ujmp hat geschrieben:Ich frag interessehalber, das beschäftigt mich immer bei "Eugenetik"-Themen. Einfach gesagt: Kann ein Gen, dass einen Vorteil mit sich bringt zugleich einen Nachteil mit sich bringen?
Natürlich ist das so! Unsere Körper funktionieren immer irgend wo auf einem Breiten Spektrum, es ist alles "optimiert" für den Normalbetrieb, auf Gen, Zell und Organebene:
Ein klassisches Beispiel für vererbte Nachteile, die ein Vorteil sein können ist Sichelzellenanämie. Betroffene haben eine Mutation in einer der Ketten aus denen Hämoglobin zusammengebaut wird (roter Blutfarbstoff). Das führt zu Blutarmut, Durchblutungsstörungen, Nierenproblemen, ... klingt also erstmal übel. Allerdings bietet es einen - noch nicht ganz verstandenen - Schutz vor Malariaerregern, die sich in den roten Blutkörperchen einnisten (entweder werden die roten Blutkörperchen die betroffen aussortiert oder sie töten die Erreger). So kann man dann - besonders wenn man mit nur einer Genkopie betroffen ist - relativ gut Leben und hat einen echten Vorteil, wenn es um Malaria geht.
Es verhält sich mit ziemlich allen Leistungen unseres Körpers so. Produzierst du sehr viel Urin, ist das von Vorteil, wenn du unnötige Salze und unerwünschte Stoffwechselprodukte ausscheiden mußt. Du bist also leistungsfähiger. Bist du damit ohne Wasservorrat in der Wüste hast du ein Problem.
Entwickelt sich dein Nervensystem, müssen die Fortsätze der Zellen Wegpunkte finden, damit alle Verdrahtungen richtig sind. Passiert das zu lasch, kommt kein Nervensystem zu Stande weil die nach irgend wo abbiegen. Passiert das zu krass, verlassen die Zellen den einmal gefundenen Wegpunkt nicht mehr und es kommt auch kein Nervensystem zu Stande.
Ist dein Nervensystem mal fertig hast du die Eigenschaft, fokussiert an etwas zu arbeiten, aber die Arbeit auch zu unterbrechen wenn neue Reize auftauchen oder in deiner Arbeit auf neue Impulse einzugehen. Wirst du zu leicht abgelenkt bekommst du nichts je fertig, im schlimmsten Fall nicht mal essen. Bist du zu wenig offen für Reize geht jegliche Kreativität flöten und im schlimmsten Fall bleibst du im brennenden Zimmer sitzen um das Buch noch zu ende zu lesen.
Das sind alles fein ausbalancierte Gleichgewichte und bei jedem Mensch ein wenig anders eingestellt, bedingt durch Gene, entwicklung, etc.
Von daher halte ich auch Ideen, den "Genpool zu optimieren" für sehr fragwürdig. Wir haben keine Ahnung, was wir da machen. Natürlich kann ich eine Genvariante, die riesige, haarige Pigmentflecken Verursacht weil mit irgend einem Hormonrezeptor was nicht stimmt erkennen und entweder ändern oder nur noch Kinder erzeugen, die das nicht haben. Es kann aber niemand absehen ob nicht genau dieser Rezeptor es ist, der in Zukunft einem hoch-ansteckenden und hoch-tödlichen Virus es erlaubt durch Hautkontakt von Mensch zu Mensch zu springen und nur die Träger des "Haarige Flecken" Gens sind immun. Das Beispiel ist jetzt aus der Luft gegriffen, aber auf dieser Ebene muß man da argumentieren. Der Mensch ist schon nicht besonders bereit aufgestellt, was seinen Genpool angeht, den müssen wir nicht zwangsweise künstlich schmäler machen. Wenn es um echte Krankheiten geht, also sagen wir mal, das Kind leidet 5 Jahre qualvoll vor sich hin und stirbt dann sicher, dann ist es ein Vorgehen, bei dem man wirklich über Diagnostik nachdenken sollte um es zu vermeiden. Aber aus ästhetischen / modischen Gründen? Bloß nicht!
Was die Partnerwahl angeht ist sehr viel auch von Mode / Film und Fernsehen beeinflußt. Wer dann seinem eingeprägten Schönheitsideal hinter her rennt, anstatt drauf zu hören "was die Biologie ihm sagt" ggf. sogar einen solchen Partner findet, wird auf Dauer nicht glücklich werden mit der Entscheidung. Wird natürlich nicht einfacher, weil man das kaum unterscheiden kann, Pille, etc. Signale verändern und so weiter. Aber sonst wäre es ja langweilig, oder?