Hallo Jackle,
jackle hat geschrieben:Ich kann deinen Ausführungen nur erneut entnehmen, dass du die Menschen in von dir konstruierte Rollenmuster zwingen willst. Du willst die Menschen nach deinem Willen schaffen. Sie sollen nicht nach ihrem eigenen Willen glücklich werden, sondern gemäß irgendwelchen gesellschaftlichen Idealvorstellungen. Das ist Zwang, der gleiche Zwang, den auch Simone die Beauvoir ausüben wollte.
“No woman should be authorized to stay at home to raise her children. Society should be totally different. Women should not have that choice, precisely because if there is such a choice, too many women will make that one.”
(Sex, Society and the Female Dilemma: A Dialog between Simone de Beauvoir and Betty Friedan, in: Saturday Review, 14.06.1975, 13, S. 16-20, 56)
Ich habe es noch erlebt, wie ich als Junge in der Grundschule einfach ungefragt in den Werkunterricht gesteckt wurde und meine Mitschülerinnen, so wie meine zwei Jahre jüngere Schwester, ins Fach "Handarbeiten". Dabei lagen mir Laubsägearbeiten damals genauso wenig wie heute Hardware-Schraubereien am Computer. Wahrscheinlich hätte ich es mit Strick- und Häkelnadeln aber auch nicht weit gebracht.
Als Kleinkind griff ich -wie mir meine Mutter berichtet- gern zu Puppen als Spielzeug und imitierte sie, wie sie meine Schwester stillte.
Früh entdeckte ich aber auch meine Leidenschaft für das Aufbauen von Legohäusern nebst -eisenbahnlandschaften, ließ Lego- und Fischer-Technik dabei jedoch immer links liegen. Mein erster Berufswunsch war "Bauarbeiter".
Heute bin ich, nachdem ich lange Zeit Lehrer für ausländische Studienbewerber war und mir ein berufliches Fortkommen an öffentlichen Hochschulen aufgrund der Benachteiligung von Männern durch Frauenförderpläne versagt war, Webentwickler im Frontend, d.h. "baue" statische Webseiten (HTML/CSS, bin dabei aber doch sogar recht fit in JavaScript-Programmierung). In der Firma, wo ich arbeite (ca. 150 Mitarbeiter) sind die meisten Grafiker und Konzepter, deren Entwürfe ich umsetze, Frauen. Ein freiberuflicher Konzepter, der sporadisch bei uns mitarbeitet, ist schwul. Am Backend (Datenbanken, serverseitige Programmierung) arbeiten ausschließlich Männer, einen habe ich dabei sogar im Verdacht, er könnte vielleicht schwul sein.
Von unserem Leiter der Abteilung
Strategie, weiß ich dass er ebenfalls schwul ist, ansonsten sind alle leitenden Angestellten und Geschäftsführer heterosexuell und männlich. Im Projektmanagement (Akquise und direkter Kontakt zu Kunden) beträgt der Anteil der Frauen in etwa 50%, einige davon arbeiten auf Teilzeitbasis, weil sie sich auch um ihre Kinder kümmern müssen/wollen.
Die Leidenschaft meiner beiden jüngeren Schwestern für Barbie-Puppen teilte ich nie: Meine zwei Jahre jüngere Schwester war lange Zeit Hausfrau und Mutter, dabei nebenberuflich als Friseurin tätig. Meine Eltern hatten sie bei der ersten schulischen Schwäche fallen lassen und finanzierten keinen Nachhilfeunterrricht ("Die wird ja doch später mal nur Hausfrau"). Jetzt ist sie als angelernte Pflegekraft in der Demenz-Station eines Altenpflegeheims beschäftigt. Meine acht Jahre jüngere Schwester, die sowohl Werk- als auch Handarbeitsunterricht genoss, ist heute Gymnasial-Lehrerin für Mathematik und Deutsch und teilt sich die Hausarbeit und die Betreuung ihrer beiden Kinder mit meinem Schwager (Mathematik-Professor an einem Institut für Bio-Informatik).
Mein Lebensgefährte ist DJ und Musiker, hat es mit seiner Kunst vor einigen Jahren sogar schon wochenlang auf Platz eins in den italienischen Top-Ten sowie dauerhaft in die deutsche Wikipedia geschafft, bedient seine Ton-Misch-Geräte so, dass mir dabei Hören und Sehen vergeht

, hat gerade an meinen PC wieder so zusammengeschraubt, dass er nach einer Woche Total-Ausfall wieder läuft

, lebt aber dennoch selbst -so wie ich- nur von der Hand in den Mund

.
Die Welt ist bunt und soll auch bunt bleiben, aber sie soll sich dabei auch verändern!
Gruß Gernot