat geschrieben:… - sofern man die Sommerlochoffensive der Gottlosen von 2007 außer Betracht lässt, der wir zwei der oberflächlichsten Pamphlete der jüngeren Geistesgeschichte verdanken; gezeichnet Christopher Hitchens und Richard Dawklins.
(P.Sloterdijk, Du musst dein Leben ändern!, Suhrkamp, 2009, S.9)
stine hat geschrieben:Ich halte es ohnehin für falsch, ein Gen mit dem selben Adjektiv auszustatten, wie wir es gemeinhin für ein komplexes Individuum nützen. Das kann zu Verständnisproblemen führen. Vielleicht fand Dawkins einfach kein anderes Wort als egoistisch. ME meinte er nur, dass Gene Überlebenskünstler sind und sich durchsetzen wollen. Nichts weiter.
laie hat geschrieben:@Vollbreit: Und du meinst, daß Lumen und ujmp die ritterliche Geste hinter deinem Beitrag sehen, die es ihnen erlaubt, das Gesicht zu wahren?
Vollbreit hat geschrieben: Um darauf mal eine ernsthafte und nicht polemische Antwort zu geben: [...]
Ansonsten hat Paranoia ein stark [1] moralisierendes Element, man fühlt sich [...] als zu den letzten Auserwählten gehörend, die noch Anstand haben und die [2] Welt vor der Dummheit, Verbohrtheit und Feigheit retten wollen. [...] Das schwappt bei Dir schnell in einen sehr emotionalen Bereich, in dem Du die Emotionslage der anderen antizipierst [...] So kommen dann einige Elemente zusammen, ein leicht grandioses Wissen über die tatsächlichen Zusammenhänge, eine Weltverbesserungsattitüde (wenn keiner warnt, ist alles verloren), eine wahlweise Überhöhung oder [3] Verächtlichmachung des Feindes, der irgendwie dumm, aber gerissen ist (oder übermächtig, aber man stellt sich) und der wichtigste Punkt ist Misstrauen: tiefes umfassendes Misstrauen [...] Naja, müsste als gröbste Skizze reichen. Nun weiß ich natürlich nicht, was wirklich mit Dir los ist, aber vielleicht kannst Du es selbst ganz gut (nichtöffentlich) einschätzen.
Vollbreit hat geschrieben:Und Du meinst wirklich, dass das hier jemanden intellektuell überfordert, zu erkennen, dass man zum Laufen Beine braucht? Ein Sollen ist ohnehin immer nur eine moralische Forderung, die aus einem intersubjektiven Diskurs erwächst, ansonsten erkennen die meisten hier einen naturalistischen Fehlschluss.
Vollbreit hat geschrieben:Zeigt, dass Du von der Tätigkeit der Philosophen wenig verstehst, scheint hier irgendwie ein durchgehendes Minderwertigkeitsgefühl zu sein, dass dann durch aggressiv verzerrte Darstellung kompensiert wird.
Dass Biologen sich ausgerechnet dadurch als die besseren Philosophen (und Staatsrechtler, Psychologen usw. gleich mit) ausweisen, wird wohl niemand ernsthaft glauben.
Vollbreit hat geschrieben:Jenseits von Binsenweisheiten und Reduktionismen erklärt uns die Biologie nämlich nicht wirklich viel über unser Sosein. [...] Na prima, lassen wir doch die Erziehung fallen, wenn alles, was wir zum Leben brauchen uns durch die schrittweise Optimierung der Evolution bereits gegeben ist, toll.
Vollbreit hat geschrieben:Oder stellt sich da vielleicht noch die eine oder andere Frage, etwa die, ob man in allen Fällen und mit allen kooperieren sollte. Wenn Mutter Natur uns auch da die letzte Weisheit in Gehirn geschrieben [...] Wir sind nicht auf Arterhalt programmiert, sondern auf Egoismus, welche Gene sich am Ende durchsetzen, ist der Natur egal, wie Du weißt.
Vollbreit hat geschrieben:Nur uns, Lumen, kann es nicht egal sein und da stellt sich die Frage nach dem Sollen überhaupt erst. Und, allein die Tatsache, dass sie sich stellt, zeigt bereits, dass der Mensch mindestens mal die grobe Idee hat, dass er auch anders kann, oder in Zukunft könnte. Wir stellen uns nicht die Frage, wie wir unsere natürlichen Flugtechniken verbessern, da wir keine haben. Wir stellen uns aber ethische Fragen.
Vollbreit hat geschrieben:Und es stellt sich noch eine andere Frage, nämlich die, nach dem Verhältnis von unserem Wollen zu unseren Genen oder allgemein biologischen Vorgaben. Das ist ja auch genau die Frage die Dawkins beschäftigt und die Intuition mag ja noch honorig sein, die Durchführung ist technisch völlig misslungen. Das sind einfach dicke Widersprüche und jeder der geübt ist, solche zu sehen, der kann und wird sie sehen.
Vollbreit hat geschrieben:Es ist nicht das Problem die Wurzeln des Moralempfindens zu ergründen, das ist sogar interessant. Das Problem ist, so zu tun, als hätten die 10.000de Jahre danach, als wir nicht mehr in der Affenhorde zusammenhockten uns Blätter ins Maul stopften und von den Bäumen kackten, gar nicht stattgefunden. Warum meint Dawkins, sollte man hier einen direkten Kurzschluss von der Moral der Primatenhorden zu un ziehen, während Du Dich ein ums andere Mal über die moralische Unangemssenheit der bronzezeitlichen Einstellung erregst.
Vollbreit hat geschrieben:Wenn das so ein schlechtes Spiel ist, warm sollte es besser werden, wenn man noch mal 50.000 Jahre zurück geht? Inzwischen haben sich alle möglichen Leute sehr viele Gedanken über Recht, Moral und so weiter gemacht, ehrlich gesagt um einiges gehaltvollere, als die sehr dünne Suppe, die Dawkins da abliefert und die einzige Begründung die er anbietet, ist die Frage, warum das Programm des Putzerfisches heute nicht mehr in uns aktiv sein sollte.
Vollbreit hat geschrieben:Philosophen würden das nicht zurückweisen, sondern sagen: Okay, lasst uns doch mal schauen, was es bedeuten würden, wenn der Putzerfisch oder der Steinzeitprimat noch in uns steckt. Was folgt daraus und was nicht? Und dass unser Denken einzig und allein von unserer Biologie abhängig wäre läuft auf einen Determinismus raus, den Dawkins leugnet. Was also soll uns das alles sagen? Wenn Du eine Antwort weißt, schreib sie hin.
Vollbreit hat geschrieben:Wieso sollten Spiegelneuronen den Altruismus-Begriff zerstören, wie kommst Du immer auf solche absurden Ableitungen? Du hast weniger Ahnung von den Geisteswissenschaften als Du selbst meinst. Niemand in der Philosophie hat ein ernsthaftes Problem damit, man ist doch ja in jede Hinsicht ungeheuer pragmatisch geworden, hast Du mal Metzinger gehört oder überhaupt mal irgendwelche philosophischen Debatten der letzten Zeit verfolgt?
Vollbreit hat geschrieben:Was Du nicht erkennst, ist der neue Zug, der durch die Biologisierung in die Diskussion gekommen ist. Nicht die Aggression oder Gier oder der Egoismus des Menschen stand ja in Frage – wofür sonst hat man denn Ver- und Gebote und dergleichen aufgestellt? – sondern die Biologie hat die Ansicht frontal attackiert, dass der Mensch irgendwas daran ändern könne. Denn unisono haben einige Evolutionsbiologen und Neurologen den Menschen mit ihren Mitteln der Biologie untersucht und offenbar erstaunt festgestellt, dass der Mensch, mit dieser Brille betrachtet, von Anfang bis Ende ein biologisches Wesen ist, eine reines Naturprodukt. [...] Gründe tauchen da nicht auf. Freier Willen, taucht da auch nicht auf. Ein Ich? Wir sehen nur Hirnzellen, keinen Homunkulus. Unser Antrieb: Egoismus, durch die Gene motiviert. Eine Seele? Lächerlich. Würde? Konnte man auch nicht finden.
Vollbreit hat geschrieben:Die Frage ist schlicht und einfach, ob es legitim ist, die gesamte Kultur in biologische Funktionsabläufe zu pressen und ob dabei am Ende irgendetwas Gehaltvolles rauskommt.
Nachdem man wohl anfangs verdutzt war, dass studierte Menschen im 21. Jahrhundert diesen primitiven Mist wirklich ernst meinen können, haben sich dann die Reihen geschlossen und man hat die Argumente der Biologenschar untersucht und dort wo es angemessen war, nach allen Regeln der Kunst zerpflückt, so das heute im Grunde niemand mehr die lautsprechenden Neurobiologen ernst nimmt, Herr Roth, ist inzwischen Kompatibilist, Herr Singer ist stiller geworden, über Dawkins schrieb Sloterdijk:
Vollbreit hat geschrieben:Du kannst es ja halten wie Du willst und niemand ist verpflichtet sich für Philosophie oder Religion zu interessieren, nur wenn man es tut und ernsthaft glaubt, sich der Philosophie oder der Religion am besten über den Weg der Biologie nähern zu können, ist man verraten und verkauft und heraus kommt nichts als reduktionistischer Mist.
Lumen hat geschrieben:Ich kann jetzt nicht nachschlagen, aber sagte er nicht auf der einen Seite, was wir für genetische Anlagen (reziproker Altruismus, zum Teil) wir haben und äußerte er nicht den Wunsch, KEINEN naturalistischen Fehlschluss zu begehen, insbesondere nicht in Richtung "Sozial-Darwinismus".
laie hat geschrieben:Ein dritter Grund besteht einfach darin, daß die ET selbst ein kulturelles Produkt ist
Lumen hat geschrieben: Zumal von den Leuten, die Sloterdijk richtig schreiben können, Meister Eckart nicht mit Pumuckl in Verbindung bringen und die Evolutionstheorie mit starken vorbehalten sehen, praktisch ausnahmslos evangelikale Akademiker, mutmaßlich Theologen sein müssten. Es grenzt an Schwachsinnigkeit die ET in Gänze zu bezweifeln, es sei denn man hat einen sehr starken Grund, welcher dann statt Schwachsinnigkeit eben Gott ist.
Lumen hat geschrieben: Prima. Woher dann die Ableitung dass egoistische Gene und ein Sack Instinkte automatisch dies oder jenes besagt?
Lumen hat geschrieben: Gerade das sagte mein Beispiel eben nicht aus. Es sagte aus, dass ein Optiker auf das Vorhandensein von Augen angewiesen ist und wieder andere Leute sich mit Ästhetik befassen können, was auch eine philosophische Dimension hat. Aber woher Augen kommen und dass Lebewesen Augen entwickelten um in einer Umwelt einer bestimmten Art klar zu kommen ist die Aufgabe von Biologen, Genetikern, Zoologen etc.
Lumen hat geschrieben: Dazu kommt der Kommentar von jemandem, der fortwährend jammert, dass keiner diese oder jene Philosophen/Theologen/Schriftsteller gelesen hätte und Biologen wie Dawkins sie einfach ignorieren würden. Sag du mir vielmehr, was ein Philosoph zu Genetik beizutragen hat? Ich bin eher davon überzeugt, dass du den Sachverhalt noch immer nicht verstanden hast. Sehen wir auch gleich.
Lumen hat geschrieben: Ja toll! Du wurdest auf Ergebnisse hingewiesen, dass Menschen weltweit ähnliche Moralvorstellungen haben. Auch Kleinstkinder zeigen diese Veranlagung und haben dabei nur minimal Erziehung genossen.
Lumen hat geschrieben:Vollbreit hat geschrieben:Oder stellt sich da vielleicht noch die eine oder andere Frage, etwa die, ob man in allen Fällen und mit allen kooperieren sollte. Wenn Mutter Natur uns auch da die letzte Weisheit in Gehirn geschrieben [...] Wir sind nicht auf Arterhalt programmiert, sondern auf Egoismus, welche Gene sich am Ende durchsetzen, ist der Natur egal, wie Du weißt.
Wir sind nicht auf Egoismus programmiert. Gene programmieren nicht und was war jetzt mit reziprok altruistischen Verhaltensweisen, was ist jetzt mit Empathie und Spiegelneuronen und Co.?
Richard Dawkins hat geschrieben:Damit haben wir nun vier stichhaltige darwinistische Gründe, warum Individuen untereinander altruistisch, großzügig oder „moralisch“ handeln. Der erste betrifft den Sonderfall der Verwandtschaft. Der zweite ist die Gegenseitigkeit: Gefälligkeiten werden vergolten und in „Erwartung“ eines solchen Gegengefallens erwiesen. Darauf folgt sofort der dritte: der darwinistische Vorteil, den es bedeutet, wenn man sich de Rufe der Großzügigkeit und Freundlichkeit erwirbt. Und wenn Zahavi recht hat, gibt es viertens den speziellen, unmittelbaren Nutzen der zur Schau gestellten Großzügigkeit als Mittel, um für sich selbst authentische, unverfälschte Reklame zu machen.(S.304)
Wikipedia hat geschrieben:Präkonventionelle Ebene
Diese Ebene entspricht dem Niveau der meisten Kinder bis zum neunten Lebensjahr, einiger Jugendlicher und vieler jugendlicher und erwachsener Straftäter. Auf dieser Ebene erlebt das Kind zum ersten Mal, dass es auch andere Sichtweisen neben der eigenen geben kann, die Autoritätspersonen sind jedoch weiterhin die Vorbilder.
1. Stufe – Die Orientierung an Strafe und Gehorsam: In der ersten Stufe orientieren sich diese nicht an moralischen Ansprüchen, sondern im Wesentlichen an wahrgenommenen Machtpotenzialen. Die von Autoritäten gesetzten Regeln werden befolgt, um Strafe zu vermeiden.
2. Stufe – Die instrumentell-relativistische Orientierung: In der zweiten Stufe erkennen Kinder die Gegenseitigkeit menschlichen Verhaltens. Rechthandeln besteht darin, die eigenen Bedürfnisse und gelegentlich die von anderen als Mittel (instrumentell) zu befriedigen. Menschliche Beziehungen werden vergleichbar mit der Austauschbeziehung des Marktes verstanden. Sie orientieren ihr Verhalten an dieser Gegenseitigkeit, reagieren also kooperativ auf kooperatives Verhalten, und üben Rache für ihnen zugefügtes Leid (tit for tat/do ut des – „ich gebe, damit du gibst“)("Wie du mir so ich dir").
http://de.wikipedia.org/wiki/Stufentheo ... nterstufen
Lumen hat geschrieben: Daher kommen dann auch die schlauen Leute zum Zug, die sich Gedanken darüber machen können, dann kommt die Kultur dazu und andere Faktoren. Man braucht aber erst Beine um Fussballkultur zu haben, und Spielregeln.
Lumen hat geschrieben:Vollbreit hat geschrieben:Es ist nicht das Problem die Wurzeln des Moralempfindens zu ergründen, das ist sogar interessant. Das Problem ist, so zu tun, als hätten die 10.000de Jahre danach, als wir nicht mehr in der Affenhorde zusammenhockten uns Blätter ins Maul stopften und von den Bäumen kackten, gar nicht stattgefunden. Warum meint Dawkins, sollte man hier einen direkten Kurzschluss von der Moral der Primatenhorden zu un ziehen, während Du Dich ein ums andere Mal über die moralische Unangemssenheit der bronzezeitlichen Einstellung erregst.
Ich kann jetzt nicht nachschlagen, aber sagte er nicht auf der einen Seite, was wir für genetische Anlagen (reziproker Altruismus, zum Teil) wir haben und äußerte er nicht den Wunsch, KEINEN naturalistischen Fehlschluss zu begehen, insbesondere nicht in Richtung "Sozial-Darwinismus". Da rächt sich dein Eintopf, in dem alles verkocht ist.
Lumen hat geschrieben:Vollbreit hat geschrieben:Wenn das so ein schlechtes Spiel ist, warm sollte es besser werden, wenn man noch mal 50.000 Jahre zurück geht? Inzwischen haben sich alle möglichen Leute sehr viele Gedanken über Recht, Moral und so weiter gemacht, ehrlich gesagt um einiges gehaltvollere, als die sehr dünne Suppe, die Dawkins da abliefert und die einzige Begründung die er anbietet, ist die Frage, warum das Programm des Putzerfisches heute nicht mehr in uns aktiv sein sollte.
Du machst dich über mein Beispiel mit den Beinen lustig, aber machst genauso weiter. Du wirst auch bei maximalem Idealismus nicht umhin kommen, einzugestehen, dass Babies sich nicht aus religiösen Gründen oder dank Erziehung lächelnd und schreiend an ihre Eltern wenden und diese sich angesprochen fühlen.
Lumen hat geschrieben: Affen und andere näher verwandte Cousins zeigen bisweilen ähnliche Verhaltensweisen und haben keine Leute, die sich Gedanken machen. Wir haben nachgewiesermaßen bestimmte Anlagen und die Frage war nicht ob sondern wie es kommen konnte, dass wir sie haben. Mit "egoistischen Genen" ist das plausibel, und übrigens @stine, es heißt "selfish" im original, dass einen etwas anderen Beigeschmack hat als das deutsche "egoistisch".
Lumen hat geschrieben:Vollbreit hat geschrieben:Philosophen würden das nicht zurückweisen, sondern sagen: Okay, lasst uns doch mal schauen, was es bedeuten würden, wenn der Putzerfisch oder der Steinzeitprimat noch in uns steckt. Was folgt daraus und was nicht? Und dass unser Denken einzig und allein von unserer Biologie abhängig wäre läuft auf einen Determinismus raus, den Dawkins leugnet. Was also soll uns das alles sagen? Wenn Du eine Antwort weißt, schreib sie hin.
Da liegt eben der Irrtum, du vermischst jetzt wieder Gehirnforschung und Freie-Wille Thematik mit der "Programmierung" durch Gene. Dawkins betätigt sich da meines Wissens gar nicht. Wieviel Gene genau beeinflussen ist umstritten. Gen-Determinismus wie du es hier benutzt ist ein Strohmann, den kaum (falls überhaupt) jemand vertritt.
Richard Dawkins hat geschrieben:Wo sorgen die Gene nun für ihr eigenes „egoistisches” Überleben im Verhältnis zu anderen Genen? Der naheliegendste Weg besteht darin, dass sie die einzelnen Organismen auf Egoismus programmieren. (S.298)
Richard Dawkins hat geschrieben:Unter manchen – gar nicht mal so seltenen – Voraussetzungen sorgen die Gene für ihr eigenes, egoistisches Überleben am besten dadurch, dass sie den Organismus zum Altruismus veranlassen.(S.299)
Lumen hat geschrieben:Daran ist nichts absurdes. Wenn ein Mensch jemandem selbstlos hilft, und sich dann irgendwie gut fühlt, und dies so ist, weil Dopamin als "Belohnung" ausgeschüttet wird, und diese Belohnung unbewusst einen "Drang" erzeugt, überhaupt jemanden zu helfen, dann kann ein allzu idealisierter Altruismus-Begriff hier zerfallen. Darum drehte sich ein weiter Teil der Diskussion doch, dass angeblich alles im Egoismus aufgeht. Diese Baustelle fasse ich jetzt nicht nochmal an.
Jürgen Habermas hat geschrieben: „Ich verspüre die Problematik des Naturalismus nicht von Seiten naturalistischer Gedankenspiele, sondern an ganz anderer Stelle: dort nämlich, wo naturalistische Erklärungsstrategien innerhalb der Sozialwissenschaften mit Aussicht auf Erfolg etabliert sind. Dabei habe ich weniger eine hoffnungslos unterkomplexe Lerntheorie vor Augen; nicht einmal die im Vormarsch befindliche Spieltheorie, die auch auf ihre Grenzen stoßen wird, weil man nicht alles auf strategisches Handeln reduzieren kann; sondern eine in ihre Grundbegriffen zugleich sensibler und umfassender ansetzende Systemtheorie der Gesellschaft. Diese geht vom Grundphänomen der Selbstbehauptung selbstbezüglicher Systeme in überkomplexen Umwelten aus und verfremdet die Lebenswelt aus einer – alle Ontologie überbietenden – metabiologischen Perspektive.“
(J. Habermas, Nachmetaphysisches Denken, Suhrkamp 1988, S. 30)
Lumen hat geschrieben:Was ich nicht erkannt habe: du hast von Gen "Determinismus" auf eine "freier Wille" Determinismus ungesattelt, damit du den angeblichen Dawkins Widerspruch, der das Ganze tragen sollte, aufrecht erhalten kannst. Ich habe selbst zuwenig Ahnung von der Freier-Wille-Determimismus Sache, habe mich auch nicht groß im entsprechenden Topic betätigt. Toller Salat, lasse mich hier von dir geduldig beleidigen, dabei sind es deine wirren Annahmen...
Lumen hat geschrieben:Ich wende mich mal bewusst vom Zwiegspäch ab und versuche es allgemeiner zu halten, dann können andere sich einbringen und man kann dem Treiben (hoffentlich) besser folgen.
Dawkins schrieb sein Buch vor 35 Jahren, hatte damit die Vorstellung von Evolutionstheorie erweitert. Aber es war, wie du selbst sagst, kein nennenswerter Beitrag zu Moral. Dazu war es nicht gedacht. Es erklärt auf elegante Weise bestimmte Verhaltensweisen, die zuvor für Kopfzerbrechen gesorgt hatten: Warum tötet ein Löwenmännchen die Jungen eines anderen, wenn es doch die "Art erhalten" will. Es erklärt auch das zunächst sonderbare Verhalten (aus einer naiven Evolutionstheorie-Sicht heraus), warum eine Fledermaus Nahrung mit nicht verwandten Artgenossen teilt, und dabei eben keine unmittelbare Gegenleistung erhält. Die Erklärung hierfür populisierte er mit dem Begriff "selfish genes". Da diese identische Kopien herstellen, die über komplizierte Wege Anlagen und Neigungen beinflussen, besteht zwischen Organismen—Trägern identischer Gene— obwohl nicht direkt verwandt, ein unsichtbares Band, das in manchen Situation trotz Selbsterhaltung der Gene und meistens auch des Organismus, dann doch zu Kooperation und wechelseitigem Helfen führte.
Irenäus Eibl-Eibesfeldt hat geschrieben:Die Betrachtung des Sozialverhaltens unter selektionistischen Gesichtspunkten hat sicher entscheidend zu dessen besserem Verständnis beigetragen, allerdings auch zu gewissen Exzessen eines Sozialdarwinismus geführt, die aus einer allzu simplizistischen Darstellung erwuchsen. Eine solche Gefahr sehe ich neuerdings mit der stark vereinfachenden Darstellung der Soziobiologie heraufziehen, die leicht in eine Kleinstgruppenethik münden könnte.
Wikipedia hat geschrieben:Dawkins erlangte 1976 Bekanntheit mit seinem Schlagwort vom egoistischen Gen. In seinem diesbezüglichen Buch beschreibt er das Gen als fundamentale Einheit der natürlichen Selektion, die den Körper nur als „Überlebensmaschine“ benutzt.
Er tritt innerhalb der Evolutionsbiologie für die These ein, dass in evolutionären Prozessen Konkurrenzsituationen (Fitnessunterschiede) auf genetischer Ebene ausschlaggebend sind, wohingegen Gruppenselektion keine oder nur eine marginale Rolle spielt. In seinem ersten Buch Das egoistische Gen behandelt er diese Thematik und führt sie dann in The Extended Phenotype (1982) weiter aus, indem er die enge Definition des Phänotypen erweiterte und vermehrt das einzelne Gen ins Zentrum stellt. Diese Haltung war im letzten Viertel des 20. Jahrhunderts weitestgehend akzeptiert. In jüngster Zeit jedoch wurde diese Aussage durch theoretische Modelle und konkrete Beispiele relativiert. Hier sind insbesondere die Arbeiten des Biologen David Sloan Wilson sowie des Wissenschaftsphilosophen Elliott Sober zu nennen.
Vermittelt über die Soziobiologie, als deren führender Vertreter Dawkins – neben Edward O. Wilson – gilt, wird die Vorstellung vom egoistischen Gen zum Teil auch in den Sozialwissenschaften rezipiert, ist dort aber sehr umstritten.
http://de.wikipedia.org/wiki/Richard_Da ... _Evolution
Lumen hat geschrieben:Die Evolutionstheorie und alles dazu gehörige wurde von religiösen Kreisen seit jeher angefeindet. Mal werden die Schrecken des Sozialdarwinismus durch das Dorf getrieben und eine naive Sicht mit naturalistischem Fehlschluss dazu gebraucht, vor einer Fressen-Und-Gefressenwerden Gesellschaft zu warnen, wo sich dann gerade Geistliche als moralische Instanz in Szene setzen konnten. Oder es wurde eine Verbindung zum Nationalsozialismus gesucht, der ja angeblich anti-religiös motivert und mit kühler wissenschaftlicher Effizienz sein blutiges Handwerk verrichtete. Wenn also jemand wie Dawkins darauf verweist, dass wir gleich unser Gene besser kein Vorbild für die Gesellschaft an der krokodilgespickten Flußquerung einer Gnu-Herde suchen sollten, dann steht dahinter ein bestimmter Kontext.
Dem entgegen stehen jetzt genau jene Kritiker, die immer wieder auf ihre Tradition und Deutingshoheit pochen, und die Diskussion aggressiv damit bestimmen wollen, indem der Kontext und die Anfeindungen einfach einer Paranoia, Persönlichkeitsstörungen, Fundamentalismus, Dummheit der Gesprächsteilnehmer zugerechnet werden.
Lumen hat geschrieben:Damit hat man sich dann scheinbar eines Problems entledigt und kann dann als Bonus ohne den Kontext dann beliebig weiter Verschiebebahnhof von Kontext und Inhalt spielen. Da werden Dawkins Aussagen von vor 35 Jahren (Selfish Gene), zumal offenkundig missverstanden, dann eben in einen Topf geworfen mit aktueller Determinismus und Freier-Wille Thematik. Dann kann auch einerseits bemängelt werden, dass Dawkins irgendwelche Moral-Philosophen nicht ausreichend würdigt (was nicht seine Baustelle war, und wo seine genetischen Ausführen korrekterweise auslaufen) und gleichzeitig über eine Einmischung von Biologen in Geisteswissenschaften gemeckert werden. Dawkins macht also laut Vorwurf zuwenig, irgendwelche Hirnforscher zuviel.
Lumen hat geschrieben:Auch kommt der alte Konflikt zwischen Geistes- und Naturwissenschaften hier sehr stark durch, auch bei Sloterdijk und anderen: da ist das Problem von Dawkins dann, dass nicht "Selfish Gene" im falschen Revier wildert, sondern "God Delusion".
Lumen hat geschrieben:In der Abscheu meiner verehrten Diskussionsteilnehmer ist das aber alles Einerlei.
Lumen hat geschrieben:Habermas und andere Figuren passen da wunderbar hinein und so wird auch ihr Auftreten hier erklärbar. Meine Überlegung von Altruismus drehten sich darum, inwiefern der Begriff überhaupt einer rigorosen Definition standhält, wenn wirklich alles, also auch Gehirnchemie einberechnet wird: ich vertrat die Ansicht, dass ein sinnvoller Begriff solche Dinge ausser Acht lassen müsste. Uneigennützigkeit bleibt auch uneigennützlich, wenn jemand Glücksgefühle durch das Helfen bekommt. Das ist lediglich meine aktuelle Ansicht (als Nicht-Neurowissenschaftler und jemand der nur wenig vom aktuellen Stand der Freie-Wille Debatte hat).
Lumen hat geschrieben:Ich wende mich mal bewusst vom Zwiegspäch ab und versuche es allgemeiner zu halten, dann können andere sich einbringen und man kann dem Treiben (hoffentlich) besser folgen.
Wikipedia hat geschrieben:Hayek erweiterte seine Sozialismuskritik um eine Theorie der kulturellen Evolution und des menschlichen Zusammenlebens in arbeitsteiligen Gesellschaften und hat damit die Evolutionsökonomik wesentlich beeinflusst.
Nach Hayek sind Werte nicht oder nur in geringem Maße Resultat menschlicher Gestaltung und Vernunft. Sie entstammen aus drei Wurzeln: den biologischen „vererbten“ , den kulturell „erprobten“ und erst als dritte und am wenigsten weitreichende, den rational „geplanten“. Gewachsene Traditionen seien daher reproduktiv und adaptiv außerordentlich wirksam und würden von Sozialtheoretikern unterschätzt, während die Machbarkeit einer „idealen Gesellschaft“ überschätzt sei. Die Religionen seien insofern entscheidend für die Evolution des Menschen, da ihre Selektion bzw. „natürliche Auswahl“ nicht auf Basis rationaler Argumentation erfolge, sondern durch reproduktiven Erfolg als Ergebnis religiösen Glaubens und erfolgreicher Adaption (Anpassung) an die jeweilige Umwelt. Nicht jede Religion gilt von Hayek daher als gleichermaßen erfolgreich (auch den Kommunismus sieht er als bereits wieder absterbende Religion), aber im Wettbewerb würden sich immer wieder jene religiösen Bewegungen durchsetzen, die erfolgreich Fortpflanzung und Wirtschaftsleben förderten. Religionsfreiheit gilt von Hayek daher als eine zentrale Wurzel und ein wichtiges Anliegen des Liberalismus. In ihrem Rahmen könnten vielfältige Mikrogesellschaften in Wettbewerb treten und so den Gesamterfolg der Makrogesellschaft befördern. Monopolistische Religion werde dagegen ebenfalls reaktionär.
http://de.wikipedia.org/wiki/Friedrich_ ... .281979.29
Vollbreit hat geschrieben:@ ujmp (und wer sonst noch will):
Du hast in mehrfacher Hinsicht eine eigenartige Vorstellung davon, was es heißt, sich etwas Gutes zu tun.
Zum einen: Ist es denn wirklich gut und richtig, sich immer wieder Bestätigung aus dem (vermeintlich) eigenen Lager zu holen? Ist es nicht spannender sich von der Gegenseite inspirieren zu lassen? Vermutlich braucht man beides, eine intellektuelle und auch gefühlsmäßige Heimat, aber dann auch den konstruktiven Ärger, die Herausforderung der anderen Seite.
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