Zappa hat geschrieben:Für eine Verdoppelung des Bruttosozialproduktes in 30 Jahren, braucht es nur einen jährlichen Anstieg von 2,3%. Das ist nicht unrealistisch (solange es unser Planet verkraftet).
Zappa hat geschrieben:Einen Aspekt habe ich schon genannt: Steigt die Produktivität genau um den Faktor, wie die Belastung, durch das zunehmend schlechtere Verhältnis von Beitragszahlern und Rentenempfängern, dann bleibt die absolute Belastung bei gleichem Lebensstandard der Beitragszahler gleich.
provinzler hat geschrieben:@Zappa:
So komplex isses eigentlich auch wieder nicht. Die relative Rentenhöhe (=Durchschnittsrente geteilt durch Durschnittslohn) wird zwangsläufig sinken. Da Armut bei uns als eine Relation zum durchschnittlichen Einkommen berechnet wird, muss zwangsläufig die statistische Arbeitslosigkeit steigen. Produktivitätssteigerungen können dann allenfalls den absoluten Rückgang abfedern. Vielleicht begreift an dieser Stelle auch mal Nanna, warum ich diese Definition so für Kokolores und (bewusst platzierten?) gesellschaftlichen Sprengstoff halte.
provinzler hat geschrieben:Wie wärs mit der Definition der UNO? Die dürfte jedenfalls eine realistischere Größe sein, als das was man bei uns so verzapft. Solange die Armutsstatistik mich in meiner jetzigen materiellen Ausstattung erfasst, werde ich sie weiterhin fachlich nicht ernst nehmen können.
provinzler hat geschrieben:Soweit ich weiß, ist es außerdem auch so, dass die "gefühlte Ungerechtigkeit" zunimmt, je gleicher die Verteilung ist. Also die verbleibenden geringen Unterschiede werden überproportional stark wahrgenommen und auch angegriffen. Von den Ländern mit nennenswerter Bevölkerung hat einzig Japan einen niedrigeren Gini-Koeffizienten als die BRD, also auch in Bezug auf das Gefälle finde ich die Diskussion hierzulande hochgradig albern.
Das will ich auch (meine unqualifizierte Meinung dazu abgeben)!Vollbreit hat geschrieben:Ist immer so eine Geschichte, mit der Armut, um mal meine unqualifizierte Meinung dazuzugeben.
stine hat geschrieben:Da Jammern in den Medien zur besten Sendezeit die übergewichtigen Alleinerzieher, mit Piercings und Tatoos geschmückt, über ihr finanzielles Desaster und im Hintergrund stehen der Kaffee-Altar und das Apple-Laptop. Und die armen Altersrentner klagen darüber, dass für ihre Enkel nichts mehr übrig bleibt.
Die Fragen sind doch immer die gleichen: WER macht eine Studie über WAS und WAS soll letztlich dabei herauskommen.Nanna hat geschrieben:Genau, warum sozialwissenschaftlichen Forschungen vertrauen, wenn RTL2 einem ein wesentlich neutraleres und zuverlässigeres Bild liefert?
Gabor Steingart hat geschrieben:Das Volk versteht das meiste falsch, aber fühlt das meiste richtig, sagte einst Kurt Tucholsky. In der Sozialstaatsdebatte beweist sich die Richtigkeit seines Bonmots. Große Teile der Deutschen sind regelmäßig empört, wenn die heutigen Politiker an den Stellschrauben des Wohlfahrtsstaates drehen. „Sozialabbau! Kürzungsorgie! Umverteilung von unten nach oben!“, wird dann gerufen.
Diese Empörung beruht auf einer falschen Einschätzung der Wirklichkeit. Wahr ist, der Wohlfahrtsstaat verdreifachte seine Ausgaben allein in der letzten 25 Jahren, in den vergangenen 10 Jahren konnte er sie noch einmal um 20% steigern. Selbst nach Abzug der Preissteigerungsraten ergibt sich ein Anstieg. Deutschland wird immer sozialer. Die Steuer hat man den Armen nahezu komplett erlassen, das Arbeiten zum Teil auch. Jeder zweite Deutsche geht keinerlei Beschäftigung nach, sei es dass er zu jung oder zu alt oder zu krank ist. Oder sich auch nur so fühlt.
Von der anderen, der arbeitenden und Steuer zahlenden Hälfte sind es auch wieder nur 50%, die durch die Zahlung von Lohn- oder Einkommenssteuer einen nennenswerten Obolus in die Staatskasse einzahlen. Die „untere“ Hälfte der Steuerzahler trägt keine 6% zum gesamten Aufkommen der Lohn- und Einkommenssteuer bei. 80% der Einnahmen aus der Lohn- und Einkommenssteuer, stammen vom „oberen Drittel“ der Steuerbürger, die man vorwurfsvoll die „Besserverdiener“ nennt.
Die Wahrheit verhält sich also umgekehrt proportional zur Wahrnehmung: Täglich findet in Deutschland eine Umverteilung von oben nach unten statt. Die Kundschaft des deutschen Sozialstaates, erfährt eine Fürsorglichkeit, wie wir sie sonst nur bei den Großfamilien der Urvölker antreffen, wo einer den anderen füttert. Man beachte nur den steil steigenden Ausgabenposten „staatliche Erziehungshilfe“. 5,4 Milliarden wurden 2010 dafür ausgegeben, das ist annähernd drei mal so viel, wie wir den Afrikanern als Entwicklungshilfe überweisen. Die „Erziehungshelfer“, die in manchen Kommunen auch „Familienhebammen“ genannt werden, greifen überall dort ein, wo Kinder hungrig, verstört oder verlottert in der Schule erscheinen. Im idyllischen Gütersloh gab die Stadt im vergangenen Jahr für eine einzige Familie 286 000 Euro aus, weil alle fünf Kinder Erziehungshilfe benötigten. Bundesweit werden derzeit eine halbe Million Kinder und Heranwachsende auf diese Art von Vater Staat betreut.
Das soll an dieser Stelle nicht kritisiert werden, aber es muss festgehalten werden. Denn es klingt wie ein Provokation, dabei ist es nichts als die Wahrheit: Es gab in Deutschland bisher keinen Sozialabbau. Was in der Öffentlichkeit als solches bezeichnet wird, meint die Umverteilung von der einen Bedürftigengruppe zur nächsten. Der Hartz-IV-Empfänger stellt den Gürtel ein Loch enger, die alleinerziehende Mutter weitet ihn. Der Rentner legt eine Rentenerhöhungspause sein, bei den Familien wird zur gleichen Zeit das Kindergeld aufgestockt. Alle Beteiligten wissen im Grunde, dass bei diesem Spiel sich die ganz große Aufregung nicht lohnt. Die nächste Runde wird andersrum gespielt. Auch deshalb fällt der „heiße Herbst“ der und Jahr für Jahr annonciert wird, immer so kühl aus.
(Gabor Steingart, Das Ende der Normalität, Piper 2011, S. 62ff)
Weiß ich gar nicht. Wenn man @Laies Zitat liest, dann wäre das Geld für einen Umbau des System ja da, es wird nur immer wieder woanders investiert.provinzler hat geschrieben:P.S. Wir kommen aber grade gewaltig vom Thema weg...
provinzler hat geschrieben:Um das Rentenniveau um 1/3 anzuheben wie diese Knalltüte das will, muss man bei gleichbeibendem Beitragssatz diesen Zuschuss um gut 65 Mrd. € steigern, oder alternativ müsste der Beitragssatz auf über 25%. Und um das rauszufinden, reicht das mathematische Wissen, dass von Sechstklässlern erwartet wird. Grundrechenarten und Bruchrechnen, mehr ist nicht nötig.
provinzler hat geschrieben:[...] nimmt sich nun wenigstens die FAZ mal des Themas an. [...]
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