Pia Hut hat geschrieben:Anfangs ging es u.a. darum ob die Moral nicht generell eine Illusion sei. Dabei störte ich mich selbst v.a. an der etwas ungenauen Formulierung, weil ich „Illussion“ als „nicht existent“ oder auch „Fiktion“ verstehe.
Eine Fata Morgana ist ein reales optisches Phänomen, aber was wir in das Wahrgenommene reininterpretieren deckt sich nicht mit der Wirklichkeit. Deswegen unterliegen wir einer Illusion. Eine Illusion ist also eine von der Realität abweichende Wahrnehmung (Wahrgenommenheit?!).
Pia Hut hat geschrieben:Aber die Moral selbst gibt es ja, sie ist (als Sammelbegriff für eine bestimmte Haltung zur Welt) sehr existent - ich würde daher dies Aussage/Behauptung also ungefähr dahingehend präzisieren wollen, dass Moral auf lauter fiktiven Annahmen basiert, bzw. auf „illusionären“ Voraussetzungen aufbaut.
Die Moral ist zum einen deswegen eine Illusion, zum anderen weil sie den Ansprüchen der Universalität oder Verbindlichkeit nicht erfüllt. Wenn eine Idee von der Realität völlig abweicht, ist sie eine Illusion. Es kann trotzdem als Geschwür existieren.
Pia Hut hat geschrieben: Ich denke, dass bei gleich guter Waffenausstattung eine Armee, z.B. aus lauter Moralisten/Idealisten, denen es einleuchtet sich für eine „gerechte Sache“ ein „höheres Ideal“ zu opfern sicher „schlagkräftiger“ wäre, als wenn sie aus Amoralisten bzw. „Egoisten“ besteht, die sich für gar nichts opfern wollen, sondern für die das Leben oberste Priorität hat.
Wann ist das schon vorgekommen? Schon der kleinste technische Vorsprung der einen Seite ist wesentlich entscheidender als die Moral der anderen. Ich habe gestern eine Dokumentation über die Kriegskunst im Mittelalter gesehen und einen Erfinder (Talhoffer, keine Ahnung, ob richtig geschrieben), der im 15. jh. schon einen Taucheranzug, diverse Panzer und Rüstungen, sowie verschiedene Kampfstile als Söldner anbot. Eine Art Katalog war erhalten geblieben, der seine Erfindungen abbildete. Da du aber nicht näher auf das Thema eingehen wolltest, vermerke ich, dass das auch nur eine Randnotiz ist.
Pia Hut hat geschrieben: Der Sozialdarwinismus beruht auf der Annahme, dass Menschen von Natur aus ungleich sind und nur die Stärksten oder auch Fittesten im gesellschaftlichen Konkurrenzkampf bestehen können.
Nein, wie der Darwinismus selbst, besagt dieser nur, dass der angepasstere den Konkurrenzkampf langfristig besteht. Das führt zu keiner Legitimation ide auf der Strecke gebliebenen zu verfolgen, sie sind schon gestraft genug durch ihre Defizite. Abgesehen davon verbietet der Sozialdarwinismus auch nicht, sich um diese zu kümmern. Es ist nur eine Bescheibung der gesellschaftlichen Entwicklung, genauso wie die Sicherheitsbelehrung im Flugzeug nur beschreibt, was im Falle eines Notfalls am besten getan werden könnte. Niemand sagt, dass das Flugzeug wegen dieser Beschreibung abstürzen wird (oder soll).
Pia Hut hat geschrieben:Was dabei heute dabei v.a. moralisch verpönt ist, ist nach meinem Eindruck, dass man da keine Wertung reinbringen darf, z.B. dass die weniger „Angepassten“ beim survival of the fittest weniger wert wären. Ich möchte hier aber nicht moralisch argumentieren, dass sich etwas „nicht gehört“, sondern halte es schlicht häufig für einen logischen Fehler (oder auch falsche Analogien) wenn Prinzipien der Biologie auf die Gesellschaftsordnung übertragen werden.
Wenn man die moralische Wertung weglässt und Sozialdarwinismus richtig definiert, besteht kein Fehler. Ein fehlerhaftes Kriterium wie die Moral eignet sich nicht zur Bewertung eines bewerten und logischen Systems, das sich auf alle lebewesen anwenden lässt. Und da sol also ein haarsträubender Zufall dafür sorgen, dass ausgerechnet der Mensch dem nicht unterliegt?
Pia Hut hat geschrieben:Dann gab es schließlich noch den Hinweis auf den Lamarckismus, den ich allerdings nicht so recht nachvollziehen konnte. Ich dachte, dass es bei dem Begriff v.a. darum ginge, dass sich Erfahrungen die man im Laufe des Lebens erwirbt, eben nicht vererben (obwohl es da ja auch schon wieder neuere Forschungsergebnisse geben soll, die dem etwas wiedersprechen -„Epigenetik“) Aber in dem Sinne passte der Begriff irgendwie überhaupt nicht in die Debatte hinein.
nein, der Lamarckismus beschreibt genau den Fall, dass sich die eigenen Erfahrungen vererben:
Wikipedia hat geschrieben:Lamarckismus ist die Theorie, dass Organismen Eigenschaften an ihre Nachkommen vererben können, die sie während ihres Lebens erworben haben.
Hier noch ein Teil:
Wikipedia hat geschrieben:Bis in die 1920er Jahre hinein war der Lamarckismus eine der wichtigsten Theorien neben dem Neodarwinismus von Weismanns Anhängerschaft. Allerdings blieben überzeugende experimentelle Nachweise aus, Skandale wie die Affäre um Paul Kammerer schwächten die lamarckistische Position und schließlich gelang es, die Genetik immer weiter mit dem Darwinismus zu kombinieren. Mit der Entwicklung der modernen evolutionären Synthese war der Lamarckismus endgültig wissenschaftlich obsolet.
Also, mit deiner Definition warst du genau auf dem Holzweg, nicht böse gemeint.
Epigenetik sollte man nur diskutieren, wenn man das nötige Handwerkszeug kennt.