Neue Bücher über/gegen "Alternativmedizin"

Re: Neue Bücher über/gegen "Alternativmedizin"

Beitragvon Vollbreit » Mi 29. Mai 2013, 11:28

Exemplarisch für das was die Vertreter auch alternativer Ansätze vielleicht stört sind diese beiden, jeder für sich, gut gelungenen Texte.
Die Vertreter einer Medizin, die sich an, aus ihrer Sicht, modernsten und besten Kriterien orientiert müssen zuweilen den Eindruck haben, die Kritiker dieser Richtung wollten irgendwie zurück in die Steinzeit, oder eben ins 18. Jahrhundert, wie dieser gelungene satirische Text zeigt:
http://evidentist.wordpress.com/2012/05 ... #more-5540

Aber geht es wirklich darum, dass man um jeden Preis „die gute, alte Zeit“ wieder aufleben lassen will?
Dieser Text von Wilber, der viele alternativmedizinischen Verfahren eher skeptisch gegenüber seht (und für eine Vision von integraler Medizin schreibt), illustriert dennoch m.E. sehr schön, was mitunter fehlt:
http://integralesleben.org/il-home/il-i ... e-medizin/
Benutzeravatar
Vollbreit
 
Beiträge: 2413
Registriert: Mi 30. Nov 2011, 11:48

Re: Neue Bücher über/gegen "Alternativmedizin"

Beitragvon Zappa » Mi 29. Mai 2013, 17:04

Vollbreit hat geschrieben:
Zappa hat geschrieben:@Vollbreit: Bevor wir uns jetzt noch über die Fallstricke von Metaanalysen monologisch unterhalten versuche ich es mal mit einer Gegenfrage: Warum war deiner Meinung nach der Effekt in der Verum- und Shamgruppe gleich?
So weit ich das gesehen habe, war die Verum Gruppe immer leicht besser.

Nein, in der Kniestudie war Sham sogar tendenziell besser, deine Erklärung trifft also nicht zu.

Die einzigen möglichen Erklärungen aus meiner Sicht sind:

a) beliebiges Piksen hilft und vergesst den Quatsch mit den Meridianen und Qi oder
b) beides hilft nicht und beide Gruppe profitierten in dieser Studie lediglich vom Placeboeffekt.

Auf Basis lediglich dieser einen Studie kannst Du dir eine Erklärung aussuchen, die von mir zitierte Metaanalye erklärt b für am wahrscheinlichsten.

Auf jeden Fall folgt aus der Studie NICHT, das Akupunktur (der Quatsch mit Meridianen und Qi) funktioniert!
Benutzeravatar
Zappa
 
Beiträge: 1416
Registriert: Mi 29. Jul 2009, 19:20

Re: Neue Bücher über/gegen "Alternativmedizin"

Beitragvon Zappa » Mi 29. Mai 2013, 17:21

Vollbreit hat geschrieben:Dieser Text von Wilber, der viele alternativmedizinischen Verfahren eher skeptisch gegenüber seht (und für eine Vision von integraler Medizin schreibt), illustriert dennoch m.E. sehr schön, was mitunter fehlt:
http://integralesleben.org/il-home/il-i ... e-medizin/


Was für ein gequirlter Unsinn:
Das Ziel einer integralen Medizin lässt sich einfach als der Wunsch beschreiben, den Schaden gering zu halten, der durch beide Arten von Sünden angerichtet wird, um so wesentlich effektiver den Boden für jenes außerordentliche Wunder zu bereiten, das - auch 2000 Jahre später - bis jetzt niemand von uns versteht: Heilung.
Wenn man keine Ahnung hat, wie man Heilung verstehen soll, sollte man sich vielleicht besser nicht zu medizinischen Themen äußern. Da hilft auch kein religiös aufgeladenes Vokabular mehr um den Unsinn zu verdecken.

Und noch besser:
Und so nimmt ein integraler Ansatz seinen Ausgangspunkt nicht z.B. bei der Frage, "Welche dieser Methodologien sind richtig und welche sind falsch?," sondern fragt stattdessen, "Welcher Art ist ein Universum beschaffen, das das Erscheinen all dieser Praktiken überhaupt erlaubt?" Da kein Denken zu 100% Fehler produzieren kann, bedeutet dies unvermeidlich, dass all diese Ansätze einer integralen Zusammenschau zumindest einige Teilwahrheiten anzubieten haben, und die einzig wirklich interessante Frage ist, welche Art von Rahmen können wir ersinnen, in dem all die wichtigen, wenn auch nur teilweise richtigen Wahrheiten all dieser Methodologien ihren Platz finden.
Nicht die Methode ist wichtig (wäre ja auch ein rationaler Ansatz :mg:), nein wir werden einfach alle alle ganzheitlich :ohm:

... und die Summe des Sinns in all dem Unsinn wird ausreichen um uns zu besseren Ärzten zu machen! Komm geh mir weg!
Benutzeravatar
Zappa
 
Beiträge: 1416
Registriert: Mi 29. Jul 2009, 19:20

Re: Neue Bücher über/gegen "Alternativmedizin"

Beitragvon Vollbreit » Mi 29. Mai 2013, 18:21

Zappa hat geschrieben:b) beides hilft nicht und beide Gruppe profitierten in dieser Studie lediglich vom Placeboeffekt.

Auf Basis lediglich dieser einen Studie kannst Du dir eine Erklärung aussuchen, die von mir zitierte Metaanalye erklärt b für am wahrscheinlichsten.


Gut, da Du meine Erklärung zurückgewiesen hast:
Warum gibt es keinen Placeboeffekt in der Standardtherapiegruppe?

Zappa hat geschrieben:Wenn man keine Ahnung hat, wie man Heilung verstehen soll, sollte man sich vielleicht besser nicht zu medizinischen Themen äußern. Da hilft auch kein religiös aufgeladenes Vokabular mehr um den Unsinn zu verdecken.


Oh, so weit ich weiß, ist noch nicht mal geklärt, was überhaupt Krankheit ist, habe ich letztens noch eine interessante Sendung zu gehört.
http://www.wdr5.de/sendungen/philosophi ... 02.05.html
Ein Bekannter von mir arbeitet auch gerade an der Frage des Kausalitätsbegriffs der Medizin und u.a. dem, was Krankheit eigentlich ist.
Wenn Du das so locker aus dem Ärmel schütteln kannst, wäre der gewiss interessiert.
(Aber ohne: Krankheit ist die Abwesenheit von Gesundheit und Heilung ist die Wiederherstellung der Gesundheit. :kg: )
Also, was ist Krankheit, was ist Heilung?
Wie funktioniert Heilung, was muss da passieren?
Benutzeravatar
Vollbreit
 
Beiträge: 2413
Registriert: Mi 30. Nov 2011, 11:48

Re: Neue Bücher über/gegen "Alternativmedizin"

Beitragvon Zappa » Mi 29. Mai 2013, 20:23

Vollbreit hat geschrieben:Warum gibt es keinen Placeboeffekt in der Standardtherapiegruppe?

Das hatten wir schon ... :schlafen:

Vollbreit hat geschrieben: Also, was ist Krankheit, was ist Heilung? Wie funktioniert Heilung, was muss da passieren?

Die Frage ist, ob die Frage richtig formuliert ist. Du und der von Dir zitierte, postmodern Verwirrte, hantiert hier wieder mit den ganz großen Begriffen, die nach Letztbegründung hecheln: Krankheit, Glauben, Heilung, Wahrheit ...

Was krank sein ist, kann man im Einzelfall ziemlich einfach erkennen: Leiter runter gefallen und Arm gebrochen = krank. Arm eingegipst und nach 6 Wochen verheilt = geheilt (von mir aus noch 2 Wochen Krankengymnastik). Bluthochdruck, Sepsis, Krebs, eine knackige Depression: alles relativ einfach zu erkennende Erkrankungen, die Heilung derselben auch. Man kann sich über Schwellwerte etc. treffend streiten, aber eigentlich macht das im Alltagsgebrauch wenig Sinn. Es gibt also ziemlich viele einfach zu erkennende Krankheiten, deren Heilung man auch recht simpel definieren und erkennen kann.

Aber "Die Krankheit", "Die Heilung", "Die Gesundheit"!? Das sind Begriffe, die - wenn überhaupt - nur schwer zu greifen und definieren sind. Zum Glück braucht man das aber in der Praxis auch nicht. Man erkennt i.d.R. ob jemand krank ist auch ohne "Die Krankheit" exakt definiert zu haben, so wie man erkennt ob jemand tot ist ohne "Den Tod" oder "Das Leben" exakt definiert zu haben.
Benutzeravatar
Zappa
 
Beiträge: 1416
Registriert: Mi 29. Jul 2009, 19:20

Re: Neue Bücher über/gegen "Alternativmedizin"

Beitragvon Vollbreit » Mi 29. Mai 2013, 20:57

Zappa hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Warum gibt es keinen Placeboeffekt in der Standardtherapiegruppe?

Das hatten wir schon ... :schlafen:


Ach was? Auf was hatten wir uns denn geeinigt, ist mir momentan tatsächlich entfallen.
Drückst Du Dich absichtlich darum oder erkennst Du die Brisanz des Punktes einfach nicht?

Zappa hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben: Also, was ist Krankheit, was ist Heilung? Wie funktioniert Heilung, was muss da passieren?

Die Frage ist, ob die Frage richtig formuliert ist. Du und der von Dir zitierte, postmodern Verwirrte, hantiert hier wieder mit den ganz großen Begriffen, die nach Letztbegründung hecheln: Krankheit, Glauben, Heilung, Wahrheit ...

M.E. ist es eher so, dass Wilber mit seiner exzessiven Kritik an der Postmoderne etwas übertreibt, aber na gut. Oder meintest Du den Philosophen?
Und die Frage nach Heilung, bzw. dass die Antwort sich irgendwie von selbst verstünde, war ja Dein Einwurf.

Zappa hat geschrieben:Was krank sein ist, kann man im Einzelfall ziemlich einfach erkennen: Leiter runter gefallen und Arm gebrochen = krank. Arm eingegipst und nach 6 Wochen verheilt = geheilt (von mir aus noch 2 Wochen Krankengymnastik). Bluthochdruck, Sepsis, Krebs, eine knackige Depression: alles relativ einfach zu erkennende Erkrankungen, die Heilung derselben auch.
Also objektive Parameter. Was ist wenn ich mich krank fühle, die Blutwerte aber stimmen? Du scheinst mir da eher ein Fossil zu sein. Messen, bumm, fertig.
Scheint aber so zu sein, dass es in vielen Fällen auffallend wenige Korrelationen zwischen Messwerten und Befinden gibt. Sind dann eben alle gesund, kann man sagen. Warst Du mal Betriebsarzt. ;-)

Zappa hat geschrieben:Man kann sich über Schwellwerte etc. treffend streiten, aber eigentlich macht das im Alltagsgebrauch wenig Sinn. Es gibt also ziemlich viele einfach zu erkennende Krankheiten, deren Heilung man auch recht simpel definieren und erkennen kann.
Ja sicher, wenn man sich auf das Kriterium einigt. Aber das scheint ja gerade das Problem zu sein. M.W. liegt die Problematik vieler ganz alltäglicher Behandlungen darin, dass es sich eben nicht so einfach verhält und z.B. psychosomatische Symptome eher die Regel als die Ausnahme darstellen. Da wirken dann keine Schmerzmittel, vielleicht für ein paar Tage, weil der Hausarzt vom Placeboeffekt profitiert, aber mehr auch nicht.

Zappa hat geschrieben:Aber "Die Krankheit", "Die Heilung", "Die Gesundheit"!? Das sind Begriffe, die - wenn überhaupt - nur schwer zu greifen und definieren sind.
Ah, irgendwie hatte ich das Gefühl, es war ungefähr das was Wilber sagen wollte, Du hattest ihn wohl anders verstanden?

Zappa hat geschrieben:Zum Glück braucht man das aber in der Praxis auch nicht. Man erkennt i.d.R. ob jemand krank ist auch ohne "Die Krankheit" exakt definiert zu haben, so wie man erkennt ob jemand tot ist ohne "Den Tod" oder "Das Leben" exakt definiert zu haben.
Na klar, es gibt deshalb ja auch keinerlei Diskussionen um den Todeszeitpunkt, bspw. im Zusammenhang mit Organtransplantationen. Das Maß an Unexaktheit und Vagheit was Du hier etablieren willst und der Verweis auf den gesunden Menschenverstand (oder ist es der Kennerblick der Eingeweihten?) kontrastiert etwas mit der Forderung nach Exaktheit, mit der Du Dich sonst umgibst.

Das ist aber vielleicht auch etwas, was den Alternativmezinern die Patienten in die Arme treibt: Die Mischung aus Robusthaltung in der Diagnostik und der dann strengst möglichen Methodik den Cholesterinspiegel zu senken, ohne geklärt zu haben, wo die pathologische Grenze zu ziehen ist. Weiß man doch.
Benutzeravatar
Vollbreit
 
Beiträge: 2413
Registriert: Mi 30. Nov 2011, 11:48

Re: Neue Bücher über/gegen "Alternativmedizin"

Beitragvon Zappa » Mi 29. Mai 2013, 23:16

Vollbreit hat geschrieben:Ach was? Auf was hatten wir uns denn geeinigt, ist mir momentan tatsächlich entfallen. Drückst Du Dich absichtlich darum oder erkennst Du die Brisanz des Punktes einfach nicht?

Na, um den brisanten Punkte drückst Du dich ja die ganze Zeit: Da Sham = Verum folgt Akupunktur (mit Meridian und Qi) = Unsinn (da wir uns ja gerne im Kreise drehen, nenne ich das jetzt AMQ).

Dann noch einmal: 3 Gruppen, mit jeweils Medikamenten (M) und Nadeln (einmal Sham, einmal AMQ). Dann haben wir also: 1: M, 2: M + Sham, 3: M + AQM. Was unterscheidet die Gruppen? Richtig: Piksen! Wenn der Placeboeffekt also eine Rolle spielen kann, dann nur im Unterschied Piksen vs. nicht Piksen. Medikamente haben ja alle bekommen.

Außerdem ist das doch der Klassiker: Irgendjemand befummelt oder beschwört Dich salbungsvoll, weil er von was überzeugt ist und dann setzt er ein, der Placeboeffekt. Ich verstehe dein Verständnisproblem nicht.

Zappa hat geschrieben: Und die Frage nach Heilung, bzw. dass die Antwort sich irgendwie von selbst verstünde, war ja Dein Einwurf.

Nein, da musst Du mich falsch verstanden haben.

Zappa hat geschrieben:Du scheinst mir da eher ein Fossil zu sein. Messen, bumm, fertig.

Im Prinzip ja: "Messbares messen und nicht Messbares messbar machen."

Allerdings gefällt mir die Konnotation deiner Bemerkung nicht: Du scheinst zu unterstellen, dass Messen einfach und der ganzheitlich-philosophische Ansatz der schwierige und tiefere ist.

Anders herum ist es richtig: Der erste Weg ist steinig und hart. Rumlabern kann jeder.
Benutzeravatar
Zappa
 
Beiträge: 1416
Registriert: Mi 29. Jul 2009, 19:20

Re: Neue Bücher über/gegen "Alternativmedizin"

Beitragvon Vollbreit » Do 30. Mai 2013, 09:26

Zappa hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Ach was? Auf was hatten wir uns denn geeinigt, ist mir momentan tatsächlich entfallen. Drückst Du Dich absichtlich darum oder erkennst Du die Brisanz des Punktes einfach nicht?

Na, um den brisanten Punkte drückst Du dich ja die ganze Zeit: Da Sham = Verum folgt Akupunktur (mit Meridian und Qi) = Unsinn (da wir uns ja gerne im Kreise drehen, nenne ich das jetzt AMQ).

Dann noch einmal: 3 Gruppen, mit jeweils Medikamenten (M) und Nadeln (einmal Sham, einmal AMQ). Dann haben wir also: 1: M, 2: M + Sham, 3: M + AQM. Was unterscheidet die Gruppen? Richtig: Piksen! Wenn der Placeboeffekt also eine Rolle spielen kann, dann nur im Unterschied Piksen vs. nicht Piksen. Medikamente haben ja alle bekommen.


Nein. Korrigier mich bitte, wenn ich mich da schlicht irren sollte, aber wir haben nicht drei Gruppen mit Medikamenten.
Wenn ich das richtig gelesen habe, habe wir eine Gruppe mit Standardtherapie, die medikamentös oder physikalisch ist. Aus dieser Standardgruppe haben 65,3% der Patienten ein Schmerzmittel genommen.
Dann haben wir die Verumgruppe mit 47,6% Analgetika und die Shamgruppe mit 42,2% Analgetika.
Wenn tatsächlich alle Mitglieder aller Gruppen Medikamente genommen haben, wozu dann die Studie? Dann ist m.E. alles an der Studie wertlos.

Das Ergebnis:
"Ein Behandlungserfolg, das heißt eine Verringerung des WOMAC-Scores um mindestens 36 Prozent, trat bei 53,1 Prozent (34,7 Prozent) der Verumpatienten, 51,0 Prozent (37,3 Prozent) der Shampatienten, und 29,1 Prozent (10,1 Prozent) der Standardtherapiepatienten ein (in Klammern die um Therapieversager bereinigten Raten). Signifikante Unterschiede gab es sowohl zwischen Verum und Standard als auch zwischen Sham und Standard (jeweils p < 0,001), nicht aber zwischen Verum und Sham (p = 0,479)." (aus der Studie)
----------
Bei wiki weichen die Zahlen etwas ab, mit der gleichen Tendenz:
Wikipedia hat geschrieben:Klinische Studien zeigen eine Wirksamkeit der Akupunktur z.B. bei durch Kniegelenksarthrose bedingten Schmerzen, bei chronischen tiefen Rückenschmerzen und bei der Prophylaxe von Migräneattacken. Bei den genannten Beschwerden ist die Wirksamkeit von Akupunktur deutlich höher als die einer schulmedizinischen Behandlung. So trat in den GERAC-Studien (German Acupuncture Trials, 2002 - 2007), den bisher umfangreichsten klinischen Untersuchungen, bei der Behandlung von tiefen Rückenschmerzen bei 47,6 % der Akupunktur-Patienten, 44,2 % der Scheinakupunktur-Patienten und nur 27,4 % der Schulmedizin-Patienten eine erkennbare Verbesserung ein. Allerdings wurde in einigen Studien auch gezeigt, dass Scheinakupunktur, bei der irgendwohin gestochen wird, nicht signifikant weniger wirksam ist als eine nach traditionellen Regeln durchgeführte Akupunktur. Akupunktur wird zur Behandlung zahlreicher weiterer Beschwerden angeboten, auch wenn bisher kein schulmedizinisch anerkannter Beleg für eine Wirksamkeit vorliegt.
http://de.wikipedia.org/wiki/Akupunktur

----------
Du willst nun auf den geringen Unterschied zwischen Sham und Verum hinaus und ziehst daraus den Schluss: Akupunktur wirkt nicht.
Ich will auf den Unterschied zwischen den dauerhaften Erfolgen der Stechgruppen, beide > 50% gegenüber der Standardgruppe < 30% hinaus.
Mit anderen Worten, ist eine Standardtherapie bei Knie- und Rückenschmerzen in > 70% der Fälle wirkungslos trotz eines verstärkten Einsatzes von Analgetika (mehr als 50% der Stechgruppen haben keine Analgetika eingenommen).
Auch wenn es keine Standardempfehlungen bei den diversen Erkrankungen gibt, dann sollte es so sein, dass man das macht, was man als Arzt gelernt hat, was dem Stand der Forschung entspricht (z.B. Analgetika, Entzündungshemmer, Muskelrelaxatien, Physiotherapie, Krankengymnastik, Wärmebehandlung...) und einem jahrelang ausgebildeten Arzt, der täglich zig Menschen mit genau diesen Symptomen in seiner Praxis hat, muss man zutrauen dürfen, dass er weiß, wie der damit umgeht. Oder bist Du da anderer Meinung?

Dieser Arzt hat eine 5-jährige Ausbildung zum Facharzt für Orthopädie hinter sich, deren Inhalt ist zufälligerweise recht gut kenne und es ist die Rede davon, dass das was in einer orthopädischen Praxis gemacht wird, durchaus auch Stand der aktuellen Wissenschaft ist.
Ferner bin ich sicher, dass auch ein Facharzt für Orthopädie in der Lage ist, einen Placeboeffekt auszulösen, solltest Du der Meinung sein das ausgerechnet Ärzte, deren gesellschaftliches Ansehen sehr hoch ist, nicht dazu in der Lage sein sollte, möchte ich das bitte begründet haben.

Deine Rechnung soll offenbar lauten, dass Akupunktur einen gewaltigen Placeboeffekt auslöst (warum genau?) und der Arzt im weißen Kittel, der von seinem Verfahren vielleicht maximal überzeugt ist, überhaupt keinen Placeboeffekt auslöst. Denn Grund dafür wüsste ich gerne.
Zudem gilt der Placeboeffekt als flüchtig, „richtige Medizin“ aber nicht, was die Datenlage nach 3 bis 6 Monaten noch eigenartiger erscheinen lässt.
Zu erwarten wäre ein rascher Anstieg der Akugruppe, die müsste dann aber auf mittlere bis lange Sicht kassiert werden, das Gegenteil ist der Fall. Warum?
Solltest Du darauf hinaus wollen, dass die Symptome ohnehin von selbst verschwinden, nun gut, warum dann nicht auch in der Standardtherapiegruppe?
Der Schluss wäre dann in der Tat: Placebo heilt besser als „richtige, wissenschaftliche Medizin“, die nicht mal einen ordentlichen Placeboeffekt hinbekommt und es wäre dann an der Zeit mal gründlich über das Thema nachzudenken. Das steht allerdings vollkommen quer zu nahezu allen Behauptungen zur allgemeinen Überlegenheit der Schulmedizin, die das exakte Gegenteil verkünden.

Zappa hat geschrieben:Außerdem ist das doch der Klassiker: Irgendjemand befummelt oder beschwört Dich salbungsvoll, weil er von was überzeugt ist und dann setzt er ein, der Placeboeffekt. Ich verstehe dein Verständnisproblem nicht.
Ich weiß ja nicht wo Du lebst und wie da Akupunktur gemacht wird. Ist das eine riesiges Ritual, wo Du Dich durhc Weihrauchschwaden kämpfen musst, dann erscheinen nach den mantrischen Gesängen hymnischen Klänge, der Meister erscheint und mit beschwörenden „Qi“ „Chi“ Rufen, setzt er bei maximaler Theatralik irgendwelche Nadeln, blickt Dir mit stechendem Blick, womöglich aus Schlitzaugen, tief in die Augen und murmelt: „Da widde dil helfen, ganz sichel.“, bevor er sich mit einem lauten Kung Fu Schrei verabschiedet.
Heilungsversprechen darf man nach meiner Kenntnis gar nicht geben.
Das hat doch mit der Realität in einer orthopädischen Praxis nichts zu tun. Du setzt mir da etwas zu viel auf die „weiß man doch“-Vorurteilsschiene.

Zappa hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Und die Frage nach Heilung, bzw. dass die Antwort sich irgendwie von selbst verstünde, war ja Dein Einwurf.

Nein, da musst Du mich falsch verstanden haben.
Okay, dann meintest Du, pragmatisch, dass man Krankheit, Heilung und Gesundheit schon intuitiv erkennt, ohne Begriffsklärung.

Zappa hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Du scheinst mir da eher ein Fossil zu sein. Messen, bumm, fertig.

Im Prinzip ja: "Messbares messen und nicht Messbares messbar machen."

Fossil, sag ich doch. Ist man längst von weg. Die Korrelation von Rückenschmerzen und Röntgenbefund ist erschreckend gering. Manchmal ist das alles, wie es im Lehrbuch steht. Böse Schmerzen, Röntgenbefund zeigt leichten Vorfall, Analgetika, Relaxantien, Wärme, dann Muskelaufbau und alles ist gut. Die Regel ist das keineswegs.

Zappa hat geschrieben:Allerdings gefällt mir die Konnotation deiner Bemerkung nicht: Du scheinst zu unterstellen, dass Messen einfach und der ganzheitlich-philosophische Ansatz der schwierige und tiefere ist.
Was heißt schon ganzheitlich-philosophisch? Die meisten „ganzheitlichen“ Ansätze zeichnen sich m.E. dadurch aus, dass sie eines sicher nicht sind: ganzheitlich. Sie definieren sich geradezu darüber, gegen was sie sind. Gegen Apparatemedizin, gegen dies, das und jenes. M.E. ist das ideologischer Stuss, vor allem nicht ganzheitlich, aber egal.
Und Philosophie ist Philosophie und keine Medizin. Wenn ich weiß, was Krankheit ist, weiß ich immer noch nicht, wie die Kopfschmerzen weggehen. Dennoch kann es ausgesprochen sinnvoll sein, die Begriffe mal zu klären, um mal den Trend willkürlich erfundener Krankheiten und künstlich gesenkter Grenzwerte etwas zu hinterfragen.
Es bringt nämlich wenig, wenn ich exakt Cholesterinspiegel bestimmen kann, aber leider gar nicht klar ist, ob nun 212 irgendwie gut oder schlecht ist und warum. Auch zu dem HDL/LDL Kram kommt ständig Neues raus.
Der Trend geht ohnehin dahin, dass die Statistiken dem Einzelnen angepasst werden, d.h. dass der Cholesterinspiegel dann relevant wird, wenn er zusammen mit bestimmten Risikofaktoren auftritt (Rauchen, Bluthochdruck und Übergewicht) und isoliert, außer in Fällen schwerer erblicher Hypercholesterinämie, im Grunde zu vernachlässigen ist.
Auch in der Krebsprophylaxe, (http://www.focus.de/gesundheit/ratgeber ... 49539.html ) bei der späten Erkenntnis, dass Frauen, Kinder, Alte, Farbige, Asiaten und so weiter durchaus anders reagieren als weiße, erwachsene Männer mit 80 kg und 40 Jahren, bei Stress- und Schmerzskalen und so weiter spielt all das eine Rolle.
D.h die Medizin der Zukunft, will sie Fortschritte machen, die sich nicht nur auf die Verdienste beziehen – die Lebenserwartung von Teilen der Bevölkerung sinkt schon wieder – wird ganzheitlich sein und sein müssen, aber im wahren Sinne des Wortes, nicht im Sinne des Kampfbegriffes.
Sie wird, individualisierter sein, sie wird sich Konzepte ausdenken müssen, wie man auch fette, dumme Leute erreicht. Sie wird sich überlegen müssen, ob sie wirklich in Richtung Zwei-Klassen-Medizin weitergehen will, Exzellenzkliniken für die Reichen und blutige Entlassungen auf der Basis von Fallzahlen, für die immer größere Gruppe von armen Schweinen.
Man wird sich überlegen müssen, wie man mit seltenen Krankheiten umgeht und warum man bei so vielen Volkskrankheiten so auf der Stelle tritt. Man muss schauen, wie man mit der demographischen Herausforderung umgeht. Man wird sich überlegen müssen, ob man die Taktik, dass man bei einem armen, alten Menschen, der keine oder etwas schlichte Angehörige hat, weiter die Strategie fährt, maximal viel Kohle rauszupressen, bis der an der soundsovielten Sinnlosbehandlung dann endlich hopps geht, was dann keiner nachweisen kann oder ob man nicht versucht den Weg zu gehen, dass man Ärzte und Pflegekräfte nicht maximal überfordert. Versuch mal im Krankenhaus im Notfall einen Arzt zu bekommen, geh mal in die Notaufnahmen eines Krankenhauses und schau mal wie lange Du warten musst, schau Dir mal die Besetzung auf pflegeintensiven Stationen an. Sprich mal mit den Verantwortlichen, die sagen Dir was von, wir würden ja gerne, aber wir kriegen keinen und von den Kosten. Es bringt nichts, wenn die OP perfekt gelaufen ist und du nachher an einer Sepsis verreckst weil, das Pflegeteam unterbesetzt ist, oder Stichwort neue Hüfte, nach 4 Tagen auf der Straße stehst, das ist ein Kunstfehler, frag mal den nächstbesten Orthopäden.
Was hast du von tollen Materialien, wenn dir Billigscheiße aus China eingesetzt wird, bei der dann irgendeine Zertifikationsfirma durch lebensferne Tests mit Monobelastungen nachweist, dass das was gerade 6 Wochen auf dem Markt ist, sicher 20 Jahre hält, aber im Alltag dann den Leuten nach drei Jahren die Hüfte rausknallt.

Zappa hat geschrieben:Anders herum ist es richtig: Der erste Weg ist steinig und hart. Rumlabern kann jeder.

Eben, vor allem wenn man ideale Diskussionen führt die mit dem Alltag des Medizinsystems nichts zu tun haben.
Benutzeravatar
Vollbreit
 
Beiträge: 2413
Registriert: Mi 30. Nov 2011, 11:48

Re: Neue Bücher über/gegen "Alternativmedizin"

Beitragvon ujmp » Do 30. Mai 2013, 15:14

Vollbreit hat geschrieben:
Zappa hat geschrieben:Allerdings gefällt mir die Konnotation deiner Bemerkung nicht: Du scheinst zu unterstellen, dass Messen einfach und der ganzheitlich-philosophische Ansatz der schwierige und tiefere ist.
Was heißt schon ganzheitlich-philosophisch? Die meisten „ganzheitlichen“ Ansätze zeichnen sich m.E. dadurch aus, dass sie eines sicher nicht sind: ganzheitlich. Sie definieren sich geradezu darüber, gegen was sie sind. Gegen Apparatemedizin, gegen dies, das und jenes. M.E. ist das ideologischer Stuss, vor allem nicht ganzheitlich, aber egal.

Das Sinn von Wissensaussagen ist immer Differenzierung. Wenn uns jemand fragen würde, wo Hamburg liegt und ich würde sagen "in Norddeutschland" würdest du - wie ich deine Denke wahrnehme - sagen "Ach was Norddeutschland!, Hamburg liegt in Europa, auf dem Festland des dritten Planeten unseres Sonnensystems, in einem unemdlichen Universum , das nur eines unter Vielen ist, usw, usw,usw!" Der Sinn der Frage war aber gerade nicht das Ganze, das Allgemeine sondern das Differenzierte, das Spezielle. Eine Wissensaussage ist tatsächlich um so wertvoller, je mehr sie ausschließt. Der Ganzheitlichkeitsansatz, der mir suspekt geblieben ist, scheint igrendwie zur Beliebigkeit zu verführen. Irgendwann kommt dann nach den alles und nichts beinhaltenden Reden ein gefakedes "Also..." an dem die Wunschvorstellungen dranhängen. :cooler: (hart aber herzlich)
Zuletzt geändert von ujmp am Do 30. Mai 2013, 15:25, insgesamt 1-mal geändert.
Benutzeravatar
ujmp
 
Beiträge: 3108
Registriert: So 5. Apr 2009, 19:27

Re: Neue Bücher über/gegen "Alternativmedizin"

Beitragvon stine » Do 30. Mai 2013, 15:22

Vollbreit hat geschrieben:Interessant ist doch die Tatsache, dass Menschen eine durchmetastasierte Lunge haben oder ein schweres Pankreas-Ca und den Quatsch dennoch – wider alle Prognosen und Wahrscheinlichkeiten – überleben. Forschungen an Mäusen haben anscheinend ergeben, dass es dem Immunsystem in einigen Fällen noch einmal gelingt, sich aufzubäumen, das ist da wohl ein genetischer Faktor gewesen. Auch eine Streptokokken-Entzündung hat eine Korrelation mit einem noch mal sich aufbäumenden Immunsystem. Mit Sicherheit ist da auf jeder Ebene was zu holen, d.h. genetisch, immunologisch, psychosomatisch. Der Patient muss m.E. erst einmal wieder für sich einen Grund finden, warum er meint, dass er leben darf.
Denn bei der Diagnose Krebs, hat man sehr oft noch das Muster des weiteren Weges im Kopf, an dessen Ende der Tod steht. Das zu knacken ist nicht unwichtig und wie das zu machen ist, ist eine Einzelfallfrage.
Aber das sind streng genommen zwei Paar Schuhe. Die eine Geschichte ist der medizinische Goldstandard, die andere Geschichte heißt: Was tun wir, wenn das alles nichts hilft?
Wenn jemand kein großes Interesse mehr am Leben hat ist das etwas anderes, als wenn jemand unbedingt leben will.
Hier finde ich z.B. eine unideologische Zusammenarbeit der Disziplinen sehr interessant.

Gerade Naturalisten, die ja der praxisbezogenen Theorie nachhängen, dass der Geist ohne Körper nicht (über)lebensfähig ist, sollten auch die andere Seite dessen, nämlich ohne gesunden Geist kein funktionierender Körper, im Auge behalten!
Es soll schon Fälle gegeben haben, wo sich Menschen in eine (körperliche) Krankheit geflüchtet haben, weil sie ansonsten nicht zur Ruhe gekommen wären. Der Körper/Psyche-Zusammenhang ist viel aufregeneder und interessanter, als es manchen Schulmedizinern vielleicht klar ist. Im Wartezimmer zu sitzen und auf den Doktor zu warten, Angst vor einer schlimmen Diagnose zu haben, hat schon manchem spontan die Symptome, derentwegen er gekommen ist, wieder genommen. Ich könnte mir gut vorstellen, dass dem Wollen eine größere Rolle im Gesundungsprozess zuzuschreiben ist, als wir uns eingestehen. Ein gebrochenes Bein ist die eine Sache, ein gebrochenes Herz eine ganz andere.

LG stine
Benutzeravatar
stine
 
Beiträge: 8022
Registriert: Do 27. Sep 2007, 08:47

Re: Neue Bücher über/gegen "Alternativmedizin"

Beitragvon stine » Do 30. Mai 2013, 15:41

Vollbreit hat geschrieben:... oder Stichwort neue Hüfte ...
Anscheinend bekamen in Deutschland schon 2005 täglich 500 Menschen neue Hüftgelenke eingesetzt. Die Zahl ist sicher nicht geringer geworden, denn das Geschäft ist lukrativ ohne Ende. Manch ein Mediziner kann gar nichts anderes.
Ich habe schon sehr oft den Eindruck, dass der gutbezahlte Beruf des Chirurgen in der Medizin gefragter ist denn je. Der Allgemeinmediziner stirbt mehr und mehr aus, dafür sind Fachärzte im Kommen. Der mündige Patient, der sich seinen Facharzt aufgrund seiner Symptome selbst wählt, wird in jedem Fall eine fachmedizinische Diagnose seiner Facharztwahl erhalten. So kann zB der Tinnitus, je nach dem ob er von einem Kieferorthopäden, einem Internisten, einem HNO-Arzt oder einem Neurologen untersucht wird, ganz verschiedene, fachspezifische Ursachen haben.
Da darf man sich dann aussuchen, ob man lieber eine Nachtspange zum Schlafen tragen möchte, eine Kortisonkur macht, den Ohrknöchel operieren lässt oder an einem Antistressprogramm teilnimmt.

LG stine
Benutzeravatar
stine
 
Beiträge: 8022
Registriert: Do 27. Sep 2007, 08:47

Re: Neue Bücher über/gegen "Alternativmedizin"

Beitragvon mat-in » Do 30. Mai 2013, 16:19

Da hast du was am naturalismus falsch Verstanden stine. Es geht nicht drum, ob "der Geist auch ohne den Körper kann" (oder umgekehrt), sondern darum, daß es keinen Geist gibt ohne einen Körper, der ihn erzeugt. Da ist es dann auch ganz selbstverständlich, daß in einem (z.B. am Gehirn) kranken Körper auch kein gesunder Geist steckt. Das eine bedingt das andere, weil es keine zwei getrennten Dinge sind. Wie denn auch?
Benutzeravatar
mat-in
 
Beiträge: 1953
Registriert: Di 14. Sep 2010, 12:39

Re: Neue Bücher über/gegen "Alternativmedizin"

Beitragvon stine » Do 30. Mai 2013, 16:24

mat-in hat geschrieben:...sondern darum, daß es keinen Geist gibt ohne einen Körper, der ihn erzeugt.
Es gibt aber auch keinen "lebendigen" Körper ohne Geist! Und um genau diese Schlussfolgerung geht es mir. Beim Krankwerden, sowie beim Gesundungsprozess ist das ein wesentlicher Zusammenhang.

:wink: stine
Benutzeravatar
stine
 
Beiträge: 8022
Registriert: Do 27. Sep 2007, 08:47

Re: Neue Bücher über/gegen "Alternativmedizin"

Beitragvon ujmp » Do 30. Mai 2013, 16:39

stine hat geschrieben:Es gibt aber auch keinen "lebendigen" Körper ohne Geist! Und um genau diese Schlussfolgerung geht es mir. Beim Krankwerden, sowie beim Gesundungsprozess ist das ein wesentlicher Zusammenhang.

Es kann Zusammenhänge geben, muss aber nicht. Es ist falsch, von einigen nachgewiesenen Zusammenhängen darauf zu schließen, dass es immer einen Zusammenhang gibt. Das muss man differenzieren. Siehe mein letzter Kommentar an Vollbreit.
Benutzeravatar
ujmp
 
Beiträge: 3108
Registriert: So 5. Apr 2009, 19:27

Re: Neue Bücher über/gegen "Alternativmedizin"

Beitragvon Zappa » Do 30. Mai 2013, 17:50

Vollbreit hat geschrieben: Nein. Korrigier mich bitte, wenn ich mich da schlicht irren sollte, aber wir haben nicht drei Gruppen mit Medikamenten.

Genau so war es aber. Ich zitiere (Hervorhebung durch mich) der Einfachheit halber mal aus der englischen Originalarbeit der Studie (Ann Intern Med 2006; 145: 12-20). : "Compared with physiotherapy and as needed- antiinflammatory drugs, addition of either TCA or sham accupunture led to a greater improvement in WOMAC score at 26 weeks. No statisticcally significant difference was observed between TCA and sham accupuncture, suggesting that the observed differences could be due to placebo effects, differences in intensity of provider contact, or a physiologic effect of needling regardless of wether it is done to TCA principles."

Das entspricht ziemlich genau meiner Interpretation, findest Du nicht auch?

Da hat ein Reviewer den Autoren wahrscheinlich ihre idiosynkratische Interpretation aus der ungefilterten Ärzteblattsicht um die Ohren gehauen. Besonders dreist ist allerdings, das der Ärteblatttmischmasch inkl. der nicht belegbaren Interpretation nach der Originalarbeit publiziert wurde!

Wertlos wird die Studie nicht unbedingt, aber die unkontrollierte Begleittherapie in allen drei Studienarmen lässt zumindest die Interpretation, um die wir uns hier streiten, nicht zu.

Vollbreit hat geschrieben: Fossil, sag ich doch. Ist man längst von weg. Die Korrelation von Rückenschmerzen und Röntgenbefund ist erschreckend gering.

Und woher weiß man das?

Richtig, man hat es gemessen :mg:
Benutzeravatar
Zappa
 
Beiträge: 1416
Registriert: Mi 29. Jul 2009, 19:20

Re: Neue Bücher über/gegen "Alternativmedizin"

Beitragvon Vollbreit » Do 30. Mai 2013, 17:56

@ ujmp:

Ich kann mit Deinem Posting nichts anfangen. Das ist die sattsam bekannte Aussage, dass Du all dem nichts abgewinnen kannst, von immer neuen Seiten betrachtet.
Musst Du ja nicht, Du kannst nur nicht erwarten, dass sich Dir jeder anschließt. Auch wie Du meine Art zu denken interpretierst, kommt mir gelinde gesagt sonderbar vor.
Über was willst Du denn eigentlich mit mir reden? :desperate:


@ stine:

stine hat geschrieben:Gerade Naturalisten, die ja der praxisbezogenen Theorie nachhängen, dass der Geist ohne Körper nicht (über)lebensfähig ist, sollten auch die andere Seite dessen, nämlich ohne gesunden Geist kein funktionierender Körper, im Auge behalten!
Das tun sie, glaube ich. Zumindest sehe ich nicht, dass das einer nicht tut.

stine hat geschrieben:Es soll schon Fälle gegeben haben, wo sich Menschen in eine (körperliche) Krankheit geflüchtet haben, weil sie ansonsten nicht zur Ruhe gekommen wären.

Ja, das ist das Thema der Psychosomatik.

stine hat geschrieben:Der Körper/Psyche-Zusammenhang ist viel aufregeneder und interessanter, als es manchen Schulmedizinern vielleicht klar ist. Im Wartezimmer zu sitzen und auf den Doktor zu warten, Angst vor einer schlimmen Diagnose zu haben, hat schon manchem spontan die Symptome, derentwegen er gekommen ist, wieder genommen.
Ich glaube nicht, dass das heute noch jemandem unklar ist, das weiß eigentlich jeder. Auch hier sind die Probleme vielfältig. Patienten kommen ja immer auch mit einer bestimmten Erwartungshaltung. Sagt man ihnen ihr Leiden sie psychosomatisch, was in der Hälfte der Fälle stimmt, besteht die Gefahr, dass der Patient beleidigt ist und nie wieder kommt. Nimmt man ihn ernst, fühlt er sich nicht ernst genommen. Eine blöde Situation für Ärzte, die obendrein in Psychosomatik nicht ausgebildet werden.
Über, „machen sie mal ein bisschen Entspannungstraining“, was sicher gut gemeint ist, geht das kaum hinaus.

Für manche sind das dann die Patienten, die eigentlich nicht krank sind.

stine hat geschrieben:Ich könnte mir gut vorstellen, dass dem Wollen eine größere Rolle im Gesundungsprozess zuzuschreiben ist, als wir uns eingestehen. Ein gebrochenes Bein ist die eine Sache, ein gebrochenes Herz eine ganz andere.
Sicher, wer nicht will, dem ist kaum zu helfen, auf allen Ebenen.

stine hat geschrieben:Der Allgemeinmediziner stirbt mehr und mehr aus, dafür sind Fachärzte im Kommen.
Allgemeinmediziner gehen noch, man will eher den Fachärzten zugunsten von Schwerpunktkliniken an den Kragen. Hat alles seine Vor- und Nachteile.

stine hat geschrieben:Der mündige Patient, der sich seinen Facharzt aufgrund seiner Symptome selbst wählt, wird in jedem Fall eine fachmedizinische Diagnose seiner Facharztwahl erhalten. So kann zB der Tinnitus, je nach dem ob er von einem Kieferorthopäden, einem Internisten, einem HNO-Arzt oder einem Neurologen untersucht wird, ganz verschiedene, fachspezifische Ursachen haben.
Da darf man sich dann aussuchen, ob man lieber eine Nachtspange zum Schlafen tragen möchte, eine Kortisonkur macht, den Ohrknöchel operieren lässt oder an einem Antistressprogramm teilnimmt.
Könnte durchaus passieren.
Benutzeravatar
Vollbreit
 
Beiträge: 2413
Registriert: Mi 30. Nov 2011, 11:48

Re: Neue Bücher über/gegen "Alternativmedizin"

Beitragvon Vollbreit » Sa 1. Jun 2013, 16:52

Zappa hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben: Nein. Korrigier mich bitte, wenn ich mich da schlicht irren sollte, aber wir haben nicht drei Gruppen mit Medikamenten.

Genau so war es aber. Ich zitiere (Hervorhebung durch mich) der Einfachheit halber mal aus der englischen Originalarbeit der Studie (Ann Intern Med 2006; 145: 12-20). : "Compared with physiotherapy and as needed- antiinflammatory drugs, addition of either TCA or sham accupunture led to a greater improvement in WOMAC score at 26 weeks. No statisticcally significant difference was observed between TCA and sham accupuncture, suggesting that the observed differences could be due to placebo effects, differences in intensity of provider contact, or a physiologic effect of needling regardless of wether it is done to TCA principles."

Das entspricht ziemlich genau meiner Interpretation, findest Du nicht auch?


Hört sich so an.
Ich würde das aber gerne geklärt haben., denn, schau mal hier, auf Seite 4
http://www.qz-aku.de/Gerac-Studien.pdf
da sieht es wieder anders aus.
Wie kommt man denn an das Design der Originalstudie, vorzugwsweise in Deutsch, wenn es sein muss, auch in Englisch?

Zappa hat geschrieben:Da hat ein Reviewer den Autoren wahrscheinlich ihre idiosynkratische Interpretation aus der ungefilterten Ärzteblattsicht um die Ohren gehauen. Besonders dreist ist allerdings, das der Ärteblatttmischmasch inkl. der nicht belegbaren Interpretation nach der Originalarbeit publiziert wurde!


Ja, aber warum? Die deutschen Ärzte und ihre Funktionäre sind nun wirklich nicht dafür bekannt, sonderlich auf Alternativmedizin abzufahren.

Zappa hat geschrieben:Wertlos wird die Studie nicht unbedingt, aber die unkontrollierte Begleittherapie in allen drei Studienarmen lässt zumindest die Interpretation, um die wir uns hier streiten, nicht zu.


Inzwischen erscheint der Streit mir sinnlos, weil mir nicht klar ist, worüber wir überhaupt streiten.
Es macht für mich schon einen Unterschied aus, ob jemand Krankengymnastik und Akupunktur bekommen hat, oder Krankengymnastik und Physiotherapie und Schmerzmittel und Akupunktur. Kannst Du mal den link zum obigen Zitat reinsetzen.
In Freigeisterhaus habe ich übrigens gelesen, dass Shamakupunktur nicht einfach willkürliches Stechen ist, sondern bedeutet, dass man im Umkreis von 10mm um den „echten“ Punkt sticht.
http://freigeisterhaus.de/viewtopic.php ... 9&start=60 (allerdings scheint auch das nicht einheitlich zu sein)

Es wird an anderer Stelle kritisiert, dass die Akupunktur den Kriterien wissenschaftlicher und nicht chinesischer Akupunktur entsprächen.
Über diese Details wird gerne hinweggelesen, weil man meint, dies sei ohnehin egal, weil Akupunktur eh nicht wirkt und man es an dieser Stelle ohnehin nicht genau nehmen muss.
Diese Schwierigkeiten werden z.B. hier diskutiert:
https://www.akupunktur.de/fileadmin/aku ... Fehler.pdf

Ich habe mir auch einiges was bei wiki verfügbar war, aus diesen peer review annals angeschaut.
Da wird z.B. zu einer Akusutdie zur Kniearthritis gesagt: „The recruited patients assumedly had an interest in acupuncture, possibly introducing a selection effect.“ Sowas hattest Du ja auch mal erwähnt.
Mal ganz naiv gefragt: Wie will man denn überhaupt irgendeine Studie zu irgendwas machen, die etwas aussagt, wenn schon „ein Interesse“ an irgendetwas ein negativer Faktor ist? Auch wenn bei Patienten eine neues Rheumamittel getestet wird, muss man ja davon ausgehen, dass die Patienten „ein Interesse“ daran haben, dass ihre Schmerzen verschwinden, was aber dann den Wert der Studie mindern würde (wenn man mit gleichen Maßstäben misst).

Aber, von den Details mal abgesehen, besteht mein Hauptinteresse darin, zu klären, wer nun genau was, in welcher Menge, wie oft bekommen hat.

Zappa hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben: Fossil, sag ich doch. Ist man längst von weg. Die Korrelation von Rückenschmerzen und Röntgenbefund ist erschreckend gering.

Und woher weiß man das?

Richtig, man hat es gemessen :mg:


Ja, und was willst Du damit aussagen?
Benutzeravatar
Vollbreit
 
Beiträge: 2413
Registriert: Mi 30. Nov 2011, 11:48

Re: Neue Bücher über/gegen "Alternativmedizin"

Beitragvon Zappa » Sa 1. Jun 2013, 19:54

Link: http://annals.org/article.aspx?articleid=724996

Hier die Homepage des GERAC (vielleicht steht da noch was): http://www.gerac.de/index.htm

Vollbreit hat geschrieben:
Zappa hat geschrieben:Richtig, man hat es gemessen :mg:

Ja, und was willst Du damit aussagen?

Das man messen muss um zu vernünftigen Aussagen zu kommen.
Benutzeravatar
Zappa
 
Beiträge: 1416
Registriert: Mi 29. Jul 2009, 19:20

Re: Neue Bücher über/gegen "Alternativmedizin"

Beitragvon mat-in » So 2. Jun 2013, 06:37

mat-in hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:
mat-in hat geschrieben:Wir unterliegen im Alltag so vielen Fehleinschätzungen, wir haben in solchen Dingen gar keine Möglichkeit, es sinnvoll anders anzuschauen.
Echt? Bist Du heue Morgen auch wieder neben einem Alien aufgewacht, Dich auf dem Weg zur Arbeit 18 mal verfahren und als Du da warst hast Du gar nicht mehr gewusst., was Du da eigentlcih willst? Ist die Welt nicht alles in allem ungeheuer banal und funktioniert überraschend gut, vom Straßenverkehr bis zum Supermarkt,dem Sport am Wochenende und der Urlaubsplanung? Wo hauen wir denn ständig daneben.
Ich bin gestern Abend mit meiner Frau an einer Straßenlaterne vorbei gekommen, die ist als wir so auf 5 meter ran waren ausgefallen, dunkel, alle anderen leuchteten weiter. Das ist jetzt das 3. mal in Folge, das uns das passiert, es ist noch keinem von uns passiert als wir alleine dran vorbei gelaufen sind (nicht das wir uns erinnern könnten!) und wir waren auch nicht immer zur gleichen Uhrzeit dort die letzten 3 mal. Da könnte ich mich jetzt ganz schnell vertuen und denken, daß hier der ausfall der Laterne was mit mir und meiner Frau zu tun hat. Könnte ich auf die Idee kommen? Mit Sicherheit. Ist das wahrscheinlich? Nein. Wenn mir das wirklich was an Zeit und Energie wert ist, müßte ich das jetzt mit wissenschaftlichen Methoden untersuchen, annstatt davon auszugehen, das die wegen uns ausfällt und mich dann zu ärgern, wenn sie es mal nicht tut.
Ein kurzes Update hierzu. Wir waren gestern Nacht wider gemeinsam auf dem Weg nach Hause. Die Laterne ist wieder ausgegangen, 2, 3 Schritte bevor wir die Straße überquert haben. 4 mal in folge, Gespenstisch, oder? Als wir stehengeblieben sind um darüber zu reden ging nach einer Minute die Lampe wieder an und wir beschlossen stehen zu bleiben und ... siehe da, sie ging auch von selbst wieder aus. Hat also einen ganz profanen Wackelkontakt oder ist kurz vor dem Ende ihrer Lebensdauer und zündet nicht mehr richtig die Beleuchtung. Die Wahrscheinlichkeit zwei Querstraßen weiter weg nicht zu bemerken, das sie gerade aus ist, auf sie zu zu laufen wenn sie an ist und sie dann ausgehen sehen? nicht all zu niedrig. Natürlich kann ich nicht ausschließen, daß doch jemand am Schaltkasten sitzt, Kobolde um mich rum spuken oder durch die enorme, Informationsenergie die frei wird wenn im Nachbarhaus Globuli genommen werden, die Lampe beeinflußt wird und es wegen der Homöopathie zu ausfällen kommt... Dazu müßte ich jetzt mehr Zeit investieren als ich bereit bin. Aber manchmal sind die einfachen Erklärungen dann ja doch die besseren? Und manchmal geht auch eine Erkältung nach nur zwei Tagen weg, wenn man am 12. Erkältungstag Globuli nimmt...
Benutzeravatar
mat-in
 
Beiträge: 1953
Registriert: Di 14. Sep 2010, 12:39

Re: Neue Bücher über/gegen "Alternativmedizin"

Beitragvon Vollbreit » So 2. Jun 2013, 07:11

Okay, hier kommen wir zum Teil weiter.

Die Gruppe „unterer Rücken“
Die Akugruppen hatten folgende Möglichkeit:
jamanetwork hat geschrieben:„For Acute Episodes Of Pain, Only Rescue Medication Was Permitted In Both Acupuncture Groups. This Was Strictly Defined As Nonsteroidal Anti-Inflammatory Drugs To Be Taken On No More Than 2 Days Per Week Up To The Maximum Daily Dose During The Therapy Period And Only 1 Day Per Week During Follow-Up. Use Of Any Additional Therapies For Pain During The Entire Study Period Was Prohibited“
http://archinte.jamanetwork.com/article ... 07#Methods


Die konventionelle diese:
jamanetwork hat geschrieben:Patients In The Conventional Therapy Group Received A Multimodal Treatment Program According To German Guidelines.11 The Guidelines Provide The Treating Physician With Recommendations About The Treatment Algorithm And Assess The Various Therapy Forms According To The Degree Of Evidence Based On A Literature Search And Recommendations Of The Specialist Associations. Conventional Therapy Included 10 Sessions With Personal Contact With A Physician Or Physiotherapist Who Administered Physiotherapy, Exercise, And Such.
Physiotherapies Were Supported By Nonsteroidal Anti-Inflammatory Drugs Or Pain Medication Up To The Maximum Daily Dose During The Therapy Period. Rescue Medication Was Identical To That For The Acupuncture Groups.
(ebd.)


Das ist die Frage, wer bei Bedarf, was nehmen kann.
Bleibt zu klären, wer tatsächlich was genommen hat. Hier finde ich nach wie vor nur folgende Angaben:
jamanetwork hat geschrieben:Der wesentlich geringere Analgetikaverbrauch in beiden Akupunkturgruppen im Vergleich zur Standardtherapiegruppe ist ein weiteres wichtiges Ergebnis. Mindestens einmal innerhalb von 26 Wochen wurden nichtsteroidale Antirheumatika von 496 (51,2 Prozent) Patienten eingenommen (Verum 47,6 Prozent, Sham 42,2 Prozent, Standard 65,3 Prozent).
http://www.aerzteblatt.de/archiv/54179


Das ist allerdings, ärgerlicherweise, die kombinierte Aussage zur „Knie und unterer Rücken“-Gruppe. Wie die Bedarfsmedikation bei der Kniegruppe war, habe ich nicht herausfinden können.


Alles in allem ist es aber nach wie vor so, dass man sich einig ist, dass es (in allen Studien, inklusive Kopfschmerzen und Migräne) geringe Unterschiede zwischen Verum- und Sham-Akupunktur gibt und einen deutlichen Unterschied zur Standardtherapie. Akugruppen (Rücken und Knie) hatten dabei zu über 50% keine Schmerzmittel eingenommen, die Standardgruppe hatte zu etwas 35% keine Schmerzmittel eingenommen.
Da Du den anhaltenden Wirkunterschied auf den Placeboeffekt zurückführst, würde mich interessieren, mit welcher Begründung.
Warum ist Standardtherapie nicht in der Lage, einen Placeboeffekt auszulösen?

Zappa hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Ja, und was willst Du damit aussagen?

Das man messen muss um zu vernünftigen Aussagen zu kommen.


Wenn aber nun die Messung ergibt, dass man durch Messungen zu keinen vernünftigen Aussagen kommt?
Ist natürlich die Frage, wie umfassend „messen“ gemeint ist, aber ich glaube die meinst da eher die objektiven Parameter, wie meinetwegen Wirbelsäulenverschleiß oder Nervenleitfähigkeit. Es ist nur so, dass letzten Endes der Patient entscheidet, ob Schmerzen oder Stress besser geworden sind. Hier heißt „messen“ den Patienten zu befragen.

Die Ergebnisse sind keinesfalls neu. Otto Kernberg, der dafür bekannt ist, die Psychoanalyse auf ein streng wissenschaftliches Fundament gestellt zu haben, schreibt:
Otto Kernberg hat geschrieben:Sowohl die Methode der deskriptiven Diagnose, die sich auf Symptome und beobachtbares Verhalten konzentriert, als auch die Methode der genetischen Diagnose, die den Nachdruck auf psychische Störungen bei den biologischen Verwandten des Patienten legt, haben durchaus ihre Verdienste, besonders bei Fällen der schweren Affektstörungen und Schizophrenie. Keine der beiden Methoden hat sich jedoch im Hinblick auf Persönlichkeitsstörungen als ausreichend präzise erwiesen, unabhängig davon, ob man sie kombiniert oder getrennt angewandt hat.
(Otto F. Kernberg, Schwere Persönlichkeitsstörungen, S.15., Klett-Cotta, 1984)


Wir haben eine Menge an Quatsch-Behandlungen und ich bin nicht dafür, weitere einzuführen. Aber wenn man den Laden ausmisten will (mir ist klar, dass die Überzahl daran überhaupt kein Interesse hat), muss man als erstes die lebensgefährlichen, sehr teuren und komplett sinnlosen Verfahren stoppen.
Wir haben viel zu viele OPs (jede ist mit erheblichen Risiken verbunden, Narkose, Sepsis, multiresistente Keime können ins Blut gelangen), wir haben eine Überdiagnostik (eine CT Untersuchung entspricht 500 normalen Röntgenuntersuchungen und ist ein Krebsrisiko), wir haben viel zu viele Arztbesuche, eine Über- und Fehlmedikation und ein vollkommen unterentwickeltes Verständnis vom Zusammenhang von Psyche und Körper.
Und ehrlich gesagt, nichts davon ist unbekannt oder sensationell.

Wenn sich nun Brights und GWUPs und wie die alle heißen, mit quasireligiösem Eifer auf Alternativmedizin stürzen, dann frage ich mich, was das soll. Geht es um die Todesfälle durch Edelsteintherapie und levitiertes Wasser? Um die gigantischen Kosten, die die Homöopathie verschlingt? Um die schweren Gesundheitsschäden durch Handauflegen? Vor wenigen Tagen war so ne Sendung bei Illner, in der dier Statistik zu den IgeL-Leistungen aufgelistet wurde. Alle sinnloser, teurer Mist, für den Arzt allerdings, wegen der dämlichen Abrechnungsmöglichkeiten fast eine wirtschaftliche Notwendigkeit, bei denen der gesamte Block „Alternativmedizin“ 5,1% ausmacht. Und ausgerechnet die Lichttherapie und die Akupunktur waren die einzigen, denen eine Wirkung attestiert wurde.

Was auch immer nun der Grund für den Erfolg der Akupunktur ist, es wäre dringend zu raten, die Akupunktur breit einzusetzen, da wirksam, billig und nebenwirkungsarm.
Diclofenac, das Zeug aus der Standardtherapiegruppe ist ein Mittel war gerne mal den Blutdruck in die Höhe treibt, die Packungsbeilage sollte man besser gar nicht erst lesen.

Wann fangen wir denn mal an, nicht jedes Jahr 1000 neue Studien, über 1000 neue schwachsinnige Mittel zu erstellen, sondern mal unser völlig verkorkstes Medizinsystem zu sanieren. Die GWUPs sehe ich eh als Sekte an und die sind nicht ernst zu nehmen. Aber wo sind denn die Brights dabei? Warum immer eine ebenso langweilige, wie vorhersehbare Polemik nach der anderen, die am Kern des Übels nicht nur knapp, sondern weit vorbei schießt?
Zuletzt geändert von Vollbreit am So 2. Jun 2013, 07:31, insgesamt 2-mal geändert.
Benutzeravatar
Vollbreit
 
Beiträge: 2413
Registriert: Mi 30. Nov 2011, 11:48

VorherigeNächste

Zurück zu Wissenschaft

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 0 Gäste

cron