Euro-/Finanz- und Wirtschaftskrisen

Re: Euro-/Finanz- und Wirtschaftskrisen

Beitragvon stine » Fr 15. Feb 2013, 20:44

provinzler hat geschrieben:Biedermann und die Eurobrandstifter
:up:
Aber machen kann man trotzdem nichts, weil der Biedermann "wir" sind.
Österreich ist übrigens seinerzeit über eine Volksabstimmung der EU beigetreten. Ich denke auch wir, hätte man uns gefragt, hätten für den Beitritt gestimmt, weil die Informationen eben so gestreut wurden, dass davon ausgegangen werden musste, es wäre ein Vorteil für alle. Das gleiche gilt für die Einführung des Euro. Zu schön war die Idee für die Dauertouristen, endlich keine Wechselgebühren mehr zahlen zu müssen und den italienischen Trickdieben besser auf die Finger schauen zu können.
Und genau wegen dieser Kurzsichtigkeit macht es auch überhaupt keinen Sinn, das Volk direkt zu befragen, wenn es nicht vorher über alle Vor- und Nachteile aufgeklärt wird.
Die meisten interessiert es doch sowieso nicht, welche Werkzeuge Brüssel in die Hand bekommt. Gemeckert wird dann nur über so Kleinigkeiten wie den Einheitsapfel.

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Re: Euro-/Finanz- und Wirtschaftskrisen

Beitragvon Gandalf » Sa 16. Feb 2013, 10:42

provinzler hat geschrieben:Kürzlich hat man ja schon Peugeot nen Milliardenkredite eingeräumt, unter der Auflage, dass sie nix tun, um die Verluste zu reduzieren...


ja hier: http://www.cashkurs.com/Detailansicht.8 ... t3blog_pi1[daxBlogList][showUid]=13521

Japan ist übrigens schon (viel) weiter. Mittlerweile würde eine Zinserhöhung der Staatsanleihen auf nominal 2% (!!) genügen, um den kompleten Japanischen Haushalt für die Zinszahlung aufwenden zu müssen!

Konsequenterweise haben sie daher den 'Vorwärtsgang' eingelegt: Volle Kraft voraus um die Währung endgültig zu zerstören und sich so der Schulden zu entledigen. Der Nikkei explodiert schon.

Es ist nur eine Frage der Zeit, wenn bei uns ebenfalls "Benzin auf's Feuer" kommt. Ich frage mich nur ob der Dollar (noch) eher dran ist.
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Re: Euro-/Finanz- und Wirtschaftskrisen

Beitragvon provinzler » Di 26. Feb 2013, 20:18

Gandalf hat geschrieben:Es ist nur eine Frage der Zeit, wenn bei uns ebenfalls "Benzin auf's Feuer" kommt. Ich frage mich nur ob der Dollar (noch) eher dran ist.


Schwer zu beantworten. Jedenfalls sind die Amis mit dem Deleveraging schon weiter als Europa und auch deren Banken sind weit gesünder. Der durchschnittliche Hebel der jeweils 40 größten Banken beträgt in den USA 9, in Europa 23 und gemessen am BIP ist der europäische Finanzsektor viermal so groß wie der amerikanische.
Überdies könnte es denn USA in absehbarer Zeit dank Fracking und damit einhergehender rückläufiger Rohstoffimporte gelingen, die Passivität ihrer Leistungsbilanz ein gutes Stück abzubauen.
Bei beiden ticken die demografischen Zeitbomben in den Staatshaushalten, in Europa etwas mehr als in den insgesamt jüngeren und weniger sozialistischeren USA.
Außerdem hat Europa aufgrund der herrschenden Mehrheitsverhältnisse in den entscheidenden Gremien immer noch keinen Weg gefunden, die strukturellen Anreizprobleme innerhalb des Eurosystems in seiner jetzigen Konstruktion zu beseitigen. Und Deutschland als Hauptzahler der Party hat es bisher nicht geschafft, auf die obligatorische Nazi-Keule eine andre Antwort zu finden, als klaglos noch ein paar Milliarden mehr rüberzuschieben. Die übrigens nicht, und das halte ich für wichtig festzuhalten, den geschundenen Bürgern in den Ländern Südeuropas helfen, sondern allenfalls deren politischen Eliten eine gewisse Galgenfrist verschaffen und den Gläubigern in aller Welt (französische Banken, deutsche Lebensversicherungen oder auch die Goldmänner) ermöglichen, sich an den Steuerzahlern der Handvoll echter Zahlerstaaten (Deutschland und ein paar kleinere Länder) für die eigenen Anlagefehler schadlos zu halten. Aber die Zahler werden weniger. Die Niederlande schlittern selbst auf gewaltige Probleme zu, weil sich dort eine Immobilienblase vom allerfeinsten grade in der Auflösungsphase befindet (die Preise sind zuletzt erstmals seit Ewigkeiten gefallen). Bleiben neben Deutschland noch Finnland und Österreich, und auch bei den Finnen steigt die politische Tendenz sich rauszudividieren.
Die Politik hat sich in meinen Augen an der Stelle komplett verrannt und will das nicht wahrhaben. Währungsunionen ohne vorherige politische Union haben historisch noch nie funktioniert. Selbst das deutsche Kaiserreich brauchte nach seiner politischen Vereinigung 1871 runde 38 Jahre bis es endgültig auf eine Einheitswährung umstellen konnte. Und da waren die fähigsten Ökonomen der Epoche am Werk. "This time is different"-Syndrom in R(h)ein(landpfalz)kultur...
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Re: Euro-/Finanz- und Wirtschaftskrisen

Beitragvon Gandalf » Di 26. Feb 2013, 23:29

..Italien, du hast es gut, endlich mal ein 'ehrlicher' Clown mit politscher Zukunft, - das wär was.

Was mich v.a. ärgert. Im ganzen Wahlkampf hat man hier nichts von der "5 Sterne-Bwegung" gehört. Sie wurde praktisch totgeschwiegen. Selbst die Massenveranstaltungen mit über 100.000 Leuten. Jetzt auf einmal sind sie "üble Rechtspopulisten" Im rot-grünen Umerziehungslager würden sie wohl als "rechtsextrem" gelten. Allein schon um bei uns die Komiker abzuschrecken, die etwas wagen sollten ( ... wo ist eigentlich Georg Schramm geblieben?)

Es ist wie im "Streik" von Ayn Rand: Vernunft wird von den Medien als politisch inkorrekt und nicht mehr zeitgemäß erklärt:

http://www.cashkurs.com/Detailansicht.8 ... t3blog_pi1[daxBlogList][showUid]=13586
Doch Beppe Grillo muss sich zumindest weiterhin als „Populist“ bezeichnen lassen, wie man ihn bei n-tv.de betitelt. Warum eigentlich? Im Ende November durch Grillo veröffentlichten Wahlmanifest mit dem Titel „Nicht in meinem Namen“ wurden dreißig politische Grundsätze zur Runderneuerung Italiens aufgestellt, die in den wichtigsten Punkten folgendes fordern:



Abschaffung zu hoher Bezüge für Staatsbeamte

Abschaffung der Privilegien für Staatsbeamte und in politischer Funktion Tätiger

Abschaffung der überbordenden Korruption im italienischen Parteiensystem

Politiker sollen für ihre Korruption juristisch zur Verantwortung gezogen werden

Nationalstaatliche Souveränitätsrechte mit Vorfahrt vor EU-Angelegenheiten




Jeder klar denkende Mensch, der bei gesundem Verstand ist, und sich das Wahlmanifest von Beppe Grillo einmal von hinten bis vorne durchgelesen hat, kann nur zu einem Schluss kommen, wenn man die obige durch n-tv.de in diesem speziellen Fall verzapfte Berichterstattung über sich ergehen lässt: entweder der Autor hat



keine Ahnung, über was er eigentlich schreibt

ist sich der überbordenden politischen Korruption im Parteiensystem überhaupt nicht bewusst oder ist sich darüber bewusst, ignoriert sie jedoch ganz einfach oder



ist EU-hörig, auf beiden Augen blind und beiden Ohren taub, so dass der Privilegienklüngel und die horrende Korruption unter Italiens Systemparteien einen medialen Freifahrtschein für die Zukunft ausgestellt wird, nur um die Interessen der EU zu wahren
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Re: Euro-/Finanz- und Wirtschaftskrisen

Beitragvon provinzler » Sa 2. Mär 2013, 17:01

Finde übrigens bemerkenswert, dass diese verbalen Entgleisungen keine Konsequenzen haben. Zumindestens ist es ein äußerst merkwürdiges Demokratieverständnis, wenn man in solchen Positionen die gewählten Vertreter anderer Völker öffentlich niedermacht. Mag ja sein, dass der familiär mit den Deutsche Bank-Gründern verbandelte Glatzen-Peer mit dem Goldmann Monti besser kann als mit Berlusconi, aber solche Äußerungen sind schlicht respektlos der Bevölkerung Italiens gegenüber. Irgendwie scheint da eine ziemlich Überheblichkeit und Selbstüberschätzung durch. Solche abschätzigen Äußerungen sind für den Erhalt des Friedens in Europa natürlich unabdingbar...da kann unsereins nur noch mit dem Kopf schütteln.

Gibt übrigens Neuigkeiten zum "Eurokernland" Niederlande. Die Immobilienpreise sind in den letzten 12 Monaten um 10% gesunken, die Wirtschaft befindet sich in der Rezession, die Arbeitslosigkeit steigt und der Autoabsatz erreicht 20-Jahrestiefs. Mit andren Worten. Bald wird auch dort der Bankensektor Schwierigkeiten kriegen. Etwa 500.000 Immobilien-Kredite sind bereits unter Wasser. Der Anteil der tilgungsfreien Darlehen liegt bei 90%, d.h. die brauchen alle bei Laufzeitende eine komplette Refinanzierung. Die Gesamtverschulden der Banken im Vergleich zum BIP ist auf einem ähnlichen Niveau wie in Spanien. Die jahrelange steuerliche Absetzbarkeit der Hypothekenzinsen würde jetzt viel zu spät gekappt und wirkt jetzt prozyklisch bei der Marktbereinigung mit.
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Re: Euro-/Finanz- und Wirtschaftskrisen

Beitragvon Nanna » Sa 2. Mär 2013, 21:09

Ich dachte, du wärst immer derjenige gewesen, der für ehrliche Meinungsäußerungen war, auch wenn der Ton mal rauer wird? ;-)

Ich meine, nicht dass ich was dagegen hätte, ich bin ja auch generell für den zivilisierten Ton und Steinbrück ist derzeit ein Präzisionsgewehr, was verbale Fehlleistungen angeht.
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Re: Euro-/Finanz- und Wirtschaftskrisen

Beitragvon provinzler » Sa 2. Mär 2013, 22:24

Nanna hat geschrieben:Ich dachte, du wärst immer derjenige gewesen, der für ehrliche Meinungsäußerungen war, auch wenn der Ton mal rauer wird? ;-)

Es gibt interne Dinge und es gibt öffentliche Dinge und das sollte man sauber trennen. Man kann sich in inhaltlichen Dingen mit der italienischen Regierung meinetwegen gerne heftig fetzen und dabei auch mal a la Thatcher aufn Tisch hauen ("I want my money back"). Was aber in meinen Augen gar nicht geht ist, von andren Ländern zu fordern, ihre Gesetze nach deutschem Gusto zu ändern (auch da hat sich Steinbrück ja schon mal Richtung Schweiz schon mal nen gehörigen Griff ins Klo erlaubt) oder sich über die Wahlergebnisse in andren Ländern zu beschweren bzw. über deren gewählte Verteter auf persönlicher Ebene herzuziehen. Und inwieweit uns die Ergebnisse der Wahl was angehen, liegt in der Hand der deutschen Regierung, die über die Vergabe von Transfergeldern und über den Verbleib in der Eurozone zu entscheiden hat. Davon versucht die deutsche Politik seit drei Jahren abzulenken. Für mich sind die Ausfälle nur ein Zeichen mehr, dass die Losung "Euro ist ein Friedensprojekt" vorsichtig formuliert ziemlicher Quatsch ist. Im Moment ist er eher der Spaltpilz Europas. Angesichts des schmutzigen Spiels, dass hier im Moment zugunsten der Bankenlobby (wiederhole mich da gerne) gespielt wird, während man die Schuld den Menschen in Südeuropa zuschiebt, sollten wir froh sein, dass die Italiener solche "Komiker" (ich würde sagen einen Kabarettisten und einen extravaganten Lebemann) gewählt haben, statt radikalere Alternativen.


Ich meine, nicht dass ich was dagegen hätte, ich bin ja auch generell für den zivilisierten Ton und Steinbrück ist derzeit ein Präzisionsgewehr, was verbale Fehlleistungen angeht.

Es ist halt Wahlkampf. Da muss man offensichtlich ein bestimmtes Niveau vermeiden können, nicht nur am politischen Aschermittwoch...
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Re: Euro-/Finanz- und Wirtschaftskrisen

Beitragvon Gandalf » Mo 18. Mär 2013, 18:56

.. von der EZB zurückgehaltende Daten zur Vermögensverteilung in der EU:

http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/s ... 10741.html


Die Zyprer sind nicht ärmer als der Durchschnitt der Deutschen. - ..und Italien lacht mit seinen "Clowns" über uns.
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Re: Euro-/Finanz- und Wirtschaftskrisen

Beitragvon provinzler » Mo 25. Mär 2013, 12:21

Beindruckend übrigens mal wieder an der Geschichte in Zypern, wie man jeden kriminalisiert und als Steuerhinterzieher und Geldwäscher abkanzelt, der mehr als 100.000€ besitzt. Rechtsstaat? Unschuldsvermutung? Alles scheinbar unwichtig. Ich kann gar nicht so viel essen, wie ich kotzen möchte...
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Re: Euro-/Finanz- und Wirtschaftskrisen

Beitragvon Nanna » Mo 25. Mär 2013, 12:31

Tut doch gar keiner. Aber wer so viel Geld hat, hat in den letzten Jahren überproportional von den unrealistisch hohen Zinsen profitiert, die auf Zypern angeboten wurden, war also ein Systemprofiteur. MIt böser Absicht muss das erstmal nichts zu tun haben. Aber man muss das Geld halt denen wegnehmen, denen es tendentiell noch am wenigsten weh tut, also macht man's bei den Wohlhabenden. Das würde jeder sicher gerne vermeiden, aber was ist denn, abgesehen von eurer libertären Weltrevolution, die Alternative?
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Re: Euro-/Finanz- und Wirtschaftskrisen

Beitragvon provinzler » Mo 25. Mär 2013, 13:09

Nanna hat geschrieben:Tut doch gar keiner.

Dann lies mal beispielsweise die Äußerungen eines Sigmar Gabriel.

Aber wer so viel Geld hat, hat in den letzten Jahren überproportional von den unrealistisch hohen Zinsen profitiert, die auf Zypern angeboten wurden, war also ein Systemprofiteur. MIt böser Absicht muss das erstmal nichts zu tun haben. Aber man muss das Geld halt denen wegnehmen, denen es tendentiell noch am wenigsten weh tut, also macht man's bei den Wohlhabenden. Das würde jeder sicher gerne vermeiden, aber was ist denn, abgesehen von eurer libertären Weltrevolution, die Alternative?

Die Zinsen waren ja nicht grundlos so hoch. Was mich ärgert ist, dass man keine saubere Insolvenz macht. Also die Gläubiger der jeweiligen Banken nach dem Rang ihrer Forderungen, zu bedienen. Man nimmt aber pauschal von Anlegern aller Banken (auch bei denen die nicht pleite sind) und es geht nach Höhe der Einlage. Außerdem wird mal wieder sehr einseitig genommen. Ich habe jedenfalls nichts davon gelesen, dass den Beamten die Pensionsansprüche soweit soweit sie barwertig über 100.000 € betragen, auch zu 40% gestrichen werden. Es geht also mal wieder einseitig zu Lasten derjenigen, die selbst vorsorgen und keine staatlichen Pensionen zu erwarten haben...
Dass die Mehrheit das genauso gut und richtig und "sozial gerecht" fand, wie sie sich vor 80 Jahren über die Arisierungserlöse freute, wundert mich nicht...
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Re: Euro-/Finanz- und Wirtschaftskrisen

Beitragvon Nanna » Mo 25. Mär 2013, 13:26

Hat Zypern denn ein Beamtensystem wie Deutschland?

Ansonsten, was die Insolvenzen angeht, hat das nicht damit zu tun, dass man befürchtet, dass dann erst recht alles den Bach runter geht?
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Re: Euro-/Finanz- und Wirtschaftskrisen

Beitragvon provinzler » Mo 25. Mär 2013, 14:47

Nanna hat geschrieben:Hat Zypern denn ein Beamtensystem wie Deutschland?

Ansonsten, was die Insolvenzen angeht, hat das nicht damit zu tun, dass man befürchtet, dass dann erst recht alles den Bach runter geht?

Ich geh mal davon aus, dass auch Zypern Beamte hat, und die im Alter nicht verhungern lässt. Mir gings eigentlich darum, dass mich das beim Thema "die Reichen sollen zahlen" immer massiv stört, dass der größte Vermögensposten im Land, nämlich die diskontierten Renten- und Pensionsanwartschaften nie zum Vermögen gezählt werden, und damit die realen Vermögensverhältnisse massiv verzerrt werden (und natürlich auch die avisierte Besteuerungsbasis).
Das Risiko eines Bankruns besteht prinzipiell natürlich immer. Aber reine Liquiditätsprobleme lassen sich durch die Zentralbanken effektiv verhindern (durch Bereitstellen von Banknoten). Wir reden aber bei manchen Banken nicht mehr über Liquiditätsschwierigkeiten, sondern von Überschuldung (also fehlendem Eigenkapital). Ist zweiteres der Fall, dann gehört eine solche Bank abgewickelt und dann verlieren erstmal die Eigenkapitalgeber (Aktionäre) und dann werden die Gläubiger entsprechend des Forderungsrangs der Reihe nach bedient. Wer einer Bank einen Kredit einräumt und dafür Zinsen kassiert, der hat gefälligst auch das Risiko zu tragen, falls der Kredit notleidend wird, auch wenn er bloß 5.000€ kreditiert. Allenfalls könnte man (bevor Gandalf sich aufregt) darüber diskutieren, reine zinsfreie Girokonten (die reine Transaktionsplattformen für Zahlungsverkehr darstellen) nicht als Kredit (also Passivum) zu betrachten, sondern mehr oder weniger wie im Banktresor deponierter Schmuck. Da die Bank dann mit diesem Kapital nicht mehr arbeiten dürfte, würden allerdings die Gebühren für solche Konten steigen. Diese Lösung wär mir persönlich sogar ziemlich sympatisch.
Mir ist in der ganzen Sache zu viel Panikmache dabei. Sicher ist das kein Zuckerschlecken. Aber wer glaubt, mit dem derzeitigen Vorgehen kriege man die Probleme irgendwie schmerzloser gelöst, der lügt sich in die Tasche. Der europäische Bankensektor muss sich gesundschrumpfen, er ist fast viermal so groß wie der amerikanische. Jenseits des Teichs hat man in den letzten paar Jahren ohne viel Aufsehen einiges an Banken abgewickelt, das haben wir hier drüben gar nicht so richtig mitgekriegt. Wir halten die Blase mit immer mehr Zentralbank und zuletzt vermehrt Steuermitteln einfach weiter aufrecht. Aber irgendwann ist Schluss. Spätestens wenn der letzte Vermögenseuro der europäischen Bürger enteignet, verpfändet oder sonstwas wurde (wahrscheinlich aber schon vorher). Diese sogenannte "alternative Rettungspolitik" nährt sich selbst immer weiter, weil sie die konkreten Probleme konsequent ignoriert (weil sie politisch unbequem sind). Aber diese Angst, dass bei einem Austritt einzelner Länder aus der Eurozone oder sogar einem Ende des Euro in Europa sofort Krieg ausbricht, halte ich für Unsinn. Wir führen ja mit Russland, der SChweiz, Norwegen oder UK auch keinen Krieg. Ganz abgesehen davon, dass Europa demografisch gar nicht kriegsfähig ist.
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Re: Euro-/Finanz- und Wirtschaftskrisen

Beitragvon provinzler » Di 16. Apr 2013, 11:52

Die Bankkredittitel, die sich nun in den Büchern der EZB befinden, belaufen sich inzwischen übrigens auf 1,3 Billionen €. Besichert in erster Linie wohl mit Schrottpapieren (warum sonst hätte man für Hinterlegung notwendige Rating permanent abgesenkt). Nach dem EZB-Schlüssel beziehen sich davon 28% auf die deutsche Bundesbank, also rund 365 Milliarden €. Dazu kommen noch um die 650-700 Mrd. € an Target2-Forderungen gegen den Rest des EZB-Systems. Im Klartext: Hier wurden 1,1 Billionen € am Parlament vorbei zwangsweise an Risiken aufgebaut, innerhalb kürzester Zeit (ca. 3 Jahre). Da nimmt sich doch die angebliche maximale EFSF-Haftungssumme von 190 Mrd.€ vergleichsweise bescheiden aus. Grob über den Daumen gepeilt kann man sagen, 10-15% laufen über die Parlamente, 85-90% stillschweigend über die EZB, wo ein Bürger Zyperns fast hundertmal so viel zählt wie ein Deutscher. Manche unverbesserliche Optimisten hoffen noch auf das Bundesverfassungsgericht. Ich hab da so meine Zweifel...
Nur weil die Umverteilung über die monetären Kreisläufe geht, ist sie nicht weniger real, als das was der Steuerhaushalt ausmacht, für den Laien aber nicht erkennbar. Der EFSF ist mehr Ablenkungsmanöver. Ökonomisch gesehen sehen wir übrigens grad das Spiegelbild dessen, was Nazideutschland 1939-45 in Europa aufgeführt hat. Ich habe allerdings meine Zweifel ob das den heutigen Staatenlenkern überhaupt noch richtig klar ist. Mitterand, der die Besetzung Frankreichs selbst erlebte, war das ziemlich klar, deswegen feierte er die Maastricht-Verträger auch als "Versailles ohne Krieg".
Noch gehts den Deutschen relativ gut, auch weil die WOhlstandsillusion auf dem Papier aufrecht erhalten wird, die Folgen werden wir erst in einem schleichenden Prozess über viele Jahre zu spüren bekommen. Spätestens wenn der Mob die versprochenen Rentenzahlungen real nicht kriegen wird (weder die staatlichen noch die privaten), dann wird die politische Situation hierzulande brenzlig.
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Re: Euro-/Finanz- und Wirtschaftskrisen

Beitragvon stine » Di 16. Apr 2013, 12:52

Wie sag ich immer?
Wenn es oben zu eng wird, dann muss man wieder unten anfagen.
Lasst die Schattenwirtschaft boomen.
Wer braucht schon noch Euros in dieser Menge? Wir tauschen künftig Dienstleistungen und Waren untereinander aus. Sollen die da oben mit ihren Euros doch machen, was sie wollen. :mg:

Aber ernsthaft: Der Euro erinnert langsam an die italiensischen Lira.

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Re: Euro-/Finanz- und Wirtschaftskrisen

Beitragvon alessandra » Do 25. Apr 2013, 06:59

Hallo,

ich habe jetzt nun einmal eine eher allgemeine Frage zu der Eurokrise. Wenn wir einmal davon ausgehen würden, dass der Euro aus welchen Gründen auch immer zerplatzt und Deutschland zur Mark zurückgehen müsste, würden die Leute dann wirklich mit einem Schlag noch einmal deutlich ärmer werden?
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Re: Euro-/Finanz- und Wirtschaftskrisen

Beitragvon stine » Do 25. Apr 2013, 07:48

GANDALF!!
Wo bist du?
Da hat jemand eine wichtige Frage!

Aber im Ernst, das glaube ich nicht. Ich denke, die Währungen blieben erst einmal aneinander gekoppelt. Und dann bäckt eben wieder jeder seine eigenen Brötchen. Das Problem das wir heute haben ist ja, dass die Wirtschaftsleistungen der Euro-Länder nicht miteinander vergleichbar sind und sich die Löhne und Gehälter aber mitteln sollen. Deutschland gehört schon eher zu den Niedriglohnländern, gemessen an der Wirtschaftskraft. Das könnte also nur besser werden, meine ich.

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Re: Euro-/Finanz- und Wirtschaftskrisen

Beitragvon provinzler » Do 25. Apr 2013, 15:01

alessandra hat geschrieben:Hallo,

ich habe jetzt nun einmal eine eher allgemeine Frage zu der Eurokrise. Wenn wir einmal davon ausgehen würden, dass der Euro aus welchen Gründen auch immer zerplatzt und Deutschland zur Mark zurückgehen müsste, würden die Leute dann wirklich mit einem Schlag noch einmal deutlich ärmer werden?

Das ist m.E. eine mehrschichtige Frage:
Sie wären sicher zunächst mal ärmer, als sie sich aktuell fühlen. Es wird im Moment durch Gelddrucken eine Wohlstandsillusion erhalten. Die Leute fühlen sich wohlhabend, obwohl hinter den Guthaben, die sie bei ihrer Bank oder ihrer Kapitallebensversicherung haben, keine Realität mehr steht, sondern nur noch die Druckerpresse. Stell dir vor, dein Arbeitgeber ist eigentlich pleite und bietet an, statt dir dein Gehalt zu überweisen, dir ein Guthabenkonto einzurichten. Solange du dein Geld nicht haben willst, fühlst du dich reicher, weil dein Arbeitgeber dir regelmäßig Belege schickt, wie hoch dein Guthaben bei ihm ist. In dem Moment, wo du das Geld haben willst, fällt der Schwindel auf. Diese Guthaben sind real längst weg, und gehören eigentlich auch ausgebucht. Im Fall eines Auseinanderfallens der Eurozone wäre das dann auch buchungstechnisch nicht mehr vermeidbar.
Ein zweiter Effekt wäre, dass die neue Mark zunächst einmal stark aufwerten würde, und die Exportwirtschaft einen gewaltigen Dämpfer kriegen würde (Studien der Bundesbank aus den 70ern lassen so 12 bis 15 Monate vermuten). Gleichzeitig dürfte aber der Kapitalzufluss aus dem Ausland zunehmen, wodurch Bauwirtschaft, Investitionsgüter und so weiter einen Boom kriegen dürften.
Langer Rede kurzer Sinn: in the short run sind Prognosen nicht ganz einfach, weil schwer abzuschätzen ist, welche der genannten Effekte dominieren würden. In the long run (20 Jahre +) ist ökonomisch gesehen zweifelsohne eine Hartwährung einer strukturellen Weichwährung vorzuziehen. Zu den politischen Konsequenzen eines Austritts kann vielleicht Nanna noch ein paar Worte beisteuern, der sich da besser auskennt als ich.
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Re: Euro-/Finanz- und Wirtschaftskrisen

Beitragvon Gandalf » Do 25. Apr 2013, 22:01

Hallo!

Grundsätzlich gilt zunächst:
Die Höhe des Lohnniveaus einer Volkswirtschaft ist (fast) ausschließlich von der Höhe und Qualität des eingesetzten Kapitals abhängig.

Da aber unser Kapitalstock durch die wohl abzuschreibenden Forderungen aus Exporterfolgen gesunken ist, wird defintiv auch das Lohnniveau sinken.

Der ganze Exporterfolg "von dem Deutschland angeblich profitiert hat" beruht auf (nachträglichen) Subventionen.
(platt gesagt: Der unbezahlte, in D gebaute Mercedes fährt physisch in Griechenland und erhöht dort den Kapitalstock - und nicht hier. Bekommen hat der Arbeiter in D, der diesen gebaut hat, stattdessen "wertloses Papier" = Kapitalstock sinkt)

Das eine evtl wieder eingeführte DM zum Zusammenbruch der Exportwirtschaft führen würde, halte ich für plumpe Euro-Propaganda. Deutschland hat kaum Rohstoffe. Muss also alles importieren, was es hinterher veredelt exportiert. Eine aufgewerte DM würde also zuerst zu günsigen Einkaufspreisen für die Veredelungsindustrie sorgen - und zu billigerem Heizöl und Benzin für Verbraucher :up: ... was natürlich bestimmten ideologien nicht in den Kram passt.

Aber was jedem klar sein sollte: Alle müssen kleinere Brötchen backen, bis der Kapitalstock wieder aufgebaut werden kann. Der Wohlfahrtsstaat wird zwischenzeitlich nicht zu halten sein, ohne in einen neosozialistischen Totalitarismus abzugleiten. Die Rückkehr der Eigenverantwortlichkeit wäre die Lösung. Viele werden ganz neu anfangen müssen, sofern sie können, wenn sie feststellen, das ihre Altersvorsorge nicht (mehr) existiert und von niemandem anderen eingelöst werden kann. Es wird Schuldzuweisungen, Sündenböcke und schlimmeres geben. Hoffen wir dass das weitgehend friedlich ausgeht und die Etatisten endlich einsehen was sie angerichtet haben, - sich endlich mal raushalten und nicht Amok laufen. (Hat unmittelbar nach den Kriegen funktioniert)
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Re: Euro-/Finanz- und Wirtschaftskrisen

Beitragvon Gandalf » Di 15. Okt 2013, 19:52

Amerikaner sind geschockt: Leere Supermarktregale

http://homment.com/walmart-springfield
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