Das ist genau der springende Punkt: Natürlich wird interpretiert, was das Zeug hält! Wer logisch denkt, hat ansonsten gar keine andere Chance, bei seiner Religion bleiben zu können und wer nicht logisch denkt oder einfach nur idealistisch daher kommt, dem ist es sowieso wurscht, wo das Geschriebene wirklich herkommt, der interpretiert gar nichts.Andilein hat geschrieben: naives Hineininterpretieren
... ich hatte gerade etwas ZeitAndilein hat geschrieben:Danke für deine Meinung
Andilein hat geschrieben:Zur Zeit mache ich mein Abitur an einer Bildungseinrichtung für Erwachsene nach. In den meisten Kursen bin ich schon als eine Art von Atheisten-Extremist verschrien und wenn das Wort Religion fällt, ruhen alle Blicke auf mir. [...] Neulich hat man mir dann schließlich den Vorwurf gemacht, mit mir zu diskutieren mache keinen Spaß, weil ich immer Gegenargumente brächte.
Andilein hat geschrieben:Neulich hat man mir dann schließlich den Vorwurf gemacht, mit mir zu diskutieren mache keinen Spaß, weil ich immer Gegenargumente brächte. Ist die Religion wirklich wie ein hilfloses Kind, was man in Schutz nehmen muss? Warum gilt jemand, der Rationalismus vertritt, als Spinner und Extremist?
Andilein hat geschrieben:Warum gilt jemand, der Rationalismus vertritt, als Spinner und Extremist?
Nanna hat geschrieben:Die erste Frage, die ich mir stelle, ist, ob du absolut ehrlich zu dir selber bist. Du schreibst, dass du "die Religion" (was auch immer das konkret sein soll, der Begriff ist mehr als unklar und vieldeutig) gerne widerlegst, was mir mehr wie eine routinierte Pflichtübung klingt, als wie ein vollständiges Einlassen auf eine harte Kontroverse.
Nanna hat geschrieben:Anders gesagt, geht es dir tatsächlich um das, was eine "Diskussion" im Kern und Wortsinne ist, nämlich ein kritisches Erörtern einer Idee, oder treibt dich insgeheim doch mehr der Impuls, der Religion vor versammelter Mannschaft so richtig eins auf die Nase zu geben?
Nanna hat geschrieben:Bist du, ganz ehrlich, offen für Argumente, die der Religion zugute kämen, oder sind proreligiöse Argumente für dich per definitionem ein Widerspruch in sich selbst? Echte Diskussionen werden immer ergebnisoffen geführt.
Nanna hat geschrieben:Natürlich hat jede Seite ihre festen Überzeugungen, aber im Zweifel müssen die Grundregeln des Diskutierens, also logische Gültigkeit der Gedankenführung, solide Wahl der Prämissen, Transparenz der Argumentation und nicht zuletzt das Einhalten sozialer Höflichkeitsregeln dem rigorosen Durchsetzen der eigenen Meinung vorgehen.
Nanna hat geschrieben:Ganz ehrlich: Wie oft hast du konkret schon Diskussionen Fehlargumentationen eingestanden oder sogar aufgrund einer Diskussion Teile deines Weltbildes revidiert (und kein "ich würde ja, wenn jemand gute Argumente bringen würde", das ist der Selbstbetrugsstandardspruch Nr.1)?
Nanna hat geschrieben:Die zweite Frage, die ich mir stelle, ist die, ob du in diesen Diskussionen auch die soziale Situation berücksichtigst. Manch einer, auch hier im Forum, glaubt, dass in einer Diskussion allein das beste Argument siegt (und meistens natürlich dann das eigene...), weil es das beste Argument ist. Das ist nicht die Weise, wie die soziale Wirklichkeit funktioniert. Man kann sich darüber beschweren, oder man kann versuchen, auf der sozialen Klaviatur kompetenter zu werden und eher zu erkennen, in welchen Situationen bestimmte Diskussionen angebracht sind und in welchen nicht.
Nanna hat geschrieben: Außerdem wäre es reichlich irrational, zu glauben, man würde sein eigenes Argument immer rational und objektiv präsentieren. Jeder Mensch hat emotionale Vorlieben und viele eingespielte Routinen, und was dem einen offensichtlich erscheint, ist für den anderen überhaupt nicht ausgemacht.
Nanna hat geschrieben:Man kann schnell Gefahr laufen, auf seinen eigenen subjektiven Einschätzungen Argumente aufzubauen, die man für perfekt logisch hält, obwohl man intuitiv und ohne es zu merken nur einen kleinen Teil der Realität beleuchtet hat
Nanna hat geschrieben:(das Standardargument gegen Religion mit den Grausamkeiten der Kreuzzüge, Hexenverfolgungen etc. ist so eines, wo der Gewaltaspekt im Kontext von Religion einseitig überinterpretiert wird, was dem Vorbringenden aber häufig als "blanke, rationale Wahrheit" erscheint, obwohl sehr viel emotional geprägte Empörung dabei ist).
Nanna hat geschrieben: Kritisches Denken verlangt aber gerade, dass man solche eingeübten Muster bei sich selbst hinterfragt und sich nicht so schnell zu verabsolutierenden Meinungen hinreißen lässt.
Nanna hat geschrieben:Die Idee, "die Religion" zu "widerlegen", ist meines Erachtens schon so eine Aussage, die vor Pauschalisierung und, ja, Selbstüberschätzung strotzt
Nanna hat geschrieben:Die soziale Situation berücksichtigen bedeutet auch, sich klar darüber zu sein, wie man sinnvollerweise seine Argumente rüberbringt. Wer einen stark religiösen Menschen dazu bringen will, über Religion als solche kritischer zu denken, wird mit einer Rundumwiderlegung der Religion wenig bewegen können.
Nanna hat geschrieben: Oft erreicht man viel mehr, wenn man sich etwas zurückhält und nur erst mal vorsichtig Zweifel sät und die Leute selbst nachdenken lässt.
Nanna hat geschrieben:Versiert zu diskutieren bedeutet eben auch, seine Argumente rhetorisch geschickt anzubringen und sie für das Gegenüber annehmbar zu machen.
Nanna hat geschrieben:Denn man kommuniziert ja nicht nur den "rationalen" Inhalt, sondern auch andere soziale Signale wie Achtung bzw. Missachtung, Über- bzw. Unterordnung, Hilfsbereitschaft bzw. Rücksichtslosigkeit usw.
Nanna hat geschrieben:Wenn man zu rabiat vorgeht, kann es schnell sein, dass das Gegenüber nur noch "Ich bin schlauer als du und du hast das jetzt zu kapieren" hört, deshalb muss man sehr auf seine nonverbale Kommunikation und auf das achten, was man möglicherweise zwischen den Zeilen versteckt.
Nanna hat geschrieben:Im Übrigens ist es völlig egal, ob es dabei um Religion, Politik, Kunst, Popkultur oder die Qualität von Zylinderkopfdichtungen geht und ich breche hier auch keine Lanze für die Religion.
Nanna hat geschrieben:Mir geht es rein um die Metaebene: Bevor man über inhaltliche Sachen spricht, muss man erstmal klären, wie man überhaupt darüber sprechen kann. Und, sorry, das in aller Offenheit, das Problem liegt nie nur bei der Umwelt
xander1 hat geschrieben:Vielleicht ist es so, dass Geistesverwesung oder auch spezielles dümmer machen, hilfreich ist und etwas besonderes ist.
xander1 hat geschrieben:Vielleicht ist es so, dass Geistesverwesung oder auch spezielles dümmer machen, hilfreich ist und etwas besonderes ist.
JustFrank hat geschrieben:Hat eine Gruppierung diesen Status von Unantastbarkeit erreicht und in einer Kultur verankert, ist es schwierig, dem argumentativ beizukommen. Darüber, dass man gegen Religion ist, spricht man ja schließlich nicht. Das trifft übrigens auch auf unser Forum hier zu, denn wir verstecken uns ja nicht umsonst hinter Tarnnamen und -bildchen, oder?
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