Stierkampf

Re: Stierkampf

Beitragvon Nanna » Do 16. Jul 2009, 16:00

stine hat geschrieben:Wie kannst du überhaupt "den Asiaten" in China oder "den Negern" mit Tieren vergleichen?
Ich finde jemanden, der in jedem Satz das Wort Tier mit einer beliebigen Menschengruppe vertauscht, schon sehr merkwürdig!


Ich finde übrigens, es hätte gereicht, meine Meinung merkwürdig zu finden, und nicht gleich mich als ganzen Menschen. Aber gut, dann darf ich auch zurückschießen:
Ich finde es, nicht nur bei dir, sondern generell, sehr merkwürdig, wenn Menschen sich zuerst mal kräftig entrüsten, wenn ihnen irgendeine Aussage unmoralisch erscheint, anstatt in aller Ruhe die Fakten zu überprüfen und dann ihre Worte abwägen.
Habe ich tatsächlich Menschen 1:1 mit Tieren verglichen? Habe ich gesagt, dass ein Chinese nicht besser ist als ein Hund? Nein, das habe ich nicht. Ich habe (mit anderen Worten) gesagt, dass die Abgrenzung der eigenen Gruppe als einer anderen überlegenen einen faschistischen Einschlag hat und habe dies anhand eines ganz offensichtlich übertreibenden Beispiels verdeutlicht. Dass die Erwähnung des Nationalsozialismus bei mindestens 50% der Diskutanten einer Diskussion sofort einen starken Reflex auslöst, habe ich erwartet und deshalb gleich darauf hingewiesen, dass ich mir des problematischen Charakters der Argumentation bewusst bin.

stine hat geschrieben:Klar muss unverhältnismäßiges Leiden verhindert werden, aber das Tier dem Menschen gleich setzen sehe ich ohne "Werteliste der Arten" nicht.
Und bei dieser kann man sich trefflich streiten, oder nicht?


Wenn ein krankmachendes Bakterium oder ein Moskito meine Gesundheit bedroht, darf ich beide töten, darin sehe ich kein Problem. Ich würde ganz einfach folgendes Vorgehen favorisieren: Jede Bedrohung, egal ob durch Mensch oder Tier, darf mit einer angemessenen (!) Wahl der Waffe zurückgedrängt oder eliminiert werden. Im Fall einer Hungersnot darf gegessen werden, was vor die Flinte läuft (klammern wir den Spezialfall Kannibalismus bitte in eine eigene Diskussion aus). In Zeiten ohne Mangel ist das Leiden, d.h. auch das Töten, von Tieren tendentiell unmoralischer, je besser die Nahrungsversorgung der Bevölkerung durch Pflanzen bewerkstelligt werden kann und je mehr das betroffene Tier leidet (Schmerzempfinden, Bewusstsein des Getötetwerdens (schonmal bei ner Schlachtung zugesehen? Zumindest vielen Säugetieren ist, soweit ich das beurteilen kann, absolut klar, dass sie sterben werden), Zerreißen eines Sozialverbandes bei sozialen Arten). Kurz gesagt: Je mehr wir technisch können, desto ethischer sollten wir uns auch verhalten. Wir stellen ja auch den Anspruch, irgendwie zivilisierter werden zu wollen. Mit steigendem technischen Know-How werden wir nicht nur von tierischer Nahrung unabhängiger, sondern auch in der Bewertung tierischen Bewusstseins sicherer werden. Sollte sich, entgegen aller Anzeichen, herausstellen, dass Tiere wirklich nur insinktgesteuerte Roboter ohne den kleinsten Fetzen Verstand und Gefühl sind, dann lasse ich mich auch sofort wieder umüberzeugen.


Julia hat geschrieben:Und überhaupt es gibt so viele Weiße, die in Armut leben, müssen wir uns nicht erst um die armen Weißen kümmern bevor wir uns auch noch um die Schwarzen kümmern? Gut, ich bin auch für loose packing, das ist etwas humaner, ich will ja kein Unmensch sein und meine Frau hat ja Mitgefühl für die süßen, schwarzen Babys. *seufz*


Und genau hier ist der springende Punkt: Gruppen von Menschen, Nationen, Ethnien, Kulturen, sind ein Konstrukt des menschlichen Geistes. Ein Schwarzafrikaner kann mit mir insgesamt mehr genetische Übereinstimmungen haben als mein Nachbar nebenan. Unsere Abgrenzungen beruhen auf einer Vorstellung von Gemeinsamkeiten bzw. Unterschieden, sind aber in vielen Fällen mehr das Produkt einer subjektiven Bewertung als real existierender Gemeinsamkeiten und Unterschiede. Man spricht gerne von den Menschenrechten als einem "universellen Wert", aber wie ich an anderer Stelle schon ausgeführt habe, ist weder das Konzept des moralischen Wertes in sich stimmig, noch können normative Überlegungen jemals Letztgültigkeit beanspruchen (es sei denn, jemand führt den Gottesbeweise für einen exakt definierten Gott mit exakt definierten Moralvorstellungen). Es liegt also an uns, wie wir Moral und sich daraus ableitende Rechte definieren und da können wir durchaus auch wieder mehr oder weniger willkürliche Abgrenzungen gegenüber Gruppen vornehmen, die uns nicht passen oder keine Relevanz für uns haben. Das geht auch mit Menschen ganz leicht. Genau an dieser Stelle schlägt die Argumentation von stine und Mark böse zurück: Je mehr man Spalterei und Gruppenabgrenzung rechtfertigt, desto mehr läuft man Gefahr, dass Menschen mit nicht so lauteren Absichten sich das zum Vorbild nehmen und sich einer ähnlichen Argumentation bedienen. Nur die vergleichen Chinesen und Hunde dann wirklich!


Mark hat geschrieben:Im Humanismus ist nunmal nur Platz für menschliche Bedürfnisse


Dieses Zitat möchte ich kurz aufgreifen, auch wenn ich nicht sicher weiß, ob Julia es aus dem Zusammenhang gerissen hat (klingt aber nicht besonders danach): Wir reden hier im Forum oft über Dogmatismus. Irgendwie klingt der zitierte Satz für mich schon nach einem Glaubenspostulat. Vielleicht könntest du, Mark, diesen Satz nochmals stringent erklären, denn mir ist absolut nicht klar, warum ich als advocatus diaboli nicht mit demselben Recht wie du "Im Faschismus ist nunmal nur Platz für die Bedürfnisse der Weißen" sagen und, wenn ich daran glauben würde, auch entsprechend leben sollte. Dazu gleich noch etwas:

stine hat geschrieben:Was den Satz von Mark angeht:
Mark hat geschrieben:Im Humanismus ist nunmal nur Platz für menschliche Bedürfnisse
ist klar, dass Humanismus pro Human ist, dieses Wort beinhaltet eben nur die Art Mensch, aber nicht jede Tierart.


Das begründet eine Zirkelargumentation: Mensch für Humanismus, Humanismus für Mensch, Mensch für...

Mark hat geschrieben:Bleibt von dem dünnen Eis runter, bitte !
Tiere sind nur Tiere. Nur Menschen sind von Bedeutung. Was ist daran so kompliziert ? Macht in eurem Privatleben was ihr wollt, aber versucht nicht anderen Menschen aufzuzwingen Tiere wie Menschen zu behandeln. Ihr fühlt Euch doch nur beleidigt, weil ich Euer Mitgefühl für Tiere als einfachen Instinkt ohne echte rationale Grundlage verurteile.


Schwarze sind nur Schwarze. Nur Menschen sind von Bedeutung. Was ist daran so kompliziert? Macht in eurem Privatleben, was ihr wollt, aber versucht nicht anderen Menschen aufzuzwingen, Schwarze wie Menschen zu behandeln. Ihr fühlt euch doch nur beleidigt, weil ich euer Mitgefühl für Schwarte als einfachen Instinkt ohne rationale Grundlage verurteile.

Und bitte, komm jetzt gar nicht auf die Idee, dich dieser Immunisierungstaktik "Der vergleicht ja Schwarze mit Tieren!!!" zu bedienen. Ich vergleiche keine Schwarzen mit Tieren. Ich kenne Menschen aus aller Herren Länder, habe keine Berührungsängste, bin überzeugtes Mitglied von amnesty und beileibe kein militanter Tierschützer, der die Bedenkenlosigkeit der Menschen beim Thema Massentierhaltung mit dem Holocaust vergleicht. Im Gegenteil, ich versuche dir klarzumachen, wie nichtssagend und gefährlich deine Argumentationsweise ist, auf wie dünnem Eis DU dich da bewegst. Es ist so einfach, dir die Worte im Mund herumzudrehen und es gibt verdammt wenig schlagende Einwände, es nicht zu tun. Würdest du die karnivore Lebensweise verteidigen, indem du sagst "Wir nehmen nur, was wir wirklich brauchen und das nehmen wir schmerzlos für die Gebenden" hätte ich geringere Probleme mit dieser Haltung, weil es dann nur noch um die Eingangsfrage ginge, nämlich ob das Töten am Ende eines erfüllten Tierlebens immer noch unmoralisch sei (worüber man auch trefflich streiten kann, aber das zentrale Problem des Leidens immerhin stark minimiert hat). So, wie du aber argumentierst, sagst du "Wir Menschen haben das Recht des Stärkeren und als solcher können wir uns nehmen was uns gefällt". Ich habe kein militantes Problem mit Fleischverzehr, ich esse selber ab und an welches, auch wenn ich es mir abgewöhnen will, sondern ich habe ein Problem mit deiner Begründung. Diese baut nämlich rein auf dem Recht des Stärkeren auf und das lässt sich ohne Not in eine sozialdarwinistische faschistische Argumentationsweise umbauen.

Mark hat geschrieben:Dabei habe ich nie behauptet daß es beim Mitgefühl für Menschen nicht auch genau der gleiche Mechanismus ist.. nur müssen wir eben reflektiert handeln, weil das zu unserem Erfolgsrezept gehört. Die Menschenrechte sind viele tausende Jahre lang durch das reine Gefühl nicht einen deut gefördert worden. Erst seit der wissenschaftlichen Methode gehts auch mit den Menschenrechten aufwärts.


Reflektiert handeln, was soll das sein? Ist das ein Aufruf an mich, doch bitte endlich vernünftig zu werden? Sorry, aber das haben schon zu viele Leute zu mir gesagt, denen nichts anderes mehr eingefallen ist; zumal man in reflektiert auch reinkonstruieren kann, was man will. Ich finde meine Position eigentlich recht reflektiert.

Wissenschaftliche Methode und Ausbau der Menschenrechte sind zusammengefallen, ja, aber ich behaupte, dass du da einen falschen Zusammenhang unterstellst bzw. einen bestimmten Aspekt zu stark betonst.
Für mich klingt es, als wolltest du sagen, die Menschenrechte seien im wesentlichen durch ein Fördern des philosophischen Rationalismus gegenüber dem (religiösen?) Gefühl aufgekommen. Ich halte es da aber doch lieber ein wenig mehr mit Marx, der den dialektischen Zusammenhang zwischen Sein und Bewusstsein aufgedeckt hat. Will sagen: Technischer und ökonomischer Fortschritt haben eine Gesellschaft geschaffen, in der eine aufsteigende Klasse, das Bürgertum, zusehends mehr Rechte einforderte. Durch die Notwendigkeit, immer mehr Fachkräfte auszubilden, zerbrach die Aura der intellektuellen Überlegenheit von Klerus und Adel. Die einsetzende Industrialisierung schuf außerdem ein städtisches Proletariat, das mit modernen philosophischen Ideen in Berührung kam und im Kommunismus, der ultimativen Gleichstellung aller Menschen, einen Ausweg aus der offensichtlichen Ungleichbehandlung durch die neue herrschende bürgerliche Klasse sah. Selbstverständlich war die Wissenschaft mit der Bereitstellung der nötigen Techniken einer der Motoren dieser Entwicklung, aber sicherlich waren die modernen Philosophien Antworten auf die äußeren Umstände. Man darf auch nicht vergessen, dass es erst den Umweg über zwei brutale Vernichtungskriege brauchte, bis die Wissenschaft mit ihren "Segnungen" die Menschheit weich genug geklopft hatte, dass sie bereit war, die Menschenrechte als verbindlich für alle Menschen zu verkünden. Man kann dieses ganze Verhalten "reflektiert" nennen, ich würde "vom technischen Fortschritt getrieben und dabei im letzten Moment die Reißleine gezogen" bevorzugen; und man will sich dabei ja noch gar nicht ausmalen, wie es mit den Menschenrechten weitergegangen wäre, wenn 40 Jahre Kalter Krieg der Welt nicht eine Denkpause verschafft hätten. Insofern finde ich deine These, so wie ich sie verstehe, dass die Menschheit sich von sich heraus aus rationalen Gründen ganz reflektiert für die Menschenrechte entschieden hat, doch äußerst zweifelhaft.

Mark hat geschrieben:Widersprecht dem doch lieber mit Argumenten anstatt Eistanzen im September zu üben !


- Ich habe bereits einen Ansatz vorgestellt, der über spieltheoretische Überlegungen versucht, zu erklären, dass eine Aufwertung der Tiere einen Vertrauensvorschuss der Menschen untereinander bedingen kann und daher die Kosten für die Sicherheitsmaßnahmen des Einzelnen senken kann. Sinn macht dies selbstverständlich nur, wenn man damit verbunden ein Ranking erstellt, in dem Menschen immer vor den Tieren kommen, was ich aber weder als unmoralisch noch als problematisch sehe. Kodifizierung von Rechten ist meist ein Fortschritt, weil er Verlässlichkeit und Planung ermöglicht.
- Ich habe weiterhin die Ineffizienz der Viehzucht angesprochen, die de facto eine Nahrungsmittel- und Wasserverschwendung darstellt und für die durch Brandrodung kurzlebige Weiden geschaffen werden müssen, wobei tausendmal wertvollere Ökosysteme zerstört werden. Es stellt sich die Frage, ob die Viehzucht als solche daher nicht schon in vielen Regionen eine Menschenrechtsverletzung darstellt.
- Ich habe weiterhin argumentiert, dass der technische Fortschritt wohl eines nicht so extrem fernen Tages die künstliche Fleischerzeugung möglich machen wird und dass ich den technischen Fortschritt als eigentlichen Motor der Abschaffung des Speziezismus ansehe, nicht moralphilosophische Überlegungen (weshalb ich mich auch nicht unnötig in eine Missionierung von Fleischessern hineinsteigere).
- Ich habe die Frage gestellt, warum man bestimmten menschlichen Gruppen (oder, da ich doch ein kleiner Konstruktivist bin, deren Imagination) überhaupt Menschenrechte zugesteht. Wir sind alle an diese Vorstellung gewöhnt, aber wie Mark selbst gesagt hat, ist das gar nicht so selbstverständlich. Deshalb solltet ihr hier vielleicht noch einmal nacharbeiten und nicht die religiöse Art wählen, anderen das eigene moralische Ideal um die Ohren zu hauen und sich dann demonstrativ zu entrüsten, wenn das Gegenüber das nicht für selbstverständlich nimmt. Ich habe das gute Recht, hier den advocatus diaboli zu spielen, bis ihr eine gute Argumentation aufgebaut habt, das ist letztlich sogar in eurem Interesse. Man schärft seinen Standpunkt nicht, indem man sich andauernd gegenseitig derselben Meinung versichert, auch und gerade nicht bei einem so wichtigen Thema wie den Menschenrechten. Insofern komme ich von dem dünnen Eis erst runter, wenn ihr den Bunsenbrenner wegnehmt (und nebenbei, ich bin ein ganz passabler Ex-Eistänzer, verzichte auch gerne mal auf ein Septembertraining und bin auf dem Eis ganz in meinem Element ;-) ).

So, und zum Schluss an stine und ihr Insel-Gedankenexperiment:
Stell dir vor, du wärst mit einem fahrenden Händler und einem Kamel in der Wüste oder einem Inuit und seinem Husky mitten im Schnee. Plötzlich haben die Tiere, ganz ohne westlich-zivilisierte Moralüberlegungen, einen viel höheren Gebrauchswert als einer von euch Menschen. Erklär mir mal, warum der Händler oder der Inuit ihre Tiere schlachten sollten, wenn dich umlegen die günstigere oder vielleicht sogar einzig möglich erscheinende Alternative wären. Es kommt halt nur drauf an, wie man bei solchen Gedankenspielchen seine Prämissen wählt. Auf der Insel würd' ich auch das Schwein essen...

Weil ich es eben noch gelesen habe, zu den Interessen der Tieren:
Die Interessen von jemandem in China sind vielleicht dank Globalisierung mittlerweile wichtig geworden (wieder nur der technische Fortschritt), aber komm, mal im Ernst, eigentlich ist den meisten Leuten verdammt egal, wieviele Menschen in irgendeiner Hungergegend gerade krepieren. Man spendet ein paar Euro, beruhigt sein Gewissen, aber wenn man 10% des BIPs in Entwicklungshilfe stecken würde, wäre die Hölle auf den Straßen los.
Die Interessen anderer zählen für uns nur aus einem Grund: Weil WIR selber gemäß unseren Interessen behandelt werden wollen. Und da ist MEIN zentrales Argument, dass ein Besserbehandeln der Tiere möglich und daher geboten ist, weil wir uns damit gegenseitig unserer eigenen Gewaltlosigkeit und Zivilisiertheit versichern - und übrigens auch weniger mitleiden mit den leidenden Tieren. Und wie gesagt, für den Augenblick bin ich mit einer Verbesserung der Haltungsbedingungen zufrieden, mehr gibt unsere historische Zeit wohl (noch) nicht her.
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Re: Stierkampf

Beitragvon Mark » Do 16. Jul 2009, 16:13

Nanna hat geschrieben:
Mark hat geschrieben:Bleibt von dem dünnen Eis runter, bitte !
Tiere sind nur Tiere. Nur Menschen sind von Bedeutung. Was ist daran so kompliziert ? Macht in eurem Privatleben was ihr wollt, aber versucht nicht anderen Menschen aufzuzwingen Tiere wie Menschen zu behandeln. Ihr fühlt Euch doch nur beleidigt, weil ich Euer Mitgefühl für Tiere als einfachen Instinkt ohne echte rationale Grundlage verurteile.


Schwarze sind nur Schwarze. Nur Menschen sind von Bedeutung. Was ist daran so kompliziert? Macht in eurem Privatleben, was ihr wollt, aber versucht nicht anderen Menschen aufzuzwingen, Schwarze wie Menschen zu behandeln. Ihr fühlt euch doch nur beleidigt, weil ich euer Mitgefühl für Schwarte als einfachen Instinkt ohne rationale Grundlage verurteile.

Und bitte, komm jetzt gar nicht auf die Idee, dich dieser Immunisierungstaktik "Der vergleicht ja Schwarze mit Tieren!!!" zu bedienen. Ich vergleiche keine Schwarzen mit Tieren. Ich kenne Menschen aus aller Herren Länder, habe keine Berührungsängste, bin überzeugtes Mitglied von amnesty und beileibe kein militanter Tierschützer, der die Bedenkenlosigkeit der Menschen beim Thema Massentierhaltung mit dem Holocaust vergleicht. Im Gegenteil, ich versuche dir klarzumachen, wie nichtssagend und gefährlich deine Argumentationsweise ist, auf wie dünnem Eis DU dich da bewegst. Es ist so einfach, dir die Worte im Mund herumzudrehen und es gibt verdammt wenig schlagende Einwände, es nicht zu tun.


<Seufz>
unser System in dem wir uns bewegen besteht nur aus Menschen. Ich identifiziere mich sinnvollerweise nur mit Menschen, und achte darum sinnvollerweise auch nur die Rechte der Menschen. Im Umgang mit Tieren zählen ebenso nur die Rechte der Menschen, die sich aber gemäß unserer gesellschaftlichen Vereinbarung nicht gegen die Rechte der Menschen untereinander richten dürfen. Interessen von Mitmenschen den Tieren Rechte zuzugestehen die auf der gleichen Grundlage verinnerlicht werden können sollen wie die Rechte anderer Menschen, verursachen bei mir im Hinterkopf einen "Blue-Screen" ! Bei Dir nicht ?
Das verursacht eine Unzahl an bedrohlichen Implikationen für unsere ganze Lebensweise. zB Tieren Recht auf Leben zuzugestehen würde sie ja immer noch weit unter den Menschen ansetzen (immer noch kein Tier das einem Menschen was zu sagen hätte), aber die Folgen für unsere Verhaltenskonsistenz wären untragbar. Denn aus Rechten folgen Rechte ! Aus dem Recht auf Leben folgt das Recht auf (Lebensnot)Hifeleistung, Selbstbestimmungsrecht und soziale Gleichstellung etc..
Und seien wir mal ehrlich... über etwas anderes als das Recht auf Leben sprechen wir hier doch eigentlich garnicht, oder ?
Wir sind allesamt Mitglieder in einem exclusiven Club der Menschen, und wenn man mal drüber nachdenkt, dann ist diese Mitgliedschaft im Endeffekt auch das einzige was den Menschen wirklich zum Menschen macht. Tiere aufzunehmen bedeutet sie über eine Grenze zu hieven jenseit der per Definition nur Menschen sind.
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Re: Stierkampf

Beitragvon Julia » Do 16. Jul 2009, 16:28

@Mark:
Es geht ja um Ethik, also um moralisches Verhalten. Du kannst natürlich auch einfach keinen Wert darauf legen ein moralisches Leben zu führen, dann ist die Diskussion hier zu Ende. Unmoral scheint durchaus auch eine Strategie zu sein, mit der man durchs Leben kommt, natürlich nur solange nicht alle so handeln.

Wobei, einen Punkt den man eventuell anführen könnte ist, dass es durchaus einen Bedarf nach einer "rationalen", nicht auf Religion basierenden Moral gibt. Ich finde diesen (Singers) Ansatz vielversprechend, denn wie du siehst warst du jetzt derjenige, der sich auf seinen Instinkt berufen musste.

Und ich habe meinen Joker noch aufgespart:

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Re: Stierkampf

Beitragvon Mark » Do 16. Jul 2009, 16:38

Glaubst Du ich wäre unmoralisch ? Das ist dann aber eine beiweitem tiefenphilosophischere Frage ;-)
Man muss seine inneren Widersprüche entweder abbauen oder versöhnen.
Ich kann eine süsse Mietzekatze niedlich finden und streicheln und mit ihr spielen, und dann doch eventuell entscheiden müssen/können sie wegen späten Krebsbefundes einzuschläfern ohne eine Träne zu verlieren.
Die Kinder auf dem Bauerhof spielen mit den Ferkeln von denen sie genau wissen, daß sie diese eventuell am Sonntag verspeisen werden, und sie freuen sich auf den Schmaus. Das klingt zwar erst pervers, aber im Endeffekt hat man keine andere Wahl wenn man den kindlichen Spieltrieb ausleben möchte und gerne Spanferkel isst. Übrigens scheinen alle Carnivoren ab und zu gerne mit anderen Gattungen etwas herumzuspielen. Das hat schon seinen Zweck.. Wer sagt, daß der Löwe nicht vielleicht wirklich auf seine Art eine tiefe Liebe zu allen Antilopen empfindet ? Sind Krokodilstränen etwa keine Tränen ? :(
Und auch wenn man mal dereinst Fleisch künstlich herzustellen vermag, kann man in meinen Augen nicht redlich den Tieren ein Recht auf Leben zugestehen. Wo ist die Grenze zu den Pflanzen ? Zu den Mikroben ? den Pilzen und Flechten ?? Irgendwann essentiiert es sich doch auf die Formel "Leben = wertvoll" und nicht mehr "menschliches Leben = wertvoll" ! Mit der Formel haben wir zuviele Unbekannte und werden handlungsunfähig. Das ginge dann nur noch mit einem Allauflöser wie einem Gott und seinen Bestimmungen !
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Re: Stierkampf

Beitragvon Julia » Do 16. Jul 2009, 16:54

Mark hat geschrieben:Ich kann eine süsse Mietzekatze niedlich finden und streicheln und mit ihr spielen, und dann doch eventuell entscheiden müssen/können sie wegen späten Krebsbefundes einzuschläfern ohne eine Träne zu verlieren.

Das nennt sich dann Sterbehilfe, damit habe ich keine Schwierigkeiten, heulen würde ich aber wie ein Schlosshund.

Und auch wenn es vielleicht irgendwo an der Grenze noch ein bisschen Ungerechtigkeit geben wird, wenn vielleicht doch noch ein eingeschränkt leidensfähiges Lebewesen nicht als solches erkannt wird oder der Aufwand es zu schützen unverhältnismäßig groß ist, weil das Leid das anderen Lebewesen dadurch erfahren größer ist, ist das doch allemal besser als die jetzige Situation, in der die Interessen der Tiere so gut wie gar nicht berücksichtigt werden.
Es geht um Leidensminimierung, nicht um Leidensauslöschung, diese ist und bleibt unmöglich. Ich denke sowieso dass das ein Prozess sein wird, der sich Schrittweise und nicht von heute auf morgen vollziehen wird und man wird dann einfach sehen müssen, wie weit wir fortschreiten.
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Re: Stierkampf

Beitragvon folgsam » Do 16. Jul 2009, 16:56

Mark hat geschrieben:ohne eine Träne zu verlieren.


Wenn diese Katze dein langjähriges Haustier und dir ein freundschaftlicher Begleiter war und du nach dem Tod des Tieres nichtmal einen Kloß im Hals spürst, find ich das ehrlich gesagt schon etwas seltsam.
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Re: Stierkampf

Beitragvon Mark » Do 16. Jul 2009, 17:17

folgsam hat geschrieben:
Mark hat geschrieben:ohne eine Träne zu verlieren.


Wenn diese Katze dein langjähriges Haustier und dir ein freundschaftlicher Begleiter war und du nach dem Tod des Tieres nichtmal einen Kloß im Hals spürst, find ich das ehrlich gesagt schon etwas seltsam.


Ehrlich gesagt entsteht da bei mir nur eine Spannung durch die fehlende Gewohnheit. Man vermisst etwas den "Charakter" des Haustieres, aber Tränen spare ich mir für Menschen auf.
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Re: Stierkampf

Beitragvon Mark » Do 16. Jul 2009, 17:19

Um es mit den Worten der Kanzlerin zu sagen : Ich möchte den Tieren eben keine "Mitgliedschaft" in Aussicht stellen, biete ihnen aber gerne eine "privilegierte Partnerschaft" an... aber eben ohne die essentiellen Grundrechte eines Mitglieds...
Da fällt mir erst auf wie blö..undiplomatisch die dazu ähnliche Äusserung der Kanzlerin gegenüber der Türkei in Wirklichkeit doch war...interessant. Sowas darf man wirklich niemandem aus der gleichen Gattung anbieten.
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Re: Stierkampf

Beitragvon pinkwoolf » Do 16. Jul 2009, 23:36

Julia hat geschrieben:
pinkwolf hat geschrieben:Und da Tier nicht gleich Tier ist: Wie sieht die Rechtslage im Kasus Antilope gegen Löwe aus?

Nicht schuldfähig.

Unwissenheit schützt vor Strafe nicht.

Was du mit der "Känguruquote im mittleren Management" meinst, verstehe ich nicht. Klingt aber amüsant, da wüsste ich gern mehr drüber.

Ich bin durchaus nicht dafür, dass wir mit Tieren machen können, was wir wollen. Das Spiel der Katze mit der Maus sollte nicht unseres sein, so sehr ich auch Katzen mag.

Das ist und bleibt für mich jedoch keine Rechtsfrage.

Was den Stierkampf angeht schließe ich mich Jakob an: Ich möchte lieber ein Kampfstier sein als ein Schlachtrind. Behaupte ich jetzt einfach mal, obwohl das eine wie das andere Schicksal mir kaum jemals blühen wird.
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Re: Stierkampf

Beitragvon Julia » Fr 17. Jul 2009, 00:15

Es ging mir nicht um die Unwissenheit, sondern eher um die Unzurechnungsfähigkeit. Ich würde auch keinen Säugling oder geistig Behinderten für seine Untaten bestrafen.

Mit der Känguruquote im mittleren Management meinte ich eigentlich nur, dass es Rechte gibt, die bestimmte Tiere nicht brauchen, ein Fisch wird mit der Religionsfreiheit wenig anfangen können, ich möchte also nicht einfach die Menschenrechte 1:1 auf alle Tiere ausweiten.
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Re: Stierkampf

Beitragvon Mark » Fr 17. Jul 2009, 02:42

Aber das unveräusserliche Recht auf Leben , oder nicht ?
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Re: Stierkampf

Beitragvon Nanna » Fr 17. Jul 2009, 10:44

Mark hat geschrieben:Tiere aufzunehmen bedeutet sie über eine Grenze zu hieven jenseit der per Definition nur Menschen sind.


Nun, Definitionen kann man ändern. Immerhin ist es eine wohl unbestreitbare Tatsache, dass viele Tiere Teil unserer Gesellschaft sind, Haustiere, Sporttiere und wertvolle Nutztiere beispielsweise. Von mir aus kann man argumentieren, dass das Menschenersatze sind, allerdings ist das schon wieder sumpfiges Territorium, weil das schon wieder impliziert, dass es eine universale Klasse Mensch gibt, auf die jedes menschliche Verhalten rekuriert (och, das ist schön kompliziert gesagt). Ich drück es anders aus: Der Mensch muss nicht das einzige soziale Wesen sein, mit dem der Mensch zusammenleben und mit dem er seine Bedürfnisse ausleben kann (na, wollen wir mal über ein richtiges Tabuthema wie Zoophilie diskutieren? :eg: ). Allein damit, dass Menschen Tiere in unsere Gesellschaft integrieren, entstehen schon faktische Rechte für die Tiere, bezüglich derer es auch common sense ist, sich daran zu halten. Wie schon gesagt, ich halte die historische Zeit, in der wir leben, noch nicht für ausreichend dahingehend entwickelt, dass dieses Recht konsequent kodifiziert wird. Mir ist auch durchaus bewusst, dass damit noch ganz andere problematische Indikationen verbunden sind, aber das macht die derzeitige Sichtweise nicht automatisch in sich logisch stringenter. Ich denke, dass die meisten Menschen derzeit weder mit der Abwesenheit von Tierrechten, noch mit deren totaler Durchsetzung zufrieden wären. Deshalb gibt es ja mit der Aufnahme gewisser Rechte für Tiere ins Grundgesetz auch Zwischenlösungen. Ich bleibe aber dabei, das ich davon ausgehe, dass der Speziezismus sich über einen längeren Zeitraum überleben wird. Ich werde deshalb hier jetzt auch nicht großartig weiter nachtreten, sondern einfach mal abwarten, was die Zukunft bringt und bis dahin daran arbeiten, ein bisschen vegetarischer zu leben. ;-)


edit:
Ich habe da noch einen Artikel von Dawkins gefunden, in dem er den Speziezismus als unevolutionär bezeichnet und fragt, wie man z.B. über ein Mensch-Schimpansen-Hybrid denken würde. Meinungen?
http://www.guardian.co.uk/science/blog/ ... zee-hybrid
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Re: Stierkampf

Beitragvon Arathas » Fr 17. Jul 2009, 12:33

Der Mensch wird alles, was technisch erforschbar und machbar ist, auch irgendwann machen. Ob nun ganz offiziell oder im geheimen russischen Bunkerlabor - wenn es technisch machbar ist, Mensch-Tier Hybride zu schaffen, wird es auch jemand tun.

Und da es keinen moralischen und ehtischen Leitfaden gibt außer dem, den man sich selbst zulegt und an dem man glaubt, gibt es auch nichts daran auszusetzen, dass der Mensch seine unstillbare Neugierde befriedigt. Ich persönlich würde es nicht verwerflich finden, das zu tun. Ein neues Leben zu kreieren, auch wenn's ein Mensch-Schimpanse ist, ist in meinen Augen immer noch moralischer als so vieles andere - Massentierhaltung, Folter oder Mord zum Beispiel ...
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Re: Stierkampf

Beitragvon Nanna » Fr 17. Jul 2009, 13:31

Ja, das stimmt, nur war das nicht der Punkt, um den es hier geht. Es geht darum, dass ein solcher Halbmensch für den Humanismus eine große Herausforderung darstellt, weil er eben keine richtiger Mensch ist. Die Diskussion der letzten Seiten entwickelte sich in die Richtung, dass Mark und stine den Speziezismus verteidigten, während Julia und ich ihn angriffen. Dawinks Gedankenspiele gehen in eine ähnliche Richtung wie meine/unsere Argumentation (bin nicht sicher, inwiefern ich für Julia da mitsprechen kann), nämlich, dass die Abgrenzung Mensch-Tier von einer objektiveren Warte gesehen nicht die Relevanz und logische Stringenz besitzt, die Mark und stine ihr zuweisen.
Wir ziehen eine Grenze zwischen Mensch und Nichtmensch, die nicht so selbstverständlich ist, wie man intuitiv glaubt, wenn auch sicherlich nicht völlig deplatziert (hat jedenfalls niemand hier behauptet).
Interessant wäre in dem Zusammenhang auch die Frage, wie wir mit noch lebenden Neandertalern umgehen würden.
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Re: Stierkampf

Beitragvon Arathas » Fr 17. Jul 2009, 13:48

Noch lebende Neandertaler müssten dem Speziesismus nach wohl konsequent als "Tiere" behandelt werden - zumindest, wenn sie sich nicht mit uns kreuzen können.

Ich würde das ganze sowieso anders angehen: Wenn es noch Neandertaler gäbe, und wenn sie mit uns kommunizieren könnten, würde ich ihnen die gleichen Rechte einräumen wie jedem anderen von uns auch. Das gleiche würde für alle Spezies gelten, die sich kommunikativ mit uns in Verbindung setzen können, und sei es durch Gebärdensprache. Ich habe gelesen, dass es eine Gorilladame gibt, die die Gebärdensprache beherrscht und sich damit ganz normal ausdrücken kann. Für mich wäre das ausreichend, einem "Tier" einen "Mensch-Status" zu verleihen. Natürlich nicht mit den genau gleichen Rechten - man kann schließlich nicht die Gorillas in die moderne Gesellschaft einbinden, ihnen Jobs geben und sie wählen lassen (außer natürlich sie bekämen das hin, aber das bezweifle ich mal sehr stark). Aber die Grundrechte wie die Menschenwürde und solche Dinge würde ich jedem vernunftbegabten, selbst reflektierenden Lebewesen zuteil werden lassen - solange es sich uns als eben dieses zu erkennen gibt oder wir Menschen durch Forschung da drauf kommen.
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Re: Stierkampf

Beitragvon Nanna » Fr 17. Jul 2009, 14:09

Da stimmen wir sicherlich überein. Allerdings ist es hier, wie wir schon festgestellt haben, sehr schwierig, ein Bewusstsein zu diagnostizieren. Denn dass ein Tier nicht mit dem Menschen kommuniziert, kann auch lediglich heißen, dass es eine völlig andere Form der Kommunikation wählt, die wir (noch) nicht verstehen. Oder aber das Bewusstsein ist nur so rudimentär ausgeprägt, dass ein Tier zwar versteht, dass es beispielsweise getötet werden soll, aber sich nicht komplex genug ausdrücken kann, damit das von uns erkannt wird.

Ich habe noch ein anderes Argument ins Feld geführt, warum ein Lebensrecht für Tiere für uns Menschen Sinn machen könnte: Durch das Achten des Lebens selbst der faktisch unterlegenen Tiere zeigen wir uns symbolisch unsere Zivilisiertheit und Gewaltlosigkeit. Die Folge ist, dass der Wert eines Menschenlebens entsprechend noch wertvoller wird. Evolutionär kann sich das durchaus lohnen. Ich denke nur an die These dieses einen umstrittenen Forschers aus Israel, der anhand von Beobachtungen von Zebrafinken gezeigt hat/haben will, dass Vögel sich durch das Geben von Geschenken sich gegenseitig ihrer Fitness versichern, à la "Ich kann es mir sogar leisten, dir einen Leckerbissen zu überlassen, ich habe den gar nicht nötig". Analog wäre diese Geste beim Menschen dann in etwa "Ich bin so friedlich, ich tue nichtmal einem Tier weh". Nicht umsonst spricht man ja bei sehr friedliebenden Menschen auch von jemandem, der "keiner Fliege etwas zuleide tun kann", also erst recht keinem Menschen. In der Folge steigt das Vertrauen und die Kosten für die Verteidigung des Individuums gegen andere Individuen sinken, was der Produktivität und Kreativität auf die Sprünge hilft. Vielleicht mag das nicht perfekt logisch oder nicht exakt genug berechenbar erscheinen, ich nehme aber an, dass diese Strategie im Rahmen einer spieltheoretischen Überprüfung sicherlich Erfolg zeigen könnte.

Außerdem noch ein Argument: Das Vorhandensein von Millionen von Haustieren belegt, dass der Mensch ein Bedürfnis danach hat, auch Tiere in die Gesellschaft zu integrieren und zu Tieren Beziehungen aufzubauen. Draus folgt zwar nicht objektiv zwangsläufig irgendein Recht für Tiere, aber faktisch geschieht ein Zugestehen von Rechten für Tiere. Da es uns offensichtlich gefällt, Gemeinschaft mit Tieren zu pflegen und wir durch technischen Fortschritt mittel- bis langfristig von tierischer Nahrung unabhängig werden werden, sehe ich keinen Grund, den Transformationsprozess des Tieres vom Sonntagsbraten zum geachteten Mitbewohner auf diesem Planeten zu torpedieren oder die langsame Kodifizierung von Tierrechten aufzuhalten.
Es wird in vielen Jahren sicherlich so sein, dass man genauso selbstverständlich darüber den Kopf schütteln wird, dass wir damals das wertvolle Öl tatsächlich einfach verbrannt haben, wie, dass wir die Tiere einfach gegessen haben. "Barbarische Zeiten waren das!", wird man sich sagen und damit genauso recht und unrecht zugleich haben, wie wir, wenn wir soetwas über Sklavenhaltung im alten Rom sagen.
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Re: Stierkampf

Beitragvon Arathas » Fr 17. Jul 2009, 14:52

Du hast Recht mit dem Argument, dass wir Menschen oft einfach nicht erkennen können, ob ein Tier nun möglicherweise ebenso vernunftbegabt ist wir. Aber man sollte nicht versuchen, Kutschen zu bauen, wenn das Rad noch nicht erfunden wurde; will heißen: Mit dem Argument verlangst du viel zuviel und stößt du bei so vielen Menschen auf eine Abwehrreaktion, dass es (noch) nicht lohnt, ins Feld geführt zu werden. Oben habe ich erwähnt, dass wir wissenschaftlich herausfinden sollten, ob ein Tier ebenso vernunftbegabt und "wertvoll" ist wie wir. Einen Fuß vor den anderen setzen - das führt langfristig bestimmt eher zum Erfolg.

Anfangen könnte man damit, dass mehreren Gorillas die Gebärdensprache beigebracht wird. Wenn das klappt, und wenn Gorillas uns unmißverständlich mitteilen könnten, dass sie gern die selben Rechte hätten wie wir, ganz von sich aus, dann würden bestimmt viele Menschen sich dafür einsetzen und das richtig finden. Selbst Mark dürfte es schwer haben, einen Gorilla als "niedereres" Lebewesen zu bezeichnen, wenn dieser Gorilla vor ihm sitzt und ihm in Zeichensprache zu verstehen gibt: "Ich kann genauso fühlen, denken, hassen oder lieben wie Du." :^^:

Mal angenommen, es käme so, dann wäre der erste Schritt getan, und es wäre viel leichter, auch weiteren Tieren bestimmte Rechte einzuräumen. Aber erstmal klein starten.
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Re: Stierkampf

Beitragvon Nanna » Fr 17. Jul 2009, 15:02

Ich gebe dir auch da vollkommen recht und habe sogar eine ähnliche Argumentation weiter oben schonmal ins Feld geführt. Ich wollte lediglich auf die Problematik der derzeitigen Situation aufmerksam machen und wollte auch die Meinung der Gegenseite nicht "unterdrücken", was ich vielleicht auch kennzeichnen hätte sollen... :pfeif:
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Re: Stierkampf

Beitragvon stine » Fr 17. Jul 2009, 16:01

Nachbars Katze ist noch vor gar nicht allzulanger Zeit wie selbstverständlich durch mein Heim spaziert und hat sich nicht selten über meine offenen Schüsseln her gemacht. Ich habe ihr mit dem Zeigefinger gedroht, sie vor die Tür gesetzt und ihr gesagt, sie müsse draußen bleiben - und sie tut das jetzt auch!
Sie maunzt mich an, wenn sie mich sieht und macht dann einen großen Bogen um mich.
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Re: Stierkampf

Beitragvon Mark » Sa 18. Jul 2009, 02:26

Arathas hat geschrieben:Selbst Mark dürfte es schwer haben, einen Gorilla als "niedereres" Lebewesen zu bezeichnen, wenn dieser Gorilla vor ihm sitzt und ihm in Zeichensprache zu verstehen gibt: "Ich kann genauso fühlen, denken, hassen oder lieben wie Du." :^^:


Ja, denn die Menschenaffen gehören im Grunde zur (etwas entfernteren) Familie der Homo.
Die Ähnlichkeit ist dermaßen frappierend daß eine respektvolle zurückhaltende Anerkennung die konsequenteste Folge für eine klare Linie ist. Bei der Reflektionsfähigkeit der Affen muss man davon ausgehen daß sie ganz kurz davor stehen in der Lage zu sein sogar selber in menschlicher Semantik um Anerkennung zu bitten. Sie zu ehren ist sinnvoll auch weil dies ein klares Signal an alle ist die irgendwo zwischen homo sapiens und pan paniscus stehen und sich guten Gewissens als pflichtbewusste Personalausweisinhaber überloben lassen. Das ist ein sehr praktischer Zweck... es umarmt alle die sich dazwischen wahrnehmen können. :hellsehen:
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