Allwissenheit, Vorwissenheit, Willensfreiheit

Re: Telepathie - Wissenschaftlich akzeptiert?

Beitragvon ujmp » Mo 7. Mai 2012, 07:02

- "Gott weiß was er will und was er wollen wird"
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Re: Telepathie - Wissenschaftlich akzeptiert?

Beitragvon Dr Fraggles » Mo 7. Mai 2012, 12:53

ujmp hat geschrieben:
Dr Fraggles hat geschrieben:
Wenn du die Allwissenheit auf die Vorsätze ausdehnst ändert das rein gar nichts! Wie soll sich dadurch der Widerspruch auflösen? Du machst denselben Denkfehler nochmals: was ich jetzt hinsichtlich meiner künftigen Vorsätze/Entscheidungen schon weiss, habe ich bestenfalls jetzt entschieden und nicht in der fraglichen Zukunft...dann führe ich nur noch aus was schon längst (oder immer schon) entschieden wurde (der Widerspruch scheint mir durchaus zwingend, Vorsätze hin oder her).

Nach meiner Auffassung begründet nicht die Allwissenheit die festgelegte Zukunft, sondern sie ist durch die Allmacht verursacht, und zwar durch den Willen, der sie entschieden hat und der diese Entscheidung auch revidieren kann. Die Allwissenheit steht damit in keinem logischen oder ursächlichen Zusammenhang, sie ist ein extra Feature. Die Allwissenheit beinhaltet das Wissen über die Entscheidungen, die allmächtig getroffen oder auch allmächtig revidiert werden.

Einfach gesagt: Der Allwissenheit ist der Wille bekannt.


Evident ist doch, dass Allmacht notwendig Allwissen impliziert, nicht aber umgekehrt...mir scheint da durchaus eine logische und zeitlich-kausale Beziehung zu bestehen. Die Allwissenheit als extra Feature zu bezeichnen ist ziemlich grotesk. Wie sollte z.B. eine gefällte Entscheidung (d.h. die Zukunft) revidiert werden ohne ein vorgängiges Wissen um diesen Entscheid? Umgekehrt ist Allwissenheit aber problemlos vorstellbar ohne irgendwelche (All-)Macht (es sei denn man definiert blosses Wissen als Macht).
Entscheidend bleibt so oder so der Widerspruch von festgelegter Zukunft (wodurch auch immer!) und deren Revidierbarkeit...und diesen Widerspruch hast du argumentativ nicht aufgelöst (es sei denn durch das Adjektiv allmächtig, der alles möglich macht, auch die Vereinbarkeit von Widersprüchen).
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Re: Telepathie - Wissenschaftlich akzeptiert?

Beitragvon Dr Fraggles » Mo 7. Mai 2012, 13:16

AgentProvocateur hat geschrieben:
Dr Fraggles hat geschrieben:Der "freie Wille" lässt sich gleichsetzen mit einer zumindest partiell offenen, nicht-feststehenden Zukunft, also einer faktisch noch nicht seienden Zukunft.

Warum?

Und wieso triffst Du überhaupt einen prinzipiellen Unterschied zwischen Vergangenheit und Zukunft? Den gibt es (objektiv) gar nicht, nur aus Sicht von Subjekten - zu einer bestimmten Zeit - ist die Aussage: "x liegt in der Zukunft, Y in der Vergangenheit" richtig. Und nur aus dieser Sicht kann etwas 'faktisch noch nicht seiend' sein.


Warum? Weil dies zu einer plausiblen Definition des freien Willens gehört (neue Kausalketten in Gang setzen bzw. dass eine alternative Wahl eine andere Zukunft zur Folge hätte...man könnte natürlich argumentieren, dass meine freie Wahl z.B. nur eine von etlichen bereits existierende Welten für mich aktualisiert etc.), ohne dieses der freie Wille noch unplausibler wäre als er es eh schon ist.

Zum Zweiten: Hier schüttest du das Kind mit dem Bad aus. Wenn du die Differenz von Vergangenheit und Zukunft negierst so doch auch die Idee der Kausalität und dann auch die Struktur dessen was wir als Entscheidung/Wahl verstehen. Zudem behauptest du ja damit wiederum nur, dass alles schon festgelegt ist (es durch freie Wahl nichts Neues geben kann), was ja deiner Intention zuwiderläuft.
Im übrigen sollte man schon auf einer gewissen Verbindlichkeit des common sense beharren dürfen, so z.B. dass jede Entscheidung vorgängiges Wissen oder eine zeitliche Struktur impliziert oder ein (Mega-)Subjekt voraussetzt. Oder aber man ist in der Lage diesen common sense plausibel zu entkräften und zu zeigen wie das zur Klärung des Problems beiträgt (und nicht das zu lösende Problem auf nicht intendierte Weise wieder implementiert).
Wenn man Gott zeitlos (oder gar Subjektlos) denkt, dann fragt sich eben ob noch sinnvoll von Entscheidung/Wahl/freier Wille gesprochen werden kann. Eine Entscheidung ausserhalb der Zeit (d.h. die nicht "an" einem bestimmten Punkt des "Zeitkontinuums" gefällt wird) ist schwer vorstellbar. Will man Gott allerdings Allwissenheit und einen freien Willen/Allmacht zubilligen, geht das meiner Meinung nach nur dann, wenn man sich von gängigen Plausibilitäten radikal verabschiedet (sacrificium intellectus).
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Re: Telepathie - Wissenschaftlich akzeptiert?

Beitragvon AgentProvocateur » Mo 7. Mai 2012, 18:41

Dr Fraggles hat geschrieben:
AgentProvocateur hat geschrieben:
Dr Fraggles hat geschrieben:Der "freie Wille" lässt sich gleichsetzen mit einer zumindest partiell offenen, nicht-feststehenden Zukunft, also einer faktisch noch nicht seienden Zukunft.

Warum? [...]

Warum? Weil dies zu einer plausiblen Definition des freien Willens gehört (neue Kausalketten in Gang setzen bzw. dass eine alternative Wahl eine andere Zukunft zur Folge hätte...man könnte natürlich argumentieren, dass meine freie Wahl z.B. nur eine von etlichen bereits existierende Welten für mich aktualisiert etc.), ohne dieses der freie Wille noch unplausibler wäre als er es eh schon ist.

Ich finde das aber überhaupt nicht plausibel, hier kommt der Zufallseinwand zum Tragen. Entweder handele ich nach Gründen, (und dann ist meine Entscheidung/Handlung von etwas abhängig, nämlich von den Gründen - und die sind ebenfalls von etwas abhängig) oder ich 'handele' zufällig. 'Handeln' hier in Anführungszeichen, weil man gemeinhin ein grundloses Verhalten nicht 'Handlung' nennt.

Nun gut.

Ich negiere die Differenz von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft gar nicht, ich meine lediglich, dass es nur aus der Sicht/in Bezug von/zu Etwas/Jemandem konkreten Sinn ergibt, diese Begriffe zu verwenden. Und aus meiner Sicht ist meine Zukunft offen, und zwar in dem Sinne, dass ich nicht (exakt) kennen kann. Man kann sich aber problemlos jemand anderen vorstellen, für den meine (jetzige) Zukunft nicht offen ist. Dazu benötigen wir keinen Gott, wir können dazu schlicht jeden beliebigen Menschen aus meiner (jetztigen) Zukunft nehmen, der im Nachhinein meine Handlungen zur Kenntnis nimmt. Übermorgen weiß der, was ich morgen gemacht habe. (Und ich auch.)

Dein Konzept von 'freiem Willen' ist mal wieder inkohärent. Es ist mE logisch unmöglich, dass jemand etwas Akausales kontrollieren kann, dass Akausalität Kontrolle herstellen kann. Und also wenn man sowohl 'Akausalität' und 'Kontrolle' als notwendige Eigenschaften eines freien Willens proklamiert, dann kann es den logischerweise nicht geben. Und zwar völlig unabhängig davon, ob eine Welt kausal determiniert ist oder nicht oder ob jemand anderes allwissend oder allmächtig ist. Der freie Wille ist dann schlicht per definitionem unmöglich, alles weitere ist dazu absolut irrelevant, kann daran nichts ändern, sind alles nur red herrings. Was daran aber plausibel sein soll, erschließt sich mir nicht.

Und ein ledigliches (auch All-)Wissen darum, wie ich entscheiden und handeln werde, hat keinen Einfluss auf meine Entscheidung und mein Handeln und kann es daher nicht einschränken. Ich weiß z.B., dass meine Frau sich morgen früh einen Milchkaffee machen wird, (zumindest wird sie das wollen, könnte aber sein, dass was dazwischenkommt, was sie daran hindert, ihren Willen umzusetzen). Und dieses Wissen macht sie aber in keinster Weise unfrei. Wieso sollte es auch?

'Außerhalb der Zeit stehen' halte ich übrigens nicht für ein logisch unmögliches Konzept - so wie anscheienend Deines des 'freien Willens'.

Man muss sich lediglich von dem Begriff die! (enzige) Zeit verabschieden. Dazu brauche ich wieder keinen Gott. Ich stelle mir einfach einen Computer-Freak vor, ein bisschen ungepflegt, ohne große soziale Kompetenz, ein bisschen schüchtern, (um das mal ein bisschen auszumalen und ein paar Klischees zu bedienen). Nun ist dieser Computer-Freak, obgleich oder auch weil er keine Freunde hat, ein wahrer Experte darin, auch hochkomplexe Computerprogramme zu erstellen. Und zwar hat er uns und unsere Welt erstellt, er ist der Hüter unserer Matrix. Und selber gespannt, wie sich alles so entwickelt, daher schaut er permanent der Entwicklung unserer Welt zu. Wenn er schlafen muss, dann drückt er auf 'Pause', (d.h. die Zeit in seiner Welt läuft weiter ab, die in unserer Welt nicht), weil er nichts verpassen will. Nun kann er auch die Entwicklung schneller ablaufen lassen und er kann zu beliebigen Zeitpunkten der 'Zukunft', (aus unserer Sicht), vorspulen. Macht er aber nur manchmal, weil ihn das selber ärgert, weil er sich die Spannung genommen hat. (Ist so, als wie wenn man bei einem Krimi erst letzten Seiten liest). Nun nehmen wir einmal an, er hat schon geschaut, was ich morgen um 12:00 tun werde. Und einmal nehmen wir an, er hätte das nicht getan.

Aber was sollte das für einen Unterschied bezüglich meiner Freiheit machen? Wohlgemerkt: sein Wissen hat nichts mit Kausalität zu tun, er hat mehrere echte Zufallsgeneratoren in seinem Mega-Programm verwendet, er kann die Zukunft also nicht berechnen. Aber er kann dahin springen.
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Re: Telepathie - Wissenschaftlich akzeptiert?

Beitragvon ujmp » Mo 7. Mai 2012, 19:34

Dr Fraggles hat geschrieben:
Evident ist doch, dass Allmacht notwendig Allwissen impliziert, nicht aber umgekehrt...mir scheint da durchaus eine logische und zeitlich-kausale Beziehung zu bestehen. Die Allwissenheit als extra Feature zu bezeichnen ist ziemlich grotesk. Wie sollte z.B. eine gefällte Entscheidung (d.h. die Zukunft) revidiert werden ohne ein vorgängiges Wissen um diesen Entscheid? Umgekehrt ist Allwissenheit aber problemlos vorstellbar ohne irgendwelche (All-)Macht (es sei denn man definiert blosses Wissen als Macht).
Entscheidend bleibt so oder so der Widerspruch von festgelegter Zukunft (wodurch auch immer!) und deren Revidierbarkeit...und diesen Widerspruch hast du argumentativ nicht aufgelöst (es sei denn durch das Adjektiv allmächtig, der alles möglich macht, auch die Vereinbarkeit von Widersprüchen).

Die Zukunft ist eben nicht festgelegt, sie ist nur bekannt. Du willst eine Weile in eine Richtung gehen und weißt, dass du danach wieder umkehren wollen wirst. Du musst nicht umkehren, denn du bist ja frei. Deshalb hängt die Zukunft nicht von deinem Vorwissen ab, sondern von deinem Willen. Es wird aber - das weißt du im Voraus, denn du kennst bereits alle Gründe, die du dann haben wirst - keinen Grund geben, deinen Willen zu ändern.

Die Schwäche deines Argumentes besteht m.E. darin, dass du in die Allwissenheit nicht das Wissen über zukünftige Willensentscheidungen einbeziehst.
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Re: Telepathie - Wissenschaftlich akzeptiert?

Beitragvon mat-in » Di 8. Mai 2012, 06:41

Möchtet ihr das nicht in den "determinismus" Thread verlegen?
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Re: Telepathie - Wissenschaftlich akzeptiert?

Beitragvon ujmp » Di 8. Mai 2012, 07:40

ujmp hat geschrieben:Du bringst zwei Dinge durcheinander: Vorsatz und Wissen. Ich behaupte nicht, dass du allwissend bist, weil du eine freie Entscheidung getroffen hast, was sein wird. Ich behaupte, dass du allwissend bist und eine freie Entscheidung getroffen hast, die du jeder Zeit revidieren kannst aber nicht musst, denn du bist ja allmächtig.


"Nein. Gott ist allwissend, weil er allmächtig ist. Er hat nämlich in seiner Allwissenheit die Zukunft durch seine Allmacht festgelegt. Die Allwissenheit Gottes beruht nicht auf passiver Erkenntnis, auf Lernen und Folgern, wie das Wissen eines Menschen. Sie beruht auf der Allmacht, die Dinge nach seinem Vorsatz, nach seinem Plan geschehen zu lassen. Kurz: Gott weiß was er will!" A.D.
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Re: Telepathie - Wissenschaftlich akzeptiert?

Beitragvon Dr Fraggles » Di 8. Mai 2012, 18:47

AgentProvocateur hat geschrieben:

Nun gut.

Ich negiere die Differenz von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft gar nicht, ich meine lediglich, dass es nur aus der Sicht/in Bezug von/zu Etwas/Jemandem konkreten Sinn ergibt, diese Begriffe zu verwenden. Und aus meiner Sicht ist meine Zukunft offen, und zwar in dem Sinne, dass ich nicht (exakt) kennen kann. Man kann sich aber problemlos jemand anderen vorstellen, für den meine (jetzige) Zukunft nicht offen ist. Dazu benötigen wir keinen Gott, wir können dazu schlicht jeden beliebigen Menschen aus meiner (jetztigen) Zukunft nehmen, der im Nachhinein meine Handlungen zur Kenntnis nimmt. Übermorgen weiß der, was ich morgen gemacht habe. (Und ich auch.)

Dein Konzept von 'freiem Willen' ist mal wieder inkohärent. Es ist mE logisch unmöglich, dass jemand etwas Akausales kontrollieren kann, dass Akausalität Kontrolle herstellen kann. Und also wenn man sowohl 'Akausalität' und 'Kontrolle' als notwendige Eigenschaften eines freien Willens proklamiert, dann kann es den logischerweise nicht geben. Und zwar völlig unabhängig davon, ob eine Welt kausal determiniert ist oder nicht oder ob jemand anderes allwissend oder allmächtig ist. Der freie Wille ist dann schlicht per definitionem unmöglich, alles weitere ist dazu absolut irrelevant, kann daran nichts ändern, sind alles nur red herrings. Was daran aber plausibel sein soll, erschließt sich mir nicht.

Und ein ledigliches (auch All-)Wissen darum, wie ich entscheiden und handeln werde, hat keinen Einfluss auf meine Entscheidung und mein Handeln und kann es daher nicht einschränken. Ich weiß z.B., dass meine Frau sich morgen früh einen Milchkaffee machen wird, (zumindest wird sie das wollen, könnte aber sein, dass was dazwischenkommt, was sie daran hindert, ihren Willen umzusetzen). Und dieses Wissen macht sie aber in keinster Weise unfrei. Wieso sollte es auch?

'Außerhalb der Zeit stehen' halte ich übrigens nicht für ein logisch unmögliches Konzept - so wie anscheienend Deines des 'freien Willens'.

Man muss sich lediglich von dem Begriff die! (enzige) Zeit verabschieden. Dazu brauche ich wieder keinen Gott. Ich stelle mir einfach einen Computer-Freak vor, ein bisschen ungepflegt, ohne große soziale Kompetenz, ein bisschen schüchtern, (um das mal ein bisschen auszumalen und ein paar Klischees zu bedienen). Nun ist dieser Computer-Freak, obgleich oder auch weil er keine Freunde hat, ein wahrer Experte darin, auch hochkomplexe Computerprogramme zu erstellen. Und zwar hat er uns und unsere Welt erstellt, er ist der Hüter unserer Matrix. Und selber gespannt, wie sich alles so entwickelt, daher schaut er permanent der Entwicklung unserer Welt zu. Wenn er schlafen muss, dann drückt er auf 'Pause', (d.h. die Zeit in seiner Welt läuft weiter ab, die in unserer Welt nicht), weil er nichts verpassen will. Nun kann er auch die Entwicklung schneller ablaufen lassen und er kann zu beliebigen Zeitpunkten der 'Zukunft', (aus unserer Sicht), vorspulen. Macht er aber nur manchmal, weil ihn das selber ärgert, weil er sich die Spannung genommen hat. (Ist so, als wie wenn man bei einem Krimi erst letzten Seiten liest). Nun nehmen wir einmal an, er hat schon geschaut, was ich morgen um 12:00 tun werde. Und einmal nehmen wir an, er hätte das nicht getan.

Aber was sollte das für einen Unterschied bezüglich meiner Freiheit machen? Wohlgemerkt: sein Wissen hat nichts mit Kausalität zu tun, er hat mehrere echte Zufallsgeneratoren in seinem Mega-Programm verwendet, er kann die Zukunft also nicht berechnen. Aber er kann dahin springen.



Es geht hier um die Frage ob ein hypothetisch angenommener freier Wille mit einer hypothetisch angenommenen Allwissenheit vereinbar ist. Es geht nicht um die Frage ob ein freier Wille logisch plausibel ist oder nicht!
Ich habe oben schon geschrieben, dass der freie Wille ein logisches "Unding" sei (da argumentiere ich mit den gleichen Gründen wie du) und ich es hier rein hypothetisch um der Argumentation willen gelten lasse, also bitte lesen bevor man Strohmänner attakiert! Lässt man es in diesem Sinne gelten, dann gehört zur Minimaldefinition, dass der freie Wille in einer gegebenen Situation so oder auch anders entscheiden könnte und das impliziert, dass der freie Wille vor einer offenen, nicht festgelegten Zukunft steht.

Bezüglich des (nicht-)Wissens der eigenen Zukunft: da gilt es zwischen dem epistemischen und dem ontologischen Indeterminismus zu unterscheiden. Ein epistemischer Indeterminismus (Unvorhersagbarkeit) ist z.B. kein Argument für den ontologischen Indeterminismus oder gar freien Willen (da ja auch chaotische Systeme in diesem Sinne indeterminiert sind aber wohl kaum einen freien Willen haben, ja durchaus determiniert sind). Und der ontologische Indeterminismus ist vom Zufall nicht zu unterscheiden (wie du selber auch schreibst).
Weiter sind Vorherwissen und im nachhinein wissen völlig unterschiedliche Sachen. Allwissenheit impliziert Vorherwissen (und erst dieser Aspekt schliesst den freien Willen aus). Siehe hierzu auch den letzten Absatz.

Du bestreitest den Einfluss einer Allwissenheit auf deine Handlungen. Zunächst: von kausalen Einflüssen ist nicht die Rede, es geht nur um die Vereinbarkeit von Allwissenheit und freiem Willen.
Deine Analogie zwischen deinem Vorherwissen die Handlung deiner Frau betreffend und einer angenommenen Allwissenheit, ist schlicht falsch (wie du selber andeutest): dein Wissen ist eben lediglich eine Überzeugung welche analytisch kein Wahrsein impliziert. Eine Allwissenheit impliziert aber notwendig Wahrsein (Allwissenheit kann sich nicht irren). Anders gesagt: du weisst nicht (falls deine Überzeugung sich als wahr erweist war es kontingenterweise wahr), Allwissenheit ist aber notwendigerweise wahr.

Dein Argument zum ausserhalb der Zeit stehen: sehr gewagt (erinnert an den Laplaceschen Dämon). Ich würde bestreiten, dass so etwas überhaupt möglich ist (müsste z.B. das Programm/Computer nicht sich selbst als Teil der Welt selbst schon immer voraussein...d.h. müsste das Programm nicht die Zukunft schon kennen um die Zukunft kennen zu können?). Aber lassen wir es als Gedankenexperiment stehen. Inwiefern würde ein solches Vorherwissen deine mögliche Freiheit tangieren? Da du selbst sagst keinen freien Willen zu haben natürlich gar nicht. Generell gilt aber: Ist die Zukunft festgelegt (ob das jemand weiss oder nicht ist völlig irrelevant!, Stichwort: epistemischer Intederminismus, siehe oben), dann schliesst das einen freien Willen aus.
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Re: Telepathie - Wissenschaftlich akzeptiert?

Beitragvon Dr Fraggles » Di 8. Mai 2012, 19:41

ujmp hat geschrieben:
Dr Fraggles hat geschrieben:
Evident ist doch, dass Allmacht notwendig Allwissen impliziert, nicht aber umgekehrt...mir scheint da durchaus eine logische und zeitlich-kausale Beziehung zu bestehen. Die Allwissenheit als extra Feature zu bezeichnen ist ziemlich grotesk. Wie sollte z.B. eine gefällte Entscheidung (d.h. die Zukunft) revidiert werden ohne ein vorgängiges Wissen um diesen Entscheid? Umgekehrt ist Allwissenheit aber problemlos vorstellbar ohne irgendwelche (All-)Macht (es sei denn man definiert blosses Wissen als Macht).
Entscheidend bleibt so oder so der Widerspruch von festgelegter Zukunft (wodurch auch immer!) und deren Revidierbarkeit...und diesen Widerspruch hast du argumentativ nicht aufgelöst (es sei denn durch das Adjektiv allmächtig, der alles möglich macht, auch die Vereinbarkeit von Widersprüchen).

Die Zukunft ist eben nicht festgelegt, sie ist nur bekannt. Du willst eine Weile in eine Richtung gehen und weißt, dass du danach wieder umkehren wollen wirst. Du musst nicht umkehren, denn du bist ja frei. Deshalb hängt die Zukunft nicht von deinem Vorwissen ab, sondern von deinem Willen. Es wird aber - das weißt du im Voraus, denn du kennst bereits alle Gründe, die du dann haben wirst - keinen Grund geben, deinen Willen zu ändern.

Die Schwäche deines Argumentes besteht m.E. darin, dass du in die Allwissenheit nicht das Wissen über zukünftige Willensentscheidungen einbeziehst.


Allwissenheit kann KÜNFTIGE freie Willensentscheidungen nicht beinhalten, weil es deren Existenz notwendig ausschliesst. Könnte es das wäre die Kompatibilität ja gegeben. Meine ganze Argumentation soll ja aufzeigen, dass genau dies nicht möglich ist. Und ich kann bisher nicht sehen dass du meine Argumentation hättest widerlegen können.
Eine bekannte (gewusste) Zukunft ist auch eine festgelegte und damit unrevidierbare...und das heisst: eine den freien Willen (=die Zukunft verändern könnende/erst zur Realität bringende) negierende .
Zur angeblichen Schwäche meiner Argumentation: Ich meine, dass du einen Denkfehler begehst. Du verkennst, dass ein im HIER UND JETZT für eine zukünftige Handlung gefällter (freier) Entscheid (z.B. umzukehren) und damit das Vorherwissen um diese künftige Handlung den KÜNFTIGEN "Entscheid" determiniert (d.h. du hast dann nicht mehr die Wahl nicht umzukehren). Alles Vorauswissen determiniert, ob die so gewusste Zukunft frei gewählt wurde oder nicht (und: im Falle von Gottes Allwissenheit hast ja nicht du vorgängig über deine künftige Entscheidungen entschieden sondern er...zudem benutzt du eine falsche Analogie wenn du Gottes Allwissenheit mittels menschlichem "Vorherwissen" (welches eben bezüglich künftiger Entscheidungen nie sicher ist) zu erläutern versuchst). Deine Argumentation erinnert der Form nach ein wenig an die esoterische Aussage man habe vor seiner Geburt sein Lebensschicksal frei gewählt...gerade im Hinblick auf offensichtlichst unfreieste (innerer/äusserer)Lebensumstände zeigt sich das Fragwürdige daran klar: man ist völlig unfrei anders zu handeln (oder einen Schicksalsschlag ungeschehen zu machen etc.) aber man selber habe diese Unfreiheit damals frei gewählt! Nur: das ändert nichts daran, dass ich im hier und jetzt womöglich in meiner FAKTISCHEN Freiheit völlig eingeschränkt bin und das fühle und weiss (und nur durch Suggestion und Not daran glauben kann, dies jemals frei gewollt zu haben...).
Zuletzt geändert von Dr Fraggles am Di 8. Mai 2012, 20:06, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Gott und Allwissenheit - ein widersprüchliches Konzept?

Beitragvon ujmp » Di 8. Mai 2012, 20:03

Nein. Wissen determiniert überhaupt nichts, es hat keinen Einfluss auf die Zukunft und auf überhaupt gar keine Existenz. Im Gegenteil, es wird von der Existens bestimmt. Dass ich weiß, dass sich die Erde um die Sonne dreht, hat doch keinen Enfluss auf diesen Fakt! Bestenfalls kann der Wille* Enfluss auf Fakten nehmen in dem er Fakten schafft. Wenn Allmacht bedeutet, dass ich jeden Willen ausführen kann und Allwissenheit das Wissen über jeden zukünftigen Willen, dann stehen Allwissenheit und Allmacht nicht im Widerspruch.

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Re: Gott und Allwissenheit - ein widersprüchliches Konzept?

Beitragvon Dr Fraggles » Di 8. Mai 2012, 20:16

ujmp hat geschrieben:Nein. Wissen determiniert überhaupt nichts, es hat keinen Einfluss auf die Zukunft und auf überhaupt gar keine Existenz. Im Gegenteil, es wird von der Existens bestimmt. Dass ich weiß, dass sich die Erde um die Sonne dreht, hat doch keinen Enfluss auf diesen Fakt! Bestenfalls kann der Wille Enfluss auf Fakten nehmen in dem er Fakten schafft. Wenn Allmacht bedeutet, dass ich jeden Willen ausführen kann und Allwissenheit das Wissen über jeden zukünftigen Willen, dann stehen Allwissenheit und Allmacht nicht im Widerspruch.


Wo spreche ich von kausalem Einfluss? (Eine These die Thomas von Aquin bezüglich Gottes Allwissenheit aber durchaus vertrat). Wenn ich sage, dass Allwissenheit die Zukunft determiniert, dann in dem Sinn, dass es alternative zukünftige Szenarios LOGISCH ausschliesst. Nochmals: was die Wirklichkeit steuert, kausal bewirkt, das interessiert mich hier nicht und muss es auch nicht, weil das Problem der Vereinbarkeit von Allwissenheit/freier Wille damit nicht direkt zu tun hat.
Ich frage nach der logischen Vereinbarkeit (wie es der Fragestellung entspricht) und nach nichts anderem...da sollte man nicht Äpfel mit Birnen verwechseln. Ansonsten: du wiederholst dich. Versuch doch meine Argumentation zu entkräften oder darauf einzugehen (da ich sehr klar die Folgen deines Ansatzes beschrieben habe).

ps: Dass Wissen nichts kausal determiniere ist übrigens absolut unplausibel. Wissen bewirkt zwar nicht die Rotation der Erde oder ähnliches (soviel wir wissen) aber unsere Entscheide/Handlungen werden doch auch durch Gründe etc. bestimmt welche stark von unserem Wissen (um die Folgen einer Handlung, die Angemessenheit einer Handlung bezogen aufs zu erreichende Ziel etc.) abhängig sind.
Zuletzt geändert von Dr Fraggles am Di 8. Mai 2012, 20:30, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Gott und Allwissenheit - ein widersprüchliches Konzept?

Beitragvon ujmp » Di 8. Mai 2012, 20:26

Deine Argumentation ist leider ein Strohmannargument. Ich kann es es nicht entkräften, es tangiert aber auch mein Argument nicht.

Sag doch mal einen Satz, der zu meiner Auffassung in logischem Widerspruch steht - nur einen, dann hast du gewonnen!
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Re: Gott und Allwissenheit - ein widersprüchliches Konzept?

Beitragvon Dr Fraggles » Di 8. Mai 2012, 20:42

ujmp hat geschrieben:Deine Argumentation ist leider ein Strohmannargument. Ich kann es es nicht entkräften, es tangiert aber auch mein Argument nicht.

Sag doch mal einen Satz, der zu meiner Auffassung in logischem Widerspruch steht - nur einen, dann hast du gewonnen!


Inwiefern ein Strohmannargument?
Ich habe doch glasklar beschrieben wie ein bereits jetzt gefällter Entscheid für eine künftige Handlung diese dann erst in der Zukunft erfolgende Handlung zu einer unfreien macht, d.h. was ich jetzt schon für die Zukunft (künftige Handlungen) entscheide (und damit einem Vorherwissen zugänglich mache), legt diese Zukunft fest und schliesst damit alternative Zukünfte aus.
Der Widerspruch ist der den ich schon dauern moniere: eine durch was auch immer (und wie frei auch immer, und mit wieviel Wissen auch immer)festgelegte Zukunft, bringt Wissen um diese nicht-revidierbare, nun festgelegte Zukunft mit sich und dies schliesst einen freien Willen aus der die Zukunft würde revidieren können müssen oder erst als Wirklichkeit aktualisieren würde .

Was ist daran ein Strohmann?
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Re: Telepathie - Wissenschaftlich akzeptiert?

Beitragvon AgentProvocateur » Di 8. Mai 2012, 20:48

Dr Fraggles hat geschrieben:Lässt man es in diesem Sinne gelten, dann gehört zur Minimaldefinition, dass der freie Wille in einer gegebenen Situation so oder auch anders entscheiden könnte und das impliziert, dass der freie Wille vor einer offenen, nicht festgelegten Zukunft steht.

Man kann aber nicht fragen, ob, vorausgesetzt, zwei Situationen seien identisch, die dennoch unterschiedlich sein könnten. Das ergibt überhaupt keinen Sinn: wenn zwei Situationen voraussetzungsgemäß identisch sein sollen, dann sind sie wegen der Voraussetzung identisch. Das ist tautologisch wahr. Nur wenn man in der Voraussetzung zulässt, dass die Situationen unterschiedlich sein können, können sie unterschiedlich sein. Das hat aber nichts mit der Wirklichkeit zu tun, nur mit Logik.

Außerdem ergibt es - zumindest nach meinem Sprachgebrauch - überhaupt keinen Sinn, zu sagen, "ein Wille entscheidet" - so als ob ein Wille keine Substantivierung von 'wollen' sei, sondern eine eigenständige handlungsfähige Entität.

Dr Fraggles hat geschrieben:Deine Analogie zwischen deinem Vorherwissen die Handlung deiner Frau betreffend und einer angenommenen Allwissenheit, ist schlicht falsch (wie du selber andeutest): dein Wissen ist eben lediglich eine Überzeugung welche analytisch kein Wahrsein impliziert. Eine Allwissenheit impliziert aber notwendig Wahrsein (Allwissenheit kann sich nicht irren). Anders gesagt: du weisst nicht (falls deine Überzeugung sich als wahr erweist war es kontingenterweise wahr), Allwissenheit ist aber notwendigerweise wahr.

Nein, ist sie nicht. Es ist kein logischer Widerspruch, sich ein Wesen zu denken, das immer wahre Voraussagen macht, die zufällig immer richtig sind. So ein Wesen wäre ununterscheidbar zu einem Wesen, das notwendigerweise immer richtig liegt.

Die Krake Paul möchte ich an der Stelle mal erwähnen.

Dr Fraggles hat geschrieben:Aber lassen wir es als Gedankenexperiment stehen. Inwiefern würde ein solches Vorherwissen deine mögliche Freiheit tangieren? Da du selbst sagst keinen freien Willen zu haben natürlich gar nicht. Generell gilt aber: Ist die Zukunft festgelegt (ob das jemand weiss oder nicht ist völlig irrelevant!, Stichwort: epistemischer Intederminismus, siehe oben), dann schliesst das einen freien Willen aus.

Aber wie oben schon gesagt: 'Zukunft' und 'Vergangenheit' sind relative Begriffe, relativ zu etwas/jemandem, das/der in der (seiner Jetzt-) Zeit gedacht wird.

Wenn in diesem Sinne die Zukunft derart festgelegt ist, (besser gesagt: wenn sie sich so ereignet), dass dieses Etwas keinen Einfluss darauf hat, dann gäbe es keinen freien Willen.

Meine jetzige Zukunft, (und Deine und die aller anderen auch), wird auf eine ganz bestimmte Weise ablaufen und nie anders, als sie ablaufen wird, (wieder Tautologiealarm). Und später wird meine jetzige Zukunft meine spätere Vergangenheit sein - und unveränderlich. Es ist nun merkwürdig, anzunehmen, dass die Zukunft veränderlich sein soll, sprich: mit einer 'ontologischen Offenheit der Zukunft' kann ich nichts anfangen, das ist mE ein Unbegriff. Denn die Frage wäre ja: veränderlich in Bezug auf was, im Vergleich wozu? Zu dem, wie sie sein wird? Nein, das kann nicht sein, denn sie wird so sein, wie sie sein wird. Wie aber sonst?

Daher kommt es darauf an, wie und wodurch meine Zukunft festgelegt wird / sich ergibt. Und durch reines Wissen (das nicht nach außen dringt) wird nichts festgelegt.
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Re: Gott und Allwissenheit - ein widersprüchliches Konzept?

Beitragvon Dr Fraggles » Di 8. Mai 2012, 20:53

ujmp hat geschrieben:Nein. Wissen determiniert überhaupt nichts, es hat keinen Einfluss auf die Zukunft und auf überhaupt gar keine Existenz. Im Gegenteil, es wird von der Existens bestimmt. Dass ich weiß, dass sich die Erde um die Sonne dreht, hat doch keinen Enfluss auf diesen Fakt! Bestenfalls kann der Wille* Enfluss auf Fakten nehmen in dem er Fakten schafft. Wenn Allmacht bedeutet, dass ich jeden Willen ausführen kann und Allwissenheit das Wissen über jeden zukünftigen Willen, dann stehen Allwissenheit und Allmacht nicht im Widerspruch.

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Du verkennst, dass Allwissenheit bedeutet alles zu wissen. Allwissenheit kennt jede künftigen Entscheid, jede Willensregung. Allwissenheit negiert Allmacht im Sinne einer frei entscheiden könnende Macht. Allwissenheit weiss um alle Handlungen/Entscheidungen der Allmacht die desshalb nicht frei sind: so wie die Allwissenheit das Agieren der Allmacht weiss, so und nicht anders wird die Allmacht handeln, weil sie nicht anders kann. Könnte sie anders hätte die Allwissenheit geirrt was sie Definitionsgemäss nicht kann. Die Allmacht mag die Welt und alles lenken aber die Allwissenheit weiss wie die Allmacht handeln wird und die Allmacht kann davon nicht abweichen.
Allwissenheit heisst: vor aller Aktion der Allmacht ist das Wissen um das Wie dieses Agierens da. Allwissenheit entsteht nicht nach dem Agieren der Allmacht sondern ist definitionsgemäss ihr vorhergehend, ansonsten sie nicht Allwissenheit wäre etc. etc.
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Re: Gott und Allwissenheit - ein widersprüchliches Konzept?

Beitragvon ujmp » Di 8. Mai 2012, 20:58

Der Strohmann ist die Konstruktion, dass das Wissen über die Zukunft die Möglichkeiten der Zukunft einschränkt. Wenn Wissen dies könnte, dann wäre es evtl. ein Argument, aber gegen eine Auffassung, die ich nicht vertrete.

Dass ich weiß, was ich in den nächsten Minuten tun werde, schränkt doch meine Freiheit, etwas anderes zu tun nicht ein! Wenn ich etwas anderes täte, hätte ich mich eben über meine Zukunft geirrt. Es ist aber ein synthetisches Urteil, dass Gott sich über seinen Willen nicht irrt.
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Re: Telepathie - Wissenschaftlich akzeptiert?

Beitragvon AgentProvocateur » Di 8. Mai 2012, 21:04

Nochmal kurz zu meinem Gedankenexperiment:

Dr Fraggles hat geschrieben:Dein Argument zum ausserhalb der Zeit stehen: sehr gewagt (erinnert an den Laplaceschen Dämon). Ich würde bestreiten, dass so etwas überhaupt möglich ist (müsste z.B. das Programm/Computer nicht sich selbst als Teil der Welt selbst schon immer voraussein...d.h. müsste das Programm nicht die Zukunft schon kennen um die Zukunft kennen zu können?).

Das Gedankenexperiment beinhaltet zwei Welten - unsere und die des Computerfreaks - in denen die Zeit unterschiedlich abläuft, da unsere Welt eine Computersimulation in der Welt des Computerfreaks ist. Das Programm muss daher natürlich nicht seine Zukunft kennen, bzw. seine Welt berechnen können, es erzeugt schlicht nur unsere Welt. Du kannst das auch gerne mit dem 'brain-in-a-vat'-Gedankenxperiment ersetzen, falls das anschaulicher für Dich ist, das ist mir auch recht.

Der Punkt war: davon auszugehen, es könne nur eine Welt und nur eine ausgezeichnete Gegenwart (Deine und meine) geben, ist erst mal nur einen Annahme. Man muss die nicht treffen. Und das Gedankenexperiment war auch dazu gedacht, um ein (logisch mögliches) 'außerhalb der (unserer) Zeit stehen' anschaulich darzustellen.
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Re: Telepathie - Wissenschaftlich akzeptiert?

Beitragvon Dr Fraggles » Di 8. Mai 2012, 21:24

[ADMIN] Bitte keine Vollzitate, sondern nur das Relevante wiedergeben. Danke!

Der Beitrag bezieht sich auf diesen Beitrag von Agent Provocateur.

Nanna [/ADMIN]


Wie gesagt: ich glaube nicht an den freien Willen weil er logisch nicht zu denken ist. Warum mich dann wieder darauf festnageln? Natürlich entscheidet der Wille nicht, sowenig es eine abstrakte Willensentität gibt. Aber wenn man hypothetisch etwas Unsinniges gelten lässt dann muss man auch daraus folgende unsinnige Ausdrücke gelten lassen...auch wenn man wörtlich nicht daran glaubt (man redet als ob).
Also bitte lass das Thema...dass die Annahme einer solchen Entität nur Probleme erzeugt ist uns beiden klar.

Du kannst dir zwar ein Wesen denken das zufällig immer wahre Prognosen macht (ja?), aber das ist nicht der Punkt. Zufällige wahre Aussagen über die Zukunft (auch wenn der Zufall nie irren sollte) bleiben kontingent (der Zufall KÖNNTE sich definitionsgemäss irren und damit könnte die Zukunft auch anders sein als er behauptet). Allwissenheit ist notwendig wahr (womit die gewusste Zukunft eben sicher feststeht). Ein Wesen welches nur zufällig die Zukunft (immer) richtig vorhersagen könnte sich aber nicht doch einmal irren könnte, ist nicht denkbar und das ist der entscheidende Unterschied! (Oder meinst du dass Paul sich nie irren könnte...).

Die meisten Menschen erfahren ihr Leben als ontologisch offen (weil sie epistemisch indeterminiert ist): als nicht festgelegt, man ist frei aus verschiedenen imaginierten Zukunftsszenarios auszuwählen etc.
Meine Zukunft und jede andere wird so ablaufen wie sie wird und nicht anders...ja, aber das sag ich nirgends, weil eine inhaltsleere Aussage. Falls es Allwissenheit gibt, gibt es keinen freien Willen, jedermanns Zukunft ist dann festgelegt (ob man darum weiss oder nicht). Veränderliche Zukunft bedeutet, dass ganz real die Zukunft offen ist: es in meiner Macht steht durch meine freien Entscheidungen dem Lauf meines Lebens (und damit auch der Welt) einen nicht vorgängig festgelegte Richtung zu geben. Veränderlich bedeutet lediglich diese Faktizität des ontologisch nicht Festgestelltseins. Es ist notwendiger Bestandteil einer Definition des freien Willens.

Wissen determiniert weitgehend meine "Entscheidungen". Zu sagen Wissen habe keinen kausalen Einfluss auf Handlungen und damit den Lauf der Welt ist absurd.
Zuletzt geändert von Nanna am Di 8. Mai 2012, 21:51, insgesamt 2-mal geändert.
Grund: Administrationshinweis eingefügt
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Re: Gott und Allwissenheit - ein widersprüchliches Konzept?

Beitragvon Dr Fraggles » Di 8. Mai 2012, 21:36

ujmp hat geschrieben:Der Strohmann ist die Konstruktion, dass das Wissen über die Zukunft die Möglichkeiten der Zukunft einschränkt. Wenn Wissen dies könnte, dann wäre es evtl. ein Argument, aber gegen eine Auffassung, die ich nicht vertrete.

Dass ich weiß, was ich in den nächsten Minuten tun werde, schränkt doch meine Freiheit, etwas anderes zu tun nicht ein! Wenn ich etwas anderes täte, hätte ich mich eben über meine Zukunft geirrt. Es ist aber ein synthetisches Urteil, dass Gott sich über seinen Willen nicht irrt.


AHA...jetzt löst sich das Problem auf fast schon parodistische Art: dein Wissen schränkt dich nicht ein weil es eben gar kein Wissen ist, sondern Irrtumsanfällige Überzeugung. Der Umkehrschluss wäre dann wohl, dass auch du einsiehst dass Wissen welches eben Wissen ist (WAHRE Überzeugung, also Überzeugung welche nicht irren tut) die Zukunft festlegt.
Freilich wenn Gott irrt dann kann auch seine Prognose bezüglich unserer Entscheidungen falsch sein und damit der freie Wille wieder Platz finden. Aber sorry, Gottes Allwissenheit ist analytisch wahr...Wissen impliziert Wahrsein ansonsten es lediglich Überzeugung wäre und bestenfalls zufällig wahr. Ob Gott allwissend ist oder nur fehlbare Überzeugungen hat: das ist doch nicht das Thema! Wenn er irrt, ist er nicht allwissend wenn er nicht irrt, dann ist er allwissend. Wir sprachen nie davon ob Gott allwissend ist oder nicht, wir setzten das voraus, sowenig wir auch darüber argumentierten ob ein freier Wille existiert. Unser hypothetisches Szenario war die Frage ob eine hypothetische Allwissenheit und ein hypothetischer freier Wille kompatibel sind...mehr nicht.
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Re: Telepathie - Wissenschaftlich akzeptiert?

Beitragvon Dr Fraggles » Di 8. Mai 2012, 22:16

AgentProvocateur hat geschrieben:Nochmal kurz zu meinem Gedankenexperiment:

Dr Fraggles hat geschrieben:Dein Argument zum ausserhalb der Zeit stehen: sehr gewagt (erinnert an den Laplaceschen Dämon). Ich würde bestreiten, dass so etwas überhaupt möglich ist (müsste z.B. das Programm/Computer nicht sich selbst als Teil der Welt selbst schon immer voraussein...d.h. müsste das Programm nicht die Zukunft schon kennen um die Zukunft kennen zu können?).

Das Gedankenexperiment beinhaltet zwei Welten - unsere und die des Computerfreaks - in denen die Zeit unterschiedlich abläuft, da unsere Welt eine Computersimulation in der Welt des Computerfreaks ist. Das Programm muss daher natürlich nicht seine Zukunft kennen, bzw. seine Welt berechnen können, es erzeugt schlicht nur unsere Welt. Du kannst das auch gerne mit dem 'brain-in-a-vat'-Gedankenxperiment ersetzen, falls das anschaulicher für Dich ist, das ist mir auch recht.

Der Punkt war: davon auszugehen, es könne nur eine Welt und nur eine ausgezeichnete Gegenwart (Deine und meine) geben, ist erst mal nur einen Annahme. Man muss die nicht treffen. Und das Gedankenexperiment war auch dazu gedacht, um ein (logisch mögliches) 'außerhalb der (unserer) Zeit stehen' anschaulich darzustellen.


Ja, verstehe. Scheint logisch einwandfrei. Im Unklaren bin ich bezüglich des verändernden Einflusses des Computers auf die Welt selbst (es sei denn er wäre völlig isoliert gedacht von der zu simulierenden Welt) und daraus resultierende Probleme...besonders beim hin-und herspringen in der Zeit.
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