Das Zeitalter des Irrationalen

Das Zeitalter des Irrationalen

Beitragvon Sinuhé » So 2. Aug 2009, 15:11

In der vorletzten Ausgabe von Spektrum der Wissenschaft war eine Buchbesprechung über obigen Titel, der von dem schottischen, ich glaube Religionshistoriker, James Webb verfaßt ist und neu in deutscher Sprache verlegt wurde. Untersucht werden irrationale Gedankengebäude und Gesellschaften, die an der rationalen Weltsicht leiden und sich eine eigene bauen. Schwerpunke sind das ausgehende 19. und das 20. Jahrhundert. maxiverlag, 608 Seiten, 20 Euro, gebunden. Der Rezensent im Spektrum nennt es "epochal". Ich habe das Buch gestern gekauft und bin begeistert.
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Re: Das Zeitalter des Irrationalen

Beitragvon xander1 » Mo 3. Aug 2009, 00:41

Ich kann mich gar nicht in Irrationale Menschen hineinversetzen. Ich denke dann dass die besonders Intelligent sein müssen, weil die Manipulationsmethoden anwenden, wenn es gläubige sind. Sie wollen einen in den Sog der Irrationalität hinein ziehen. Man könnte sich ja verstellen und so tun, als glaube man das alles, vielleicht bringts ja was, aber man sollte dann immer Hintergedanken haben, was richtig und was falsch ist, vor dem ganzen Irrationalen System.
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Re: Das Zeitalter des Irrationalen

Beitragvon Sinuhé » Mo 3. Aug 2009, 19:21

Die Arbeit von James Webb ist eine wissenschaftliche Untersuchung darüber, welche Motive Menschen in die Irrationalität treiben wie zum Beispiel in den Spiritismus. Er zeigt auch Verbindungen auf zwischen europäischen Zirkeln, in denen spiritistische, fernöstliche Religionsgemische und Esoterik, Geheimwissenschaften und Scharlatanerie betrieben wurde. Nicht wenige bekannte historische Persönlichkeiten hingen diesen Kulten an und erwarteten von ihnen beziehungsweise deren Gurus eine Sinnfüllung ihres Lebens. Ein irrational denkender Mensch kann durchaus ein sympatischer sein. Ich hab eine Nichte, die kann sich vorstellen, daß hinter der Zerstörung der Zwillingstürme des World-Trade-Centers der CIA steckt. Sie ist auch nicht ganz überzeugt davon, daß jemals Menschen auf dem Mond waren. Sie kann sich vorstellen, daß hinter allem Bösen DIE stecken, die Illuminaten, die Juden, die Freimaurer. Sie ist eine liebe Gesprächspartnerin, hat 4 kluge Kinder, alle gehen aufs Gymnasium oder haben schon Abitur. Die Kinder lächeln liebevoll über ihre Mutter.
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Re: Das Zeitalter des Irrationalen

Beitragvon robika » Mo 31. Aug 2009, 21:38

Sinuhé hat geschrieben:Die Arbeit von James Webb ist eine wissenschaftliche Untersuchung darüber, welche Motive Menschen in die Irrationalität treiben wie zum Beispiel in den Spiritismus. Er zeigt auch Verbindungen auf zwischen europäischen Zirkeln, in denen spiritistische, fernöstliche Religionsgemische und Esoterik, Geheimwissenschaften und Scharlatanerie betrieben wurde. Nicht wenige bekannte historische Persönlichkeiten hingen diesen Kulten an und erwarteten von ihnen beziehungsweise deren Gurus eine Sinnfüllung ihres Lebens. Ein irrational denkender Mensch kann durchaus ein sympatischer sein. Ich hab eine Nichte, die kann sich vorstellen, daß hinter der Zerstörung der Zwillingstürme des World-Trade-Centers der CIA steckt. Sie ist auch nicht ganz überzeugt davon, daß jemals Menschen auf dem Mond waren. Sie kann sich vorstellen, daß hinter allem Bösen DIE stecken, die Illuminaten, die Juden, die Freimaurer. Sie ist eine liebe Gesprächspartnerin, hat 4 kluge Kinder, alle gehen aufs Gymnasium oder haben schon Abitur. Die Kinder lächeln liebevoll über ihre Mutter.


Nun, ich finde deine Nichte recht sympathisch. Denn so wie du Sie beschreibst ist Sie alles andere als Irrational. Sie glaubt einfach nur nicht jeden Mist der Ihr vorgesetzt wird. WEISST du wer das WTC zerstört hat? Ob dass was du über die Medien zu wissen glaubst das Richtige ist? Wenn du deine Beispiele als Basis fürs Irrationale hernimmst, so sind wir alle irrational, da medial manipuliert. "Wissen", im Sinne von selbst nachgeprüft, tun die Wenigsten von uns. Ersetze mal Illuminaten, Juden, etc. durch "Machtmenschen" und schon sind solche Aussagen nicht mehr skurril, sondern im Bereich des Möglichen.

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Re: Das Zeitalter des Irrationalen

Beitragvon Mark » Mo 7. Sep 2009, 10:05

Die Amerikaner sind doch viel zu ... um sowas zu organisieren. Siehe Schweinebucht.
Die können nunmal nicht heimlich still und leise. Nur mit viel Krach und Bomben können sie.
Ausserdem ist das ja irrelevant und tut nichts zur Sache, denn ob jetzt die Amerikaner es selber waren, oder aber doch die Terroristen.. das bleibt jedanfalls eine nicht-supernaturalistische Erklärung.
Auch ist die Motivation nicht vergleichbar. Die Nichte glaubt doch nicht an Verschwörungen des CIA weil es ihr Sinnerfüllung für ihr Leben gibt, sondern weil diesen ... sowas eben durchaus zugetraut werden darf und kann.

PS : Ich mag übrigens die Erklärung aus Southpark. Der Präsident täuscht nur vor es selber organisiert zu haben um in der Welt Eindruck zu schinden.. köstlich !
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Re: Das Zeitalter des Irrationalen

Beitragvon Nanna » Mo 7. Sep 2009, 15:19

Sinuhé hat geschrieben:Wenn du deine Beispiele als Basis fürs Irrationale hernimmst, so sind wir alle irrational, da medial manipuliert. "Wissen", im Sinne von selbst nachgeprüft, tun die Wenigsten von uns.


Im politischen und medialen Bereich ist jede Information manipuliert, nicht zwangsläufig und wahrscheinlich nur in den seltensten Fällen böswillig, aber eben manipuliert. Es wird eine Vorauswahl getroffen, es werden Fakten zusammengefasst, vereinfacht, in eine "Geschichte" eingepasst, es wird versucht die drei zentralen Punkte Bedeutung (das WTC wurde aus Hass gegen den Westen zerstört), Klarheit (es war ein Terroranschlag von islamistischen Terroristen) und Identität (WIR wurden von DENEN getroffen) zu erzeugen. Das ist allerdings auch notwendig für den politischen Prozess, weil man sonst keine Entscheidungen fällen kann (z.B. in Afghanistan einmarschieren oder es eben sein lassen). So richtig schön und sauber ist das alles nicht, aber ob man daraus gewonnene Überzeugungen schon grundsätzlich irrational nennen möchte, lasse ich jetzt mal dahingestellt. Irrational wäre für mich eigentlich mehr, dass man vorhandene Fakten unstimmig interpretiert, obwohl es plausiblere Interpretationen gibt. Insofern hat die Erklärung, die US-Regierung hätte das WTC gesprengt, einfach ein höheres Maß an Irrationalität, als die Erklärung, al-Qa'ida wäre es gewesen. Für beide Szenarien sprechen Gründe, plausibler bleibt meiner Meinung nach immer noch die offizielle Variante, was aber nicht heißt, dass ich dieser jetzt blindgläubig anhänge.
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Re: Das Zeitalter des Irrationalen

Beitragvon robika » Mo 7. Sep 2009, 16:37

Nanna hat geschrieben:
robika hat geschrieben:Wenn du deine Beispiele als Basis fürs Irrationale hernimmst, so sind wir alle irrational, da medial manipuliert. "Wissen", im Sinne von selbst nachgeprüft, tun die Wenigsten von uns.


Im politischen und medialen Bereich ist jede Information manipuliert, nicht zwangsläufig und wahrscheinlich nur in den seltensten Fällen böswillig, aber eben manipuliert. Es wird eine Vorauswahl getroffen, es werden Fakten zusammengefasst, vereinfacht, in eine "Geschichte" eingepasst, es wird versucht die drei zentralen Punkte Bedeutung (das WTC wurde aus Hass gegen den Westen zerstört), Klarheit (es war ein Terroranschlag von islamistischen Terroristen) und Identität (WIR wurden von DENEN getroffen) zu erzeugen. Das ist allerdings auch notwendig für den politischen Prozess, weil man sonst keine Entscheidungen fällen kann (z.B. in Afghanistan einmarschieren oder es eben sein lassen). So richtig schön und sauber ist das alles nicht, aber ob man daraus gewonnene Überzeugungen schon grundsätzlich irrational nennen möchte, lasse ich jetzt mal dahingestellt. Irrational wäre für mich eigentlich mehr, dass man vorhandene Fakten unstimmig interpretiert, obwohl es plausiblere Interpretationen gibt. Insofern hat die Erklärung, die US-Regierung hätte das WTC gesprengt, einfach ein höheres Maß an Irrationalität, als die Erklärung, al-Qa'ida wäre es gewesen. Für beide Szenarien sprechen Gründe, plausibler bleibt meiner Meinung nach immer noch die offizielle Variante, was aber nicht heißt, dass ich dieser jetzt blindgläubig anhänge.


Das sehe ich etwas anders; das Maß an Irrationalität zu bestimmen geht für mich etwas zu weit. Wenn du eine Umfrage machen würdest welche Version die wahrscheinlichere ist, bin ich mir recht sicher du hättest mindestens eine Patt-Situation. Damit hast du aber immer noch nicht die Wahrheit herausgefunden; somit ist für mich das Eine nicht irrationaler als das Andere. In diesem speziellen Beispiel.

Ich gebe dir recht, dass irrationales Denken erst entsteht wenn Fakten (wobei sich hier die Frage stellt, wer die Fakten prüft) unstimmig interpretiert werden. Nicht recht geben kann ich dir beim Argument der Plausibilität; die ist aus der Sicht des jeweiligen Betrachters immer gegeben.

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Re: Das Zeitalter des Irrationalen

Beitragvon Nanna » Di 8. Sep 2009, 12:56

Bei allem Respekt, aber seit wann bestimmt man denn Fakten durch Umfragen?

Für mich ist der Begriff der Plausibilität (Stimmigkeit) recht eng verbunden mit dem Argument der Denkökonomie (Ockhams Rasiermesser). Sicherlich bleibt auch hier noch Raum für Interpretation, aber es ist nicht so, dass Plausibilität etwas subjektives wäre. Ich denke das Höchstmaß an Plausibilität kann die Mathematik bzw. die Logik für sich beanspruchen und bei einer Plausibilitätskontrolle prüft man ja auch, ob die Darstellung eines Sachverhalts in sich logisch stimmig ist.

Ich bin über die Verschwörungstheorien zu 9/11, um mal bei diesem Beispiel zu bleiben, nur randständig informiert, meines Wissens bleibt die betreffende Szene bislang aber stichhaltige Argumente, die klar für eine Verschwörung sprechen, schuldig, während die Erklärung, dass islamistische Terroristen, die schon vorher gewalttätig waren (und auch später in London und Madrid weniger extreme, aber immer noch verheerende Anschläge zustandegebracht haben), Flugzeuge entführt und in Gebäude gelenkt haben, irgendwie mit weitaus weniger Variablen und Spekulationen auskommt, weshalb sie bei gegenwärtigem Stand des Wissens meiner Meinung nach die rationalere (= plausiblere, d.h. in sich stimmigere) ist. Selbstverständlich kann der Stand des Wissens manipuliert sein, hier müsste man eben klären, inwiefern beispielsweise Quellen zum Schweigen gebracht wurden oder Akten zurückgehalten werden, meines Wissens gibt es aber auch hier keine Hinweise, die auf Vertuschungen einer entsprechenden Größenordnung schließen lassen - was ich angesichts des Ausmaßes der Anschläge auch für unrealistisch halte.
Klar kann man das jetzt bis zur Erkenntnistheorie runter treiben und Wissen über die Realität grundsätzlich anzweifeln, aber ich würde es dann persönlich doch lieber etwas pragmatischer angehen. ;-)
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Re: Das Zeitalter des Irrationalen

Beitragvon Spriggan » Mo 14. Sep 2009, 12:37

Ich habe mir vor wenigen Tagen die Frage gestellt, ob Verschwörungstheoretiker besonders gläubig sind. Es lief wieder eine Dokumentation über den 11.9. und mir ist aufgefallen, dass die Verschwörungstheoretiker sich nur die Thesen herausgreifen, um eine Verschwörung zu verifizieren, die nach dem Stand der Wissenschaft nicht so schnell geklärt werden konnten.

In der Reportage wurde über den Turm 7 berichtet, der wie eine kontrollierte Sprengung zusammen zu fallen schien. Lange wusste man nicht was die Ursache war, ehe man nach den langen Untersuchungen herausfand, dass es wohl an der Ölleitung gelegen hatte - anders gesagt dumme Zufälle. An eine höhere Macht zu glauben (ich glaube einfach nicht dass die CIA so perfekt das ausgetüftelt haben könnte) um irgendwelche Ungereimtheiten zu erklären erscheint mir ein wenig theistisch in der Psychologie des Menschen. Dass die CIA davon wusste ist vielleicht möglich, aber alles so zu zerstören? Eher nicht.

Meiner Ansicht nach beweisen Verschwörungstheoretiker und ihr Unglaube trotz zahlreicher Gegenfakten (sie sehen nur die offenen Fragen - nicht die beweisbaren Teilfakten), dass Religion sehr schnell und primitiv entstehen kann. Hier betet man nicht an, hier glaubt man einfach ohne irgendwelche Gegen-Fakten gelten zu lassen.
Die Quellen zu hinterfragen von Fakten ist richtig, aber weiter irgendwas zu glauben obwohl eine hohe Wahrscheinlichkeit dagegen spricht - durch beweisbare Fakten... dann ist der Mensch nicht mehr "klug", sondern eben doch ein Mensch der blind glaubt, was irgendjemand ihm vorsetzt.

Auch die Mondlandung... immer wieder gibt es Beweise dafür, aber niemand will sie wissen.
Allein der Glaube zählt - man sollte das meiner Ansicht nach genauer mal untersuchen - sind Verschwörungstheoretiker tendenziell Atheisten, die einen Ersatzgott suchen oder blinde Gläubige, die schnell jemandem nach dem Mund sprechen. Gesunde Skepsis ist gut, aber man kann auch alles übertreiben!
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