Dr Fraggles hat geschrieben:Physiker und Chemiker haben keinen Begriff des Mentalen als Eigenschaft der Materie, würden aber behaupten, dass ihr Materiebegriff ein umfassender, erschöpfender ist (zumindest im Rahmen gegenwärtiger empirischer Erkenntnis und also basierend auf der Materie-Geist Dichotomie...Quantenphysik mal ausgeklammert). Wenn du sagst, dass das Mentale nur ein anderer Aspekt der Materie sei, so gehst du von einem einheitlichen Materiebegriff aus und dieser umfasst mentale Eigenschaften die ein "üblicher" Materiebegriff (physikalischer, chemischer: beruhend auf empirisch-messbaren Eigenschaften) nicht enthält.
Nochmal zu dem Punkt: Ich betone erneut, dass Wissenschaftler nur darüber reden, worin sie sich auch primär beschäftigen. Ein Physiker wird nicht viel über chemische Reaktionen sagen können/wollen und ein Chemiker nicht viel über Quantenphysik (naja, bis auf die Elektronenorbitale und Quantenzustände der Elektronen).
Folglich werden Physiker und Chemiker nicht auch noch einen Geist dazudefinieren, wo es keinen gibt und den sie nicht messen. Da sind (die bereits erwähnten) Biologen eher gefragt. Verhaltensbiologen, Neurologen... beschäftigen sich mit dem, was die Menschen damals und heute noch einige als "Geist" bezeichnen. Dabei baut deren Arbeit aber direkt auf der der Chemiker auf (und deren auf der der Physik). Und davon ausgehen, kannst du dir sicher sein, dass kein seriöser Biologe in seinen wissenschaftlichen Arbeiten eine Seele oder einen Geist reindefiniert, weil es nicht notwendig ist. Die für Geisteswissenschaftler sehr verstörende Reduktion einer Verhaltensweise auf ein Paar chemische Verbindungen kann jedoch vorkommen und ist auch valide. Der aktuelle Nobelpreisträger im Bereich Medizin - Südhoff - ist da zu erwähnen: Die Forschung an Neurotransmittern trägt wesentlich dazu bei, um zu verstehen, was in einem komplexen Gefüge eine Intelligenz ausmacht.
Dr Fraggles hat geschrieben:Du subsummierst einfach das Mentale unter den (auf empirisch-messbarer Basis beruhenden) Materiebegriff, ohne einzugestehen, dass dieser Materiebegriff ein anderer ist als jener der üblichen Unterscheidung von Materie - Geist. Insofern wird dein Materiebegriff leer...er bedeutet nicht mehr Materie als Gegensatz zum Geist/Mentalen, sondern etwas anderes, wobei nicht klar ist was eigentlich.
Ich sehe schlichtweg keine Notwendigkeit für einen Körper-Seele-Dualismus. Wie gesagt, sehe ich auch keine Notwendigkeit mit Metaphysik allgemein zu argumentieren, da mir bereits sehr gut bekannt ist, welche Wirkung Materie hat. Das was du als Seele oder Geist betrachtest, ist für mich eine komplexe materielle Entität, eine Intelligenz, eine Maschine, die auf sehr vielfältige Art mit ihrer Umgebung interagiert.
Dr Fraggles hat geschrieben: Du hantierst schlicht und einfach mit einem Materiebegriff der weil er alles umfasst, sinnlos ist
Unsinn, ein Begriff, der keinen Konterpart hat, ist deswegen noch lange nicht sinnlos. Übrigens umfasst dieser nicht alles, es gibt da noch Energie, Raum und Zeit (und eventuell noch Antimaterie - da hast du deinen Dualismus).
Dr Fraggles hat geschrieben:Materie denkt...was bedeutet das? Es ist eine Tautologie (Materie ist mental, Mentales ist materiell) und nichts anderes ohne jeglichen Erklärungswert.
Es kommt auf die Art der Materie an - ein Stein denkt natürlich nicht, ein Haufen Kompost tut es auch nicht - obwohl er chemisch gesehen vielleicht sogar ähnliche Bestandteile wie du hat. Analogie: Ein Haufen Automobileinzelteile kann dich nicht von A nach B bringen, ein zusammengesetzter Haufen Einzelteile schon. Beides ist vielleicht sogar identische Materie, aber eben anders (oder gar nicht) zusammengesetzt und besitzt deswegen andere Eigenschaften. Du kannst dich von deiner unkreativen Idee der Materie mit immer gleichen Eigenschaften verabschieden - Materie ist vielfältig. Einen Zirkelschluss sehe ich da bei bestem Willen nicht, da ich auch nicht behauptet habe, dass Materie grundsätzlich "mental" ist, sondern alles, was mental genannt werden kann, einen materiellen Ursprung hat (und keinen anderen). Jemand, der dir erklärt, dass Wein aus Weintrauben ist, behauptet ja deswegen noch lange nicht, dass alle Weintrauben zu Wein werden.
Dr Fraggles hat geschrieben: Obwohl du also genötigt wärst zu sagen, dass die Materie das empirisch-messbare transzendiert, Materie also (noch) irgendetwas anderes ist als was man in der Unterscheidung Materie-Geist/Mentales damit meint, bleibst du sprachlich dieser Dichotomie treu (Materie denkt). Damit verschleierst du aber nur die zu recht bestehenden Fragestellungen ohne sie gelöst zu haben.
Welche Fragestellungen wären das nochmal? Ich denke, mit den Erläuterungen zur Materie und ihren wechselnden Eigenschaften sollte einiges klar geworden sein, aber deine Fragen kannst du gern nochmal stellen.
Dr Fraggles hat geschrieben:Meiner Ansicht nach müsste es heissen: "In vermuteter Abhängigkeit und korreliert mit empirisch-messbaren Zuständen/Prozessen des Hirns, gibt es subjektiv erlebte, empirisch-messbar nicht feststellbare, mentale Phänomene". Etwas in dieser Art, würde dem Erkenntnisstand gerecht werden, ohne irgendwelche weitergehende Behauptungen zu implizieren.
1.Ist die Abhängigkeit nicht nur vermutet, sondern bestätigt.
2. Wie kann etwas "empirisch-messbar" aber "nicht feststellbar" sein?
3. Was ist
dein Erkenntnisstand? Was weißt du über Neurotransmitter; kannst du welche bestimmten physiologischen Zuständen zuordnen; kennst du die Mechanismen der Signaltransduktion von Neuronen???
Dr Fraggles hat geschrieben:@Dath Nefarius: Wenn ich sage, dass man sich eher mit einem rein Geistigen indentifizieren könnte als mit (s)einem bloss toten Körper, dann zielte ich natürlich auf den phänomenologischen "Wesenskern" des Menschen und nicht auf etwas anderes.
Und was soll damit gemeint sein? Was ist für dich ein "Wesenskern"? Ich bin mir zwar nicht sicher, was du konkret meinst (in deinen philosophischen Kategorien scheint soetwas Phänomenologisches vielleicht sinnvoll zu sein, ich habe jedoch aufgrund einer anderen Perspektive Schwierigkeiten, den Nutzen in dieser Kategorisierung zu finden), aber ich denke, dass du zugegebenermaßen
nicht nur ein etwas unkreatives Verständnis der Materie hast, sondern andere Parameter vermisst - abstrakt wäre da Raum und Zeit zu nennen - Kontext: Wenn du also fragst, wer du bist, was dich ausmacht, dann kann dich teilweise zurecht die Antwort "organische Moleküle" nicht vollständig zufriedenstellen - Erfahrungen, Gedanken, Erinnerungen, Überzeugungen sind wohl das, was du unter "Geist" subsummierst und für dich eher die korrekten Anwtorten wären. Für mich sind diese Dinge aber "nur" Zustandsänderungen der Materie, die sich in der Raumzeit bewegt. Das ist auch plausibel, wenn man Gehirnschäden und die darauffolgenden Persönlichkeitsänderungen oder den (partiellen) Gedächtnisverlust bedenkt, die sie verursachen. Insofern kann man aufgrund der Annahme von Kausalität und Gleichförmigkeit davon ausgehen, dass die verlorengegangenen Erinnerungen oder die veränderte Persönlichkeit auf die Veränderung der Materie (die als einzige nachweisbar ist) zurückzuführen ist. Folglich kann angenommen werden, dass Erinnerungen, Überzeugungen, Wesenszüge in dieser Materie manifestiert sind - wie in einem Buch. Insofern kann ich gern präzisieren, dass
auf bestimmte Art zusammengesetzte Materie, die sich in der
Raum-Zeit bewegt, denkt. Aber eine Notwendigkeit für einen metaphysischen Ansatz sehe ich nicht.
Dr Fraggles hat geschrieben:Mein bewusstloser Körper oder doch (wenn überhaupt) EHER meine Gedanken, Wünsche Erinnerungen etc.
Was meinst du denn, worin sich diese Dinge manifestieren? Denkst du nicht, dass man über die Beeinflussung der Materie diese Dinge beeinflussen kann? Wenn doch, wieso sollten sie nicht doch aus Materie "bestehen"? Ja, dein Problem ist wohl, dass du die "Information" in der Materie meinst - die Information ist dennoch eine Eigenschaft der Materie. Deine Eingangsfrage scheint für dich vielleicht unbefriedigend beantwortet, weil ich nicht zwischen "Körper" und "Gedanken", "Erinnerungen und Wünsche" unterscheide, da letztere für mich Informationen über den Zustand des ersteren ist.
Dr Fraggles hat geschrieben: Für mich recht schwer vorstellbar wie man das Gegenteilige behaupten will (auch das Hirntod-Kriterium läuft z.B. auf eine solche mentalistische Todesdefinition hinaus...evtl. auch deshalb verwendet, weil es doch recht plausibel ist?). Ein nur sehr mangelhafter empirischer Vergleich: wann bin ich mehr "Ich": als Leiche oder als Person mit Locked-in-Syndrom. Doch zweifellos als letzteres. Das Leben mag lebensunwert sein weil ich mich nicht "verwirklichen" kann...aber im Leiden bin Ich sehr intensiv "vorhanden".
Der komatöse Körper ist nur Materie, die ihren Zustand geändert hat. Wie gesagt, können die aberwitzigsten Zustandsänderungen des "Geistes" durch Veränderung der Materie verursacht werden - die psychoaktiven Substanzen sind erwähnt (nehmen wir beispielsweise Drogen - also Alkohol, der deine Erinnerungen, deine Gedanken und Wünsche durchaus stark beeinflusst - Aber Alkohol bleibt nur Materie; in deiner Definitionswelt müsste sie aber entweder auch einen mentalen Anteil haben oder ein besonderes Stück Materie sein, welches mit unserem geist interagiert - klingt das für dich etwa plausibbler?).
Dr Fraggles hat geschrieben:(Die Tatsache, dass du grosso modo gar nicht auf meine Fragen geantwortet hast, irritiert mich ein wenig: waren meine Fragen dermassen unklar formuliert?)
Ich habe deine Fragen - wie gesagt - durchaus verstanden. Meine Antworten waren (so dachte ich) relativ ausführlich und einfach formuliert (mit Beispielen und Analogien...) und vielleicht hast du auch deswegen einfach den Faden verloren. Dennoch habe ich versucht durch direktes Zitieren und Antworten den Bezug der Antwort auf die Frage herzustellen. Missverständnisse können aber wohl vorkommen, wenn man in unterschiedlichen Kategorien denkt.
Dr Fraggles hat geschrieben:Und zur Klarstellung: ich sage nirgends, dass Materie Mentales nicht "erzeugen" kann, sondern lediglich: wenn dies zutrifft, dann ist Materie etwas gänzlich anderes als was der physikalische Materiebegriff darunter versteht
Wie gesagt, ist Materie ein schwieriger Begriff, der viele Fachbereiche - nicht nur die Physik - beschäftigt. Wenn du also einen
naturwissenschaftlichen Materiebegriff nutzt, ist eigentlich kein Problem vorhanden.
Dr Fraggles hat geschrieben:Mit Sicherheit kann aber folgendes gesagt werden: eine reduktive Erklärbarkeit des Lebens ist denkbar, eine solche des Mentalen aber nicht einmal vorstellbar...zweifellos müssten wir über gänzlich andere Erkenntnismöglichkeiten verfügen um hier Klarheit zu bekommen...
Du meinst also, dass das Mentale keine Emergenz der Materie darstellt? Tja, das habe ich auch nicht behauptet; wie du schon zurecht beim Leben festgestellt hast, sehe ich auch nicht unbedingt eine Notwendigkeit. Dass man Mentales aber nicht reduktiv aus der Materie erklären könnte, sehe ich jedoch nicht: Wie bereits dargelegt, ist es für mich sehr naheliegend, anzunehmen, dass ausschließlich Materie für mentales verantwortlich ist, wenn ich sie durch Materie induzieren kann. Ich habe bereits öfter Drogen oder allgemein psychoaktive Substanzen erwähnt. Es sind meist ziemlich klare Signaltransduktionen bekannt - die von
Molekül zu Molekül gehen. Eine solch lückenlose Aufklärung von Zugabe der Substanz bis zur Reaktion der Person scheint mir wenig Angriffsfläche für Zweifel zu bieten.
Und wenn du dich über meine Antworten beklagst, so möchte ich auch eine konkrete Antwort auf die Wirkung der psychoaktiven Substanzen und die Signaltransduktion der Neuronen erfahren.