Was ist 'bright' am 'Brights'-Forum?

Re: Was ist 'bright' am 'Brights'-Forum?

Beitragvon Vollbreit » Di 15. Jan 2013, 10:22

Lumen hat geschrieben:Ich bin nicht wirklich in der Materie drin, aber für mich sieht es nach einer ideologisch beladenen Debatte aus. Ich gehe davon aus, dass die Geisteswissenschaften, wie auch der Humanismus noch recht deutlich mit überholten Dualismen arbeitete.


Wenn das eine Sorge beschreiben und keine Polemik sein soll, kann ich Dir die Sorge nehmen.
Es ist aber, zugegeben, nicht ganz leicht das zu merken, wenn man die Debatte von Seiten der Naturwissenschaften verfolgt.

Exemplarisch hier die Debatte um die Willensfreiheit, in der sich in schöner Regelmäßigkeit gegen Positionen abgegrenzt wird, die kein Geisteswissenschaftler in den letzten 500 Jahren mehr vertreten hat. Ein Beispiel ist der sogenannte Homunkulus. Sein karges Dasein fristet er einzig in der Anatomiebüchern der Neurologen, zur Veranschaulichung der Areale.
Zweitens die Position der Libertarier in der Diskussion, die man als nahezu irre skizziert (die Position lautet, der willensfreie Mensch sei in seiner Entscheidung unabhängig von jeder kausalen Beeinflussung. Das ist eine Position, die sich ergeibt, wenn man ein Schema ergänzen will, mir ist überhaupt kein lebender Mensch bekannt, der diese Position vertritt.

Lumen hat geschrieben:Da die Natur, hier die Kultur. Da die niederen Instinkte, hier der edle, und klassisch gebildete Verstand.Da der Körper, hier der Geist.


Ist auch nicht richtig. Allerspätestens seit der linguistischen Wende nicht mehr, aber schon Aristoteles hat anders gedacht.

Lumen hat geschrieben:Die Meme sind nach Dawkins keine biologischer Übergriff, sondern er mutmaßte (1976! glaube ich, und auch nur mutmaßte) das es ein grundlegendes mathematisches Prinzip gibt, was sich sowohl in der Evolution als auch anderswo ausdrücken könnte.


Die Meme sind nur nicht sonderlich anerkannt, weil überhaupt nicht klar ist, was das genau sein soll. Allmählich können einige mehr damit anfangen, aber wie ich schon mal darzustellen versuchte, findest Du die Ideen schon bei Heidegger und Luhmann.
viewtopic.php?f=6&t=4330&p=93946&hilit=luhmann#p93946
Ist aber auch egal, wer da zuerst war, ich will nur sagen, dass die Idee Geisterwissenschaftlern geläufiger sein wird, als Naturwissenschaftlern, die nach dem Stoff suchen werden, aus dem die Meme sind.

Die Idee von Kommunikation an primärer Stelle ist ja durchaus nichts, was man so direkt schlucken kann.

Lumen hat geschrieben:Die Idee des Mems hat also etwas für sich.


Ich finde auch, dass der Begriff was für sich hat, andere arbeiten ja schon damit.

Lumen hat geschrieben:Allgemein betrachtet, sind die Biologismus-Vorwürfe jedenfalls bei Dawkins unangebracht, wenn ich die Definition des Wiki heranziehe. Dawkins ist definitv kein Sozialdarwinist, argumentiert gegen den naturalistischen Fehlschluss, spricht sich gerade für die zähmende Wirkung der Kultur aus, sagte irgendwo klar und deutlich, dass wir das freie Spiel der natürlichen Kräfte eben nicht wollen sollten.


Das ist dann eine Frage der Bewertung, Dawkins argumentiert da durchaus widersprüchlich.

Aufgelistet wird bei wiki:

Wikipedia hat geschrieben:die moderne Soziobiologie und Evolutionäre Psychologie, soweit sie psychologische und gesellschaftliche Phänomene ausschließlich oder ganz überwiegend auf der Grundlage genetischer Faktoren erklärt.
http://de.wikipedia.org/wiki/Biologismu ... ungsformen


Und bei dem universalen Anspruch den Dawkins hinsichtlich der Wirkung der Gene formuliert, noch im „Gotteswahn“, fällt er unter diesen Befund.

Lumen hat geschrieben:Also das Gegenteil dessen, was ihm unterstellt wird. Er ist nebenbei auch Humanist.


Du kannst beides rauslesen, weil Dawkins sich selbst widerspricht, aber sich selbst zu widersprechen ist keine Tugend und Humanist zu sein erst mal nur ein Wort.


Auch bei Nuture vs. Nature fällt mir niemand ein, der ernsthaft alles Gen- oder Bio-Determiniert sieht. Beim Spezialgebiet Hirnforschung bin ich nach wie vor ein schlechter Sparringspartner, da habe ich derzeit auch für mein relatives Nichtwissen bezogen zuwenig Kenntnisse um irgendeine Meinung zu vertreten. Vielleicht ist das da so, aber dann sollte die Kritik eben an Singer oder sonstwen gehen.

Lumen hat geschrieben:Jedenfalls, wie schon einmal dargestellt: solange Kritik fair ist, in Ordnung, aber im Falle von Dawkins ist sie es meistens nicht.


Finde ich gar nicht, wir haben doch hier jenseits aller Polemik die Schwachstellen aufgelistet, ganz sachlich. Ich kann sie inzwischen singen.


Lumen hat geschrieben:Da lese ich seit langem wie "strident" (zu deutsch: kreischend, gell) und "militant" er sei, kenne aber keinen einzigen Auszug der das annähernd belegt.


Das Problem bei Dawkins ist, dass das antireligiöse Dawkins nun wirklich jedem die Tür vor der Nase zuschlägt, der mit ihm diskutieren wollen könnte. Was er macht sich Showveranstaltungen, wenn er mit irgendwelchen Kreationisten oder Evangelikalen „diskutiert“, aber das ist doch nun wirklich weit von der Lösung irgendeines Problems entfernt und das Problem lautet, wie wir in Zukunft miteinander leben wollen und sollen.
Es gibt längst pragmatische Strömungen die da ganz anders mit umgehen.

Lumen hat geschrieben:Es passt auch so garnicht zu seinem Naturell, was oft und hinreichend in Diskussionen, Debatten und Vorträgen, auch nachprüfbar bei YouTube zu sehen ist. Der Vorwurf lässt sich nur durch gekränkte religiöse Gefühle erklären.


Lumen, wenn Du eines wirklich nicht kannst, dann die Motivationen anderer richtig zuordnen. Bei allem Respekt vor Deiner sonstigen Vielfältigkeit und Intuition, hier versagt sie völlig.

Lumen hat geschrieben:Auf einer Kundgebung hat er mal einen Ton, der leicht an einen Parteitag heranreicht, aber das ist doch ein Witz. Das ist auch mein Hauptproblem, ich kann wahscheinlich berechtigte Kritik kaum mehr ernst nehmen, sofern sie nicht richtig gut und sachlich belegt ist. Dafür haben seine Kritiker zu stark überzogen, Quote-Mining betrieben und zu wenig sachliches gebracht. Da liegt die Messlatte jetzt höher.


Warum bist Du nicht in der Lage die Show zu erkennen? Dawkinskritik ist überhaupt kein Thema mehr, das ist längst im Boulevard geronnen und gehört da auch hin, die Karawane ist schon lange woanders. Dawkins hat seinen Fanclub, der immer Fanclub bleiben wird und er hat seine Feinde, die immer seine Feinde bleiben werden, für das Klima hat er selbst gesorgt. Das wird auch nicht mehr anders in diesem Leben.

Lumen hat geschrieben:Die Besprechungen zu God Delusion sind ähnlich gelagert und bisher wenig fundiert.


Vielleicht ist amazon nicht immer die besten Adresse und jetzt mal ernsthaft gefragt: Meinst Du wirklich, irgendwer mit auch nur mittleren intellektuellen Fähigkeiten, könnte das explizit populärwissenschaftliche Buch „Gotteswahn“ nicht verstehen? (Davon abgesehen personalisiert google Deine Daten, so dass man sich irgenwann nur noch in der eigenen Käseglocke bewegt, wie Du besser weißt als ich.)

Lumen hat geschrieben:Im ernst: P.Z. Myers ist eher polternd und militant, Hitchens war unnachahmlich und unnachgiebig. Aber Dawkins? Der mit der sanften Stimme, mit dem britischen Humor?


Den feinen britischen Humor hat er, aber was sagt das? Gysi ist auch Gescheit und hat Witz, wählen würde ich ihn dennoch nicht.

Lumen hat geschrieben:Finde die Kritik unfair, ob ich seine Schriften nun gut finde oder nicht.


Vermutlich findet auch nicht jeder Deine Art der Kritik fair.

Lumen hat geschrieben:Ja, er hat Leute dazu aufgerufen, Religion nicht mehr mit Respekt zu behandeln und sagt seitdem, nach Johann Hari "I respect you too much to respect your ridiculous beliefs". Im Ergebnis haben sich die Kritiker in meinem Falle selbst einen Bärendienst erwiesen, auch wenn das heute nicht mehr offensichtlich ist. Gerade der Umgang mit dem Atheismus hat mich dazu gebracht, offen Anti-Theistisch zu werden.


Da bist Du nichts Gutes gewohnt. Es gibt doch längst Schlammschlachten an allen Ecken, die Frage ist, doch nicht, wie man noch mehr diskreditiert, will man nicht amerikanische Verhältnisse haben, sondern – Stichwort Humanismus – wie man es schafft Brücken zu bauen.

Lumen hat geschrieben:Vor allem wenn Koluminsten und andere "respektvolle" Personen sich argumentativ verhalten, wie ein billiger neunjähriger Forentroll, ist es mit dem Respekt dann schnell dahin.


Die müssen doch auch Quote machen, das Internet hat auch seine Schattenseiten, wie wir alle wissen. Qualitätsjournalismus ist heute kaum mehr möglich, weil der Schnellschuss gewünscht wird. Schau doch mal, was geklickt wird, das sind die voyeuristischen Themen, wie bei Guttenberg, Wulff usw. Die Meute, die wir sind, will dann alles wissen und wenn der Mann dann am Ende ist, will man ihn kollektiv bedauern: der Arme. Ein abgeschmacktes und immer gleiches Spiel.
Wo bleibt da die Würde des Individuums, wo der Humanismus? Was sich verkauft, verkauft sich, so ist das Spiel. Etwas regressiv, ja, darum muss man nicht noch Öl ins Feuer kippen.

Lumen hat geschrieben:Kindertrolling besteht zum Beispiel darin, Belustigung zu heucheln, um den Eindruck der Erhabenheit zu erzeugen. Dann möchte der Kindertroll noch darstellen, dass das Objekt seines Spottes nicht wichtig sei, und eh keinen interessiere und ohnehin nichts neues enthalte. Vielleicht noch etwas "Appeal to Emotion" als Sahnesoße obendrauf, schön mit "Spin" und fertig ist die übliche "Kritik". Dieserundjener "setzt sich leidenschaftlich" für etwas ein, zwirbelt der gleiche Depp wahrscheinlich einen Artikel weiter, aber Dawkins sei militant und laut. Respekt ist da futsch, und den hatte ich durchaus einstmals.


Hör auf zu jammern, hilf lieber mit.
Sei polemisch gegen Polemiker, aber lern mal (wieder) denen zuzuhören, die etwas anderes im Sinn haben, als Du ihnen unterstellst. Das einen Unfairness ärgert ist ja durchaus ein nobler Zug, aber wenn man selbst unfair wird, haben die gewonnen, die es nicht verdient haben.

Lumen hat geschrieben:So sieht das dann aus: Die Anzahl an intelligenten und nicht intellektuell unehrlichen Kritikern des Atheismus bleibt im unteren einstelligen Bereich. Nehmen wir nur so Leute wie William Lane Craig, argumentativ sicher fordernd, aber eben unehrlich. Die von Dawkins angeblich verschmähten Theologen, wie der Erzbishop of Canterbury, stimmen ja gar bei fast allem zu, was Dawkins meint, kommen aber irgendwo zu einem anderen Schluss. Praktisch alle "gemäßigten" bestreiten die Faktenlage ja garnicht, werfen nur irgendwo ihre Ninja-Monk Rauchgranate und vollführen ihren "Leap of Faith". Was ist also deren Problem? /rant ;)


Wenn einer nicht reden will, will er nicht reden und man kann ihn übergehen, dass gilt ebenso für religiöse Fundamentalisten. Wenige sind echte Hetzer und Hardliner, viele werden verführt, ist man mal in der Nummer drin, weiß man selbst oft keinen Weg raus. Für Salafisten gibt es inzwischen (in Deutschland) Aussteigerprogramme wie für Neonazis und vermutlich ist noch nicht mal jeder Salafist schlimm, die so euphorisch gefeierte Revolution in Ägypten, wurde gerade auch von Salafisten durchgeführt.
Auch wenn es einem widerstrebt, auch mit den Taliban wird man reden müssen. Das wird kein philosophischer Diskurs werden, aber in Afghanistan herrschen andere Bedingungen auch die man flexibel reagieren muss. Hier kann man Naziparolen ausgrenzen, aber in Afghanistans Stammeskultur, wo es um eine Mischung aus religiösem Fundamentalismus, Geld und regionale Macht der Warlords geht, kann man nicht auf der Höhe des Diskurses einsteigen.
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Re: Was ist 'bright' am 'Brights'-Forum?

Beitragvon Libertaer » Di 15. Jan 2013, 11:18

Nanna hat geschrieben:Wir kommen vom Thema ab, hm?

Find' ich in gewisser Weise gar nicht, persönlich bin ich über die Wendung nicht unglücklich.

@Vollbreit
Es gibt in der Tat ein 'Auf der Höhe der Diskussion'-Sein, wo der Homunkulus, nature/nurture, Willensfreiheit usw. keine besondere Rolle spielen, aber das Problem für mich besteht darin, dass die Gesellschaft bzw. die 'Entscheidungsträger' in Politik und Wirtschaft von dieser Höhe weit entfernt sind. Auch wenn ich 'Atheisten'-Stammtische eher langweilig finde: Werden Entscheidungen, die uns alle betreffen, nicht 'an der Basis' immer noch auf Grundlage eines überholten Weltbildes getroffen? Ich weiß nicht, ob ein 'Auf der Höhe der Diskussion ist das alles schon lange keine Frage mehr' da nicht eine Welt vorspiegelt, die mit der realen wenig zu tun hat. Wenn du von einem Philosophen schreibst, 'Er selbst hat biologische Grundlagenforschung betrieben, als Arzt gearbeitet, einen Magister in Mathe und ist Privatdozent für Philo und ein überaus liebenswerter und bescheidener Mensch.', so ist es mit Sicherheit ein Gewinn, so jemanden zu kennen, aber es ändert nichts an der Deutungshoheit, den eine bestimmte, geisteswissenschaftlich orientierte Art des Feuilletons besitzt, wo eher Frau Käßmann oder Herr Precht die 'Expertisen' für Bundestagsentscheidungen liefern.
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Re: Was ist 'bright' am 'Brights'-Forum?

Beitragvon Lumen » Di 15. Jan 2013, 11:48

@Vollbreit // Es stimmt natürlich, dass Dawkins Gotteswahn heute kein großes Thema für sich mehr ist (hatte ich nicht anders behauptet), aber die allgemeine Stoßrichtung der Kritik bleibt auch bei dir bestehen. Auch nach dem Studium des Artikels zum Biologismus kann ich nichts finden, wo Dawkins da reinpasst. Und im Grunde beschreibt der Artikel auch worum es geht: "Der Begriff ist mit einem stark negativen Beiklang behaftet". Also ein Totschlagargument. Ein Label, dass einmal darauf geklebt wird und sperrig genug ist, dass keiner Bock hat, sich im Detail damit auseinanderzusetzen (ich auch nicht). Das ist die übliche Methode wie "Flak" (Chomsky) funktioniert. Die nächste Kritik die du nennst, ist ebenfalls tendenziell unfair, bzw. recht klar Ad Hominem. Ob jemand vom Bücherschreiben lebt oder nicht, spielt in der Sache kaum eine Rolle. Aber bei Dawkins wird die Kritik öfter geäußert. Der darf das nicht. Damit möchte der Kritiker gleich den nächsten Spin anschneiden, nämlich dass es garnicht um die Sache ginge, sondern nur um eklig Geldverdienen. Dawkins war seit 1995 außerdem "Charles Simonyi Professor of the Public Understanding of Science", dass das Thema als Biologe ihn da irgendwie angehen könnte, dürfte aus mehreren Gründen auf der Hand liegen. Und wie falsch deine Kritik ist, sehen wir gleich nochmal. Dawkins hatte, wie auch andere Biologen in den USA sicher andere Ziele, als Gott zu besprechen.

Die Zahl der Kreationismusgläubigen ist in den USA recht konstant nahe der 45% Marke, Evolution Light (mit Gott als Gestalter) glauben obendrauf noch einmal über 30%, mit einem kläglichen Rest von höchstens 16% die Evolution für wahr halten (Qulle: Gallup/Juni 2012). Einmal die Perspektive beachten, rund Dreiviertiel(!) der Amerikaner lehnen die Evolution, wie sie gelehrt wird, ab. Das sind auch nicht nur vage und unwichtige Zahlen, sondern schlägt sich im US Alltag an Schulen und Universtäten überall nieder und erzeugt zudem einen recht tiefen Graben, der vor allem die Republikaner immer weiter in die Verrücktheit abdriften lässt. Es ist also schon etwas überzogen, so zu tun, als gäbe es das Problem garnicht und man bräuchte ein solches Buch gar nicht. Auch das habe ich schon einmal herausgesucht. Zu dieser Zeit (um 2006) gab es auch hierzulande Schlagzeilen zum Kreationismus: "So unterstützte Ministerpräsident Roland Koch (CDU) die hessische Kultusministerin Karin Wolff in ihrem umstrittenen Vorstoß, die christliche Schöpfungslehre künftig im Biologieunterricht zu behandeln" (Quelle: Wikipedia mit weiterführenden). Das war 2007! Ein anderer Fall war seinerzeit Dieter Althaus, Ministerpräsident von Thüringen. Da gab es Vorfälle im gleichen Zeitraum (Quelle). Obendrein diskutiert Dawkins gerade nicht mit Kreationisten, um ihren Ansichten nicht noch zu verbreiten (was ihm auch wieder vorgeworfen wird, sich nicht zu stellen). Wie bereits schon einmal dargestellt, andere Wissenschaftler fühlen sich ebenfalls genötigt. Und es nicht etwa Literaturprofessoren oder Japanistiker, sondern Astronomen (wie Laurence Krauss) oder andere Biologen (wie Jerry Coyne oder PZ Myers), also Leute, deren Arbeit aktiv auf mehreren Fronten sabotiert wird. Mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit kann es da auch nochmal ordentlich knallen. Also kein Problem? Von wegen. Zum Glück haben die Amerikaner nicht Magic Underwear™ Romney gewählt, das wäre noch lustig geworden.

Um den Bogen mal zu spannen.Ich finde es wichtig, dass es Leute gibt, die versuchen einen gemeinsamen Grund zu finden. Gleichzeitig finde ich es ebenso wichtig, dass irrationaler Glaube keine Schonung erfährt. Das ganze Gerede um den angemessenen Ton hat einzig den Zweck, den alten "Respekt" vor Religionen wiederherzustellen und ist ausschließlich im Interesse von Religiösen (also nicht mein Interesse). Nach meinem Verständnis von entsprechenden Glaubenssystemen braucht der Glaube ein Klima, wo paradoxer Unsinn den Gläubigen in der Schlaufe halten kann. Lästerei und Gelächter (über die Religion) stören empfindlich, weshalb Glaubenssysteme es seit Jahrhunderten verbieten.
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Re: Was ist 'bright' am 'Brights'-Forum?

Beitragvon Nanna » Di 15. Jan 2013, 12:26

Myron hat geschrieben:Daraus, dass es verschiedene wissenschaftliche Begriffs-, Darstellungs-, Beschreibungs- und Erklärungsebenen gibt, die sich nicht durch diejenige der Physik ersetzen lassen, folgt nicht, dass es verschiedene Seins-/Wirklichkeitsebenen gibt, beziehungsweise dass es über die eine grundlegende materielle/physische Seins-/Wirklichkeitsebene hinaus weitere, transmaterielle/hyperphysische Seins-/Wirklichkeitsebenen gibt.
Die Anerkennung des Wissenschaftspluralismus ist durchaus mit dem ontologischen Monismus des Materialismus/Physikalismus vereinbar.

Richtig, das möchte ich auch nicht so verstanden wissen. Was ich allerdings denke, ist, dass die "Ebene", in der der Diskurs stattfindet, ein stark emergentes Phänomen ist, das sich nicht auf seine physischen Bestandteile reduzieren lässt. Kommunikation kann man nunmal nicht durch Elektrizität erklären, auch wenn man die beim Telefonieren braucht.
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Re: Was ist 'bright' am 'Brights'-Forum?

Beitragvon Libertaer » Di 15. Jan 2013, 13:16

Nanna hat geschrieben:Kommunikation kann man nunmal nicht durch Elektrizität erklären, auch wenn man die beim Telefonieren braucht.

Zur Kommunikation und ihrer Erklärung ist Elektrizität (im Gehirn, in den Nervenbahnen) notwendig, aber nicht hinreichend. Deshalb würden Erklärungsmodelle der Kommunikation, die hinter die 'elektrische' Ebene zurückgehen oder sie nicht miteinbeziehen, zumindest einer Rechtfertigung bedürfen (wenn sie überhaupt noch möglich sind).
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Re: Was ist 'bright' am 'Brights'-Forum?

Beitragvon Nanna » Di 15. Jan 2013, 13:29

Ja, das ist eben das, was ich meine, dass es gewisse Ebenen (der Erklärung meines Erachtens auch der Wahrnehmung, weil man Kommunikation nur integriert wahrnehmen bzw. erleben kann, nicht indem man sich die Einzelteile nacheinander ansieht) gibt, die nicht reduzierbar sind. Und die Geisteswissenschaften operieren sehr stark auf dieser Ebene und auch mit den Begriffen dieser Ebene, so dass es manchmal so wirkt, als würden sie eine von der Natur losgelöste Geistesebene propagieren - was, zugegebenermaßen, nicht immer völlig inkorrekt ist: Ich sehe die Geisteswissenschaften zumindest in Teilen als Bewohner dieses diskursiven "Binnenuniversums" innerhalb der natürlichen Welt. Dieses Binnenuniversum ist nur einem Kommunikationsteilnehmer zugänglich, d.h. selbst eine vollständige deskriptive Beschreibung hilft einem nicht, das Ding von außen zu verstehen. Man muss, um etwa ein Argument in einem geisteswissenschaftlichen Disput nachvollziehen zu können, in dieses Universum als subjektiver Betrachter einsteigen und sich seiner Diskurslogik unterwerfen. Und natürlich steigen Naturwissenschaftler auch nicht wirklich aus diesem Diskursuniversum aus, weil sie ja über die grundlegende bzw. umgebende "Hülle" der Naturwissenschaft, die die grundlegenden Ursache-Wirk-Beziehungen erklären will, ebenfalls wiederum nur mithilfe von Kommunikation... äh... kommunizieren können. D.h. Naturwissenschaft wäre so etwas wie ein unvollständiger Versuch, sich in eine Position eines Beobachters zweiter Ordnung zu versetzen.

Ungefähr klar, was ich versuche auszudrücken?
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Re: Was ist 'bright' am 'Brights'-Forum?

Beitragvon Libertaer » Di 15. Jan 2013, 13:39

Nanna hat geschrieben:Ungefähr klar, was ich versuche auszudrücken?

Ja. Entschuldige, ich habe den Kontext des Telefon-Zitats nicht beachtet.
:umleitung:
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Re: Was ist 'bright' am 'Brights'-Forum?

Beitragvon Vollbreit » Di 15. Jan 2013, 14:14

Libertaer hat geschrieben:Es gibt in der Tat ein 'Auf der Höhe der Diskussion'-Sein, wo der Homunkulus, nature/nurture, Willensfreiheit usw. keine besondere Rolle spielen, aber das Problem für mich besteht darin, dass die Gesellschaft bzw. die 'Entscheidungsträger' in Politik und Wirtschaft von dieser Höhe weit entfernt sind.


Finde ich gerade in dem Fall nicht, weil die vollmundigen Forderungen nach einer Änderung des Straftrechts ja eiskalt abgeprallt sind, völlig zurecht.


Libertaer hat geschrieben:Auch wenn ich 'Atheisten'-Stammtische eher langweilig finde: Werden Entscheidungen, die uns alle betreffen, nicht 'an der Basis' immer noch auf Grundlage eines überholten Weltbildes getroffen?


Das setzt voraus, was zu diskutieren wäre: Was genau ist denn nicht mehr auf der Höhe der Zeit?
Die Misere ist doch die, dass wenn man sagt, Kirche und alles was damit zu tun hat muss weg, man schnell einen begeisterten Konsens hat und das böse Erwachen kommt, wenn man dann mal eigene Standpunkte formulieren soll.
Dass aus dem Naturalismus keine Ethik abzuleiten ist, ist auch den Naturalisten bekannt, Forderungen wie Ethik brauche man gar nicht sind einfach unreflektierter Quatsch, der keine Diskussion verdient hat, weshalb sie auch nicht stattfindet.
Jeder hat so seine Vorschläge, die einem aus dem Tierreich, aber da da alles zu finden ist, weiß man nicht was man da wählen soll, die naturalistischen Fehlschlüsse drehen Purzelbäume und am Ende bekommen nicht mal die Atheisten einen Konsens hin, weshalb und wie man den gegen den Rest, der auch ein Recht aus sein Weltbild hat (und weltweit in der überragenden Mehrheit ist) durchsetzen darf und soll... ungeklärt.

Libertaer hat geschrieben:Ich weiß nicht, ob ein 'Auf der Höhe der Diskussion ist das alles schon lange keine Frage mehr' da nicht eine Welt vorspiegelt, die mit der realen wenig zu tun hat. Wenn du von einem Philosophen schreibst, 'Er selbst hat biologische Grundlagenforschung betrieben, als Arzt gearbeitet, einen Magister in Mathe und ist Privatdozent für Philo und ein überaus liebenswerter und bescheidener Mensch.', so ist es mit Sicherheit ein Gewinn, so jemanden zu kennen, aber es ändert nichts an der Deutungshoheit, den eine bestimmte, geisteswissenschaftlich orientierte Art des Feuilletons besitzt, wo eher Frau Käßmann oder Herr Precht die 'Expertisen' für Bundestagsentscheidungen liefern.


Mich interessieren da weniger die Personen als ihre Inhalte.
Ich finde die Formulierung, dass die Würde des Menschen unantastbar ist sehr genial, aus dem Naturalismus ist sie nicht abzuleiten, aber ich wüsste nicht, was Naturalisten dagegen haben könnten.

Dass man keinen Freifahrtschein für alles ausstellt, weil es irgendwer ja ohnehin macht, spricht gegen die dumme Wucht des Biologismus von der Überlegenheit der großen Zahl.
Gestern las ich auf der Titelseite irgendeiner ZEIT-Sonderausgabe, es sei an der Zeit von den Religionen zu lernen, notfalls auch ohne Gott und das stimmt. Religionen sind ein erfolgreiches Mem und es ist Zeit die Vorurteile einzupacken und das Nützliche daraus zu nehmen.
Zwischen Steinigungen und Ritualen der Gemeinschaft klafft eine Lücke und es ist einfach nicht sehr klug alles in einen Sack zu stecken und draufzudreschen und Dakwins tut genau das.
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Re: Was ist 'bright' am 'Brights'-Forum?

Beitragvon Vollbreit » Di 15. Jan 2013, 14:50

Lumen hat geschrieben:@Vollbreit // Es stimmt natürlich, dass Dawkins Gotteswahn heute kein großes Thema für sich mehr ist (hatte ich nicht anders behauptet), aber die allgemeine Stoßrichtung der Kritik bleibt auch bei dir bestehen. Auch nach dem Studium des Artikels zum Biologismus kann ich nichts finden, wo Dawkins da reinpasst. Und im Grunde beschreibt der Artikel auch worum es geht: "Der Begriff ist mit einem stark negativen Beiklang behaftet". Also ein Totschlagargument. Ein Label, dass einmal darauf geklebt wird und sperrig genug ist, dass keiner Bock hat, sich im Detail damit auseinanderzusetzen (ich auch nicht).


Lumen, gerade Du solltest Dich darüber nun wirklich nicht beschweren, zumal es den Sachverhalt auch nicht trifft. Aber die Diskussion bringt uns nicht weiter.

Lumen hat geschrieben:Das ist die übliche Methode wie "Flak" (Chomsky) funktioniert. Die nächste Kritik die du nennst, ist ebenfalls tendenziell unfair, bzw. recht klar Ad Hominem. Ob jemand vom Bücherschreiben lebt oder nicht, spielt in der Sache kaum eine Rolle. Aber bei Dawkins wird die Kritik öfter geäußert.


Aber doch nicht von mir. Meine Güte, was bist Du denn für eine Mimose, wenn es um Dawkins geht. Der Mann ist ein Biologe von Rang als Religionskritiker ist er ein Haudrauf, der unterschiedslos jedem der streng, moderat oder sehr am Rande „religiös“ ist, attestiert, dumm oder krank zu sein und so schreibt niemand der in einen Dialog will. Da geht es um Polemik und mehr nicht. Den Papst verhaften zu lassen, das ist irgendwie von einer solch sonnigen Naivität gekennzeichnet, dass man nur für Dawkins hoffen kann, dass es ein polemischer Werbegag war.

Lumen hat geschrieben:Die Zahl der Kreationismusgläubigen ist in den USA recht konstant nahe der 45% Marke, Evolution Light (mit Gott als Gestalter) glauben obendrauf noch einmal über 30%, mit einem kläglichen Rest von höchstens 16% die Evolution für wahr halten (Qulle: Gallup/Juni 2012).


Ja und wenn Du willst, dass in Europa solche Werte auch erreicht werden, dann muss man nur ordentlich zündeln gegen alles was auch nur entfernt nach Religion riecht (einschließlich Demeter, da ist mir echte der Kiefer runtergeklappt, auch wenn es mat-in war) und undifferenziert draufdreschen. Das schließt die Reihen am sichersten und sorgt für Solidarisierungen, auch dort, wo man sich sonst eher misstrauisch beäugt.

Lumen hat geschrieben:Einmal die Perspektive beachten, rund Dreiviertiel(!) der Amerikaner lehnen die Evolution, wie sie gelehrt wird, ab. Das sind auch nicht nur vage und unwichtige Zahlen, sondern schlägt sich im US Alltag an Schulen und Universtäten überall nieder und erzeugt zudem einen recht tiefen Graben, der vor allem die Republikaner immer weiter in die Verrücktheit abdriften lässt. Es ist also schon etwas überzogen, so zu tun, als gäbe es das Problem garnicht und man bräuchte ein solches Buch gar nicht.


Ich habe immer gesagt, dass die Brights in den Staaten ihre Berechtigung haben und mit geichzeitig immer gefragt, warum man in Europa so darauf abfährt – ist ja auch schon wieder vorbei. Eine völlig unnötige Frontbildung hier.



Auch das habe ich schon einmal herausgesucht. Zu dieser Zeit (um 2006) gab es auch hierzulande Schlagzeilen zum Kreationismus: "So unterstützte Ministerpräsident Roland Koch (CDU) die hessische Kultusministerin Karin Wolff in ihrem umstrittenen Vorstoß, die christliche Schöpfungslehre künftig im Biologieunterricht zu behandeln" (Quelle: Wikipedia mit weiterführenden). Das war 2007! Ein anderer Fall war seinerzeit Dieter Althaus, Ministerpräsident von Thüringen. Da gab es Vorfälle im gleichen Zeitraum (Quelle). Obendrein diskutiert Dawkins gerade nicht mit Kreationisten, um ihren Ansichten nicht noch zu verbreiten (was ihm auch wieder vorgeworfen wird, sich nicht zu stellen). Wie bereits schon einmal dargestellt, andere Wissenschaftler fühlen sich ebenfalls genötigt. Und es nicht etwa Literaturprofessoren oder Japanistiker, sondern Astronomen (wie Laurence Krauss) oder andere Biologen (wie Jerry Coyne oder PZ Myers), also Leute, deren Arbeit aktiv auf mehreren Fronten sabotiert wird. Mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit kann es da auch nochmal ordentlich knallen. Also kein Problem? Von wegen. Zum Glück haben die Amerikaner nicht Magic Underwear™ Romney gewählt, das wäre noch lustig geworden.“[/quote]

Siehste auch die Amis scheinen nicht ganz doof zu sein.
Aber zwischen zaghaften – und zum Glück gescheiterten! - hier klammheimlich die Schöpfungslehre an anderer Stelle als im Religionsunterricht zu behandeln und Regime, in denen die Evolutionslehre gar nicht gelehrt werden darf, ist dann schon noch eine Differenz.

Lumen hat geschrieben:Um den Bogen mal zu spannen.Ich finde es wichtig, dass es Leute gibt, die versuchen einen gemeinsamen Grund zu finden. Gleichzeitig finde ich es ebenso wichtig, dass irrationaler Glaube keine Schonung erfährt.


Tja, darüber müssen wir uns eben auseinandersetzen. Die Frage ist doch, welche anderen Meinungen ich akzeptieren kann und muss und wo die Grenze ist. Man muss einfach klar formulieren, was man in Deutschland nicht will und das dann rechtlich verbieten und moralisch ächten. Ob der Kinderschänder nun katholischer Priester oder atheistischer Schwimmlehrer ist, um die Sache geht es.


Lumen hat geschrieben:Das ganze Gerede um den angemessenen Ton hat einzig den Zweck, den alten "Respekt" vor Religionen wiederherzustellen und ist ausschließlich im Interesse von Religiösen (also nicht mein Interesse).


Nö. Wenn Dich jemand anbrüllt und als dumme Sau bezeichnet, würde Dein Wunsch mit dem zu reden sicher auch spürbar sinken, was selbst dann noch gerechtfertigt wäre, wenn der Vorwurf berechtigt wäre.

Lumen hat geschrieben:Nach meinem Verständnis von entsprechenden Glaubenssystemen braucht der Glaube ein Klima, wo paradoxer Unsinn den Gläubigen in der Schlaufe halten kann. Lästerei und Gelächter (über die Religion) stören empfindlich, weshalb Glaubenssysteme es seit Jahrhunderten verbieten.


Ich denke eher, dass es zusammenschweißt. Der Beschwörung des Feindes draußen ist immer der Persilschein um von eigenen Problemen abzulenken, islamische Staatsführer machen sich das seit Jahrzehnten zunutze.
An sich bist Du geschickter, als solche plumpen Manöver auch noch frei Haus zu bedienen.
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Re: Was ist 'bright' am 'Brights'-Forum?

Beitragvon Lumen » Di 15. Jan 2013, 15:01

Längst geschehen, z.B. the Good Book von A.C. Grayling. Ansonsten stellt sich mir die Frage, was es bei Religionen (verstanden als Theismen und ihren Schriften) im Besonderen zu lernen gibt. Grob gesagt, wenn das Übernatürliche rausfliegt, ist es nur noch ein Buch, dass sich verschiedene Autoren zusammenfantasiert haben. Es ist nicht der Weisheit letzter Schluss, andere waren vorher (z.B. Konfuzius) und nacher besser. Gute und lerreiche Bücher gibt es viele, und die haben, wie bereits dargestellt weniger zweifelhafte Inhalte. Die annotierte Bibel kommt im Bereich Gewalt und Grausamkeit auf ~1300 Stellen, Frauenfeindlichkeit auf 385 und bei nur etwas über 500 "guten" Aussagen. Nutzwerk für die Allgemeinheit, zweifelhaft. Für Religiöse aber sehr hoch. Der Grund, warum sich Religionen so lange und eindringlich halten, liegt meiner Meinung nach auch an anderen Dingen, als an guten Ratschlägen, z.B. Gemeinschaftsbildung durch hohen Aufwand, der Ausnutzer abschreckt. Und dann ist da natürlich noch einiges zu sagen, wie sich das religiöse bei Kindern in verschiedene Emotionen einklingt und sich davon ernährt. Anders als beim Weihnachtsmann-Glaube hält sich die dysrationale Glaubensstruktur durch emotionale Verankerung fest und bohrt sich je nach Religionsdesign auch weiter in den Wirt. Kunst und Kirchen lassen es real erscheinen, während Kinder dann bald merken, dass das andere Zeug "nur" Märchen und Ketschup sind. Einen höheren Trick gibt es da nicht. Von Scientology bis Cargo Kult dieselben Strukturen.

@Zusammenschweißen "des Feindes"
Sicher gibt es das. Aber die meisten Leute sitzen auf dem Zaun und lassen durchaus von besseren Argumenten überzeugen und fühlen sich auch nicht persönlich gekränkt.
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Re: Was ist 'bright' am 'Brights'-Forum?

Beitragvon Vollbreit » Di 15. Jan 2013, 15:04

Myron hat geschrieben:Die Anerkennung des Wissenschaftspluralismus ist durchaus mit dem ontologischen Monismus des Materialismus/Physikalismus vereinbar.


Das stimmt, aber beides muss auch nicht zwingend zusammengehen.
Der Impuls zur Veränderung, bspw. wenn ein Gespräch eine organische Veränderung im Hirn auslöst, geht ja nicht von der Ebene der Physik aus, auch wenn Kommunikation in ein Medium eingebettet sein muss. Aber Bedeutung aus Schallwellen, Tonhöhen, Amplituden usw., ableiten zu wollen, wirft mehr Frage auf als es beantwortet.

Man kann sich vorstellen mögen, dass die Umgestaltungen auch auf die physikalische Ebene durchschlagen, Formveränderungen sind ja immer auch physikalische Veränderungen, aber mehr ist da auch erstmal nicht zu holen, an Erkenntnis nicht und die Tatsache, dass wir uns ontologisch derzeit nichts anderes vorstellen können, besagt auch nicht mehr, als genau das.

Es kann sehr gut sein, dass der Physikalismus das A und O ist, aber wenn überhaupt, dann nur ontologisch und ob, das weiß man schlicht nicht.

Dass man sich auf der Ebene von Emergenzstufen unterhält, die einfach so tun, als gäbe es die Physik gar nicht, ist zutiefst richtig, wenn man auf Erkenntnis aus ist. Die hier wirkenden Gesetzmäßigkeiten haben den Vorteil, dass man mit ihnen was anfangen kann, dass sich oftmals recht spannende analoge Muster abbilden, die mit natürlichen Prozessen korrespondieren, finde ich sehr spannend und der Bedeutung kann man ja nachgehen.
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Re: Was ist 'bright' am 'Brights'-Forum?

Beitragvon Vollbreit » Di 15. Jan 2013, 15:19

Lumen hat geschrieben:Der Grund, warum sich Religionen so lange und eindringlich halten, liegt meiner Meinung nach auch an anderen Dingen, als an guten Ratschlägen, z.B. Gemeinschaftsbildung durch hohen Aufwand, der Ausnutzer abschreckt.


Es ist zum einen sicher das Gefühl auserwählt zu sein.
Untersuchungen haben ergeben, dass die Gemeinschaften die Opfer verlangen mehr zusammenschweißen als diejenigen, die einem die Mitgliedschaft nachtragen.
Also eher Hell's Angels oder Mafia, Molerkularbiologen, Astrophysikerinnen oder Wiwi-Studenten oder eine fundamentalistische Gruppierung als die evangelische Kirche. Die Austritte aus der katholischen Kirche mehren sich, leichte Zugewinne verzeichnet das Opus Dei.

Lumen hat geschrieben:Und dann ist da natürlich noch einiges zu sagen, wie sich das religiöse bei Kindern in verschiedene Emotionen einklingt und sich davon ernährt. Anders als beim Weihnachtsmann-Glaube hält sich die dysrationale Glaubensstruktur durch emotionale Verankerung fest und bohrt sich je nach Religionsdesign auch weiter in den Wirt.


Das Problem ist das Spiel mit der Angst.

Lumen hat geschrieben:Kunst und Kirchen lassen es real erscheinen, während Kinder dann bald merken, dass das andere Zeug "nur" Märchen und Ketschup sind. Einen höheren Trick gibt es da nicht. Von Scientology bis Cargo Kult dieselben Strukturen.


Das stimmt nicht und da verlierst Du viele. Du unterschätzt die Kraft von Gipfelerfahrungen, obwohl Du ziemlich sicher schon selbst welche hattest. Nicht jeder hat Lust sich die zu Tode erklären zu lassen, weil das auch nur eine Angst ist, die, dass irgendwas nicht stimmt.

Irgendwann erscheint der Wunsch nach konstanter Rationalisierung aber selbst etwas pathologisch, weil man sich fragen darf und muss, welchen Sinn es haben soll, anderen ihre Erlebnisse zu entwerten. Ab einer bestimmter Qualität der Gipfelerfahrungen kommt man dem ohnehin nicht mehr bei, weil die Wirklichkeit der primären Erfahrung schwer relativiert werden kann.
Was aber den Glauben angeht, so hat er verschiedene Ausprägungen:
http://de.wikipedia.org/wiki/Stufen_des ... ns#Theorie
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Re: Was ist 'bright' am 'Brights'-Forum?

Beitragvon Myron » Di 15. Jan 2013, 17:35

Nanna hat geschrieben:Was ich allerdings denke, ist, dass die "Ebene", in der der Diskurs stattfindet, ein stark emergentes Phänomen ist, das sich nicht auf seine physischen Bestandteile reduzieren lässt. Kommunikation kann man nunmal nicht durch Elektrizität erklären, auch wenn man die beim Telefonieren braucht.


Kommunikation besteht im Austausch von Zeichen, und Zeichen sind physisch realisiert. Wenn man allerdings zusätzlich zu den konkreten, materiellen Zeichenexemplaren abstrakte Zeichentypen oder/und abstrakte Zeichenbedeutungen postuliert, dann ist man streng genommen kein Materialist mehr, da der Materialismus mit dem Abstraktismus (dem Glauben an die Existenz abstrakt-immaterieller Entitäten) unvereinbar ist.
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Re: Was ist 'bright' am 'Brights'-Forum?

Beitragvon fopa » Mi 16. Jan 2013, 08:05

Vollbreit hat geschrieben:es sei an der Zeit von den Religionen zu lernen, notfalls auch ohne Gott und das stimmt.
Für meine Begriffe trifft das den Kern der Grundeinstellung, derentwegen Foren wie dieses existieren: Das Zum-Voneinander-Lernen-Bereitsein. Aber auch das kritische Hinterfragen der eigenen Position und Meinung sowie der des Anderen - also nicht unreflektiert etwas zu übernehmen, was einem vorgetragen wird.

Dazu gehört nach meinem Dafürhalten insbesondere die Fähigkeit, Aspekte eines Komplexes differenziert zu erkennen und ebenso zu behandeln. Bloß weil man mit übernatürlichen Konstrukten von Religionen nichts anfangen kann, heißt das beispielsweise nicht, dass Rituale und Gemeinschaftsbildung überflüssig wäre. Wenn man mit den Erklärungen eines Biologen zum Thema 'Meme und Religion' nicht einverstanden ist, muss man nicht gleich das ganze Konzept verteufeln. Die Ausdifferenzierung gewisser Aspekte und das Erkennen ihrer Abhängigkeiten im Gesamtzusammenhang ist mMn der Schlüssel für konstruktive Diskussionsverläufe. Ich habe den Eindruck, dass das hier meist ganz gut gelingt (es gibt aber auch noch Verbesserungspotenzial :wink:).
Ob das nun spezifisch 'bright' ist oder nicht, ist mir eigentlich ziemlich egal. Ich muss nämlich zugeben, dass ich mit mit dem Begriff 'bright' noch nicht so recht identifiziere, auch wenn ich in etwa dieselbe Grundeinstellung habe. Jedenfalls empfinde ich die Vielfalt der Ansichten der Mitglieder hier im Forum als Besonderheit gegenüber anderen Foren. Dass dann das Themenspektrum entsprechend breit ist, ist nur folgerichtig.
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Re: Was ist 'bright' am 'Brights'-Forum?

Beitragvon fopa » Mi 16. Jan 2013, 08:27

Nanna hat geschrieben:Ich sehe die Geisteswissenschaften zumindest in Teilen als Bewohner dieses diskursiven "Binnenuniversums" innerhalb der natürlichen Welt. Dieses Binnenuniversum ist nur einem Kommunikationsteilnehmer zugänglich, d.h. selbst eine vollständige deskriptive Beschreibung hilft einem nicht, das Ding von außen zu verstehen. Man muss, um etwa ein Argument in einem geisteswissenschaftlichen Disput nachvollziehen zu können, in dieses Universum als subjektiver Betrachter einsteigen und sich seiner Diskurslogik unterwerfen.
Die nicht-naturwissenschaftliche Kommunikations- und Denkweise in Geisteswissenschaften (oder auch in der Alltagssprache) halte ich für absolut legitim. Sie ist in manchen Bereichen sogar notwendig, weil sich vieles gar nicht anders ausdrücken lässt. Das Problem beginnt allerdings dann, wenn aus dieser Kommunikation- und Denkweise auf ontologische Vorstellungen geschlossen wird; Beispiel Poppers Drei-Welten-Lehre. Solange man solche Vorstellungen als Instrumente für Erkenntnisgewinn oder vereinfachte Kommunikation ansieht, wie Vollbreit gemeint hat, und nicht als real existierend annimmt, stehen sie ja auch in keinem Widerspruch zu naturwissenschaftlichen Ontologien.
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Re: Was ist 'bright' am 'Brights'-Forum?

Beitragvon Vollbreit » Mi 16. Jan 2013, 09:55

fopa hat geschrieben:Dazu gehört nach meinem Dafürhalten insbesondere die Fähigkeit, Aspekte eines Komplexes differenziert zu erkennen und ebenso zu behandeln. Bloß weil man mit übernatürlichen Konstrukten von Religionen nichts anfangen kann, heißt das beispielsweise nicht, dass Rituale und Gemeinschaftsbildung überflüssig wäre. Wenn man mit den Erklärungen eines Biologen zum Thema 'Meme und Religion' nicht einverstanden ist, muss man nicht gleich das ganze Konzept verteufeln. Die Ausdifferenzierung gewisser Aspekte und das Erkennen ihrer Abhängigkeiten im Gesamtzusammenhang ist mMn der Schlüssel für konstruktive Diskussionsverläufe. Ich habe den Eindruck, dass das hier meist ganz gut gelingt (es gibt aber auch noch Verbesserungspotenzial :wink:).
Ob das nun spezifisch 'bright' ist oder nicht, ist mir eigentlich ziemlich egal. Ich muss nämlich zugeben, dass ich mit mit dem Begriff 'bright' noch nicht so recht identifiziere, auch wenn ich in etwa dieselbe Grundeinstellung habe. Jedenfalls empfinde ich die Vielfalt der Ansichten der Mitglieder hier im Forum als Besonderheit gegenüber anderen Foren. Dass dann das Themenspektrum entsprechend breit ist, ist nur folgerichtig.


Ich kann alles, was Du hier schreibst, unterschreiben.
Als Integraler, der ich statistisch vermutlich überwiegend bin, leidet man ohnehin unter einer notorischen Synthetisierungswut, der man, manchmal berechtigt, entgegenhalten kann, auch wichtigere Unterschiede zu verwischen.
Ansonsten wird sich alles einverleibt, etwas ärgerlich ist, dass, meiner Meinung nach, der Versuch (von Ken Wilber) das in eine Theorie (von Allem) ist gießen, leider (entgegen der Ansicht der meisten meiner Kollegen) kläglich gescheitert ist. :erschreckt:
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Re: Was ist 'bright' am 'Brights'-Forum?

Beitragvon Myron » Mi 16. Jan 2013, 17:48

Vollbreit hat geschrieben:Ich glaube, dass es auch noch wichtig ist festzuhalten, dass es den Naturalismus nicht gibt, sondern engere und breitere Spielarten.


Siehe dazu: viewtopic.php?p=74637#p74637
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Re: Was ist 'bright' am 'Brights'-Forum?

Beitragvon Lumen » Mi 16. Jan 2013, 18:07

Myron, gestehe! Du bist ein Boardcomputer Prototyp, den dein Programmierer testweise mit einer Datenbank-Anbindung zu sämtlicher philosophischer Literatur verbunden hat. :)
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Re: Was ist 'bright' am 'Brights'-Forum?

Beitragvon Zappa » Mi 16. Jan 2013, 23:04

@Lumen: "Resistance is futile" :wink:
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Re: Was ist 'bright' am 'Brights'-Forum?

Beitragvon stine » Do 17. Jan 2013, 07:30

Myron hat geschrieben:Der Bereich der Metaethik ist sehr komplex...
Allerdings. Vor allem angesichts dieser Tatsache:
Myron hat geschrieben:Es ist wichtig anzumerken, dass metaphysische/ontologische Naturalisten zwar keinen supernaturalistischen ethischen Realismus, aber durchaus einen nichtnaturalistischen metaethischen Standpunkt vertreten können. Der ethische Supernaturalismus ist per se nichtnaturalistisch, aber der ethische Nichtnaturalismus ist nicht per se supernaturalistisch.
Der ethische Naturalismus ist eine Art von ethischem Realismus, aber metaphysische/ontologische Naturalisten müssen keine ethischen Realisten und damit auch keine ethischen Naturalisten sein. Aber wenn sie ethische Realisten sind, dann müssen sie ethische Naturalisten sein, da alle anderen Arten von ethischem Realismus nicht mit dem metaphysischen/ontologischen Naturalismus vereinbar sind.

Jetzt fällt es mir wie Schuppen von den Augen, @Myron!

:look: stine
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