ujmp hat geschrieben:Dr Fraggles hat geschrieben:
Wenn du die Allwissenheit auf die Vorsätze ausdehnst ändert das rein gar nichts! Wie soll sich dadurch der Widerspruch auflösen? Du machst denselben Denkfehler nochmals: was ich jetzt hinsichtlich meiner künftigen Vorsätze/Entscheidungen schon weiss, habe ich bestenfalls jetzt entschieden und nicht in der fraglichen Zukunft...dann führe ich nur noch aus was schon längst (oder immer schon) entschieden wurde (der Widerspruch scheint mir durchaus zwingend, Vorsätze hin oder her).
Nach meiner Auffassung begründet nicht die Allwissenheit die festgelegte Zukunft, sondern sie ist durch die Allmacht verursacht, und zwar durch den Willen, der sie entschieden hat und der diese Entscheidung auch revidieren kann. Die Allwissenheit steht damit in keinem logischen oder ursächlichen Zusammenhang, sie ist ein extra Feature. Die Allwissenheit beinhaltet das Wissen über die Entscheidungen, die allmächtig getroffen oder auch allmächtig revidiert werden.
Einfach gesagt: Der Allwissenheit ist der Wille bekannt.
AgentProvocateur hat geschrieben:Dr Fraggles hat geschrieben:Der "freie Wille" lässt sich gleichsetzen mit einer zumindest partiell offenen, nicht-feststehenden Zukunft, also einer faktisch noch nicht seienden Zukunft.
Warum?
Und wieso triffst Du überhaupt einen prinzipiellen Unterschied zwischen Vergangenheit und Zukunft? Den gibt es (objektiv) gar nicht, nur aus Sicht von Subjekten - zu einer bestimmten Zeit - ist die Aussage: "x liegt in der Zukunft, Y in der Vergangenheit" richtig. Und nur aus dieser Sicht kann etwas 'faktisch noch nicht seiend' sein.
Dr Fraggles hat geschrieben:AgentProvocateur hat geschrieben:Dr Fraggles hat geschrieben:Der "freie Wille" lässt sich gleichsetzen mit einer zumindest partiell offenen, nicht-feststehenden Zukunft, also einer faktisch noch nicht seienden Zukunft.
Warum? [...]
Warum? Weil dies zu einer plausiblen Definition des freien Willens gehört (neue Kausalketten in Gang setzen bzw. dass eine alternative Wahl eine andere Zukunft zur Folge hätte...man könnte natürlich argumentieren, dass meine freie Wahl z.B. nur eine von etlichen bereits existierende Welten für mich aktualisiert etc.), ohne dieses der freie Wille noch unplausibler wäre als er es eh schon ist.
Dr Fraggles hat geschrieben:
Evident ist doch, dass Allmacht notwendig Allwissen impliziert, nicht aber umgekehrt...mir scheint da durchaus eine logische und zeitlich-kausale Beziehung zu bestehen. Die Allwissenheit als extra Feature zu bezeichnen ist ziemlich grotesk. Wie sollte z.B. eine gefällte Entscheidung (d.h. die Zukunft) revidiert werden ohne ein vorgängiges Wissen um diesen Entscheid? Umgekehrt ist Allwissenheit aber problemlos vorstellbar ohne irgendwelche (All-)Macht (es sei denn man definiert blosses Wissen als Macht).
Entscheidend bleibt so oder so der Widerspruch von festgelegter Zukunft (wodurch auch immer!) und deren Revidierbarkeit...und diesen Widerspruch hast du argumentativ nicht aufgelöst (es sei denn durch das Adjektiv allmächtig, der alles möglich macht, auch die Vereinbarkeit von Widersprüchen).
ujmp hat geschrieben:Du bringst zwei Dinge durcheinander: Vorsatz und Wissen. Ich behaupte nicht, dass du allwissend bist, weil du eine freie Entscheidung getroffen hast, was sein wird. Ich behaupte, dass du allwissend bist und eine freie Entscheidung getroffen hast, die du jeder Zeit revidieren kannst aber nicht musst, denn du bist ja allmächtig.
AgentProvocateur hat geschrieben:
Nun gut.
Ich negiere die Differenz von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft gar nicht, ich meine lediglich, dass es nur aus der Sicht/in Bezug von/zu Etwas/Jemandem konkreten Sinn ergibt, diese Begriffe zu verwenden. Und aus meiner Sicht ist meine Zukunft offen, und zwar in dem Sinne, dass ich nicht (exakt) kennen kann. Man kann sich aber problemlos jemand anderen vorstellen, für den meine (jetzige) Zukunft nicht offen ist. Dazu benötigen wir keinen Gott, wir können dazu schlicht jeden beliebigen Menschen aus meiner (jetztigen) Zukunft nehmen, der im Nachhinein meine Handlungen zur Kenntnis nimmt. Übermorgen weiß der, was ich morgen gemacht habe. (Und ich auch.)
Dein Konzept von 'freiem Willen' ist mal wieder inkohärent. Es ist mE logisch unmöglich, dass jemand etwas Akausales kontrollieren kann, dass Akausalität Kontrolle herstellen kann. Und also wenn man sowohl 'Akausalität' und 'Kontrolle' als notwendige Eigenschaften eines freien Willens proklamiert, dann kann es den logischerweise nicht geben. Und zwar völlig unabhängig davon, ob eine Welt kausal determiniert ist oder nicht oder ob jemand anderes allwissend oder allmächtig ist. Der freie Wille ist dann schlicht per definitionem unmöglich, alles weitere ist dazu absolut irrelevant, kann daran nichts ändern, sind alles nur red herrings. Was daran aber plausibel sein soll, erschließt sich mir nicht.
Und ein ledigliches (auch All-)Wissen darum, wie ich entscheiden und handeln werde, hat keinen Einfluss auf meine Entscheidung und mein Handeln und kann es daher nicht einschränken. Ich weiß z.B., dass meine Frau sich morgen früh einen Milchkaffee machen wird, (zumindest wird sie das wollen, könnte aber sein, dass was dazwischenkommt, was sie daran hindert, ihren Willen umzusetzen). Und dieses Wissen macht sie aber in keinster Weise unfrei. Wieso sollte es auch?
'Außerhalb der Zeit stehen' halte ich übrigens nicht für ein logisch unmögliches Konzept - so wie anscheienend Deines des 'freien Willens'.
Man muss sich lediglich von dem Begriff die! (enzige) Zeit verabschieden. Dazu brauche ich wieder keinen Gott. Ich stelle mir einfach einen Computer-Freak vor, ein bisschen ungepflegt, ohne große soziale Kompetenz, ein bisschen schüchtern, (um das mal ein bisschen auszumalen und ein paar Klischees zu bedienen). Nun ist dieser Computer-Freak, obgleich oder auch weil er keine Freunde hat, ein wahrer Experte darin, auch hochkomplexe Computerprogramme zu erstellen. Und zwar hat er uns und unsere Welt erstellt, er ist der Hüter unserer Matrix. Und selber gespannt, wie sich alles so entwickelt, daher schaut er permanent der Entwicklung unserer Welt zu. Wenn er schlafen muss, dann drückt er auf 'Pause', (d.h. die Zeit in seiner Welt läuft weiter ab, die in unserer Welt nicht), weil er nichts verpassen will. Nun kann er auch die Entwicklung schneller ablaufen lassen und er kann zu beliebigen Zeitpunkten der 'Zukunft', (aus unserer Sicht), vorspulen. Macht er aber nur manchmal, weil ihn das selber ärgert, weil er sich die Spannung genommen hat. (Ist so, als wie wenn man bei einem Krimi erst letzten Seiten liest). Nun nehmen wir einmal an, er hat schon geschaut, was ich morgen um 12:00 tun werde. Und einmal nehmen wir an, er hätte das nicht getan.
Aber was sollte das für einen Unterschied bezüglich meiner Freiheit machen? Wohlgemerkt: sein Wissen hat nichts mit Kausalität zu tun, er hat mehrere echte Zufallsgeneratoren in seinem Mega-Programm verwendet, er kann die Zukunft also nicht berechnen. Aber er kann dahin springen.
ujmp hat geschrieben:Dr Fraggles hat geschrieben:
Evident ist doch, dass Allmacht notwendig Allwissen impliziert, nicht aber umgekehrt...mir scheint da durchaus eine logische und zeitlich-kausale Beziehung zu bestehen. Die Allwissenheit als extra Feature zu bezeichnen ist ziemlich grotesk. Wie sollte z.B. eine gefällte Entscheidung (d.h. die Zukunft) revidiert werden ohne ein vorgängiges Wissen um diesen Entscheid? Umgekehrt ist Allwissenheit aber problemlos vorstellbar ohne irgendwelche (All-)Macht (es sei denn man definiert blosses Wissen als Macht).
Entscheidend bleibt so oder so der Widerspruch von festgelegter Zukunft (wodurch auch immer!) und deren Revidierbarkeit...und diesen Widerspruch hast du argumentativ nicht aufgelöst (es sei denn durch das Adjektiv allmächtig, der alles möglich macht, auch die Vereinbarkeit von Widersprüchen).
Die Zukunft ist eben nicht festgelegt, sie ist nur bekannt. Du willst eine Weile in eine Richtung gehen und weißt, dass du danach wieder umkehren wollen wirst. Du musst nicht umkehren, denn du bist ja frei. Deshalb hängt die Zukunft nicht von deinem Vorwissen ab, sondern von deinem Willen. Es wird aber - das weißt du im Voraus, denn du kennst bereits alle Gründe, die du dann haben wirst - keinen Grund geben, deinen Willen zu ändern.
Die Schwäche deines Argumentes besteht m.E. darin, dass du in die Allwissenheit nicht das Wissen über zukünftige Willensentscheidungen einbeziehst.
ujmp hat geschrieben:Nein. Wissen determiniert überhaupt nichts, es hat keinen Einfluss auf die Zukunft und auf überhaupt gar keine Existenz. Im Gegenteil, es wird von der Existens bestimmt. Dass ich weiß, dass sich die Erde um die Sonne dreht, hat doch keinen Enfluss auf diesen Fakt! Bestenfalls kann der Wille Enfluss auf Fakten nehmen in dem er Fakten schafft. Wenn Allmacht bedeutet, dass ich jeden Willen ausführen kann und Allwissenheit das Wissen über jeden zukünftigen Willen, dann stehen Allwissenheit und Allmacht nicht im Widerspruch.
ujmp hat geschrieben:Deine Argumentation ist leider ein Strohmannargument. Ich kann es es nicht entkräften, es tangiert aber auch mein Argument nicht.
Sag doch mal einen Satz, der zu meiner Auffassung in logischem Widerspruch steht - nur einen, dann hast du gewonnen!
Dr Fraggles hat geschrieben:Lässt man es in diesem Sinne gelten, dann gehört zur Minimaldefinition, dass der freie Wille in einer gegebenen Situation so oder auch anders entscheiden könnte und das impliziert, dass der freie Wille vor einer offenen, nicht festgelegten Zukunft steht.
Dr Fraggles hat geschrieben:Deine Analogie zwischen deinem Vorherwissen die Handlung deiner Frau betreffend und einer angenommenen Allwissenheit, ist schlicht falsch (wie du selber andeutest): dein Wissen ist eben lediglich eine Überzeugung welche analytisch kein Wahrsein impliziert. Eine Allwissenheit impliziert aber notwendig Wahrsein (Allwissenheit kann sich nicht irren). Anders gesagt: du weisst nicht (falls deine Überzeugung sich als wahr erweist war es kontingenterweise wahr), Allwissenheit ist aber notwendigerweise wahr.
Dr Fraggles hat geschrieben:Aber lassen wir es als Gedankenexperiment stehen. Inwiefern würde ein solches Vorherwissen deine mögliche Freiheit tangieren? Da du selbst sagst keinen freien Willen zu haben natürlich gar nicht. Generell gilt aber: Ist die Zukunft festgelegt (ob das jemand weiss oder nicht ist völlig irrelevant!, Stichwort: epistemischer Intederminismus, siehe oben), dann schliesst das einen freien Willen aus.
ujmp hat geschrieben:Nein. Wissen determiniert überhaupt nichts, es hat keinen Einfluss auf die Zukunft und auf überhaupt gar keine Existenz. Im Gegenteil, es wird von der Existens bestimmt. Dass ich weiß, dass sich die Erde um die Sonne dreht, hat doch keinen Enfluss auf diesen Fakt! Bestenfalls kann der Wille* Enfluss auf Fakten nehmen in dem er Fakten schafft. Wenn Allmacht bedeutet, dass ich jeden Willen ausführen kann und Allwissenheit das Wissen über jeden zukünftigen Willen, dann stehen Allwissenheit und Allmacht nicht im Widerspruch.
* als psychologische Größe
Dr Fraggles hat geschrieben:Dein Argument zum ausserhalb der Zeit stehen: sehr gewagt (erinnert an den Laplaceschen Dämon). Ich würde bestreiten, dass so etwas überhaupt möglich ist (müsste z.B. das Programm/Computer nicht sich selbst als Teil der Welt selbst schon immer voraussein...d.h. müsste das Programm nicht die Zukunft schon kennen um die Zukunft kennen zu können?).
ujmp hat geschrieben:Der Strohmann ist die Konstruktion, dass das Wissen über die Zukunft die Möglichkeiten der Zukunft einschränkt. Wenn Wissen dies könnte, dann wäre es evtl. ein Argument, aber gegen eine Auffassung, die ich nicht vertrete.
Dass ich weiß, was ich in den nächsten Minuten tun werde, schränkt doch meine Freiheit, etwas anderes zu tun nicht ein! Wenn ich etwas anderes täte, hätte ich mich eben über meine Zukunft geirrt. Es ist aber ein synthetisches Urteil, dass Gott sich über seinen Willen nicht irrt.
AgentProvocateur hat geschrieben:Nochmal kurz zu meinem Gedankenexperiment:Dr Fraggles hat geschrieben:Dein Argument zum ausserhalb der Zeit stehen: sehr gewagt (erinnert an den Laplaceschen Dämon). Ich würde bestreiten, dass so etwas überhaupt möglich ist (müsste z.B. das Programm/Computer nicht sich selbst als Teil der Welt selbst schon immer voraussein...d.h. müsste das Programm nicht die Zukunft schon kennen um die Zukunft kennen zu können?).
Das Gedankenexperiment beinhaltet zwei Welten - unsere und die des Computerfreaks - in denen die Zeit unterschiedlich abläuft, da unsere Welt eine Computersimulation in der Welt des Computerfreaks ist. Das Programm muss daher natürlich nicht seine Zukunft kennen, bzw. seine Welt berechnen können, es erzeugt schlicht nur unsere Welt. Du kannst das auch gerne mit dem 'brain-in-a-vat'-Gedankenxperiment ersetzen, falls das anschaulicher für Dich ist, das ist mir auch recht.
Der Punkt war: davon auszugehen, es könne nur eine Welt und nur eine ausgezeichnete Gegenwart (Deine und meine) geben, ist erst mal nur einen Annahme. Man muss die nicht treffen. Und das Gedankenexperiment war auch dazu gedacht, um ein (logisch mögliches) 'außerhalb der (unserer) Zeit stehen' anschaulich darzustellen.
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