Ja, das Männer- und Frauenbild ist in der Tat überall auf der Welt anders, aber eben auch nicht vollständig. Und wir haben ja auf der Erde momentan die Möglichkeit einen Blick in die Geschichte zu tun, wir finden Urwaldstämme sie nicht bis drei zählen können, wir finden Clanstrukturen, mythische Strukturen, wissenschaftlich-technische und postmoderne.
Die Evolution kommt in dem Moment ins Spiel, in dem man Evolution oder Entwicklung nicht auf Veränderung an den Organen reduziert, sondern auch die psychische Entwicklung mit betrachtet.
Entwicklungspsychologie heißt das Gebiet und beschreibt nichts anderes, als die Evolution des Bewusstseins.
Die wirklich spannende Frage ist, ob es Gründe gibt, von bestimmten Bewusstseinszuständen oder Arten zu Denken zu sagen, sie seien besser, entwickelter, überlegener (kurz: dass es eine Hierarchie gibt) oder ob die unterschiedlichen Zustände einfach nur anders sind (kurz: es gibt nur horizontale Unterscheidungen).
Es könnte natürlich auch sein – und das ist meine Überzeugung – dass es beides zugleich gibt. Horizontale Unterschiede, die in der Psychologie durch diverse Typisierungen beschrieben werden (z.B. Extraversion vs. Introversion) die beliebig differenziert sein können und vertikale Unterschiede, die durch verschiedene Komplexitätsstufen markiert werden.
Die Frage in unserem Zusammenhang würde lauten, ob sich aus diesen Abfolgen auch unterschiedliche Geschlechterrollen ableiten lassen.
Wenn wir davon ausgehen (was die meisten tun), dass in den Frühphasen der Mensch Jäger und Sammler war, dann mag die Geschicklichkeit bei der Jagd hier eine Rolle gespielt haben (manche führen die Überlegenheit der Männer beim räumlichen Vorstellungsvermögen auf diese Zeit zurück), aber mit der Sesshaftigkeit des Ackerbauern und Viehzüchters waren andere Fähigkeit gefordert, u.a. geistig anspruchsvollere, der Mensch musste in einem viel umfänglicheren Sinne planen können – nebenbei wechselte Gott hier das Geschlecht, was ebenfalls ein Indiz für die Kräfteverteilung ist und auch eine neue Rolle Gottes verweist – und die überlegene Muskelkraft die für Pflügen vonnöten waren, sicherten den Männern ihre Überlegenheit (nicht zuletzt dadurch, dass anstrengende Pflugarbeiten bis in späte Phasen der Schwangerschaft offenbar eine hohe rate an Fehlgeburten verursachten. Gartenbau war für Frauen möglich, Ackerbau eher nicht. Das könnte man noch genauer beleuchten.
Die Hormone Testosteron und Oxytocin werden dafür gesorgt haben, dass mehr Männer in den Krieg zogen und an gefährlichen Jagden teilnahmen und Frauen eben das „Nest“ bauten und beziehungskompetenter wurden und so findet man diverse biologische, technisch-soziale und psychologische Einflüsse, die einander durchdringen.
Die Industrialisierung machte die überlegene Körperkraft der Männer schleichend unbedeutender, im unserem postindustriellen Informations- und Dienstleistungzeitalter setzt sich dieser Trend fort.
Wilber hat sich mal exzessiv, in den frühen 1990ern, in Gender Studien vergraben und kam zu dem Ergebnis, dass die Machtverhälnisse zwischen Männern und Frauen während der Geschichte immer zwischen 50:50 und 100:0 pro Männer schwankten. Echtes Matriarchat gab es kaum.
In den späten 1990ern gab es mal so eine Phase der aggressiven Entwertung von Männern, der Spiegel titelte damals irgendwas vom Mann als evolutionärem Fehler, der ohnehin bald ausstribt, wegen des krüppeligen y-Chromosoms und so weiter, zu der Zeit war auch jeder Mann ein mindestens potentieller Vergewaltiger und die leidigen Klagen wegen des Verdachts auf Kindesmissbrauch (immer Mann vs. Kind) nahmen breiten Raum in der öffentliche Diskussion ein.
Ein ebenfalls sehr wichtiger Aspekt ist die wirtschaftliche Versorgungslage, dazu habe ich schon mal Heinsohn zitiert, siehe
hier, aber auch renommierte Paarpsychologen, wie Jelloushek, vertreten die Ansicht, dass mit der finanziellen Unabhängigkeit der Frau alles anders wurde.