Jährliche 'Edge'-Frage

Re: Jährliche 'Edge'-Frage

Beitragvon stine » Fr 19. Apr 2013, 19:09

@Darthi, du hast zuviel Zeit!
Beschwer dich nicht, wenn das niemand mehr liest.

:mg: stine
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Re: Jährliche 'Edge'-Frage

Beitragvon Darth Nefarius » Fr 19. Apr 2013, 19:16

Zu viel Zeit? Ich habe ausnahmsweise Zeit! Endlich Wochenende!
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Re: Jährliche 'Edge'-Frage

Beitragvon Vollbreit » Sa 20. Apr 2013, 10:15

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Ich meinte den Physikalismus.
Inwiefern? Kannst du das erläutern?

Im Alltag braucht man kein Weltbild, um Kartoffeln zu kaufen oder Auto zu fahren. Der metaphysische Überbau, z.B. Naturalismus, wird dann relevant, wenn man sich über die Bedingungen der Welt unterhält.

Darth Nefarius hat geschrieben:Also nur weil etwas "alles" ist, ist es noch lange nicht unsterblich.

Was man halt so denkt, im einen Jahrzehnt dies, im andern das. Dennoch bleibt alles eben alles.

Darth Nefarius hat geschrieben:Und die Leute sagen dir dann, dass sie nur Neid oder nur Missgunst empfinden?
Kommt halt immer auf den Kontext an, in dem man fragt.

Darth Nefarius hat geschrieben:Zu kurzfristigen Zielen komme ich auch, sie betrachte ich als Etappenerfolge auf dem Weg zur Priorität.

Entweder man lernt für die Klausur oder geht feiern, beides ist schwer zu haben und beide Haltungen haben ihre Vor- und Nachteile. Kommt eben drauf an, wie man diese gewichtet.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Für Buddhisten ist Glück die Abwesenheit von Leid. Das muss kein High-Gefühl sein und hat eher was von Zufriedenheit.
Lässt einen aber irgendwann leer werden. … Das Leben verliert durch bloße Zufriedenheit ohne echtes Glück an Bedeutung.

Mag sein, dass Du das so empfindest, ist aber eine Aussage wie: Hühnersuppe schmeckt nicht. Geschmacksfrage eben.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:„Natürlich“ und „logisch“ sind nichtidentische Begriffe und schließen sich nicht selten sogar aus.
Die Natur folgt einer klaren Logik von Thermodynamik, von chemischen Kettenreaktionen und anderen logischen Prinzipien. Wann schließt Natur denn Logik aus?
Logik ist eine philosophische Disziplin, die über gezogene Schlüsse aus Aussagen befindet, innerhalb eines definierten Schlusssystems. Die Natur folgt gewissen Regelmäßigkeiten, macht aber keine Aussagen. Dass man die Natur logisch-mathematisch beschreiben kann, ist eine metaphysische Annahme, die gerade vielfach an ihre Grenzen gerät.

Darth Nefarius hat geschrieben:Und abgesehen davon frage ich dich, wie du das siehst, schließlich diskutiere ich nicht mit dem Buddhismus, sondern mit einem, der meinen Standpunkt versucht mit dem Buddhismus auszuhebeln. Wenn du nicht voll und ganz dahinter stehst, ist dein Versuch doch vergebens, oder?

Ich habe nicht ein Weltbild, dem ich mich fest verschrieben habe. Ich sehe das mit dem Glück dynamisch. Die Leitlinie auf lange Sicht ist bei mir schon nahe am Buddhismus, Zufriedenheit durch Nicht-Anhaften. Allerdings würde ich kurze oder kleine Glücksmomente nicht entwerten und auch positiv suchen. Ich weiß nicht genau, was ein Buddhist dazu sagen würde. Ich denke, wenn die Gier nicht überhand nimmt, ist das kein Problem.

Darth Nefarius hat geschrieben:Du würdest dich wundern, wieviel du von Fettleibigkeit auf genetische Ursachen (also Stoffwechselkrankheiten) zurückführen kannst.

Nein, ich wundere mich höchstens, dass diese These so überstrapaziert wird, wenn man sich schon Morgens die Familienpackung Speiseeis und den Liter Cola wegdonnert. Hast Du mal Bilder von Menschen aus den Fünfziger Jahren gesehen? Zähl mal die Dicken heute und damals. Meinst Du die Genstruktur hat sich so geändert? Im Moment werden die Araber fett, 60% Übergewicht. Das werden da nur bedingt die Gene sein.

Darth Nefarius hat geschrieben:Dann gibt es noch einen Teufelskreis an LDL-Triglyceride-Stoffwechsel, welcher das Problem noch verschlimmert. Und auch wenn ich nicht übergewichtig bin, kann ich mir gut vorstellen (so wie es doch immer gesagt wird), dass zwar kein Hunger, doch aber ein bestimmtes Defizit, ein Verlangen vorherrscht und sie quasi buddhistisch dieses Defizit versuchen mit Essen zu kompensieren.

Ja, dafür braucht man kein Buddhist zu sein. Alle wissen das:
http://www.wdr5.de/sendungen/dok-5/s/d/ ... 11.05.html

Darth Nefarius hat geschrieben:Insofern ist auch ein Verlangen dar, welches Fresssucht oder sonst eine Überkompensation als "Nicht-Anhaften" klassifitziert. Und abgesehen davon ging es bei deiner Definition um das Verlangen, welches auch schon ein Defizit darstellt (oder mit ihm assoziiert ist).

Nicht Verlangen, ständiges Verlangen, immer mehr Verlangen, Gier eben.

Darth Nefarius hat geschrieben:Na und? Essen zu wollen ist ebenso natürlich. Beides kann Leid verursachen. Der Buddhismus hilft da nicht weiter, da er unsinnig definiert.
Essen bei Hunger: kein Problem. Dauernd fressen: Problem. Was ist daran so schwer und was „unsinnig“?

Darth Nefarius hat geschrieben:Verlangen definiert sich nicht dadruch, dass es grundsätzlich gestillt werden kann. Und das psychohydraulische Instinktmodell hilft bei dieser Betrachtungsweise. Zumal man wirklich im Gehirn von Sättigungen, Rezeptoren und Hormonen ausgehen muss. Sucht wird im Gehirn klar durch eine veränderte Physiologie bedingt, welche tatsächlich dafür spricht, dass das Verlangen größer ist (da mehr Rezeptoren vielleicht gesättigt werden müssen, aber die herkömmliche Dosis des Neurotransmitters oder eines anderen Liganden nicht reicht). Die Biologie spricht jedenfalls klar für größeres Verlangen bei entsprechendem Verhalten.

Und was soll das in der Konsequenz heißen, ganz konkret? Dicke müssen eben essen, Raucher rauchen, Trinker trinken, so will's die Natur. Amen. So?

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Es obläge also der Norm, festzustellen, was denn "Anhaften" ist und was nicht, wenn es nicht um die Befriedigung eines Verlangens geht (so wie ich es aber eigentlich annehme).
Wenn Leid auftaucht, ist es anhaften. Man isst und isst und wird nicht „satt“. Man hat 10 mal einen Orgasmus und ist nicht entspannt. Man hat Kohle und dennoch Mangelempfinden oder Angst vor Verlust. Und so weiter.

Und ich sage dir abermals, dass du es dir leicht machst und damit Fehler begehst.[/quote]Ich habe vor, es mir leicht zu machen, den Fehler kann ich daran nicht sehen.

Darth Nefarius hat geschrieben:Leid ist nur vermeidbar durch den Tod. Leidlosigkeit bedeutet nicht Glück. Anhaften, also einen Zustand aufrechterhalten zu wollen, resultiert aus dem gesteigerten Verlangen. Das Verlangen, der Wille, verursacht automatisch bei Nicht-Sättigung durch Befriedigung Leid, jedoch nicht irgendein Anhaften.

Das ist Deine Sicht. Die andere erfasst Du nicht.

Darth Nefarius hat geschrieben:Interessiert mich nicht. Das ist ein indirektes Autoritätsargument. Wenn sie alle unlogisch argumentierten oder nicht verständliche Axiome setzten, werde ich nicht überzeugter, weil sie vor 2000 Jahren lebten und man ihre Namen heute noch kennt. Deswegen berufe ich mich fast nie auf einzelne Personen in meiner Argumentation. Ich formuliere das, wohinter ich selbst stehe, was ich selbst meine erkannt zu haben (das historische Wissen einiger Philosophen und ihrer Texte bringt den verwandten Ideen lediglich einen Namen). Und ich habe auch klar gezeigt, wieso die aktive Suche nach Glück unweigerlich zum Anhaften und zum Leid führt. Du kannst ja dem die Ideen Epikurs entgegenstellen, auch dort werde ich die Fehler aufdecken.

Was Du nicht erkennst, ist, dass es nicht allen, die hier schreiben, darum geht am Ende Recht behalten zu müssen. Die Welt von Triumph oder Niederlage, die aus diesem Drang resultiert, ist genau jenes eingeschränkte emotionale Spektrum was ich meine. Damit bleibt Dir die Reichhaltigkeit des Welt verborgen, die Erkenntnis, dass es sehr sehr viele, sehr sehr kluge Ansätze gibt.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Mehr Leid bedeutet mehr Leid und Leid entsteht nach buddhistischer Interpretation durch Anhaften. Was ist daran so schwer zu verstehen? Es geht doch nicht darum dem zustimmen zu müssen, sondern, dass Du erst mal siehst, was Buddhisten (oder sonst wer) als Idee haben.

Es ist nichts schwierig daran, es zu verstehen. Aber ich muss nicht auf dieser Grundlage argumentieren (tue ich ja auch nicht), wenn ich zum einen gezeigt habe, dass es nicht so ist und zum anderen ohnehin andere Prämissen habe.

Doch. Du kannst zwar anderer Meinung sein und fundamental anderen Prämissen folgen, kein Problem. Aber, Du musst Deinen Diskussionspartnern zeigen, dass Du ihre Sicht begriffen hast, andernfalls verfehlst Du die Diskurskriterien. Du kannst da zwar drauf pfeifen, aber der Preis ist, dass Du von keinem auch nur ansatzweise Intellektuellen jemals für voll genommen werden wirst. Das kannst Du mit Überheblichkeit zwar noch ein paar Jahre kompensieren, aber bereits auf mittlere Sicht erlangst Du damit Schiffbruch.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Wenn man diese Konzepte versteht und trennen kann, kann man schauen, in welchem Bereich sie zusammenlaufen oder voneinander abweichen. Wo sie, in anderer Sprache, dasselbe meinen und wo sie völlig andere Wege/Konzepte verfolgen.
Sich ohne Kenntnis der Grundlagen gleich in Details zu verheddern bringt doch niemanden weiter oder siehst Du das anders?
Die Grundlagen hast du mir ja nahe gebracht, und ich habe ausgedrückt, dass ich sie nicht akzetiere, gegen sie argumentiert.

Nein, Du hast gegen die argumentiert noch bevor Du sie verstanden hast. Darum geht es. Der Gradmesser ob man etwas verstanden hat ist im Diskurs ein formal einfacher: Du fasst die Position des anderen noch mal mit Deinen Worten zusammen und der andere hebt den Daumen und sagt „Bingo, so hab ich's gemeint.“ Dann erst hast Du die Basis, auf der Du kritisieren kannst erreicht.

Darth Nefarius hat geschrieben:Das Problem ist, dass wir an verschiedenen Punkten über den Buddhismus diskutieren. Ich dachte, dass es reicht, eine Prämisse des Buddhismus zu widerlegen, um mich nicht aus daraus resultierenden Gedanken beschäftigen zu müssen (bzw. habe ich für diese daraus resultierenden Dogmen die Argumente verwandt, die ich den Axiomen entgegensetzte, quasi das Problem bei der Wurzel zu nehmen).

Du hast sie nicht widerlegt, sondern bist einfach anderer Meinung. Bei ausgedehnteren Systemen ist es ohnehin nicht so, dass man einen Satz ändert und dann fällt alles zusammen. Du musst Dich auch mit überhaupt nichts beschäftigen, ist halt dann eine Frage des Breite des intellektuellen Spektrums. Es ist aber nicht zwingend ein breites Spektrum haben zu müssen, hier bin ich ganz bei stine, wer sich in einer traditionellen Rolle wohl fühlt, ist gut dran, das Problem haben eher die Lästerer und Spötter. Du bist halt dabei Deinen Weg zu finden, das ist okay.

Darth Nefarius hat geschrieben:Leider hat das bei dir zu einer Verwirrung geführt und du offensichtlich meinst, dass ich ab einer Ebende der Argumentation nicht davorstehende Ebenen zur Argumentation nützen könnte, obwohl nach meinem Verständnis die dahinterstehenden Ebenen das Problem verursachen. Mag sein, dass einige Gedanken innerhalb ihrer Ebene unter bestimmten Prämissen logisch sind, jedoch kann und muss ich sie nicht beführworten, wenn die Grundlagen falsch sind. Du hingegen wunderst dich über dieses Vorgehen und meinst, dass ich erstmal die Prämissen hinnehmen muss, um über diesen Gedanken zu diskutieren. Das muss ich nicht, wenn die Prämissen falsch sind.

Das ist durchaus gut argumentiert und erkannt. Bleib einfach ein wenig länger bei den Prämissen der anderen und schau Dir die Welt aus ihrer Sicht an, das ist Empathie und da das ja eine Kernkompetenz des Lebens ist, kann ein wenig mehr davon nicht schaden. Vieles ist halt schnöde Übung.

Darth Nefarius hat geschrieben:Nun, ich habe ja grob deine Zustimmung schon verstanden, aber wenn du in konkreten Defiziten der buddhistischen Argumentation schon nicht mehr hinter bestimmten Knackpunkten stehst, verliert dein Standpunkt eine konsequente Argumentation. Vielleicht ist es aber nur bei mir so, dass alles konsequent durchdacht sein muss.

Gute Erkenntnis. Denke ich auch. Aber was genau heißt hier konsequent?
Es geht doch um Folgendes: Ich stimme Dir zu, dass man das Pferd nicht im Galopp wechseln sollte. Auf biologischem Terrain wird biologisch argumentiert, auf politischem politisch und so weiter. Diesen ganzen abstrakten Krempel im Hinterkopf behaltend ist es dann aber bei Fragen der Lebensklugheit nicht nur nicht verboten, sondern geradezu gefordert, sich Antworten der Systeme zu vergleichen. Warum soll man hier Fundamentalist sein? Marxisten machen alles Übel am Kapitalismus fest, Vollwertköstler an der Ernährung. Und es ist nicht etwa so, dass beide keine Argumente hätten oder es keinerlei Folgerichtigkeit gäbe, aber alles immer nur auf Eigentum oder Zuckerkonsum reduzieren zu wollen, ist einfach sehr eindimensional. Und hier hat man dann das Recht, sich seine Weltsicht zusammenzubasteln, wie man es gerne hätte. Das mag schief und krumm und unvollkommen sein, aber es ist wenigstens das eigene Haus.

Darth Nefarius hat geschrieben:Jedem die eigenen Ansprüche. Wenn du kein Problem damit hast, dass an irgendeiner Stelle der Buddhismus der Logik und auch noch deiner persönlichen Einschätzung widerspricht, du aber daraus resultierende Behauptungen wiederum stützt (ohne bestimmten Grund, einfach aus Empfindung heraus), ist das in Ordnung, verliert jedoch seine Berechtigung, in einer Diskussion einem vollständig durchdachten Konzept entgegengestellt zu werden.

Aus der Sicht betrachtet, ja, aber der Glaube an das eine perfekte System könnte sich eben als Glaube herausstellen, der nicht trägt. Du setzt viel auf eine Karte, was erst mal okay ist und verdrängst den Gedanken, an einer Scheitern. Die Suche nach der Überlebensformel trägt Dich bestimmt noch einige Jahre, vielleicht Jahrzehnte. Aber was ist Plan B? Gesetzt, Du scheiterst in dieser Frage. Ist dann alles aus? Das wäre doch schade, darum wäre es doch gar nicht dumm, einen parallelen Weg zu gehen, der Dir die Angst etwas nimmt. Damit geht natürlich, Erfolg vorausgesetzt, auch die Motivationswut etwas flöten, aber alles in allem, kann man, wenn man kapiert, dass man die Fäden in der Hand hält, das auch selbst regulieren.

Darth Nefarius hat geschrieben:Der Irrtum scheint mir eher in der Position zu bestehen, dass dies tatsächlich wünschenswert sei. Das ich ist unweigerlich egofixiert. Unsere Gedanken, unsere Empfindungen, unser Wille, unsere Motive, unsere Erinnerungen sind unweigerlich subjektiv, also an unser "Ich" gebunden, also egofixiert. Dies abzulegen bedeutet auch sein "Ich" zuverlieren, seinen Geist tatsächlich in den Selbstmord zu treiben.

Darm geht es: „Es ist das Selbstmordprogramm für das Ego“ hat mal einer gesagt, den ich sehr schätze. Die wirkliche Problematik liegt eher darin, dass das ständige Beäugen der eigene Fortschritte des Egoabbaus in die Egofixiertheit der permanenten Selbstbeobachtung führt, ein Punkt den Sloterdijk glasklar herausgearbeitet hat. Sloterdijk, dem man zugestehen muss, wirklich zu wissen, wovon er redet.
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Re: Jährliche 'Edge'-Frage

Beitragvon Vollbreit » Sa 20. Apr 2013, 10:16

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Warum geht man denn zum Psychotherapeuten? Weil man leidet, weil es einem mies geht und man selbst keinen Ausweg findet.
Richtig, und die Annahme, dass der Psychotherapeut einem das Leid nimmt, ist jedoch schlichtweg falsch. Das Leben verursacht das Leid, der Therapeut ist kein Wundertäter und kann einem die Arbeit oder die Frau oder das Haustier wiedergeben, er kann dich lediglich so manipulieren, dass du glaubst, du hättest diese Dinge nicht wirklich nötig oder macht dir falsche Hoffnungen.

Nein, er kann helfen vor dem Schmerz nicht wegzurennen und sich der Überlegung zu stellen, dass man andere tatsächlich braucht.
Kein Therapeut der Welt würde jemandem suggerieren, man bräuchte keine Beziehungen. Ganz im Gegenteil.

Darth Nefarius hat geschrieben:Religiöse sind da eigentlich konsequenter: Sie gehen beten und sagen, was sie wollen. Natürlich ist das noch viel weniger hilfreich. Das Dümmste, was ich immer in diesem Zusammenhang von leidenden Gläubigen höre ist "Das macht doch keinen Sinn!"

Das ist eigentlich nicht dumm, sondern folgerichtig. Religion ist ein System, was Sinn in die Welt pumpt. Wie man das Bild aufnimmt, liegt an einem selbst. Manchen denken, wenn sie immer beten, dürfe ihnen auch nichts passieren. Wenn dann doch was passiert, verlieren sie ihren Glauben oder müssen dessen Prämissen überdenken.

Darth Nefarius hat geschrieben:Sie meinen immer, ihr Glaube sei unerschütterlich, in Wahrheit haben sie lediglich nur noch kein solches Leid erlebt, ihre Welt war geschützt, behütet, sie kannten keine größeren Defizite, dachten deshalb mit kleinem Horizont, dass die ganze Welt so sei. Oder sie denken, dass ihr Leid anders als das Leid anderer, tatsächlich ungerecht sei, was mich noch mehr anwidern würde.

Oh, es gibt welche, deren Glaube ist in der Tat unerschütterlich, die Frage ist, ob das wirklich gut ist. Für die Erlebenden sicher, aber nicht immer für den Rest der Welt.

Darth Nefarius hat geschrieben:Mir ist kein Konflikt bewusst, welchen ich verdrängen könnte, wollen könnte/habe.

Der Sinn des Wortes unbewusst, liegt eben gerade genau darin, dass die Konflikte tatsächlich unbewusst sind.

Darth Nefarius hat geschrieben:Ich denke, dass ein Mensch (wobei ich davon ausgehe, dass ich so einer bin), der mit sich völlig im Klaren ist, keine verdrängten Probleme hat, und die atheistischen, naturwissenschaftlichen Prämissen aufstellt, zum gleichen philosophischen Ergebnis kommen müsste.

Jeder denkt im Grunde, dass nur die anderen projizieren, das ist Teil des Spiels. Der Weg zum Unbewussten führt nicht über die Aufforderung mal ein bisschen genauer hinzuschauen.

Darth Nefarius hat geschrieben:Ich denke jedoch nicht, dass mein Verhalten (oder besser die Philosophie, die dahintersteht) von Therapeuten angestrebt wird.

Nein, eher behandelt. ;-)

Darth Nefarius hat geschrieben:Du selbst hast mir doch schonmal im Zusammenhang mit dem sogenannten Biologismus oder meinem Amoralismus vesucht, eine kindische Persönlichkeit/Unreife anzudichten. Im diesem Zusammenhang gehe ich nach dieser Diskussion übrigens davon aus, dass (auch wenn du meine Positonen wohl nicht teilst) diese Meinung revidiert hast, da ich klar durchdenke, was ich mir als Prinzip zurechtlege.

Da das ja eine Frage ist und ich respektiere, dass Dir meine Meinung wichtig ist, will ich Dich nicht belügen. Ich glaube, dass Du ein intelligenter und zielstrebiger Mensch bist, mit einem starken Willen. Der Amoralismus ist in meinen Augen eher weniger das Problem, als ein Symptom. Auch wenn Ferndiagnosen immer hochproblematisch sind, so würde ich Dir doch nach wie vor eine narzisstische Persönlichkeitsstörung attestieren und die geht mit einer emotionalen Unreife einher. Das ist sowohl Motor, als auch Hindernis und könnte zu einem Problem in Deinem Leben werden, welches sich an einer Fülle von Problemen beim eingehen von Beziehungen konkretisiert.
In aller Regel ist eine Behandlung in jungen Jahren sehr schwierig, aber in 10 bis 15 Jahren, könntest Du, solltest Du Probleme haben, darüber ernsthaft nachdenken, dann weißt Du wenigstens gleich, wo der Hund begraben liegt. Manchmal renken sich aber auch solche Pathologien durch das Leben ein, das ist durchaus möglich. Sollten Probleme, in der Regel auch sekundäre neurotische Symptome, die Panikstörungen, psychosomatische Beschwerden, Organneurosen (Angst vor Herzinfarkt, Schlaganfall), Krebsängste usw. zunehmen oder eine nagende Unzufriedenheit in längeren Beziehungen, dann erinnere Dich und such Dir einen analytischen Therapeuten, der sich mit narzisstischen Pathologen auskennt. Verhaltenstherapeuten haben in der Regel keine Ahnung davon. Solltest Du irgendwann mal den Wunsch habe, selbst zu checken, ob das was dran sein könnte (das ist durchaus möglich), mach keine halben Sachen, sondern kauf Dir das Buch „Narzissmus“, herausgegeben von Otto F. Kernberg und Hans-Peter Hartmann, die momentan aktuellste Zusammenschau der Forschung zu diesem Gebiet. Besonders Otto Kernberg würde ich Dir nahelegen, dessen Forschung bahnbrechend ist.

Darth Nefarius hat geschrieben:Zumindest scheinst du in dieser Diskussion mehr Bereitschaft zu zeigen, dein Gegenüber zu verstehen, das rechne ich dir positiv an.

Danke.

Darth Nefarius hat geschrieben:Im übrigen ist das jedoch kein unbekanntes Phänomen zu meiner Person: Vermeindliche Widersprüche meiner Haltung werden nach längerer Kenntnis der Philosophie nicht mehr gesehen; eventuell bestehende Abneigungen verschwinden.

Ich verstehe was Du meinst, sowohl das Geschriebene, als auch den Ruf zwischen den Zeilen. Ja, Du bist eine Nervensäge, manchmal ein Arschloch und wir alle leiden unter Deiner grandiosen Selbstherrlichkeit. Aber Du bist mir erstens nicht unähnlich, zweitens kenne ich die allgemeinen (wenn auch nicht Deine persönlichen) Hintergründe, drittens bist tatsächlich Du es, der andere – nach ewigem Gemurkse – mal ein Stück weit an Dich ran lässt, viertens ist die Welt kein Ort der Manipulation, von Triumph oder Niederlage. Und nein, ich hasse Dich nicht, habe ich auch vorher nicht, ist halt nur anstrengend mit Dir. Ich schreibe nicht aus dem Gefühl heraus es mit einem „Kranken“ zu tun zu haben, sondern respektiere Dich als prinzipiell gleichberechtigten Gesprächspartner, der mir durchaus auch etwas zu sagen hat.

Darth Nefarius hat geschrieben:Nun, da muss ich zugeben, dass manche Pharmazeuten und Mediziner sich das Leben leicht gemacht haben, auch wenn die Biochemiker (auf deren Argumentation und den postulierten, aber auch bewiesenen Signaltransduktionswegen) keine absolute Aussage dazu machen. Die eigentlichen Forscher entdecken einen Pathway, ein Target und erfinden/finden eine Leitstruktur und können damit mehr oder weniger spezifisch eine bestimmte Sorte an Krankheit bekämpfen. Aber es gibt immer kleinere Ausnahmen, Polymorphismen, Mutationen, die einen Rezeptor/Liganden/ein Protein etwas anders falten lassen und dadurch die Wirksamkeit vielleicht verloren geht. Es ist also nicht so, dass keine Zusammenhänge zwischen bestimmten Hormomen und dem Empfinden bestehen, sondern dass es für die meisten gilt.
Ja, die Zusammenhänge bestehen, das will ich keinesfalls leugnen, nur sind die eben saumäßig komplex und daher (aktuell) nicht praktikabel.

Darth Nefarius hat geschrieben:Aber abgesehen davon würde ich gern wissen, welche Alternative du zu diesem Konzept anbietest (die jetzt nicht auf metaphysischem Firlefanz basiert).
Therapie ist der Königsweg, man muss halt schauen, worum es geht. Mal mit einer Ergänzung durch Medikamente, mal überwiegend durch Medikamente, das ist extrem abhängig vom Einzelfall. Ich kenne einen Menschen mit bipolarer Erkrankung, der eine therapeutische Superversorgung hatte, doch den wirklichen Durchbruch brachten erst Medikamenten, nach seiner Selbsteinschätzung haben die Medis einen 90% Effekt gehabt, Therapie nur 10%. In anderen Fällen ist bringen Medikamente buchstäblich gar nichts und Therapie alles. Einige wenige sind vollkommen unbehandelbar.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Vielleicht habe ich den Buddhismus nicht sonderlich gut erklärt, was tatsächlich sein kann, da ich ihn eigentlich nicht sonderlich gut kenne. Aber Dir ein wenig Überblick über die Kernaussagen des Buddhismus zu verschaffen, wäre dann, bei hinreichendem Interesse Dein Part. Wiki ist da nicht die schlechteste Quelle für den Einstieg.
Wir hatten ja bereits festgestellt, dass ein Wikipediaartikel unterschiedliche Aussagen beinhalten kann, die sich auch irgendwie widersprechen können (Dukkha). Abgesehen davon ist es ja nicht so, dass ich mir sowas nicht mal durchlese, überfliege.
Deine Annahme ist letztlich, dass ich dem Buddhismus schon zustimmen müsste, sobald ich genug über ihn weiß. Aber so funktioniert das nicht.

Soll es auch nicht. Nicht zustimmen, sondern den Denkweg verstehen, wie oben bereits ausgeführt.

Darth Nefarius hat geschrieben:Die Gegenseite kann man effektiv nur durch dargebotene Argumente überzeugen. Du findest es doch gewiss auch nicht überzeugend, wenn dir ein Religiöser sagt, dass du eigentlich glauben müsstest, wenn du auch ihre Glaubensmanifeste gut genug kennen würdest, auch wenn sie selbst es nicht tun.

Nein, aber ich kann verstehen, dass es jemandem etwas bringt zu glauben. Ich kann auch verstehen, warum jemand vom Marxismus überzeugt ist. Es gibt aus allen Ecken gute Interpreten einer Idee, aber es stimmt schon, die Idee kann in sich Murks sein.

Darth Nefarius hat geschrieben:Ich lasse mich also nicht von Vertretern einer Positon überzeugen, die von sich nicht behaupten, das, was sie vertreten, auch wirklich zu verstehen und dahinterzustehen. Es ist nicht meine Aufgabe, mich zu überzeugen, es ist deine, wenn du mir und meinen Aussagen widersprichst! Du wirst vielleicht Verständnis für meinen Standpunkt haben.
Schon klar. Aber ich bin nicht so der große Missionar. Wenn ich sage, es muss ja keiner, dann meine ich das durchaus ernst. Ich leide nicht darunter, wenn jemand mein Weltbild nicht teilt, solange er mir seines nicht aufdrängt.

Darth Nefarius hat geschrieben:Profs, nicht Singular. Die Profs versuchen ja auch nicht, mich zu widerlegen, wir befinden uns nicht in einem akademischen Streit. Sie versuchen mir etwas beizubringen, ich will gutgläubig erstmal glauben, was sie mir verkaufen (sofern ich nicht bereits widersprüchliches gelesen/gehört habe in anderen Vorlesungen, was vorkommt). Dir habe ich jedoch nicht den Auftrag gegeben, mich im Buddhismus zu unterrichten, du hast dich in eine Diskussion begeben, in der die Parteien gleichberechtigt versuchen den anderen von ihrer Position zu überzeugen. Es ist nicht meine Aufgabe, mich vom Gegenteil zu überzeugen, diese hast du dir selbst gestellt.
Nicht vom Gegenteil zu überzeugen, sondern die Position verstehen. Das ist der Unterschied, aber ich glaube, der ist inzwischen klar?

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Das ist insofern schwer, weil das tatsächlich eine Altersfrage ist, [...]Du liest, mit diesen biologischen Kenntnissen, [...]Zum Biologismus wird sie in dem Moment,[...]Psychische Probleme sind dann auf einmal nur noch Neurotransmitterdysregulationen, gesellschaftliche Spannungen treten auf, weil man eben Frauen nicht artgerecht in der Küche festbindet und so weiter.
Bla, bla. Aber das mit den Frauen habe ich so nie behauptet!

Habe ich auch nicht gesagt, das war nur ein beliebige Illustration. Ich hätte auch das genaue Gegenteil schreiben können. Egal vergiss den Punkt.

Darth Nefarius hat geschrieben:Empathie bedeutet nicht, dass ich ihren Glauben, ihre Prämissen akzeptieren muss.

Empathie bedeutet die Welt durch die Augen des anderen sehen zu können.
Weniger metaphorisch:
Michael Stone hat geschrieben:In Anlehnung an Simon Baron-Cohen (2003) verwende ich den Begriff „Empathie“ zur Beschreibung der Fähigkeit, die Emotionen eines anderen Menschen zu „lesen“ („Gedankenlesen“) und Mitgefühl für dessen emotionalen Zustand aufzubringen.
(Michael Stone, Narzissmus und Kriminalität, in Narzissmus, Kernberg/Hartmann, Schattauer 2006, S.425)

Ausführlicher: http://www.psyheu.de/5794/empathie-spie ... en-glueck/

Darth Nefarius hat geschrieben:Ich sehe nicht ein, wieso ich erst an das glauben muss, was ich kritisiere.

Nicht glauben, verstehen! Wenn jemand glaubt, dass er in die Hölle kommen kann, ist es klar, dass er sich bemühen wird, nicht in die Hölle zu kommen. Wenn Du dem nur sagst: Was für ein Schwachsinn, die Hölle gibt’s doch gar nicht, kommst Du in einen Streit und aus dem nicht schlecht wieder raus.

Darth Nefarius hat geschrieben:Wenn mir etwas dargeboten wird, analysiere ich es zuerst, um es zu bewerten. Das logische Vorgehen mit Behauptungen ist, sie auf Konsistenz zu überprüfen. Mir ist dabei letztlich egal, welche Absicht hinter Doktrin XYZ steht. Die Absicht mag noch so lobenswert sein, aber das ist nicht entscheidend für die Praktikabilität des Konzepts.


Nützlichkeitserwägungen sind doch auch nur ein Konzept. Obendrein eines mit Grenzen, weil die Frage aufkommt, nützlich, ja für wen? Wenn Du sagst, für mich, ist das ein Ansatz, aber ich glaube er ist schon deshalb schlecht, weil er das erhoffte Glück nicht bringt und dafür gibt es gute Indikatoren. Wenn Du sagst, besser sei auch das Glück für alle (oder die größtmögliche Zahl), so wirft das mehr Fragen auf, als man auf den ersten Blick meint. Wenn 20 Schüler einen armen Idioten mobben, haben 20 Spaß, nur einer nicht? Ist das okay? Warum sollen 20 auf den Spaß verzichten?

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Ich verliere ja durch das Nicht-Anhaften permanent etwas. Gerade das stört mich!
Was denn genau? Ich sehe nicht, dass man durch den Verzicht auf Anhaften irgendwas verliert, außer dem Leid.
Ich verliere Glück, ich verliere Dinge, die mich glücklich machen.
Nein, werd mal konkret, was denn?

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Kommt drauf an, was ist denn echte Liebe, für Dich?

Ich habe in etwa eine Vorstellung, aber festlegen werde ich mich erst, wenn diese Emotion auch praktisch vorhanden ist. Wenn ich aber auf Grundlage dessen, was ich bereits weiß, ungefähr (wenn ich nicht direkt auf diese Frage) antworten soll: Ich suche nach subjektiver Perfektion. Ich suche ein Wesen, welches in meinen Augen keine Defizite aufweist (naja, außer dem notwendigerweise duldbaren Defizit der Sterblichkeit). Bis jetzt fehlt mir immer mindestens ein Defizit auf, sei es körperlicher oder geistiger Natur. Bei den meisten anderen Dingen des Lebens ist es für mich genauso: Es gibt irgendwo ein Defizit, welches optimiert werden müsste/könnte. Auch mein Körper stellt mich nicht zufrieden, auch wenn er vergleichsweise wenige Defizite hat. Ich kann jedenfalls keine Liebe bei Fehlern empfinden, die sehe ich leider überall. Dennoch habe ich Vorstellungen vom Idealen.

Habe ich verstanden und ist hochproblematisch. Du bist gezwungen alles zu entwerten, was nicht Deinem Bild von Perfektion entspricht und im Grunde suchst Du ein weibliches Double, was hübsch anzusehen ist. Das wird immer zu Enttäuschungen führen und lange Beziehungen zerstören. Der Wert von Beziehungen (und die unendliche Kompliziertheit) liegt aber gerade darin, dass Andere, das wirklich andere zu akzeptieren. Deshalb ist die Liebe ein großartiger Weg, aber aus 1000 Gründen so ungeheuer schwer. Am besten man denkt nicht drüber nach, aber das wird Dir schwer gelingen.

Darth Nefarius hat geschrieben:Nein, ich kapituliere nicht, da dies nicht mein Kampf ist. Man kann natürlich angeborene Gier entsprechend manipulieren, wie alles an biologischen Systemen. Aber ich habe dazu weder die Motivation, noch ist dies gesellschaftlich erwünscht.

Okay, kann ich akzeptieren.
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Re: Jährliche 'Edge'-Frage

Beitragvon Darth Nefarius » Sa 20. Apr 2013, 12:59

Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Richtig, und die Annahme, dass der Psychotherapeut einem das Leid nimmt, ist jedoch schlichtweg falsch. Das Leben verursacht das Leid, der Therapeut ist kein Wundertäter und kann einem die Arbeit oder die Frau oder das Haustier wiedergeben, er kann dich lediglich so manipulieren, dass du glaubst, du hättest diese Dinge nicht wirklich nötig oder macht dir falsche Hoffnungen.

Nein, er kann helfen vor dem Schmerz nicht wegzurennen und sich der Überlegung zu stellen, dass man andere tatsächlich braucht.
Kein Therapeut der Welt würde jemandem suggerieren, man bräuchte keine Beziehungen. Ganz im Gegenteil.

Letzteres habe ich auch nicht behauptet. Altklug würde der Therapeut lediglich zu der spezifischen, gescheiterten Situation erklären, dass man darüber hinweg kommen könnte (wahrscheinlich wieder mit einer anderen Beziehung). Aber dann stellt sich die Frage, über welchen Schmerz man nicht hinwegkommen könnte? Und welchen Wert hat eine überwindbare Liebe? Wie soll man mit der Meinung umgehen, dass vielleicht jede überwindbar ist? Gibt es dann überhaupt die eine? Die Konsequenzen der Suggestion passen mir nicht, sie widersprechen dem, was ich anstrebe, auch wenn die Konsequenzen schmerzhaft sein könnten.
Vollbreit hat geschrieben:Das ist eigentlich nicht dumm, sondern folgerichtig. Religion ist ein System, was Sinn in die Welt pumpt. Wie man das Bild aufnimmt, liegt an einem selbst. Manchen denken, wenn sie immer beten, dürfe ihnen auch nichts passieren. Wenn dann doch was passiert, verlieren sie ihren Glauben oder müssen dessen Prämissen überdenken.

Sofern man völlig weltfremd ist und entweder glaubt, dass die Welt leidlos ist, oder dass das Leid der anderen einen Sinn hat, ist das folgerichtig, stimmt. Allerdings sind diese Prämissen dämlich, die Annahmen sind dämlich, die Frage nach Sinn und Gerechtigkeit ist dämlich. Wie so oft wird hier nicht nach Logik entschieden, sondern nach Wunsch.
Vollbreit hat geschrieben:Oh, es gibt welche, deren Glaube ist in der Tat unerschütterlich, die Frage ist, ob das wirklich gut ist. Für die Erlebenden sicher, aber nicht immer für den Rest der Welt.

Was ich ja gesagt habe: Entweder sind sie weltfremd oder halten Leid für gerecht. Ich kann beidem nichts abgewinnen.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Mir ist kein Konflikt bewusst, welchen ich verdrängen könnte, wollen könnte/habe.

Der Sinn des Wortes unbewusst, liegt eben gerade genau darin, dass die Konflikte tatsächlich unbewusst sind.

Ich gehe davon aus, dass ich eine Ahnung hätte, eine Auffälligkeit, welche mir nicht erklärlich wäre. Aber meine Motivation, mein Charakter und mein Handeln erklären sich mir völlig. Die Konflikte, die ich erlebte und noch nicht verarbeitet habe, sind mir allesamt bewusst. Aber es ist jetzt auch nicht zielführend, wenn du mir jetzt erklären willst, dass ich irgendetwas verdrängen könnte, ohne Anzeichen, was ich denn verdrängen würde.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Ich denke, dass ein Mensch (wobei ich davon ausgehe, dass ich so einer bin), der mit sich völlig im Klaren ist, keine verdrängten Probleme hat, und die atheistischen, naturwissenschaftlichen Prämissen aufstellt, zum gleichen philosophischen Ergebnis kommen müsste.

Jeder denkt im Grunde, dass nur die anderen projizieren, das ist Teil des Spiels. Der Weg zum Unbewussten führt nicht über die Aufforderung mal ein bisschen genauer hinzuschauen.

Doch, ich gehe klar davon aus, dass wir uns so wie der Natur der Welt auch unserer eigenen Natur bewusst werden können. Der Mensch konnte sich vieler seiner Gefühle, welche den Tieren im Instinkt innewohnen, bewusst werden und versuchte (öfter leider vergeblich) sich ihrer zunutze zu machen, oder sie unsinnigerweise durch Moral zu überwinden. Alles, was wir uns nicht an uns erklären, ist nicht unerklärbar, es ist nur noch nicht erklärt.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Ich denke jedoch nicht, dass mein Verhalten (oder besser die Philosophie, die dahintersteht) von Therapeuten angestrebt wird.

Nein, eher behandelt. ;-)

Und mit welcher Indikation? Ich bin weder ein Soziopath, noch bin ich mit meinem Zustand unzufrieden. Meine Meinung ist, dass meine Philosophie denen schlichtweg nicht passen würde. Das ist für mich ein Grund, Therapeuten für Scharlatane zu halten.
Vollbreit hat geschrieben:Auch wenn Ferndiagnosen immer hochproblematisch sind, so würde ich Dir doch nach wie vor eine narzisstische Persönlichkeitsstörung attestieren und die geht mit einer emotionalen Unreife einher.

Das schon wieder. Wie gesagt, ich habe nie bestritten, dass ich ein Narziss bin, allerdings erkenne ich nicht, wie du eine emotionale Unreife ableitest. Das Axiom, dass das Anhaften = Unreife bedeutet, ist mir nicht schlüssig. Ich habe schließlich oft genug argumentiert, wieso es nichts mit Unreife zu tun hat.
Vollbreit hat geschrieben:Sollten Probleme, in der Regel auch sekundäre neurotische Symptome, die Panikstörungen, psychosomatische Beschwerden, Organneurosen (Angst vor Herzinfarkt, Schlaganfall), Krebsängste usw. zunehmen oder eine nagende Unzufriedenheit in längeren Beziehungen, dann erinnere Dich und such Dir einen analytischen Therapeuten, der sich mit narzisstischen Pathologen auskennt.

Keine Angst, ich bin kein Hypochonder. :lachtot: Ebenso ist mir immer klar, was mich an einzelnen Menschen stört. Wenn diese Unzufriedenheit diffus wäre und ich nicht wüsste, was ich will, würde ich darüber nachdenken, aber mir ist so ziemlich alles klar.
Vollbreit hat geschrieben:Ja, Du bist eine Nervensäge, manchmal ein Arschloch und wir alle leiden unter Deiner grandiosen Selbstherrlichkeit.

Ja, und alles ist konsequent. :mg: Allerdings leide ich nicht unter mir, viele andere auch nicht (jedenfalls meine ich Leute außerhalb des Forums, wie das hier aussieht, ist mir eigentlich auch egal).
Vollbreit hat geschrieben:Aber Du bist mir erstens nicht unähnlich, zweitens kenne ich die allgemeinen (wenn auch nicht Deine persönlichen) Hintergründe, drittens bist tatsächlich Du es, der andere – nach ewigem Gemurkse – mal ein Stück weit an Dich ran lässt, viertens ist die Welt kein Ort der Manipulation, von Triumph oder Niederlage.

Ich habe nichts zu verbergen, ich gebe nur das zu, was auch stimmt. Und ich verheimliche auch nichts an meinem Charakter, wenn es mir keinen Nutzen hat. Hier hat Manipulation oder Verheimlichung (zumindest die über die Eigenschaften des Charakters) keinen Nutzen. Meine Handlung, meine Motivation und meine Charaktereigenschaften habe ich nie verheimlicht, aber da ich kein Einfallspinsel bin, brauchen einige etwas länger, um die Zusammenhänge zu erkennen.
Vollbreit hat geschrieben:Und nein, ich hasse Dich nicht, habe ich auch vorher nicht, ist halt nur anstrengend mit Dir. Ich schreibe nicht aus dem Gefühl heraus es mit einem „Kranken“ zu tun zu haben, sondern respektiere Dich als prinzipiell gleichberechtigten Gesprächspartner, der mir durchaus auch etwas zu sagen hat.

Der Hass anderer stört mich ohnehin nicht, solange sie fähig sind zu denken und in ihrem Gefühl nicht irrational werden. Ich habe dir auch keinen Hass unterstellt, lediglich eine gewisse Abneigung, würde auch auf Gegenseitigkeit beruhen. Freunde werden wir gewiss nicht, soetwas strebe ich auch nicht an. Ich finde es eigentlich immer interessanter, wenn ein Kontrahent in Position und Überzeugung mit sich reden lässt. Vielen gelingt es dabei nicht, die Logik der gegenstehenden Position betrachten zu wollen, ich habe kein Problem damit, da ich kein Idealist bin und Überzeugungen eher nihilistisch betrachte. So kommt es, dass einige meiner besten Freunde völlig entgegengesetzte Positionen zu gewissen Fragen haben. Und nicht selten erkenne ich auch, dass einige meiner Einstellungen auf sie abfärbten.
Vollbreit hat geschrieben:Ja, die Zusammenhänge bestehen, das will ich keinesfalls leugnen, nur sind die eben saumäßig komplex und daher (aktuell) nicht praktikabel.

Doch, in vielen Fällen sind sie praktikabel. Andernfalls gäbe es kein einziges funktionierendes Medikament.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Aber abgesehen davon würde ich gern wissen, welche Alternative du zu diesem Konzept anbietest (die jetzt nicht auf metaphysischem Firlefanz basiert).
Therapie ist der Königsweg, man muss halt schauen, worum es geht. Mal mit einer Ergänzung durch Medikamente, mal überwiegend durch Medikamente, das ist extrem abhängig vom Einzelfall. Ich kenne einen Menschen mit bipolarer Erkrankung, der eine therapeutische Superversorgung hatte, doch den wirklichen Durchbruch brachten erst Medikamenten, nach seiner Selbsteinschätzung haben die Medis einen 90% Effekt gehabt, Therapie nur 10%. In anderen Fällen ist bringen Medikamente buchstäblich gar nichts und Therapie alles. Einige wenige sind vollkommen unbehandelbar.

Wie gesagt, unter Therapie verstehe ich nicht mehr, als sich einiger Konflikte bewusst zu machen, eventuell seine Einstellung zu ändern. Aber wenn ich keine Probleme mit beidem habe, scheint mir dieser Weg keine Alternative. Die Medikation ist nur noch ein Werkzeug, um den Geist zu unterdrücken. Bei Kranken Ausprägungen empfehlenswert, allerdings scheint mir meine Einstellung nicht die Eigenschaften einer Krankheit zu besitzen. Es gibt keinen Schaden für Umgebung oder Betroffenen, also existiert keine Krankheit. Es ist eine Anomalie, wenn überhaupt. Aber das ist nicht unbedingt ein Nachteil. Und ich suche auch nicht nach einem Therapeuten, du hast angefangen mit mir zu sprechen, nicht umgekehrt. Und es ging auch nicht um Probleme, es ging um Kraft, die aus meiner Einstellung erwächst.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Deine Annahme ist letztlich, dass ich dem Buddhismus schon zustimmen müsste, sobald ich genug über ihn weiß. Aber so funktioniert das nicht.

Soll es auch nicht. Nicht zustimmen, sondern den Denkweg verstehen, wie oben bereits ausgeführt.

Ich habe ihn ja verstanden, ebenso seine Defizite und Fehler. Unter "Verstehen" verstehe ich nicht Akzeptanz als gleichberechtigte Denkrichtung. Natürlich sieht das die Gegenseite, der man die Fehler der eigenen Denkrichtung aufzeigt, nicht als verstehen. Aber damit kann man es auch auf sich beruhen lassen.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Die Gegenseite kann man effektiv nur durch dargebotene Argumente überzeugen. Du findest es doch gewiss auch nicht überzeugend, wenn dir ein Religiöser sagt, dass du eigentlich glauben müsstest, wenn du auch ihre Glaubensmanifeste gut genug kennen würdest, auch wenn sie selbst es nicht tun.

Nein, aber ich kann verstehen, dass es jemandem etwas bringt zu glauben. Ich kann auch verstehen, warum jemand vom Marxismus überzeugt ist. Es gibt aus allen Ecken gute Interpreten einer Idee, aber es stimmt schon, die Idee kann in sich Murks sein.

Ich habe mich auch nie gewundert, wieso jemand an xyz glaubt. Mir ist bewusst, dass mancher Glaube Trost bringt, einige Ungereimtheiten großzügig zu diesen Gunsten bewusst oder unbewusst übersehen werden. Wenn mir klar ist (vielleicht wie einem Therapeuten), dass jemand gerade eine Ungereimtheit verdrängt, ein Axiom unhinterfragt hinnimmt, betrachte ich mich als verstehend. Nicht jedes Verständnis eines Glaubens muss schmeichelhaft ausfallen. Der meiste Glaube resultiert aus Schwäche an Charakter oder Verstand.
Vollbreit hat geschrieben:Wenn ich sage, es muss ja keiner, dann meine ich das durchaus ernst. Ich leide nicht darunter, wenn jemand mein Weltbild nicht teilt, solange er mir seines nicht aufdrängt.

Ich habe niemandem etwas aufgedrängt, ich habe dir nie gesagt, dass du etwas akzeptieren müsstest. Kann sein, dass manche sich in die Enge gedrängt fühlen, wenn sie keine Argumente mehr kennen. Jedenfalls hast du mir irgendwann nicht mehr deine Position entgegengehalten, sondern nur die Behauptung, ich würde nicht verstehen.
Vollbreit hat geschrieben:Nicht vom Gegenteil zu überzeugen, sondern die Position verstehen. Das ist der Unterschied, aber ich glaube, der ist inzwischen klar?

Der war mir immer klar, schließlich hast doch du mir unterstellt, ich würde nicht verstehen. Dabei habe ich nichts anderes getan, als zu zeigen, was ich für Fehler meine zu erkennen. Wenn ich jemandem Fehler unter die Nase reibe, bedeutet es ja nicht, ich würde etwas nicht verstehen.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Empathie bedeutet nicht, dass ich ihren Glauben, ihre Prämissen akzeptieren muss.

Empathie bedeutet die Welt durch die Augen des anderen sehen zu können.
Weniger metaphorisch:
Michael Stone hat geschrieben:In Anlehnung an Simon Baron-Cohen (2003) verwende ich den Begriff „Empathie“ zur Beschreibung der Fähigkeit, die Emotionen eines anderen Menschen zu „lesen“ („Gedankenlesen“) und Mitgefühl für dessen emotionalen Zustand aufzubringen.


Das ist mir klar. Allerdings kann ich unabhängig vom Mitgefühl für jemanden dennoch seine Fehler erkennen und darbieten, sie eventuell nutzen. Ich hatte einige Erlebnisse, in denen ich zwar Empathie empfand, jedoch nicht gnädig handeln musste. Ich kann das trennen. Empathie verpflichtet mich nicht zur Freundschaft oder Gnade.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Ich sehe nicht ein, wieso ich erst an das glauben muss, was ich kritisiere.

Nicht glauben, verstehen! Wenn jemand glaubt, dass er in die Hölle kommen kann, ist es klar, dass er sich bemühen wird, nicht in die Hölle zu kommen. Wenn Du dem nur sagst: Was für ein Schwachsinn, die Hölle gibt’s doch gar nicht, kommst Du in einen Streit und aus dem nicht schlecht wieder raus.

Und auch wenn ich das sage, so bedeutet es nicht, dass ich nicht verstehen würde. Ich verstehe, dass dieser Glaube aus Angst/Hoffnung auf Unsterblichkeit und Gerechtigkeit resultiert. Auch wenn ich die Ängste und Wünsche verstehe, so teile ich sie nicht unbedingt oder die Ausführung des Umgangs mit diesen. Also kann ich gleichzeitig verstehen und es trotzdem als Schwachsinn bezeichnen. Auch einen Schwachsinnigen kann man verstehen, Medikation oder Therapie wäre andernfalls nicht möglich.
Vollbreit hat geschrieben:Nützlichkeitserwägungen sind doch auch nur ein Konzept. Obendrein eines mit Grenzen, weil die Frage aufkommt, nützlich, ja für wen? Wenn Du sagst, für mich, ist das ein Ansatz, aber ich glaube er ist schon deshalb schlecht, weil er das erhoffte Glück nicht bringt und dafür gibt es gute Indikatoren.

Welche Indikatoren? Woher willst du wissen, dass dieser das Glück nicht bringt? Er bringt eventuell Leid, aber das schließt nicht Glück aus.
Vollbreit hat geschrieben: Wenn Du sagst, besser sei auch das Glück für alle (oder die größtmögliche Zahl), so wirft das mehr Fragen auf, als man auf den ersten Blick meint. Wenn 20 Schüler einen armen Idioten mobben, haben 20 Spaß, nur einer nicht? Ist das okay? Warum sollen 20 auf den Spaß verzichten?
Ich war nie ein Altruist, oder einer, der der Mehrheit grundsätzlich Recht gibt. Ich denke, das hätte bekannt sein müssen.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Ich verliere Glück, ich verliere Dinge, die mich glücklich machen.
Nein, werd mal konkret, was denn?

Wie soll man da konkret werden, wenn es jedes Erlebnis beeinflusst? Ich werde damit den Möglichkeiten des Lebens und meiner Erfahrung nicht gerecht, da die Antwort in jedem Fall unvollständig wäre.
Vollbreit hat geschrieben:Habe ich verstanden und ist hochproblematisch. Du bist gezwungen alles zu entwerten, was nicht Deinem Bild von Perfektion entspricht und im Grunde suchst Du ein weibliches Double, was hübsch anzusehen ist.

Nein, Aussehen alleine bringt noch keine Perfektion, auch über den Charakter habe ich Vorstellungen, aber es gibt einen Spielraum. Und es ist nur logisch, das nicht als derart wertvoll zu betrachten, was nicht den eigenen Vorstellungen entspricht. Es gibt aber Abstufungen. Es gibt für mich nicht nur Liebe und Wertlosigkeit als Einstufung einer Beziehung. Ich muss mich also nicht entweder in eine Frau verlieben oder sie als wertlos erachten.
Vollbreit hat geschrieben: Das wird immer zu Enttäuschungen führen und lange Beziehungen zerstören. Der Wert von Beziehungen (und die unendliche Kompliziertheit) liegt aber gerade darin, dass Andere, das wirklich andere zu akzeptieren.

Ich habe nie gesagt, dass ich die exakt gleichen Eigenschaften von mir an einer Frau suche. Ich würde gar nicht das Verlangen haben, wenn ich nicht auch ein Defizit verspürte. Aber ich habe keine Lust jetzt auf Detail einzugehen, das ist mir zu persönlich.
Vollbreit hat geschrieben:Deshalb ist die Liebe ein großartiger Weg, aber aus 1000 Gründen so ungeheuer schwer. Am besten man denkt nicht drüber nach, aber das wird Dir schwer gelingen.

Ich habe ja nicht beschlossen, welche Eigenschaften ich schätze und welche nicht. Ich habe die Logik meines Verlangens erkannt. Nur weil ich mir diese herleiten kann, bedeutet es nicht, dass das Gefühl nicht vorhanden ist. Oder anders gesagt: Angst zu empfinden bedeutet nicht, dass man seine Angst nicht versteht uoder umgekehrt. Das ist mit anderen Emotionen genauso. Ich kann sie verstehen und empfinden.
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Re: Jährliche 'Edge'-Frage

Beitragvon Darth Nefarius » Sa 20. Apr 2013, 13:58

Vollbreit hat geschrieben:Im Alltag braucht man kein Weltbild, um Kartoffeln zu kaufen oder Auto zu fahren. Der metaphysische Überbau, z.B. Naturalismus, wird dann relevant, wenn man sich über die Bedingungen der Welt unterhält.

Nein, die Bedingungen der Welt verlangen nicht nach Metaphysik. Wenn du in einen Situationen ohne entscheiden kannst, kannst du es auch in anderen.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Also nur weil etwas "alles" ist, ist es noch lange nicht unsterblich.

Was man halt so denkt, im einen Jahrzehnt dies, im andern das. Dennoch bleibt alles eben alles.

Alles ist nicht immer existent. Irgendwann stirbt alles. Es ist ein Axiom, dass alles irgendwie erhalten bleibt. Vieles spricht dagegen.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Und die Leute sagen dir dann, dass sie nur Neid oder nur Missgunst empfinden?
Kommt halt immer auf den Kontext an, in dem man fragt.

Was bekommst du denn als Antwort? Meinetwegen erhälst du eben die Bestätigung, dass Neid empfunden wird. Aber so eine Antwort ist immer temporär.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Die Natur folgt einer klaren Logik von Thermodynamik, von chemischen Kettenreaktionen und anderen logischen Prinzipien. Wann schließt Natur denn Logik aus?
Logik ist eine philosophische Disziplin, die über gezogene Schlüsse aus Aussagen befindet, innerhalb eines definierten Schlusssystems. Die Natur folgt gewissen Regelmäßigkeiten, macht aber keine Aussagen. Dass man die Natur logisch-mathematisch beschreiben kann, ist eine metaphysische Annahme, die gerade vielfach an ihre Grenzen gerät.

Die Naturwissenschaften und die Philosophie entspringen der selben Wurzel. Die Naturwissenschaften sind praktische Anwendung einer Philosophie. Die Natur macht keine Aussagen, das ist richtig, aber der Naturwissenschaftler macht es. Die Philosophie selbst macht ebenso keine Aussagen, der Philosoph schon. Ich sehe keinen Unterschied (zumindest nicht in der Kategorisierung).
Vollbreit hat geschrieben:Ich habe nicht ein Weltbild, dem ich mich fest verschrieben habe. Ich sehe das mit dem Glück dynamisch. Die Leitlinie auf lange Sicht ist bei mir schon nahe am Buddhismus, Zufriedenheit durch Nicht-Anhaften. Allerdings würde ich kurze oder kleine Glücksmomente nicht entwerten und auch positiv suchen. Ich weiß nicht genau, was ein Buddhist dazu sagen würde. Ich denke, wenn die Gier nicht überhand nimmt, ist das kein Problem.

Also definierst du nicht konsequent, was du als Glück empfindest?
Wie soll den Gier "überhand" nehmen? Wir diskutieren ja die ganze Zeit über Maßlosigkeit/Maß und wie subjektiv das doch ist.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Du würdest dich wundern, wieviel du von Fettleibigkeit auf genetische Ursachen (also Stoffwechselkrankheiten) zurückführen kannst.

Nein, ich wundere mich höchstens, dass diese These so überstrapaziert wird, wenn man sich schon Morgens die Familienpackung Speiseeis und den Liter Cola wegdonnert. Hast Du mal Bilder von Menschen aus den Fünfziger Jahren gesehen? Zähl mal die Dicken heute und damals. Meinst Du die Genstruktur hat sich so geändert? Im Moment werden die Araber fett, 60% Übergewicht. Das werden da nur bedingt die Gene sein.

Das wird natürlich berücksichtigt. Aber dazu musst du auch wissen, dass das, was wir heute als Kranheit verstehen, damals vielleicht sogar nützlich war. Das Nahrungsangebot hat sich geändert, unser Stoffwechsel und der Genpool leider nicht. Dann ist man häufig auch noch an Infektionskrankheiten gestorben, bevor ein Herzinfakt eintreten konnte. Nachdem die Hygiene besser wurde, ist heute hauptsächlich noch Krebs und Herzinfakt übrich. Deswegen werden einige Prädispositionen zum Problem und waren es damals nicht.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Dann gibt es noch einen Teufelskreis an LDL-Triglyceride-Stoffwechsel, welcher das Problem noch verschlimmert. Und auch wenn ich nicht übergewichtig bin, kann ich mir gut vorstellen (so wie es doch immer gesagt wird), dass zwar kein Hunger, doch aber ein bestimmtes Defizit, ein Verlangen vorherrscht und sie quasi buddhistisch dieses Defizit versuchen mit Essen zu kompensieren.

Ja, dafür braucht man kein Buddhist zu sein. Alle wissen das:
http://www.wdr5.de/sendungen/dok-5/s/d/ ... 11.05.html
Tja, dann ist doch meine Annahme, dass es hier keine Maßlosigkeit, kein Verweilen/Anhaften ist, da ein Defizit empfunden wird, ein Verlangen besteht (welches lediglich anders ausgeprägt ist). Der mittlere Weg ist damit ein Mythos.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Insofern ist auch ein Verlangen dar, welches Fresssucht oder sonst eine Überkompensation als "Nicht-Anhaften" klassifitziert. Und abgesehen davon ging es bei deiner Definition um das Verlangen, welches auch schon ein Defizit darstellt (oder mit ihm assoziiert ist).

Nicht Verlangen, ständiges Verlangen, immer mehr Verlangen, Gier eben.

Der Grad an Verlangen ist individuell. Manchmal kann es ständig bestehen und soetwas ist auch selten Sache von Entscheidung. Damit wird, wie gesagt, der mittlere Weg zu einem Mythos der Entscheidung.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Na und? Essen zu wollen ist ebenso natürlich. Beides kann Leid verursachen. Der Buddhismus hilft da nicht weiter, da er unsinnig definiert.
Essen bei Hunger: kein Problem. Dauernd fressen: Problem. Was ist daran so schwer und was „unsinnig“?

Das "dauernd fressen" als Maßlosigkeit zu definieren ist insofern unsinnig, als dass die Prämisse aufgestellt wird, dass das Verlangen nicht besteht und deswegen maßlos ist. Ob trotzdem nicht ein Problem dabei entsteht ist jedoch erstmal nicht entscheidend fürs Verlangen. Manche haben lediglich Glück, dass ihr Verlangen gestillt werden kann, andere nicht. Aber dadurch sind letztere den ersteren nicht philosophisch/gesitig oder sonstwie unterlegen oder verblendeter.
Vollbreit hat geschrieben:Und was soll das in der Konsequenz heißen, ganz konkret? Dicke müssen eben essen, Raucher rauchen, Trinker trinken, so will's die Natur. Amen. So?

Die Natur hat keinen Willen, einige haben lediglich Glück, andere weniger. Jedenfalls maße ich mich nicht an (anders als ein Buddhist) (m)ein Maß zum Standard zu erklären, der auch noch der einzige Pfad zur Erleuchtung ist. Einige haben eben ein größeres Verlangen, dadurch werden sie ja nicht maßlos, sondern folgen ihrem Maß. Ob das nict trotzdem Probleme verursacht, ist eine andere Frage.
Vollbreit hat geschrieben:Ich habe vor, es mir leicht zu machen, den Fehler kann ich daran nicht sehen.

Der Fehler besteht darin, Anhaften als Leid zu definieren.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Leid ist nur vermeidbar durch den Tod. Leidlosigkeit bedeutet nicht Glück. Anhaften, also einen Zustand aufrechterhalten zu wollen, resultiert aus dem gesteigerten Verlangen. Das Verlangen, der Wille, verursacht automatisch bei Nicht-Sättigung durch Befriedigung Leid, jedoch nicht irgendein Anhaften.

Das ist Deine Sicht. Die andere erfasst Du nicht.

Ich habe deine Sicht erfasst: Leid=Anhaften, Anhaften=Leid. Leid koexistiert nicht mit Glück. Glück zu erfahren bedeutet Maß zu halten.
Sehe ich eben nicht so, aus genannten Gründen. Du setzt zu viele Axiome, die unbegründet sind.
Vollbreit hat geschrieben:Was Du nicht erkennst, ist, dass es nicht allen, die hier schreiben, darum geht am Ende Recht behalten zu müssen. Die Welt von Triumph oder Niederlage, die aus diesem Drang resultiert, ist genau jenes eingeschränkte emotionale Spektrum was ich meine. Damit bleibt Dir die Reichhaltigkeit des Welt verborgen, die Erkenntnis, dass es sehr sehr viele, sehr sehr kluge Ansätze gibt.

Es hat nichts mit Beschränkheit zu tun, wenn man davon ausgeht, dass es nicht 2 sich widersprechende Tatsachen gleichzeitig geben kann (es hat noch nichtmal etwas mit Emotionalität zu tun). Wahrheiten gewiss, aber die interessieren mich nicht. Wenn jemand anfängt, mit jemandem anderen über seine persönliche Wahrheit zu diskutieren, so erhebt er zwangsläufig den Anspruch, dass die eigene Wahrheit auch für andere gilt und gelten sollte. Wie gesagt, du hast mich angesprochen, nicht ich dich. Wenn du eine Diskussion anfängst, so wird die subjektie Wahrheit mit einer anderen verglichen. Die eine erscheint dann logischer als die andere. Dadurch kann sich ein Standpunkt als Verlierer betrachten, aber das ist nicht die Schuld der logischeren Vertretung eines Standpunktes.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Es ist nichts schwierig daran, es zu verstehen. Aber ich muss nicht auf dieser Grundlage argumentieren (tue ich ja auch nicht), wenn ich zum einen gezeigt habe, dass es nicht so ist und zum anderen ohnehin andere Prämissen habe.

Doch. Du kannst zwar anderer Meinung sein und fundamental anderen Prämissen folgen, kein Problem. Aber, Du musst Deinen Diskussionspartnern zeigen, dass Du ihre Sicht begriffen hast, andernfalls verfehlst Du die Diskurskriterien.

Ich muss dem Gegenüber nicht durch Zustimmung zeigen, dass ich etwas verstanden habe. Wenn ich anfange mit den Regeln, den Axiomen der Gegenseite zu argumentieren, ist das Zustimmung. Aber wenn die Regeln und die Axiome das Problem für mich sind, und ich dagegen argumentiere, muss ich das nicht.
Wenn jemand erklärt, dass Wasser grundsätzlich rot ist, muss ich nicht sagen "Ok, nehmen wir an, es wäre rot....", das ist kein Verständnis.
Vollbreit hat geschrieben:Du kannst da zwar drauf pfeifen, aber der Preis ist, dass Du von keinem auch nur ansatzweise Intellektuellen jemals für voll genommen werden wirst. Das kannst Du mit Überheblichkeit zwar noch ein paar Jahre kompensieren, aber bereits auf mittlere Sicht erlangst Du damit Schiffbruch.

"Intellektuell" nennen sich sogenannte Künstler, Literatur- und Geistes-"wissenschaftler". Naturwissenschaftler nennen sich Akademiker, oder eben Biologen, Molekularbiologen, Chemiker oder sonstwas Spezifisches. Mit sogenannten "Intellektuellen" komme ich auf keinen grünen Zweig.
Vollbreit hat geschrieben:Der Gradmesser ob man etwas verstanden hat ist im Diskurs ein formal einfacher: Du fasst die Position des anderen noch mal mit Deinen Worten zusammen und der andere hebt den Daumen und sagt „Bingo, so hab ich's gemeint.“ Dann erst hast Du die Basis, auf der Du kritisieren kannst erreicht.

Ich habe eben etwas Zeit sparen wollen und beides gleichzeitig gemacht. Ich empfinde es als hinterlistig, erstmal die Position zusammenzufassen und dann dem Gegenüber das Wort im Munde herumzudrehen, nachdem es zugestimmt hat. Aber offensichtlich verleitet dich meine Sparsamkeit und allein die Kritik schon dazu zu sagen, dass ich etwas nicht verstanden hätte. Wenn das so wäre, könntest du ja aus meiner Kritik ableiten, was ich falsch gemacht habe.
Vollbreit hat geschrieben:Du hast sie nicht widerlegt, sondern bist einfach anderer Meinung. Bei ausgedehnteren Systemen ist es ohnehin nicht so, dass man einen Satz ändert und dann fällt alles zusammen.

Natürlich ist es so. Gedankengänge führen wie ein Wurzelgeflecht zu den verschiedenen Aussagen (zumindest wenn sie halbwegs gut sind und nicht nur ein Haufen an Axiomen). Und lediglich anderer Meinung war ich nicht. Es wurden verschiedene Axiome gesetzt, denen ich Gegenbeispiele vorlegte. Wenn ein Beispiel dem grundsätzlichen Axiom widerspricht, ist das Axiom widerlegt.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Nun, ich habe ja grob deine Zustimmung schon verstanden, aber wenn du in konkreten Defiziten der buddhistischen Argumentation schon nicht mehr hinter bestimmten Knackpunkten stehst, verliert dein Standpunkt eine konsequente Argumentation. Vielleicht ist es aber nur bei mir so, dass alles konsequent durchdacht sein muss.

Gute Erkenntnis. Denke ich auch. Aber was genau heißt hier konsequent?

Konsequent bedeutet, dass wenn du den Buddhismus vertrittst, dir nicht an einem beliebigen Punkt sagst "Ok, dem stimme ich so zwar nicht zu, allerdings finde ich den darafu basierenden Argumentationsweg wieder richtig." Nach meiner Einstellung kann ich auch die folgenden Argumente nicht hinnehmen, wenn ich der Prämisse nicht zustimme. Ich muss zumindest eine neue Prämisse suchen, die eben die gleichen Folgerungen zulässt, wenn sie mir schon gefallen. Du machst einfach Sprünge in der buddhistischen Gedankenwelt.
Vollbreit hat geschrieben:Und hier hat man dann das Recht, sich seine Weltsicht zusammenzubasteln, wie man es gerne hätte. Das mag schief und krumm und unvollkommen sein, aber es ist wenigstens das eigene Haus.

Ja, mit einem halben Fundament und einem Riesen Loch im Badezimmer. Ich denke, dass die Berliner sich jetzt auch sagen "Zumindest ist es unser eigener Flughafen." :lachtot: Nichts gegen so eine Einstellung einzuwenden, allerdings taugt sie dann nicht für eine Gegenüberstellung zu einer konsequenten Haltung.
Vollbreit hat geschrieben:Aus der Sicht betrachtet, ja, aber der Glaube an das eine perfekte System könnte sich eben als Glaube herausstellen, der nicht trägt. Du setzt viel auf eine Karte, was erst mal okay ist und verdrängst den Gedanken, an einer Scheitern. Die Suche nach der Überlebensformel trägt Dich bestimmt noch einige Jahre, vielleicht Jahrzehnte. Aber was ist Plan B? Gesetzt, Du scheiterst in dieser Frage. Ist dann alles aus? Das wäre doch schade, darum wäre es doch gar nicht dumm, einen parallelen Weg zu gehen, der Dir die Angst etwas nimmt. Damit geht natürlich, Erfolg vorausgesetzt, auch die Motivationswut etwas flöten, aber alles in allem, kann man, wenn man kapiert, dass man die Fäden in der Hand hält, das auch selbst regulieren.

Der Plan A benötigt keinen Plan B. Ich mache entweder solange weiter, wie ich Erfolg habe, oder scheitere dann (und damit endgültig) durch den Tod. Solange meine Motivation besteht, kann ich nicht scheitern, solange ich lebe. Erst durch den Tod ist keine Anpassung mehr möglich.
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Re: Jährliche 'Edge'-Frage

Beitragvon Vollbreit » So 21. Apr 2013, 10:59

Darth Nefarius hat geschrieben:Nein, die Bedingungen der Welt verlangen nicht nach Metaphysik. Wenn du in einen Situationen ohne entscheiden kannst, kannst du es auch in anderen.
Sobald Du mit Begriffen wie „Natur“, „Welt“, „letztlich besteht alles aus Quanten“ agierst, bist Du in der Metaphysik.

Darth Nefarius hat geschrieben:Alles ist nicht immer existent. Irgendwann stirbt alles. Es ist ein Axiom, dass alles irgendwie erhalten bleibt. Vieles spricht dagegen.

Auch das ist metaphysische Spekulation. Ein Nichts ist nicht mal richtig denkbar.
Aber das ist eh die falsche Fährte, denn es beschreibt ja nur, was passiert, wenn man Aussagen auf einer petitio principii errichtet.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Und die Leute sagen dir dann, dass sie nur Neid oder nur Missgunst empfinden?
Kommt halt immer auf den Kontext an, in dem man fragt.
Was bekommst du denn als Antwort? Meinetwegen erhälst du eben die Bestätigung, dass Neid empfunden wird. Aber so eine Antwort ist immer temporär.
Das kommt auch auf den Kontext an.

Darth Nefarius hat geschrieben:Die Naturwissenschaften und die Philosophie entspringen der selben Wurzel.
Ja, einem Wesen, dass sich in ein Verhältnis zur Welt bringen will.

Darth Nefarius hat geschrieben:Die Naturwissenschaften sind praktische Anwendung einer Philosophie. Die Natur macht keine Aussagen, das ist richtig, aber der Naturwissenschaftler macht es. Die Philosophie selbst macht ebenso keine Aussagen, der Philosoph schon. Ich sehe keinen Unterschied (zumindest nicht in der Kategorisierung).
Da gibt es verschiedene Ansichten. Quine wäre jemand, der, wie Du, zwischen Philo und Natuwi keinerlei Unterschied sieht, Apel sieht die Philosophie als reflexivste Disziplin an. Man kann Gründe für beide Positionen finden.

Darth Nefarius hat geschrieben:Also definierst du nicht konsequent, was du als Glück empfindest?
Wie soll den Gier "überhand" nehmen? Wir diskutieren ja die ganze Zeit über Maßlosigkeit/Maß und wie subjektiv das doch ist.
Ja. Subjektivität ist ja auch kein Irrtum. Das zu denken, ist eine Konsequenz aus der Metaphysik der Naturwissenschaften. Aber wer will denn bestimmen, wann man so viel leidet, dass man nun zum Therapeuten geht? Wann man gestresst ist? Wann die Suppe so weit abgekühlt ist, dass man sie essen kann? Was Spaß macht? Wieviel Schlaf man braucht? Wie scharf das Essen gewürzt sein sollte? Ich würde man sagen, wenn es um Dich geht, Du, wenn es um mich geht, ich.

Darth Nefarius hat geschrieben:Das wird natürlich berücksichtigt. Aber dazu musst du auch wissen, dass das, was wir heute als Krankheit verstehen, damals vielleicht sogar nützlich war.
Das verstehe ich. Es gibt sogar ellenlange Diskssionen darüber was überhaupt Krankheit ist und was nicht.

Darth Nefarius hat geschrieben:Das Nahrungsangebot hat sich geändert, unser Stoffwechsel und der Genpool leider nicht. Dann ist man häufig auch noch an Infektionskrankheiten gestorben, bevor ein Herzinfakt eintreten konnte. Nachdem die Hygiene besser wurde, ist heute hauptsächlich noch Krebs und Herzinfakt übrich. Deswegen werden einige Prädispositionen zum Problem und waren es damals nicht.
Sehe ich genauso. Es gibt Bereiche im Menschen, die sich schnell anpassen, wie den Verstand, andere die sich schleppend verändern, wie die Emotionen und mit dem Körper sind wir mitunter noch tief in der Steinzeit verwurzelt.

Darth Nefarius hat geschrieben:Tja, dann ist doch meine Annahme, dass es hier keine Maßlosigkeit, kein Verweilen/Anhaften ist, da ein Defizit empfunden wird, ein Verlangen besteht (welches lediglich anders ausgeprägt ist). Der mittlere Weg ist damit ein Mythos.
Natürlich besteht Maßlosigkeit, obendrein ist das Verlangen fehlgeleitet.
Man meint Liebe/Zuneigung/Aufmerksamkeit und empfindet Hunger. Wenn Kinder das nie erfahren haben, woher sollen sie wissen, wonach sie suchen?

Darth Nefarius hat geschrieben:Der Grad an Verlangen ist individuell. Manchmal kann es ständig bestehen und soetwas ist auch selten Sache von Entscheidung. Damit wird, wie gesagt, der mittlere Weg zu einem Mythos der Entscheidung.
Wieso? Man merkt doch selbst, wie es einem geht. Wenn ich Hunger habe und esse, geht es mir besser. Wenn ich so viel essen, dass ich mich kaum noch bewegen und nur noch jappsen kann, merke ich selbst, dass was nicht stimmt.

Darth Nefarius hat geschrieben:Das "dauernd fressen" als Maßlosigkeit zu definieren ist insofern unsinnig, als dass die Prämisse aufgestellt wird, dass das Verlangen nicht besteht und deswegen maßlos ist.
Doch, es besteht ein Verlangen. Wer dauernd Alkohol trinkt, folgt ja auch einem Verlangen. Nur ist es ein fehlgeleitetes. Ist natürlich an irgend einem Punkt schwer wieder zu dem zu kommen, was an Suche hinter der Sucht steht.

Darth Nefarius hat geschrieben:Ob trotzdem nicht ein Problem dabei entsteht ist jedoch erstmal nicht entscheidend fürs Verlangen. Manche haben lediglich Glück, dass ihr Verlangen gestillt werden kann, andere nicht. Aber dadurch sind letztere den ersteren nicht philosophisch/gesitig oder sonstwie unterlegen oder verblendeter.

Was heißt schon unterlegen? Letztlich pendelt sich vermutlich jeder auf dem Niveau ein, das ihm halbwegs behagt. Wer will darüber urteilen, was da „besser“ ist?
Klar, man kann 100 Kilo auf der Bank drücken oder nicht, man hat empathische Fähigkeiten oder nicht, kann dreidimensionale Körper geschickt im Geiste drehen oder nicht, hat eine spirituelle Gipfelerfahrung gehabt oder nicht und so weiter. Aber Unter-/Überlegenheit alles in allem, worin liegt die begründet? Am erwirtschafteten Geld, an der Zahl der wissenschaftlichen Nennungen oder der Kinder oder der Zahl der Leute, die man zum Lachen gebracht hat? An den zufriedenen Stunden, an der Menge der Gipfelerfahrungen, der Zahl der Orgasmen? Der gemalten Bilder, der gelesenen Bücher, der Jahre ohne Krankheit? Vielleicht aber ist auch das subjektiv.

Darth Nefarius hat geschrieben:Die Natur hat keinen Willen, einige haben lediglich Glück, andere weniger. Jedenfalls maße ich mich nicht an (anders als ein Buddhist) (m)ein Maß zum Standard zu erklären, der auch noch der einzige Pfad zur Erleuchtung ist.
Doch, denn Aussagen über die Natur, was sie will und was nicht, dass die Welt ein Glücksspiel sei, sind metaphysische Behauptungen.

Darth Nefarius hat geschrieben:Einige haben eben ein größeres Verlangen, dadurch werden sie ja nicht maßlos, sondern folgen ihrem Maß. Ob das nict trotzdem Probleme verursacht, ist eine andere Frage.
Ja, die Frage nach dem utilitaristischen Nutzen. Großes Verlangen, das aber nicht vielen nützt. Was macht man damit. Der Natur folgen oder dem Utilitarismus?

Vollbreit hat geschrieben:Ich habe vor, es mir leicht zu machen, den Fehler kann ich daran nicht sehen.
Der Fehler besteht darin, Anhaften als Leid zu definieren.[/quote]
Das ist ja nur eine Behauptung. Den Fehler kann ich nicht erkennen. Im Gegenteil, der Buddhismus stellt ja obendrein noch ein praktisches System zur Verfügung. Und es funktioniert.

Darth Nefarius hat geschrieben:Ich habe deine Sicht erfasst: Leid=Anhaften, Anhaften=Leid. Leid koexistiert nicht mit Glück. Glück zu erfahren bedeutet Maß zu halten.
Sehe ich eben nicht so, aus genannten Gründen. Du setzt zu viele Axiome, die unbegründet sind.
Axiome oder Definitionen sind immer unbegründet, sie stehen logisch am Anfang. Zum anderen: Dass Glück und Leid Gegensätze sind, liegt ja erst mal auf der Hand. Du sagst, der Glück erfährt, erfährt auch Leid, auf das eine zu verzichten, bedeutet, auch auf das andere zu verzichten.
So weit haben die Buddhisten aber durchaus auch gedacht und fragen, ob und wie es möglich ist, sich nicht asketisch alle Erfahrungen zu verbeißen, sondern ein reichhaltiges Spektrum zu erfahren und dennoch nicht zu leiden. Es geht also nicht um lauwarmes Mittelmaß. Da gibt es nun viele interessante Wege. Einer der buddhistischsten Texte die ich kenne, ist einer des christlichen Mystikers Meister Eckhart. Der wendet sich in klaren und scharfen Worten gegen das angsterfüllte Anklammern, ausgedrückt durch aus angestrengte Bemühen ein gottgefälliges Leben zu führen. Esel, die nichts kapiert haben, nennt der Meister Leute, die so drauf sind.
Die Mahamudra Traditionen der Buddhisten kennt Menschen, die maximal einfach, verloddert, kriminell und was auch immer sind und in einem Moment aufwachen.
Kurz und gut, es geht nicht ums zaghaft-kleinkarierte Abschneiden von Emotionen. Das Anhaften ist das, ans eigene Ich, nicht oder sehr viel weniger an äußere Dinge. Wo kein Ich ist, ist kein Anhaften und was man dann erlebt, ist sekundär.

Darth Nefarius hat geschrieben:Es hat nichts mit Beschränkheit zu tun, wenn man davon ausgeht, dass es nicht 2 sich widersprechende Tatsachen gleichzeitig geben kann (es hat noch nichtmal etwas mit Emotionalität zu tun).
Ich glaube, dass es Liebe und Hass zur gleichen Zeit gibt, dass es aber ungeheuer schwer ist, zu tolerieren, dass es jemanden geben kann, den man liebt und hasst, oder milder, demgegenüber man Aggressionen empfindet.

Darth Nefarius hat geschrieben:Wahrheiten gewiss, aber die interessieren mich nicht. Wenn jemand anfängt, mit jemandem anderen über seine persönliche Wahrheit zu diskutieren, so erhebt er zwangsläufig den Anspruch, dass die eigene Wahrheit auch für andere gilt und gelten sollte.
Nicht zwingend. Ich glaube z.B. nur sehr begrenzt daran.

Darth Nefarius hat geschrieben:Wie gesagt, du hast mich angesprochen, nicht ich dich. Wenn du eine Diskussion anfängst, so wird die subjektie Wahrheit mit einer anderen verglichen. Die eine erscheint dann logischer als die andere. Dadurch kann sich ein Standpunkt als Verlierer betrachten, aber das ist nicht die Schuld der logischeren Vertretung eines Standpunktes.
Normalerweise befindet nur nicht einer der Diskutanten darüber, welcher Standpunkt „logischer“ ist. Logik ist da ohnehin nur ein begrenzt brauchbares Kriterium. Das Weltbild eines Selbstmordattentäters kann sehr logisch und folgerichtig sein.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Doch. Du kannst zwar anderer Meinung sein und fundamental anderen Prämissen folgen, kein Problem. Aber, Du musst Deinen Diskussionspartnern zeigen, dass Du ihre Sicht begriffen hast, andernfalls verfehlst Du die Diskurskriterien.
Ich muss dem Gegenüber nicht durch Zustimmung zeigen, dass ich etwas verstanden habe.
Wer hat denn etwas von Zustimmung gesagt? Darstellen in eigenen Worten, so dass der andere erkennt, dass man über dasselbe redet.

Darth Nefarius hat geschrieben:Wenn ich anfange mit den Regeln, den Axiomen der Gegenseite zu argumentieren, ist das Zustimmung.
Nein, keineswegs.
Ich kann doch z.B. erkennen, was theoretisch folgt, wenn man annimmt, alles Leben sei durch Egoismus angetrieben. Dieser Egoismus würde sich dann z.B. in den meisten Fällen in Konkurrenzverhalten äußern, jedoch gibt es auch einige Fälle, in denen egoistische Wesen kooperieren, etwa, wenn sie zwischenzeitliche gemeinsame Ziele verfolgen. Der aktuelle größere gemeinsame Nutzen befördert dann die Kooperation. (Die detaillierte Darstellung erspare ich uns, kennen wir beide.) So kann ich bspw. Darstellen, wie nach Ansicht der Biologen, es sein kann, dass aus grundsätzlich egoistischen Antrieben Kooperation erwächst.
Dennoch stimme ich der These, dass alles Leben egoistischen Treiben/Motiven folgt nicht zu.

Darth Nefarius hat geschrieben:Aber wenn die Regeln und die Axiome das Problem für mich sind, und ich dagegen argumentiere, muss ich das nicht.

Das ist eine andere Baustelle. Ich kann ja logisch im Sinne des umfassenden Egoismus argumentieren (wie oben angedeutet) und dennoch der Meinung sein, dass die Prämissen nicht zutreffend sind, bin ich ja, in dem Fall. Wenn a) der andere meint, ich hätte das Prinzip, die Denkweise des biologischen Egoismus verstanden, dann kann ich b) dazu übergehen, die Prämissen zu kritisieren. Wenn der andere sagt, ich hätte die Sicht der Biologen nicht verstanden, muss geklärt werden, wo nach der Meinung des anderen mein Fehler liegt und dann stimmt man sich so lange ab, bis beide da auf einem Level bezüglich der weiteren Argumentation sind.

Darth Nefarius hat geschrieben:Wenn jemand erklärt, dass Wasser grundsätzlich rot ist, muss ich nicht sagen "Ok, nehmen wir an, es wäre rot....", das ist kein Verständnis.
Nein, aber man kann sagen. Okay, wenn Du meinst, Wasser sei rot, welche Farbe haben dann Tomaten für dich? Es geht einfach um den Abgleich und das ist ein recht technischer Vorgang, ungefähr so, wie Du Instrumente auf eine Tonart stimmen musst, wenn Du zusammen spielen willst.

Darth Nefarius hat geschrieben:"Intellektuell" nennen sich sogenannte Künstler, Literatur- und Geistes-"wissenschaftler". Naturwissenschaftler nennen sich Akademiker, oder eben Biologen, Molekularbiologen, Chemiker oder sonstwas Spezifisches. Mit sogenannten "Intellektuellen" komme ich auf keinen grünen Zweig.
Was ja Dein gutes Recht ist und man auch nicht anstreben muss.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Der Gradmesser ob man etwas verstanden hat ist im Diskurs ein formal einfacher: Du fasst die Position des anderen noch mal mit Deinen Worten zusammen und der andere hebt den Daumen und sagt „Bingo, so hab ich's gemeint.“ Dann erst hast Du die Basis, auf der Du kritisieren kannst erreicht.

Ich habe eben etwas Zeit sparen wollen und beides gleichzeitig gemacht.
Ist aber letztlich ein Umweg, weil wir jetzt endlos über die Grundprinzipien des Diskurses diskutieren müssen.
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Re: Jährliche 'Edge'-Frage

Beitragvon Vollbreit » So 21. Apr 2013, 11:01

Darth Nefarius hat geschrieben:Ich empfinde es als hinterlistig, erstmal die Position zusammenzufassen und dann dem Gegenüber das Wort im Munde herumzudrehen, nachdem es zugestimmt hat.
Vielleicht bist Du ein misstrauischer Mensch oder einfach unerfahren auf dem Terrain des Diskurses. Hinterlistig ist daran im Grunde gar nichts.

Darth Nefarius hat geschrieben:Aber offensichtlich verleitet dich meine Sparsamkeit und allein die Kritik schon dazu zu sagen, dass ich etwas nicht verstanden hätte. Wenn das so wäre, könntest du ja aus meiner Kritik ableiten, was ich falsch gemacht habe.
Habe ich doch gesagt. Du nimmst Dein Verständnis bestimmter Begriffe und machst Dir nicht die Mühe die Welt des anderen näher zu erforschen, weil Du meinst, Du hättest bereits nach ein paar Zeilen alles Wesentliche erfasst. Das ist aber nicht der Fall, sondern einfach oberflächlich.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Du hast sie nicht widerlegt, sondern bist einfach anderer Meinung. Bei ausgedehnteren Systemen ist es ohnehin nicht so, dass man einen Satz ändert und dann fällt alles zusammen.
Natürlich ist es so.
Nein. Es ist wiederum Quine – der Typ, der zwischen Philosophie und Naturwissenschaft keinen Unterschied sieht –, der Dir hier weiterhelfen könnte. Theorien sind (wie Sprache allgemein) holistisch aufgebaut, oder mindestens in Clustern. Die Praxis der Wissenschaft ist auf keineswegs so, dass abweichende Daten irgendwas erschüttern. Zunächst unterstellt man z.B, Messfehler (siehe die überlichtschnellen Neutrinos, oder was das neulich war) und hält erst mal eisern an der Theorie fest. Eventuell bessert man nach, lässt das Theoriegebäude aber wesentlich unangetastet. Erst wenn Daten dauerhaft abweichen, man alternative Ansätze nicht verleugnen oder diskretisieren kann und so weiter, wird mal die Theorie angegangen. Und damit ist man längst noch nicht im Zentrum des Geschehens. Ob nämlich unsere zweiwertige Prädikatenlogik (ein willkürlich ersonnenes Schlusssystem, von dem man meint, es sei vollkommen unhinterfragbar als DIE LOGIK in Stein gemeißelt), die im Zentrum des ganzen Gezumsels steht, überhaupt in der Lage, Natur adäquat zu beschreiben, ist alles andere als klar. Die Idee, Welt sei irgendwie logisch und müsse sich so verhalten, wie wir es verarbeiten können, ist ja doch eher zweifelhaft und gerät auch an Grenzen. In der Quantenwelt kommt man mit dem was wir im Alltag logisch nennen, nicht sonderlich weit.

Darth Nefarius hat geschrieben:Konsequent bedeutet, dass wenn du den Buddhismus vertrittst, dir nicht an einem beliebigen Punkt sagst "Ok, dem stimme ich so zwar nicht zu, allerdings finde ich den darafu basierenden Argumentationsweg wieder richtig." Nach meiner Einstellung kann ich auch die folgenden Argumente nicht hinnehmen, wenn ich der Prämisse nicht zustimme. Ich muss zumindest eine neue Prämisse suchen, die eben die gleichen Folgerungen zulässt, wenn sie mir schon gefallen. Du machst einfach Sprünge in der buddhistischen Gedankenwelt.
Das ist ganz gut beschrieben und ich verstehe, dass die das Schmerzen bereitet. Allerdings würde ich wiederum Deine Prämisse hinterfragen, dass Welt ein logisches Geschehen ist. Auch sehe ich nicht, dass man z.B. wenn man konservativ ist, man zwingend gegen Homosexualität sein muss. Dass sind für mich eher ideologische Verengungen der Idee: Wer A sagt, muss auch B sagen. Das Motiv dahinter ist, dass die Welt so hübsch geordnet und berechenbar ist. Nur ist der Preis eine immense Klischeebeladenheit.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Und hier hat man dann das Recht, sich seine Weltsicht zusammenzubasteln, wie man es gerne hätte. Das mag schief und krumm und unvollkommen sein, aber es ist wenigstens das eigene Haus.
Ja, mit einem halben Fundament und einem Riesen Loch im Badezimmer. Ich denke, dass die Berliner sich jetzt auch sagen "Zumindest ist es unser eigener Flughafen." :lachtot: Nichts gegen so eine Einstellung einzuwenden, allerdings taugt sie dann nicht für eine Gegenüberstellung zu einer konsequenten Haltung.
Doch, eine konsequente Haltung ist eine unterkomplexe Betrachtung.

Darth Nefarius hat geschrieben:Der Plan A benötigt keinen Plan B. Ich mache entweder solange weiter, wie ich Erfolg habe, oder scheitere dann (und damit endgültig) durch den Tod. Solange meine Motivation besteht, kann ich nicht scheitern, solange ich lebe. Erst durch den Tod ist keine Anpassung mehr möglich.
Solange Dich das trägt, kein Problem.

Darth Nefarius hat geschrieben:Letzteres habe ich auch nicht behauptet. Altklug würde der Therapeut lediglich zu der spezifischen, gescheiterten Situation erklären, dass man darüber hinweg kommen könnte (wahrscheinlich wieder mit einer anderen Beziehung). Aber dann stellt sich die Frage, über welchen Schmerz man nicht hinwegkommen könnte? Und welchen Wert hat eine überwindbare Liebe? Wie soll man mit der Meinung umgehen, dass vielleicht jede überwindbar ist? Gibt es dann überhaupt die eine? Die Konsequenzen der Suggestion passen mir nicht, sie widersprechen dem, was ich anstrebe, auch wenn die Konsequenzen schmerzhaft sein könnten.

Du hast ja da s Recht Dich an der Welt zu versuchen. Therapeuten setzen Angebote, sie zerren niemanden von der Straße.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Das ist eigentlich nicht dumm, sondern folgerichtig. Religion ist ein System, was Sinn in die Welt pumpt. Wie man das Bild aufnimmt, liegt an einem selbst. Manchen denken, wenn sie immer beten, dürfe ihnen auch nichts passieren. Wenn dann doch was passiert, verlieren sie ihren Glauben oder müssen dessen Prämissen überdenken.
Sofern man völlig weltfremd ist und entweder glaubt, dass die Welt leidlos ist, oder dass das Leid der anderen einen Sinn hat, ist das folgerichtig, stimmt. Allerdings sind diese Prämissen dämlich, die Annahmen sind dämlich, die Frage nach Sinn und Gerechtigkeit ist dämlich. Wie so oft wird hier nicht nach Logik entschieden, sondern nach Wunsch.
Dämlich und evolutionär erfolgreich. Also nützlich. ;-)

Darth Nefarius hat geschrieben:Ich gehe davon aus, dass ich eine Ahnung hätte, eine Auffälligkeit, welche mir nicht erklärlich wäre. Aber meine Motivation, mein Charakter und mein Handeln erklären sich mir völlig. Die Konflikte, die ich erlebte und noch nicht verarbeitet habe, sind mir allesamt bewusst. Aber es ist jetzt auch nicht zielführend, wenn du mir jetzt erklären willst, dass ich irgendetwas verdrängen könnte, ohne Anzeichen, was ich denn verdrängen würde.
Ich will Dir das nicht erklären.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Jeder denkt im Grunde, dass nur die anderen projizieren, das ist Teil des Spiels. Der Weg zum Unbewussten führt nicht über die Aufforderung mal ein bisschen genauer hinzuschauen.
Doch, ich gehe klar davon aus, dass wir uns so wie der Natur der Welt auch unserer eigenen Natur bewusst werden können. Der Mensch konnte sich vieler seiner Gefühle, welche den Tieren im Instinkt innewohnen, bewusst werden und versuchte (öfter leider vergeblich) sich ihrer zunutze zu machen, oder sie unsinnigerweise durch Moral zu überwinden. Alles, was wir uns nicht an uns erklären, ist nicht unerklärbar, es ist nur noch nicht erklärt.
Da mag was dran sein, allerdings gibt es immer blinde Flecken, die man direkt nicht sehen kann.

Darth Nefarius hat geschrieben:Das schon wieder. Wie gesagt, ich habe nie bestritten, dass ich ein Narziss bin, allerdings erkenne ich nicht, wie du eine emotionale Unreife ableitest. Das Axiom, dass das Anhaften = Unreife bedeutet, ist mir nicht schlüssig. Ich habe schließlich oft genug argumentiert, wieso es nichts mit Unreife zu tun hat.
Wieso das so ist, erfährst Du in dem Moment, in dem Du Dich ernsthaft mit der Entstehung narzisstischer Pathologien beschäftigst. Die theoretische Beschäftigung ist allerdings etwas vollkommen anderes als Therapie, da es dabei ums Konkrete geht. Wissen und erkennendes Durchdringen des eigene Unbewussten sind zwei Paar Schuhe.

Darth Nefarius hat geschrieben:Keine Angst, ich bin kein Hypochonder. :lachtot: Ebenso ist mir immer klar, was mich an einzelnen Menschen stört. Wenn diese Unzufriedenheit diffus wäre und ich nicht wüsste, was ich will, würde ich darüber nachdenken, aber mir ist so ziemlich alles klar.
Solange Du gut im Leben zurecht kommst, ist alles in Ordnung.

Darth Nefarius hat geschrieben:Vielen gelingt es dabei nicht, die Logik der gegenstehenden Position betrachten zu wollen, ich habe kein Problem damit, da ich kein Idealist bin und Überzeugungen eher nihilistisch betrachte. So kommt es, dass einige meiner besten Freunde völlig entgegengesetzte Positionen zu gewissen Fragen haben. Und nicht selten erkenne ich auch, dass einige meiner Einstellungen auf sie abfärbten.
Ja, so geht das Spiel, man beeinflusst sich wechselseitig.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Ja, die Zusammenhänge bestehen, das will ich keinesfalls leugnen, nur sind die eben saumäßig komplex und daher (aktuell) nicht praktikabel.
Doch, in vielen Fällen sind sie praktikabel. Andernfalls gäbe es kein einziges funktionierendes Medikament.
Da hast Du recht, ich meinte eher im größeren Stil einer biochemischen Theorie der Psyche.

Darth Nefarius hat geschrieben:Wie gesagt, unter Therapie verstehe ich nicht mehr, als sich einiger Konflikte bewusst zu machen, eventuell seine Einstellung zu ändern.

Ich verstehe auch nicht mehr darunter.

Darth Nefarius hat geschrieben:Aber wenn ich keine Probleme mit beidem habe, scheint mir dieser Weg keine Alternative.
Das ist auch so. Wer keine Probleme hat, geht nicht zum Therapeuten, wieso auch?

Darth Nefarius hat geschrieben:Der meiste Glaube resultiert aus Schwäche an Charakter oder Verstand.
In einigen Fälle ist das sicher so.

Darth Nefarius hat geschrieben:Das ist mir klar. Allerdings kann ich unabhängig vom Mitgefühl für jemanden dennoch seine Fehler erkennen und darbieten, sie eventuell nutzen. Ich hatte einige Erlebnisse, in denen ich zwar Empathie empfand, jedoch nicht gnädig handeln musste. Ich kann das trennen. Empathie verpflichtet mich nicht zur Freundschaft oder Gnade.

Ja, das hätte in dem Artikel gestanden.

Darth Nefarius hat geschrieben:Und auch wenn ich das sage, so bedeutet es nicht, dass ich nicht verstehen würde. Ich verstehe, dass dieser Glaube aus Angst/Hoffnung auf Unsterblichkeit und Gerechtigkeit resultiert.
Der Buddhismus, dessen Ziel der Ausstieg aus dem Rad der Wiedergeburten ist?

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Nützlichkeitserwägungen sind doch auch nur ein Konzept. Obendrein eines mit Grenzen, weil die Frage aufkommt, nützlich, ja für wen? Wenn Du sagst, für mich, ist das ein Ansatz, aber ich glaube er ist schon deshalb schlecht, weil er das erhoffte Glück nicht bringt und dafür gibt es gute Indikatoren.
Welche Indikatoren? Woher willst du wissen, dass dieser das Glück nicht bringt? Er bringt eventuell Leid, aber das schließt nicht Glück aus.

Die Forschung. Ist ja nicht so, dass es nicht aus allen Ecken Ansätze gab und gibt, die versuchen das Glück zu untersuchen.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben: Wenn Du sagst, besser sei auch das Glück für alle (oder die größtmögliche Zahl), so wirft das mehr Fragen auf, als man auf den ersten Blick meint. Wenn 20 Schüler einen armen Idioten mobben, haben 20 Spaß, nur einer nicht? Ist das okay? Warum sollen 20 auf den Spaß verzichten?
Ich war nie ein Altruist, oder einer, der der Mehrheit grundsätzlich Recht gibt. Ich denke, das hätte bekannt sein müssen.
Altruist? Und den Utilitarimus vertrittst Du ja, größtmöglichen Nutzen, für die größtmögliche Zahl. Genau das ist die Situation bei 20 gegen einen. Wenn Du sagst Du gäbest der Mehrheit kein Recht, aber gleichzeitig den Utilitarimus vertrittst, der der Mehrheit Recht gibt, dann ist Deine Haltung ja vielleicht doch gar nicht so logisch und konsistent, wie Du selbst glaubst. Möglicherweise sind Deine Gedanken gar nicht so klar, wie Du meinst, sondern in aller grandiosen Oberflächlichkeit bemerkst Du einfach die eigenen Widersprüche nicht.
Was hältst Du denn von dieser Sicht? Sicher, nicht ganz so viel, oder? Also bleiben wir lieber in der Komfortzone – Du hast Recht und alle andern irren sich. ;-)

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Ich verliere Glück, ich verliere Dinge, die mich glücklich machen.
Nein, werd mal konkret, was denn?
Wie soll man da konkret werden, wenn es jedes Erlebnis beeinflusst? Ich werde damit den Möglichkeiten des Lebens und meiner Erfahrung nicht gerecht, da die Antwort in jedem Fall unvollständig wäre.
Du weißt also gar nicht, was Du verlierst.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Habe ich verstanden und ist hochproblematisch. Du bist gezwungen alles zu entwerten, was nicht Deinem Bild von Perfektion entspricht und im Grunde suchst Du ein weibliches Double, was hübsch anzusehen ist.
Nein, Aussehen alleine bringt noch keine Perfektion, auch über den Charakter habe ich Vorstellungen, aber es gibt einen Spielraum.
Sag ich ja, ein Double, im Geiste wie Du, nur weiblich.

Darth Nefarius hat geschrieben:Und es ist nur logisch, das nicht als derart wertvoll zu betrachten, was nicht den eigenen Vorstellungen entspricht.
Richtig, die Liebe ist ja bekanntermaßen auch eine der logischsten Empfindungen der Welt.

Darth Nefarius hat geschrieben:Es gibt aber Abstufungen. Es gibt für mich nicht nur Liebe und Wertlosigkeit als Einstufung einer Beziehung. Ich muss mich also nicht entweder in eine Frau verlieben oder sie als wertlos erachten.
Nö, es gibt ja auch noch die Kategorie der nützlichen Frauen/Menschen. Geliebt/Verehrt, dann nützlich, dann nutzlos.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Deshalb ist die Liebe ein großartiger Weg, aber aus 1000 Gründen so ungeheuer schwer. Am besten man denkt nicht drüber nach, aber das wird Dir schwer gelingen.
Ich habe ja nicht beschlossen, welche Eigenschaften ich schätze und welche nicht. Ich habe die Logik meines Verlangens erkannt. Nur weil ich mir diese herleiten kann, bedeutet es nicht, dass das Gefühl nicht vorhanden ist. Oder anders gesagt: Angst zu empfinden bedeutet nicht, dass man seine Angst nicht versteht uoder umgekehrt. Das ist mit anderen Emotionen genauso. Ich kann sie verstehen und empfinden.
Richtig, das ist der Unterschied zwischen dem Unbewussten (von dem Du jetzt gerade erzählt hast, dass es Dich motiviert und von dem Du oben geleugnet hast, dass es Dich motiviert – Dir sei, so sagtest Du oben, alles an Dir vollkommen klar und bewusst) und dem Wissen darüber, dass es sowas wie ein Unbewusstes gibt oder allgemeinen Theorien über die Psyche.
Unbewusst im Sinne der deskriptiven Wissenschaften hat die Bedeutung von: Nur noch nicht bekannt. Z.B. die Frage nach der Natur und der Menge der dunklen Energie.
Unbewusst im Sinne der aufdeckenden Therapien bedeutet: Prinzipiell bekannt, aber es ist für mich nicht zu sehen, dass ich davon betroffen bin.
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Re: Jährliche 'Edge'-Frage

Beitragvon Darth Nefarius » So 21. Apr 2013, 16:18

Vollbreit hat geschrieben:Sobald Du mit Begriffen wie „Natur“, „Welt“, „letztlich besteht alles aus Quanten“ agierst, bist Du in der Metaphysik.

Sag das mal einem Naturwissenschaftler und noch besser einem Physiker. Das ist schlichtweg Unsinn, basierend auf deiner Überzeugung, dass die Naturwissenschaften offensichtlich über gar nichts Aussagen zu treffen haben. Aber dass du auch noch so weit gehst, dass du "Natur" ausschließt, erstaunt mich ein wenig. Bedenke doch, dass gerade so ein zentraler Begriff unterschiedlich definiert wird, Metaphysik gehört für Naturwissenschaftler nicht dazu. Für irgendwelche schöngeistigen Romantiker, Geisteswissenschafter und Pantheisten vielleicht schon. Aber vielleicht willst du noch ein Fass aufmachen und über Natur diskutieren? Ich denke nicht, dass das sein muss.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Alles ist nicht immer existent. Irgendwann stirbt alles. Es ist ein Axiom, dass alles irgendwie erhalten bleibt. Vieles spricht dagegen.

Auch das ist metaphysische Spekulation. Ein Nichts ist nicht mal richtig denkbar.
Aber das ist eh die falsche Fährte, denn es beschreibt ja nur, was passiert, wenn man Aussagen auf einer petitio principii errichtet.

Keine metaphysische Spekulation, sondern physikalische Theorie über die Ausdehnung des Universums. Physik ist keine Metaphysik. Die Rotverschiebung (vielleicht sagt dir der Dopplereffekt ja was) zeigt uns, dass die Himmelskörper sich auseinanderbewegen, beschleunigt. Und nur weil wir uns in das Nichts nicht reindenken können, sondern es außerhalb aber mit großer Wahrscheinlichkeit prognostizieren können, ist es nicht nicht-existent. Scheint zwar zunächst eine religiöse Argumentation zu sein, aber das Axiom vom Nichts ist eines der grundlegenden der rationalen Argumentation (die wir doch als Humanisten anstreben, oder nicht?). Oder anders formuliert: Alles, was keine Hinweise liefert zu existieren, existiert auch nicht. Wenn etwas keine Lebenszeichen aussendet, ist es tot. Wenn unser Universum nach den bekannten Modellen zu zerreißen droht, haben wir keinen logischen Grund, vom Gegenteil auszugehen. Die wahrscheinlichste, best begründetste (durch Argumente, schlüssige Theorien und Beweise) Theorie wird in einer säkularen Sichtweise nie als gleichberechtigt (im Sinne von gleich gut) zur metaphysischen Sichtweise betrachtet.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Was bekommst du denn als Antwort? Meinetwegen erhälst du eben die Bestätigung, dass Neid empfunden wird. Aber so eine Antwort ist immer temporär.
Das kommt auch auf den Kontext an.

Du windest dich. Hat wohl keinen Sinn, darauf rumzureiten, sofern du nicht weiterhin deine Behauptung als Argument meinst nutzen zu müssen. Ich denke, ich habe deutlich gemacht, wieso diese Annahmen unsinn sind. "Kommt auf den Kontext an." ist keine Begründung für so eine allgemeine Aussage, wie du sie getätigt hast. Oder meinst du nicht auch, dass eine Begründung für so eine Aussage doch irgendwie schlüssig sein sollte (auch wenn die einzelnen Situationen, denen du meinst deinen Glauben entnehmen zu können sehr unterschiedlich waren)? In einer wissenscaftlichen Publikation schreibt man über die Experimente, die die Annahmen bestätigen sollten "Kommt auf den Kontext an." Die Experimente müssen reproduzierbar sein, deine Gründe für deine Aussage müssen nachvollziehbar sein.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Die Naturwissenschaften und die Philosophie entspringen der selben Wurzel.
Ja, einem Wesen, dass sich in ein Verhältnis zur Welt bringen will.

Genau. Logik ist als Kategorie aber nicht allein den Geisteswissenschaften zuzuordnen, aus genannten, hier nicht zitierten Gründen. Und da du des weiteren zugestanden hast, dass auch meine Ansicht möglich ist (wofür du allerdings nicht unbedingt die Argumentation alleine, sondern zuerst einen prominenten Vertreter brauchst, was eigentlich schade ist), denke ich, dass wir nicht darüber diskutieren, ob die Logik eine allein philosophische Kategorie ist.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Also definierst du nicht konsequent, was du als Glück empfindest?
Wie soll den Gier "überhand" nehmen? Wir diskutieren ja die ganze Zeit über Maßlosigkeit/Maß und wie subjektiv das doch ist.
Ja. Subjektivität ist ja auch kein Irrtum. Das zu denken, ist eine Konsequenz aus der Metaphysik der Naturwissenschaften.

Es gibt keine Metaphysik in den Naturwissenschaften. Sie sind eher solipsistisch als metaphysisch, gerade im Zusammenhang mit Subjektivität. Aber langsam sprießen ja seltsame Triebe aus deinem Unsinn. Vielleicht muss ich ja eines deiner Argumente benutzen, damit du siehst, wie unsinnig es ist, die Naturwissenschaften zur Metaphysik zu rechnen, und damit keine Gegenpole zuzulassen: Erinnerst du dich, wie du mir immer versucht hast, mir zu verkaufen, dass ich zum einen alles unter Egoismus subsummieren würde und dass dieses Vorgehen unlogisch sei? Obwohl der Vorwurf inkorrekt war, scheint er mir hier gut zu deinem Vorgehen mit der Metaphysik zu passen: Du subsummierst einen Gegenpol zur Metaphysik unter Metaphysik. Das ist eine unlogische Kategorisierung.
Vollbreit hat geschrieben:Aber wer will denn bestimmen, wann man so viel leidet, dass man nun zum Therapeuten geht? Wann man gestresst ist? Wann die Suppe so weit abgekühlt ist, dass man sie essen kann? Was Spaß macht? Wieviel Schlaf man braucht? Wie scharf das Essen gewürzt sein sollte? Ich würde man sagen, wenn es um Dich geht, Du, wenn es um mich geht, ich.

Richtig, aber dennoch kann ich dir (so wie du es bei mir versuchst) einen Rat aus der eigenen Perspektive geben. Ich halte von Therapeuten nichts, du viel. Es ist nicht verboten, dem Gegenüber seine Position anzubieten.
Vollbreit hat geschrieben:Es gibt Bereiche im Menschen, die sich schnell anpassen, wie den Verstand, andere die sich schleppend verändern, wie die Emotionen und mit dem Körper sind wir mitunter noch tief in der Steinzeit verwurzelt.

Dann siehst du ein, dass deine Betrachtungsweise lückenhaft war bezüglich der Argumentation zur Medikation? Du erinnerst dich vielleicht: Aus der korrekten Beobachtung, dass einige Medikationen zunehmen, dachtest du, dass die Pharmezeuten auf der falschen Annahme handelten, irgendwelche Krankheiten nähmen zu, weil der Genpool sich schnell ändern würde. Aber es ist anders: Einige Krankheiten wurden nahezu besiegt, die Lebenserwartung nimmt zu, Alterskrankheiten rücken in den Fokus, der Genpool hat damit jedoch nichts zu tun (also nichts insofern, als dass er sich in den letzten 100 Jahren verändert hätte und deswegen Ursache für diverse, heute wichtigere Krankheiten ist).
Vollbreit hat geschrieben:Natürlich besteht Maßlosigkeit, obendrein ist das Verlangen fehlgeleitet.
Man meint Liebe/Zuneigung/Aufmerksamkeit und empfindet Hunger. Wenn Kinder das nie erfahren haben, woher sollen sie wissen, wonach sie suchen?

Wie willst du denn Maßlosigkeit definieren, wenn jeder ein anderes Maß hat? Mir scheint die Möglichkeit der Sättigung kein Argument für Maß zu sein. Und was bedeutet schon fehlgeleitet? Unnatürlich? Na, sofern du eine biologi(sti)sche Argumentation hinzuziehst, können wir darüber reden, aber so fehlt dir die Basis fürs Argument. Die Frage zu den Kindern ist wieder eine andere und spricht die bereits diskutierte Kompensation an. Kompensation ist weder Maßlosigkeit, noch ist sie grundästzlich fehlgeleitet (Kompensation lehne ich aus anderen Gründen ab, sofern du dich über meine jetzige Stellungnahme wunderst).
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Der Grad an Verlangen ist individuell. Manchmal kann es ständig bestehen und soetwas ist auch selten Sache von Entscheidung. Damit wird, wie gesagt, der mittlere Weg zu einem Mythos der Entscheidung.
Wieso? Man merkt doch selbst, wie es einem geht. Wenn ich Hunger habe und esse, geht es mir besser. Wenn ich so viel essen, dass ich mich kaum noch bewegen und nur noch jappsen kann, merke ich selbst, dass was nicht stimmt.

Das Verlangen zu essen wirst du aber dennoch nicht los. Vielleicht meinst du aber, dass da wo Leid beim Verlangen beginnt, Maßlosigkeit anfängt? Dem kann ich nur bedingt zustimmen. Leid wird unterschiedlich empfunden. Einige beziehen sogar Gefallen aus Schmerz (ob nun durch den eigenen oder den der anderen). Und dann sehe ich wieder keine klare Trennlinie zwischen Glück und Leid, welche ein ominöses Maß definieren soll.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Das "dauernd fressen" als Maßlosigkeit zu definieren ist insofern unsinnig, als dass die Prämisse aufgestellt wird, dass das Verlangen nicht besteht und deswegen maßlos ist.
Doch, es besteht ein Verlangen. Wer dauernd Alkohol trinkt, folgt ja auch einem Verlangen. Nur ist es ein fehlgeleitetes. Ist natürlich an irgend einem Punkt schwer wieder zu dem zu kommen, was an Suche hinter der Sucht steht.

"Fehlgeleitet"- das ist Ansichtssache. Wenn der betroffene es so nicht sieht, ist er nicht aus seiner Perspektive fehlgeleitet. Wenn noch nichtmal ein Schaden besteht (das ist beim Akloholismus natürlich der Fall, aber nicht z.Bsp. bei meiner Einstellung), ist es erst recht nicht als fehlgeleitet zu betrachten, wie man mit dem Verlangen umgeht.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Ob trotzdem nicht ein Problem dabei entsteht ist jedoch erstmal nicht entscheidend fürs Verlangen. Manche haben lediglich Glück, dass ihr Verlangen gestillt werden kann, andere nicht. Aber dadurch sind letztere den ersteren nicht philosophisch/gesitig oder sonstwie unterlegen oder verblendeter.

Was heißt schon unterlegen? Letztlich pendelt sich vermutlich jeder auf dem Niveau ein, das ihm halbwegs behagt. Wer will darüber urteilen, was da „besser“ ist?

Offensichtlich wollen das Buddhisten, die vom "mittleren Weg" predigen. Und wenn es kein Predigen ist, so ist es bedeutungslos, wenn jeder seinen eigenen mittleren Weg hat.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Die Natur hat keinen Willen, einige haben lediglich Glück, andere weniger. Jedenfalls maße ich mich nicht an (anders als ein Buddhist) (m)ein Maß zum Standard zu erklären, der auch noch der einzige Pfad zur Erleuchtung ist.
Doch, denn Aussagen über die Natur, was sie will und was nicht, dass die Welt ein Glücksspiel sei, sind metaphysische Behauptungen.

Niemand hat hier über den Willen der Natur geredet. Von Glück gehe ich auch nicht aus, sondern von Determinismus (unvorhersehbare Determinanten kann man dennoch als "Glück" bezeichnen). Wo soll da die Metaphysik sein?
Vollbreit hat geschrieben:Ja, die Frage nach dem utilitaristischen Nutzen. Großes Verlangen, das aber nicht vielen nützt. Was macht man damit. Der Natur folgen oder dem Utilitarismus?

Wieso "oder"? Der Utilitarismus ist die wohl natürlichste Betrachtungsweise für Lebewesen.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius" hat geschrieben:Der Fehler besteht darin, Anhaften als Leid zu definieren.

Das ist ja nur eine Behauptung. Den Fehler kann ich nicht erkennen. Im Gegenteil, der Buddhismus stellt ja obendrein noch ein praktisches System zur Verfügung. Und es funktioniert.

Du kannst ja nicht wissen, ob es wirklich funktioniert, oder ob es für dich funktioniert. Diese Erkenntnis kann nur im Sterben erfolgen. Du hast gewiss nicht die Gedanken eines sterbenden Buddhisten je gehört, so wie deine du jetzt schon kennen kannst. Eine Lebensphilosophie gilt für mich nicht dann als funktionsfähig, wenn sie lediglich für den Alltag ausreicht. Ob etwas praktisch ist, ist Ansichtssache. Das hängt von der Zielsetzung ab. Wenn man meint, dass Ziellosigkeit das Ziel sein sollte, vielleicht. Wenn man aber etwas erreichen will, ist der Buddhismus eher hinderlich.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Ich habe deine Sicht erfasst: Leid=Anhaften, Anhaften=Leid. Leid koexistiert nicht mit Glück. Glück zu erfahren bedeutet Maß zu halten.
Sehe ich eben nicht so, aus genannten Gründen. Du setzt zu viele Axiome, die unbegründet sind.
Axiome oder Definitionen sind immer unbegründet, sie stehen logisch am Anfang.

Nach meiner Meinung ist die Philosophie die beste, die die wenigsten Axiome setzt. Deswegen habe ich nicht kritisiert, dass du Axiome setzt, sondern dass es mehr sind als nötig. Gute Axiome fallen ja nicht vom Himmel, sondern sind Prämissen, die aus praktischen Erwägungen gewählt werden. Das sehe ich bei den buddhistischen Axiomen nicht (aber dann stellt sich wieder die Frage, was denn praktisch ist).
Vollbreit hat geschrieben:Zum anderen: Dass Glück und Leid Gegensätze sind, liegt ja erst mal auf der Hand.

Gegensätze können dennoch koexistieren, sogar permanent. Elektronen sind so essentiell wie Protonen für Elemente (wenn man sie denn als Gegensatz betrachten will). Oder Materie und Antimaterie, oder die beiden Seiten der selben Medallie (um näher an ein Sprichwort heranzukommen). Diese Gegensätze liegen nicht einzeln, getrennt vor.
Vollbreit hat geschrieben: Du sagst, der Glück erfährt, erfährt auch Leid, auf das eine zu verzichten, bedeutet, auch auf das andere zu verzichten.
So weit haben die Buddhisten aber durchaus auch gedacht und fragen, ob und wie es möglich ist, sich nicht asketisch alle Erfahrungen zu verbeißen, sondern ein reichhaltiges Spektrum zu erfahren und dennoch nicht zu leiden.

Die Frage ist, ob sie denn auch noch Glück empfinden. Ich denke nicht, zumindest nicht mehr wie sie auch durch den Lebensstil auch Leid erfahren. Es ist ein gedämpftes Empfinden beider Aspekte.
Vollbreit hat geschrieben:Die Mahamudra Traditionen der Buddhisten kennt Menschen, die maximal einfach, verloddert, kriminell und was auch immer sind und in einem Moment aufwachen.
Kurz und gut, es geht nicht ums zaghaft-kleinkarierte Abschneiden von Emotionen. Das Anhaften ist das, ans eigene Ich, nicht oder sehr viel weniger an äußere Dinge. Wo kein Ich ist, ist kein Anhaften und was man dann erlebt, ist sekundär.

Wenn das, was man erlebt, sekundär ist, scheint das Leben und das Glück seinen Wert ebenso zu verlieren. Glück wird durch die Umwelt vermittelt, ermöglicht. Wenn die Außenwelt keine Rolle mehr spielt, spielt der Input keine Rolle, wird kein Glück vermittelbar. Was soll denn noch bleiben, wenn sowohl das ich als auch die Umwelt bedeutungslos wird? Nur das Nichts (oder um dir einen mystischen Denkanstoß zu geben, den du ja vielleicht auch anstrebst, ich jedoch nicht: "Das Nirvana") ist übrig. Also ist das vielleicht eine duldbare Philosophie, aber nicht sehr lebensbejahend.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Es hat nichts mit Beschränkheit zu tun, wenn man davon ausgeht, dass es nicht 2 sich widersprechende Tatsachen gleichzeitig geben kann (es hat noch nichtmal etwas mit Emotionalität zu tun).
Ich glaube, dass es Liebe und Hass zur gleichen Zeit gibt, dass es aber ungeheuer schwer ist, zu tolerieren, dass es jemanden geben kann, den man liebt und hasst, oder milder, demgegenüber man Aggressionen empfindet.

Toleranz spielt ja erstmal keine Rolle für eine Tatsache.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Wahrheiten gewiss, aber die interessieren mich nicht. Wenn jemand anfängt, mit jemandem anderen über seine persönliche Wahrheit zu diskutieren, so erhebt er zwangsläufig den Anspruch, dass die eigene Wahrheit auch für andere gilt und gelten sollte.
Nicht zwingend. Ich glaube z.B. nur sehr begrenzt daran.

Wozu stellst du die Position dann meiner gegenüber? Ich mische mich nie in eine Diskussion ein, wenn ich nicht absolut von meinem Standpunkt überzeugt bin. Dass du von mir hingegen überzeugt werden willst, denke ich auch nicht. Dafür diskutieren wir schon zu lange.
Vollbreit hat geschrieben:Normalerweise befindet nur nicht einer der Diskutanten darüber, welcher Standpunkt „logischer“ ist. Logik ist da ohnehin nur ein begrenzt brauchbares Kriterium. Das Weltbild eines Selbstmordattentäters kann sehr logisch und folgerichtig sein.

Der Vergleich hinkt gewaltig. Ich denke aber, dass eine andere Phrase besser passt: "in sich stimmiger". Wenn deine Position (oder die, die du gerade zumeist vertrittst) einige Lücken in der Argumentation und den Vorraussetzungen aufzeigt (oder du diese Lücken durch deine abweichende Haltung verursachst), ist sie weniger in sich stimmig.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Doch. Du kannst zwar anderer Meinung sein und fundamental anderen Prämissen folgen, kein Problem. Aber, Du musst Deinen Diskussionspartnern zeigen, dass Du ihre Sicht begriffen hast, andernfalls verfehlst Du die Diskurskriterien.
Ich muss dem Gegenüber nicht durch Zustimmung zeigen, dass ich etwas verstanden habe.
Wer hat denn etwas von Zustimmung gesagt? Darstellen in eigenen Worten, so dass der andere erkennt, dass man über dasselbe redet.
Das nennt man nachplappern und ist nicht essentiell. Daraus kannst du zwar auch ableiten, ob ich denn etwas richtig verstanden habe, aber auch ebenso aus den Fragen die sich mir stellen. Letzteres spart uns Zeit.
Vollbreit hat geschrieben:Ich kann doch z.B. erkennen, was theoretisch folgt, wenn man annimmt, alles Leben sei durch Egoismus angetrieben. Dieser Egoismus würde sich dann z.B. in den meisten Fällen in Konkurrenzverhalten äußern, jedoch gibt es auch einige Fälle, in denen egoistische Wesen kooperieren, etwa, wenn sie zwischenzeitliche gemeinsame Ziele verfolgen. Der aktuelle größere gemeinsame Nutzen befördert dann die Kooperation. (Die detaillierte Darstellung erspare ich uns, kennen wir beide.) So kann ich bspw. Darstellen, wie nach Ansicht der Biologen, es sein kann, dass aus grundsätzlich egoistischen Antrieben Kooperation erwächst.
Dennoch stimme ich der These, dass alles Leben egoistischen Treiben/Motiven folgt nicht zu.

Ich habe ja auch nichts anderes getan. Verstanden, was du meinst, dem aber nicht zugestimmt. Dazu muss ich nicht zusammenfassen, was du sagst.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Aber wenn die Regeln und die Axiome das Problem für mich sind, und ich dagegen argumentiere, muss ich das nicht.

Das ist eine andere Baustelle. Ich kann ja logisch im Sinne des umfassenden Egoismus argumentieren (wie oben angedeutet) und dennoch der Meinung sein, dass die Prämissen nicht zutreffend sind, bin ich ja, in dem Fall. Wenn a) der andere meint, ich hätte das Prinzip, die Denkweise des biologischen Egoismus verstanden, dann kann ich b) dazu übergehen, die Prämissen zu kritisieren. Wenn der andere sagt, ich hätte die Sicht der Biologen nicht verstanden, muss geklärt werden, wo nach der Meinung des anderen mein Fehler liegt und dann stimmt man sich so lange ab, bis beide da auf einem Level bezüglich der weiteren Argumentation sind.

Du hast das ja nicht getan. Du hast irgendwann schlichtweg behauptet, dass ich etwas nicht verstehen würde.
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Re: Jährliche 'Edge'-Frage

Beitragvon Darth Nefarius » So 21. Apr 2013, 17:05

Vollbreit hat geschrieben:Du nimmst Dein Verständnis bestimmter Begriffe und machst Dir nicht die Mühe die Welt des anderen näher zu erforschen, weil Du meinst, Du hättest bereits nach ein paar Zeilen alles Wesentliche erfasst. Das ist aber nicht der Fall, sondern einfach oberflächlich.

Um einzelne Aspekte kritisieren zu können, muss ich das Gesamtwerk nicht kennen. Das hat dich ja leider auch nie davon abgehalten, die darwinistischeren Standpunkte zu kritisieren.
Vollbreit hat geschrieben:Theorien sind (wie Sprache allgemein) holistisch aufgebaut, oder mindestens in Clustern. Die Praxis der Wissenschaft ist auf keineswegs so, dass abweichende Daten irgendwas erschüttern. Zunächst unterstellt man z.B, Messfehler (siehe die überlichtschnellen Neutrinos, oder was das neulich war) und hält erst mal eisern an der Theorie fest. Eventuell bessert man nach, lässt das Theoriegebäude aber wesentlich unangetastet. Erst wenn Daten dauerhaft abweichen, man alternative Ansätze nicht verleugnen oder diskretisieren kann und so weiter, wird mal die Theorie angegangen.

So ist es nicht ganz. Wenn ein klarer Verfahrensfehler oder Annahmefehler besteht, ist die Theorie unbrauchbar. Dass einige länger daran festhalten als andere ist wiederum kein Beleg dafür, dass sie nicht schon längst in sich zusammengestürzt ist. Das ist lediglich eine Schwäche der Menschen.
Vollbreit hat geschrieben: In der Quantenwelt kommt man mit dem was wir im Alltag logisch nennen, nicht sonderlich weit.

Naja, zumindest nicht, wenn man sie von jemandem wie Gandalf erklärt bekommt. :irre:
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Konsequent bedeutet, dass wenn du den Buddhismus vertrittst, dir nicht an einem beliebigen Punkt sagst "Ok, dem stimme ich so zwar nicht zu, allerdings finde ich den darafu basierenden Argumentationsweg wieder richtig." Nach meiner Einstellung kann ich auch die folgenden Argumente nicht hinnehmen, wenn ich der Prämisse nicht zustimme. Ich muss zumindest eine neue Prämisse suchen, die eben die gleichen Folgerungen zulässt, wenn sie mir schon gefallen. Du machst einfach Sprünge in der buddhistischen Gedankenwelt.
Das ist ganz gut beschrieben und ich verstehe, dass die das Schmerzen bereitet. Allerdings würde ich wiederum Deine Prämisse hinterfragen, dass Welt ein logisches Geschehen ist. Auch sehe ich nicht, dass man z.B. wenn man konservativ ist, man zwingend gegen Homosexualität sein muss.

Ich würde auch die Gedankenwelt eines Konservativen nicht als konsequent bezeichnen.
Vollbreit hat geschrieben:Dass sind für mich eher ideologische Verengungen der Idee: Wer A sagt, muss auch B sagen. Das Motiv dahinter ist, dass die Welt so hübsch geordnet und berechenbar ist. Nur ist der Preis eine immense Klischeebeladenheit.

Das ist kein Argument, sondern deine Meinung. Ich hatte jedenfalls mit meiner Einstellung keine Probleme, mir die Welt zu erklären, mehr oder weniger (meist besser als andere) die Ereignisse korrekt zu antizipieren. So machen es auch Naturwissenschaftler, zu denen ich nach dem Studium hoffentlich auch mal gehöre. Das ist keine Ideologie, sondern eine bewehrte Methodik. Und letztlich kann man nur auf dieser Prämisse eine gute, ergebnisorientierte Diskussion führen. Ansonsten ist jede Bemühung korrekt und schlüssig zu argumentieren zwecklos und genausogut wie unzusammenhängendes Geschwätz.
Vollbreit hat geschrieben:Doch, eine konsequente Haltung ist eine unterkomplexe Betrachtung.

Das hat nichts mit Komplexität zu tun. Der menschliche Körper ist komplex, braucht aber keine Widersprüche in seiner Funktion. Alles ist eine Kettenreaktion mit vielen Ausläufern.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Sofern man völlig weltfremd ist und entweder glaubt, dass die Welt leidlos ist, oder dass das Leid der anderen einen Sinn hat, ist das folgerichtig, stimmt. Allerdings sind diese Prämissen dämlich, die Annahmen sind dämlich, die Frage nach Sinn und Gerechtigkeit ist dämlich. Wie so oft wird hier nicht nach Logik entschieden, sondern nach Wunsch.
Dämlich und evolutionär erfolgreich. Also nützlich. ;-)

Ja, Lügen können nützlich sein. Allerdings ist ein Virus auch evolutionär erfolgreich, wenn es sehr weit verbreitet ist. Lediglich ob das auch für die betroffenen gilt, ist fraglich. Religion ist ein Virus.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Doch, ich gehe klar davon aus, dass wir uns so wie der Natur der Welt auch unserer eigenen Natur bewusst werden können. Der Mensch konnte sich vieler seiner Gefühle, welche den Tieren im Instinkt innewohnen, bewusst werden und versuchte (öfter leider vergeblich) sich ihrer zunutze zu machen, oder sie unsinnigerweise durch Moral zu überwinden. Alles, was wir uns nicht an uns erklären, ist nicht unerklärbar, es ist nur noch nicht erklärt.
Da mag was dran sein, allerdings gibt es immer blinde Flecken, die man direkt nicht sehen kann.

Noch nicht. Und der blinde Fleck des einen kann größer sein als der des anderen.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Doch, in vielen Fällen sind sie praktikabel. Andernfalls gäbe es kein einziges funktionierendes Medikament.
Da hast Du recht, ich meinte eher im größeren Stil einer biochemischen Theorie der Psyche.

Keine Arbeit befasst sich mit der biochemischen Theorie der Psyche im Gesamten, es werden immer einzelne Signaltransduktionswege herausgesucht. Und wenn die meisten Medikamente anschlagen, die auf dem Markt zulässig sind, scheint doch mehr an der postulierten Theorie richtig als falsch zu sein.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Und auch wenn ich das sage, so bedeutet es nicht, dass ich nicht verstehen würde. Ich verstehe, dass dieser Glaube aus Angst/Hoffnung auf Unsterblichkeit und Gerechtigkeit resultiert.
Der Buddhismus, dessen Ziel der Ausstieg aus dem Rad der Wiedergeburten ist?

Ich habe einen Teilbereich der Motivation im allgemeinen Glauben erwähnt. Naturlich fehlt da auch "Glück".
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Woher willst du wissen, dass dieser das Glück nicht bringt? Er bringt eventuell Leid, aber das schließt nicht Glück aus.

Die Forschung. Ist ja nicht so, dass es nicht aus allen Ecken Ansätze gab und gibt, die versuchen das Glück zu untersuchen.

Richtig, aber hast du mitbekommen, wieviele Arten von Glück definiert werden, um dem Problem nicht letztlich doch auszuweichen? Aber wenn wir das gerade ansprechen, sollten wir doch gleich über die genauere Unterteilung von Glück, wie es die sogenannten Glücksforscher nachdenken. Warhscheinlich würden wir zu dem Punkt kommen, dass Budddhisten die meisten Arten von Glück einfach ablehnen, zugunsten der allgemeinen Zufriedenheit.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Ich war nie ein Altruist, oder einer, der der Mehrheit grundsätzlich Recht gibt. Ich denke, das hätte bekannt sein müssen.
Altruist? Und den Utilitarimus vertrittst Du ja, größtmöglichen Nutzen, für die größtmögliche Zahl. Genau das ist die Situation bei 20 gegen einen.

Nein, ich vertrete a priori den meisten Nutzen für mich, dieser ist meist durch Kooperation zu erreichen, was auch einen Nutzen a posteriori für den Rest bedeutet. Der Utilitarismus gibt nicht per se der Mehrheit Recht, damit stehe ich nicht im Widerspruch.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Wie soll man da konkret werden, wenn es jedes Erlebnis beeinflusst? Ich werde damit den Möglichkeiten des Lebens und meiner Erfahrung nicht gerecht, da die Antwort in jedem Fall unvollständig wäre.
Du weißt also gar nicht, was Du verlierst.

Wenn du mir hier den Buddhismus ausfächerst, gibst du ja nicht die ganze Geschichte wider, sondern stellst nur die Fixpunkte dar. Ich will auch nicht mein Leben ausbreiten. Das würde viel Zeit kosten und dann ohnehin unvollständig widergegeben werden.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Nein, Aussehen alleine bringt noch keine Perfektion, auch über den Charakter habe ich Vorstellungen, aber es gibt einen Spielraum.
Sag ich ja, ein Double, im Geiste wie Du, nur weiblich.

Du hast auch im folgenden einen Satz ausgelassen, der sehr wichtig ist. Ich habe sinngemäß geschrieben: Da ich ein Verlangen nach Liebe, nach einer Frau mit bestimmten Eigenschaften besitze, muss ich ein Defizit besitzen. Die Frau würde somit in einigen Eigenschaften ein Gegenstück zu mir darstellen müssen, um diese Lücken zu füllen. Z.Bsp. hoffe ich auf einen Charakter, der nicht so offensichtlich viel Leid empfindet, wie ich, um mir mehr Freude bereiten zu können durch Abfärbung. Und anders als ich müsste sie folgerichtig mit einem Griesgram wie mir umgehen können. Das ist gewiss viel verlangt, aber man kann hoffen. :mg: Viele andere Gegensätze sind auch erwünscht. Und somit ist mein Ideal kein Double.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Und es ist nur logisch, das nicht als derart wertvoll zu betrachten, was nicht den eigenen Vorstellungen entspricht.
Richtig, die Liebe ist ja bekanntermaßen auch eine der logischsten Empfindungen der Welt.

Nun, zumindest basiert sie auf einem der logischsten Triebe: Fortpflanzung. Insofern muss es eine der stärksten Empfindungen sein, da die Priorität der Fortpfalnzung gleich nach Selbsterhaltung steht (Fortpflanzung ist letztlich auch eine indirekte Selbsterhaltung).
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Es gibt aber Abstufungen. Es gibt für mich nicht nur Liebe und Wertlosigkeit als Einstufung einer Beziehung. Ich muss mich also nicht entweder in eine Frau verlieben oder sie als wertlos erachten.
Nö, es gibt ja auch noch die Kategorie der nützlichen Frauen/Menschen. Geliebt/Verehrt, dann nützlich, dann nutzlos.

Richtig, so wie es in der Realität auch ist. Ich male mir keine Wunschwelt, sondern erfasse, wie es in der Realität ist und versuche die Logik dahinter zu verstehen. Und Freundschaft existiert ja auch. Eine gegenseitige Wertschätzung, die jedoch ohne tiefreifende Emotionen oder ein körperliches Verlangen auskommt. Frauen scheinen soetwas aber (nach meiner Erfahrung) weniger gut trennen zu können als Männer.
Vollbreit hat geschrieben:Richtig, das ist der Unterschied zwischen dem Unbewussten (von dem Du jetzt gerade erzählt hast, dass es Dich motiviert und von dem Du oben geleugnet hast, dass es Dich motiviert – Dir sei, so sagtest Du oben, alles an Dir vollkommen klar und bewusst) und dem Wissen darüber, dass es sowas wie ein Unbewusstes gibt oder allgemeinen Theorien über die Psyche.

Wo habe ich denn etwas vom Unbewussten geschrieben? Die Emotionen sind mir bewusst.
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Re: Jährliche 'Edge'-Frage

Beitragvon Nanna » So 21. Apr 2013, 21:13

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Sobald Du mit Begriffen wie „Natur“, „Welt“, „letztlich besteht alles aus Quanten“ agierst, bist Du in der Metaphysik.

Sag das mal einem Naturwissenschaftler und noch besser einem Physiker. Das ist schlichtweg Unsinn, basierend auf deiner Überzeugung, dass die Naturwissenschaften offensichtlich über gar nichts Aussagen zu treffen haben. Aber dass du auch noch so weit gehst, dass du "Natur" ausschließt, erstaunt mich ein wenig. Bedenke doch, dass gerade so ein zentraler Begriff unterschiedlich definiert wird, Metaphysik gehört für Naturwissenschaftler nicht dazu. Für irgendwelche schöngeistigen Romantiker, Geisteswissenschafter und Pantheisten vielleicht schon. Aber vielleicht willst du noch ein Fass aufmachen und über Natur diskutieren? Ich denke nicht, dass das sein muss.

Haus = Naturwissenschaft

Vollbreit: "Sobald du mit abstrakten Begriffen über das Haus, seinen Inhalt und den umgebenden Garten redest, bist du in der Metahaustheorie"
Darth Nefarius: "So ein Blödsinn, das Haus ist ein Haus. Erstens ist das offensichtlich und zweitens musst du bloß mal die Hausbewohner fragen. Es macht gar keinen Sinn, über das Haus auf einer Metaebene zu sprechen, weil wir ja im Haus eine wunderbare Ordnung vorfinden und das Haus funktioniert."
Vollbreit: "Wir müssten aber das Wohnzimmer nicht Wohnzimmer nennen und wir könnten das Haus auch als Tank oder als Wesen bezeichnen - vielleicht auch mal einfach nur so aus Scheiß, um zu sehen, wohin uns eine andere Perspektive bringt."
Darth Nefarius: "Das Wohnzimmer ist aber ein Wohnzimmer, das kann man empirisch beweisen, weil nämlich die Hausbewohner das sagen und außerdem ein Sofa im Wohnzimmer steht. Wenn ein Sofa drin steht, ist es ein Wohnzimmer, alles andere ist Verleugnung der Realität."
Vollbreit: "Und wenn's ein Arbeitszimmer mit Ruhemöglichkeit wäre?"
Darth Nefarius: "Ein Wohnzimmer ist kein Arbeitszimmer, so einfach ist das."
Vollbreit: "Ich kann's aber Arbeitzimmer nennen. Ich kann auch einen Schreibtisch reinstellen."
Darth Nefarius: "Nein, dann wäre es ja kein Wohnzimmer mehr und das Haus würde keinen Sinn mehr ergeben. Da ist ein Wohnzimmer, jetzt mach halt nicht so was überflüssiges und lass das Wohnzimmer Wohnzimmer sein."
Vollbreit: "Vielleicht reden wir uns auch alle nur ein, dass das ein Wohnzimmer ist. Vielleicht ist da gar kein Sofa, sondern ein langer Tisch, den wir Sofa nennen, weil die Diskursgemeinschaft sich darauf irgendwann einmal geeinigt hat. Das Wohnzimmer könnte aber besser funktionieren, wenn wir von einem langen Tisch sprechen würden."
Darth Nefarius: "Das ist schlichtweg Unsinn, basierend auf deiner Überzeugung, dass die Hausbewohner offensichtlich über gar nichts Aussagen zu treffen haben. Aber dass du auch noch so weit gehst, dass du "Sofa" ausschließt, erstaunt mich ein wenig."
Vollbreit: "Ich sag ja nur, dass das Sofa etwas ist, was wir so nennen, kein Sofa an sich."
Darth Nefarius: "Das Haus ist ein Haus und das Sofa ein Sofa."
Vollbreit: "Das ist eine Tautologie. Sie beweist gar nichts."
Darth Nefarius: "Wenn ich mich auf's Sofa setze, ist es weich."
Vollbreit: "Vielleicht ist das deine Erwartungshaltung."
Darth Nefarius: "Ich sehe die Dinge wie sie sind."
Vollbreit: "Von mir aus. Ich geh jetzt mal in den Garten, meditieren."

usw.

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Re: Jährliche 'Edge'-Frage

Beitragvon laie » Mo 22. Apr 2013, 07:30

@Nanna

einfach nur Klasse ... hab mich köstlich amüsiert.
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Re: Jährliche 'Edge'-Frage

Beitragvon Vollbreit » Mo 22. Apr 2013, 10:05

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Sobald Du mit Begriffen wie „Natur“, „Welt“, „letztlich besteht alles aus Quanten“ agierst, bist Du in der Metaphysik.
Sag das mal einem Naturwissenschaftler und noch besser einem Physiker. Das ist schlichtweg Unsinn, basierend auf deiner Überzeugung, dass die Naturwissenschaften offensichtlich über gar nichts Aussagen zu treffen haben.
Mach Dich schlau:
http://brightsblog.wordpress.com/bright ... htenDingen

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Die Naturwissenschaften und die Philosophie entspringen der selben Wurzel.
Ja, einem Wesen, dass sich in ein Verhältnis zur Welt bringen will.
Genau. Logik ist als Kategorie aber nicht allein den Geisteswissenschaften zuzuordnen, aus genannten, hier nicht zitierten Gründen. Und da du des weiteren zugestanden hast, dass auch meine Ansicht möglich ist (wofür du allerdings nicht unbedingt die Argumentation alleine, sondern zuerst einen prominenten Vertreter brauchst, was eigentlich schade ist), denke ich, dass wir nicht darüber diskutieren, ob die Logik eine allein philosophische Kategorie ist.
Quine geht es nicht allein um die Logik. Ansonsten ist Logik natürlich ein Teilgebiet der Philosophie.

Darth Nefarius hat geschrieben:Es gibt keine Metaphysik in den Naturwissenschaften.
Falsch, sieh obiger link.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Es gibt Bereiche im Menschen, die sich schnell anpassen, wie den Verstand, andere die sich schleppend verändern, wie die Emotionen und mit dem Körper sind wir mitunter noch tief in der Steinzeit verwurzelt.
Dann siehst du ein, dass deine Betrachtungsweise lückenhaft war bezüglich der Argumentation zur Medikation? Du erinnerst dich vielleicht: Aus der korrekten Beobachtung, dass einige Medikationen zunehmen, dachtest du, dass die Pharmezeuten auf der falschen Annahme handelten, irgendwelche Krankheiten nähmen zu, weil der Genpool sich schnell ändern würde.
Nein, ich sagte, dies sei wohl kaum der Fall.

Darth Nefarius hat geschrieben:Wie willst du denn Maßlosigkeit definieren, wenn jeder ein anderes Maß hat?
Ich denke, das kann man selbst merken. Wenn man ein Empfinden hat nicht Zufrieden zu sein, wenn man zufrieden sein sollte, dann ist etwas auch dem Gleichgewicht oder man neigt zur Kompensation.

Darth Nefarius hat geschrieben:Das Verlangen zu essen wirst du aber dennoch nicht los.
Muss man doch auch nicht, wo ist das Problem. Hat man Hunger, isst man, hat man keinen, lässt man es. Dass man isst, wenn einem eigentlich langweilig ist, merkt doch jeder selbst.

Darth Nefarius hat geschrieben:Vielleicht meinst du aber, dass da wo Leid beim Verlangen beginnt, Maßlosigkeit anfängt? Dem kann ich nur bedingt zustimmen. Leid wird unterschiedlich empfunden. Einige beziehen sogar Gefallen aus Schmerz (ob nun durch den eigenen oder den der anderen). Und dann sehe ich wieder keine klare Trennlinie zwischen Glück und Leid, welche ein ominöses Maß definieren soll.
Ich sehe es auch eher dynamisch und halte wenig von deskripitiven und pseudoobjektivierenden Ansätzen.

Darth Nefarius hat geschrieben:"Fehlgeleitet"- das ist Ansichtssache.
Ja.

Darth Nefarius hat geschrieben:Wenn der betroffene es so nicht sieht, ist er nicht aus seiner Perspektive fehlgeleitet.
Stimmt, aber seine Perspektive ist nicht die einzige.
Maniker leiden nicht, zumindest nicht in der Manie, ihre Umwelt mitunter schon.

Darth Nefarius hat geschrieben:Wenn noch nichtmal ein Schaden besteht (das ist beim Akloholismus natürlich der Fall, aber nicht z.Bsp. bei meiner Einstellung), ist es erst recht nicht als fehlgeleitet zu betrachten, wie man mit dem Verlangen umgeht.
Schaden ist auch Ansichtssache.

Darth Nefarius hat geschrieben:Offensichtlich wollen das Buddhisten, die vom "mittleren Weg" predigen. Und wenn es kein Predigen ist, so ist es bedeutungslos, wenn jeder seinen eigenen mittleren Weg hat.
Es ist ein Angebot für die, die Leiden. Gleichzeitig ein Hintergrund für die, die dort hineingeboren sind. Allerdings wird der Buddhismus im Osten genauso platt und volkstümlich interpretiert, wie das Christentum bei uns.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Ja, die Frage nach dem utilitaristischen Nutzen. Großes Verlangen, das aber nicht vielen nützt. Was macht man damit. Der Natur folgen oder dem Utilitarismus?
Wieso "oder"? Der Utilitarismus ist die wohl natürlichste Betrachtungsweise für Lebewesen.

http://de.wikipedia.org/wiki/Utilitaris ... n.E2.80.9C

Darth Nefarius hat geschrieben:Diese Erkenntnis kann nur im Sterben erfolgen. Du hast gewiss nicht die Gedanken eines sterbenden Buddhisten je gehört, so wie deine du jetzt schon kennen kannst. Eine Lebensphilosophie gilt für mich nicht dann als funktionsfähig, wenn sie lediglich für den Alltag ausreicht.
Gerade der Buddhismus hat über Tod und Sterben Interessantes zu berichten, man denke an das Totenbuch der Tibeter (bardo thödol).

Darth Nefarius hat geschrieben:Nach meiner Meinung ist die Philosophie die beste, die die wenigsten Axiome setzt. Deswegen habe ich nicht kritisiert, dass du Axiome setzt, sondern dass es mehr sind als nötig. Gute Axiome fallen ja nicht vom Himmel, sondern sind Prämissen, die aus praktischen Erwägungen gewählt werden. Das sehe ich bei den buddhistischen Axiomen nicht (aber dann stellt sich wieder die Frage, was denn praktisch ist).
Die praktische Erwägung war, das Leid zu überwinden. Ansonsten ist der Buddhismus doch theoretisch eher schlank.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Zum anderen: Dass Glück und Leid Gegensätze sind, liegt ja erst mal auf der Hand.

Gegensätze können dennoch koexistieren, sogar permanent.
Ja, ich habe nichts anderes behauptet.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben: Du sagst, der Glück erfährt, erfährt auch Leid, auf das eine zu verzichten, bedeutet, auch auf das andere zu verzichten.
So weit haben die Buddhisten aber durchaus auch gedacht und fragen, ob und wie es möglich ist, sich nicht asketisch alle Erfahrungen zu verbeißen, sondern ein reichhaltiges Spektrum zu erfahren und dennoch nicht zu leiden.

Die Frage ist, ob sie denn auch noch Glück empfinden. Ich denke nicht, zumindest nicht mehr wie sie auch durch den Lebensstil auch Leid erfahren. Es ist ein gedämpftes Empfinden beider Aspekte.
Wieso sagst Du das ständig? Weil Du Dir nichts anderes vorstellen kannst? Ich sagte doch mehrfach, dass es darum nicht geht, sondern die Intensität der Empfindungen sogar gesteigert wird.

Darth Nefarius hat geschrieben:Wenn das, was man erlebt, sekundär ist, scheint das Leben und das Glück seinen Wert ebenso zu verlieren.
Warum?

Darth Nefarius hat geschrieben:Glück wird durch die Umwelt vermittelt, ermöglicht. Wenn die Außenwelt keine Rolle mehr spielt, spielt der Input keine Rolle, wird kein Glück vermittelbar.
Warum?

Darth Nefarius hat geschrieben:Was soll denn noch bleiben, wenn sowohl das ich als auch die Umwelt bedeutungslos wird?
Tja, die große Frage.

Darth Nefarius hat geschrieben:Nur das Nichts (oder um dir einen mystischen Denkanstoß zu geben, den du ja vielleicht auch anstrebst, ich jedoch nicht: "Das Nirvana") ist übrig. Also ist das vielleicht eine duldbare Philosophie, aber nicht sehr lebensbejahend.
Doch: http://de.wikipedia.org/wiki/Nirwana#Re ... intergrund

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Es hat nichts mit Beschränkheit zu tun, wenn man davon ausgeht, dass es nicht 2 sich widersprechende Tatsachen gleichzeitig geben kann (es hat noch nichtmal etwas mit Emotionalität zu tun).
Ich glaube, dass es Liebe und Hass zur gleichen Zeit gibt, dass es aber ungeheuer schwer ist, zu tolerieren, dass es jemanden geben kann, den man liebt und hasst, oder milder, demgegenüber man Aggressionen empfindet.
Toleranz spielt ja erstmal keine Rolle für eine Tatsache.
Wenn man es nicht tolerieren kann, behauptet man gewöhnlich es sei keine Tatsache.

Darth Nefarius hat geschrieben:Wozu stellst du die Position dann meiner gegenüber? Ich mische mich nie in eine Diskussion ein, wenn ich nicht absolut von meinem Standpunkt überzeugt bin. Dass du von mir hingegen überzeugt werden willst, denke ich auch nicht. Dafür diskutieren wir schon zu lange.
Ich bin von meinem Standpunkt überzeugt. Ihn vorzustellen ist doch auch erst mal was. Zum einen ist das ein öffentliches Forum, so dass auch andere mitlesen, zum anderen, bleibt immer etwas hängen. Aber ich glaube nicht, dass er für jeden etwas ist.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Normalerweise befindet nur nicht einer der Diskutanten darüber, welcher Standpunkt „logischer“ ist. Logik ist da ohnehin nur ein begrenzt brauchbares Kriterium. Das Weltbild eines Selbstmordattentäters kann sehr logisch und folgerichtig sein.
Der Vergleich hinkt gewaltig. Ich denke aber, dass eine andere Phrase besser passt: "in sich stimmiger".
Ist ja kein Unterschied und die Sicht eines Selbstmordattentäter ist ebenfalls in sich stimmig.

Darth Nefarius hat geschrieben:Das nennt man nachplappern und ist nicht essentiell. Daraus kannst du zwar auch ableiten, ob ich denn etwas richtig verstanden habe, aber auch ebenso aus den Fragen die sich mir stellen. Letzteres spart uns Zeit.
Eben nicht. Ich habe den Eindruck, Du hast von dem was der Buddhismus zur Frage nach dem Leid meint, herzlich wenig erfasst und wir tanzen unergiebig lange um Deine Vorurteile.

Darth Nefarius hat geschrieben:Ich habe ja auch nichts anderes getan. Verstanden, was du meinst, dem aber nicht zugestimmt. Dazu muss ich nicht zusammenfassen, was du sagst.
Gut, lassen wir das.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Aber wenn die Regeln und die Axiome das Problem für mich sind, und ich dagegen argumentiere, muss ich das nicht.
Das ist eine andere Baustelle. Ich kann ja logisch im Sinne des umfassenden Egoismus argumentieren (wie oben angedeutet) und dennoch der Meinung sein, dass die Prämissen nicht zutreffend sind, bin ich ja, in dem Fall. Wenn a) der andere meint, ich hätte das Prinzip, die Denkweise des biologischen Egoismus verstanden, dann kann ich b) dazu übergehen, die Prämissen zu kritisieren. Wenn der andere sagt, ich hätte die Sicht der Biologen nicht verstanden, muss geklärt werden, wo nach der Meinung des anderen mein Fehler liegt und dann stimmt man sich so lange ab, bis beide da auf einem Level bezüglich der weiteren Argumentation sind.
Du hast das ja nicht getan. Du hast irgendwann schlichtweg behauptet, dass ich etwas nicht verstehen würde.
Irgendwie hast Du es noch immer nicht begriffen: Nicht ich, Du hättest es tun müssen, analog meinen Beispiel des Egoismus wo ich es getan habe.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Du nimmst Dein Verständnis bestimmter Begriffe und machst Dir nicht die Mühe die Welt des anderen näher zu erforschen, weil Du meinst, Du hättest bereits nach ein paar Zeilen alles Wesentliche erfasst. Das ist aber nicht der Fall, sondern einfach oberflächlich.
Um einzelne Aspekte kritisieren zu können, muss ich das Gesamtwerk nicht kennen. Das hat dich ja leider auch nie davon abgehalten, die darwinistischeren Standpunkte zu kritisieren.

Doch, genau das ist es der Fall. Du muss das Gesamtwerk kennen oder wenigstens Cluster, große Sinnzusammenhänge.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Theorien sind (wie Sprache allgemein) holistisch aufgebaut, oder mindestens in Clustern. Die Praxis der Wissenschaft ist auf keineswegs so, dass abweichende Daten irgendwas erschüttern. Zunächst unterstellt man z.B, Messfehler (siehe die überlichtschnellen Neutrinos, oder was das neulich war) und hält erst mal eisern an der Theorie fest. Eventuell bessert man nach, lässt das Theoriegebäude aber wesentlich unangetastet. Erst wenn Daten dauerhaft abweichen, man alternative Ansätze nicht verleugnen oder diskretisieren kann und so weiter, wird mal die Theorie angegangen.

So ist es nicht ganz. Wenn ein klarer Verfahrensfehler oder Annahmefehler besteht, ist die Theorie unbrauchbar. Dass einige länger daran festhalten als andere ist wiederum kein Beleg dafür, dass sie nicht schon längst in sich zusammengestürzt ist. Das ist lediglich eine Schwäche der Menschen.
Das wiederum ist ein Ideal, was man in der Praxis eben nicht findet. Will man iene kleine Randtheorie einführen und scheitert mit den Messungen, dann bestimmt, aber bei den etablierten Ideen bleibt man erst mal. Irgendwo auch zurecht, wir brauchen auch eine gewissen Orientierung.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben: In der Quantenwelt kommt man mit dem was wir im Alltag logisch nennen, nicht sonderlich weit.
Naja, zumindest nicht, wenn man sie von jemandem wie Gandalf erklärt bekommt. :irre:
Ich stimme zwar Gandalfs Version der Viele-Welten-Interpretation nicht zu, was aber in dem Fall egal ist, da die Kopenhagener Interpretation uns auch unbefriedigt zurück lässt. Man kann zwar mit den Modellen rechnen, weiß aber aktuell immer weniger, wie sie sich in empirisches Geschehen verwandeln lassen. Die Kluft zwischen Quanten und Alltag ist das nächste Thema und so weiter.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Dass sind für mich eher ideologische Verengungen der Idee: Wer A sagt, muss auch B sagen. Das Motiv dahinter ist, dass die Welt so hübsch geordnet und berechenbar ist. Nur ist der Preis eine immense Klischeebeladenheit.
Das ist kein Argument, sondern deine Meinung. Ich hatte jedenfalls mit meiner Einstellung keine Probleme, mir die Welt zu erklären, mehr oder weniger (meist besser als andere) die Ereignisse korrekt zu antizipieren.
Gerade Reduktionisten haben kein Problem sich die Welt zu erklären, da sie viele Informationen ausblenden. Es macht die Welt einfacher. Ist ja auch ein Vorteil, für alle die, die mit einer komplexen Welt überfordert sind.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Doch, eine konsequente Haltung ist eine unterkomplexe Betrachtung.
Das hat nichts mit Komplexität zu tun. Der menschliche Körper ist komplex, braucht aber keine Widersprüche in seiner Funktion. Alles ist eine Kettenreaktion mit vielen Ausläufern.
Mit wechselseitigen Überlagerungen, Hemmungen, Verstärkungen. Kommt dann das Bewusstsein ins Spiel, wird es noch mal komplizierter und die Ursache „Argument“ ist bei Biologen oft nicht eingepreist.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Sofern man völlig weltfremd ist und entweder glaubt, dass die Welt leidlos ist, oder dass das Leid der anderen einen Sinn hat, ist das folgerichtig, stimmt. Allerdings sind diese Prämissen dämlich, die Annahmen sind dämlich, die Frage nach Sinn und Gerechtigkeit ist dämlich. Wie so oft wird hier nicht nach Logik entschieden, sondern nach Wunsch.
Dämlich und evolutionär erfolgreich. Also nützlich. ;-)

Ja, Lügen können nützlich sein. Allerdings ist ein Virus auch evolutionär erfolgreich, wenn es sehr weit verbreitet ist. Lediglich ob das auch für die betroffenen gilt, ist fraglich. Religion ist ein Virus.
Bleib doch mal beim evolutionsbiologischen Argument des Erfolges und damit der Nützlichkeit. Du bringst jetzt moralische Wertungen ins Spiel, durch die Hintertür, indem Du als Metapher einen Begriff wählst der uns primär aus der Pathologie bekannt ist. Aus Deiner Sicht, ist nützlich, was erfolgreich ist und erfolgreich, was sich durchgesetzt hat. Es gibt 6 Milliarden Religiöse und 1 Milliarde Atheisten. Was sagt uns das aus biologischer Sicht?
Zuletzt geändert von Vollbreit am Mo 22. Apr 2013, 10:11, insgesamt 2-mal geändert.
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Re: Jährliche 'Edge'-Frage

Beitragvon Vollbreit » Mo 22. Apr 2013, 10:07

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Da mag was dran sein, allerdings gibt es immer blinde Flecken, die man direkt nicht sehen kann.
Noch nicht. Und der blinde Fleck des einen kann größer sein als der des anderen.
Das ist ganz gewiss so.

Darth Nefarius hat geschrieben:Keine Arbeit befasst sich mit der biochemischen Theorie der Psyche im Gesamten, es werden immer einzelne Signaltransduktionswege herausgesucht. Und wenn die meisten Medikamente anschlagen, die auf dem Markt zulässig sind, scheint doch mehr an der postulierten Theorie richtig als falsch zu sein.
Anschlagen ist ja immer relativ. Irgendwie wirken? Die Symptome lindern, die sie lindern sollen? Geht es um Heilung, Linderung oder darum jemanden abzuschießen? Welche Krankheiten kann man, wie, überhaupt medikamentös erreichen? Wieviele Nebenwirkungen nimmt man in kauf (und welche) um einen Effekt zu erzielen? Und so weiter. Wo es klappt, super, da ist immer Pragmatismus zum Wohle des Patienten angesagt, aber öfter als man möchte, klappt es eben nicht.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Und auch wenn ich das sage, so bedeutet es nicht, dass ich nicht verstehen würde. Ich verstehe, dass dieser Glaube aus Angst/Hoffnung auf Unsterblichkeit und Gerechtigkeit resultiert.
Der Buddhismus, dessen Ziel der Ausstieg aus dem Rad der Wiedergeburten ist?
Ich habe einen Teilbereich der Motivation im allgemeinen Glauben erwähnt. Naturlich fehlt da auch "Glück".
Glauben im Allgemeinen ist mal wieder etwas pauschal. Meinst Du den Glauben daran, dass die Eurorettung in der Politik in guten Händen ist? Oder daran, dass der Busfahrer nicht bei 1,8 Promille ist? Oder den Glauben an die Schöpfung aus dem Nichts, im Rahmen des Urknalls? Wenn Du was anderes, spezielleres meinst, sag was Du meinst. So ist mir das zu pauschal.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Woher willst du wissen, dass dieser das Glück nicht bringt? Er bringt eventuell Leid, aber das schließt nicht Glück aus.

Die Forschung. Ist ja nicht so, dass es nicht aus allen Ecken Ansätze gab und gibt, die versuchen das Glück zu untersuchen.
Richtig, aber hast du mitbekommen, wieviele Arten von Glück definiert werden, um dem Problem nicht letztlich doch auszuweichen? Aber wenn wir das gerade ansprechen, sollten wir doch gleich über die genauere Unterteilung von Glück, wie es die sogenannten Glücksforscher nachdenken. Warhscheinlich würden wir zu dem Punkt kommen, dass Budddhisten die meisten Arten von Glück einfach ablehnen, zugunsten der allgemeinen Zufriedenheit.
Ja, einverstanden und es führt uns auch wieder elegant zum Thema Tod, Leid, Glück, Unglück zurück. Sag mal, wie Du Dir das vorstellst, ich habe Material, was ich beisteuern kann.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Ich war nie ein Altruist, oder einer, der der Mehrheit grundsätzlich Recht gibt. Ich denke, das hätte bekannt sein müssen.
Altruist? Und den Utilitarimus vertrittst Du ja, größtmöglichen Nutzen, für die größtmögliche Zahl. Genau das ist die Situation bei 20 gegen einen.

Nein, ich vertrete a priori den meisten Nutzen für mich, dieser ist meist durch Kooperation zu erreichen, was auch einen Nutzen a posteriori für den Rest bedeutet. Der Utilitarismus gibt nicht per se der Mehrheit Recht, damit stehe ich nicht im Widerspruch.

Der Utilitarisms strebt das größtmögliche Glück für die größtmögliche Zahl an. Was Du meinst, den größten Nutzen für Dich hat mit Utilitarismus nichts zu tun, sondern ist schlicht Egoismus. Dass andere davon profitieren, wenn es Dir gut geht, kann ich so noch nicht sehen, da das verräterische Wörtchen „meist“ eben heißt, dass Du auch schon mal rücksichtslos handelst. Davon haben die anderen nichts, das kickt den Utilitarsimus aus dem Spiel. Der Buddhismus würde allerdings der Meinung sein, dass neben dem Leid für andere, vor allem Du unter Deinem Egoismus leidest. Interessanterweise ist das aber nicht nur die Meinung irgendwelcher durchgeknallter Asiaten, die zu viel meditiert haben, sondern auch der wissenschaftlichen, westlichen Narzissmus-Forschung. Das wäre dann, auf lange Sicht Dein Problem.
Du hast aber die freie Wahl diese Theorien in den Wind zu schießen und Dir eine zu suchen, die Dir besser schmeckt, z.B. die biologischen Interpretation eines ohnehin alle Lebewesen erfassenden Egoismus. Das meinte ich, damit, dass sich jeder dort einpendelt, wo es ihm behagt, in seinem Glaubenssystem, Du eben im biologischen. Deine Unfähigkeit logische Zirkelschlüsse zu erkennen, ist dabei hilfreich um den Mythos am köcheln zu halten, Du solltest also zusehen, dass Du hier erfolgreich weiter auf der Stelle trittst, dann ist alles ganz rund und „logisch“ wie Du immer sagst.


Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Wie soll man da konkret werden, wenn es jedes Erlebnis beeinflusst? Ich werde damit den Möglichkeiten des Lebens und meiner Erfahrung nicht gerecht, da die Antwort in jedem Fall unvollständig wäre.
Du weißt also gar nicht, was Du verlierst.
Wenn du mir hier den Buddhismus ausfächerst, gibst du ja nicht die ganze Geschichte wider, sondern stellst nur die Fixpunkte dar. Ich will auch nicht mein Leben ausbreiten. Das würde viel Zeit kosten und dann ohnehin unvollständig widergegeben werden.
Und das wollen wir auch alle nicht lesen. Es würde ja reichen konkret zu werden, hat nicht geklappt, ist aber ehrlich gesagt kein größeres Drama.

Darth Nefarius hat geschrieben:Du hast auch im folgenden einen Satz ausgelassen, der sehr wichtig ist. Ich habe sinngemäß geschrieben: Da ich ein Verlangen nach Liebe, nach einer Frau mit bestimmten Eigenschaften besitze, muss ich ein Defizit besitzen. Die Frau würde somit in einigen Eigenschaften ein Gegenstück zu mir darstellen müssen, um diese Lücken zu füllen.
Okay.

Darth Nefarius hat geschrieben:Z.Bsp. hoffe ich auf einen Charakter, der nicht so offensichtlich viel Leid empfindet, wie ich, um mir mehr Freude bereiten zu können durch Abfärbung.
Genau diesen Punkt verstehe ich nicht, mal alles zurück auf Null. Du empfindest, wie Du sagst, ein relativ hohes Maß an Leid. So was finde ich immer schade, aber besser man sieht es, als sich etwas vorzumachen. Dass dieses Leid wesentlich (aber Du kannst sicher sein, nicht nur) aus der Angst vor dem Tod resultiert, kann ich verstehen. Nun ist Deine Strategie, das Übel sozusagen an der Wurzel zu packen und den Tod zu besiegen. Mal unabhängig davon wie realistisch das ist, was glaubst Du denn, wenn alles perfekt läuft, wann Du das erreichen wirst? Wann darfst Du so ein Projekt starten, gleich im Rahmen des Magisters? Wohl eher nicht. Wann meinst Du, kannst Du damit beginnen? Über welchen biochemischen Weg würde das gehen? Geht es um die Abschaltung des Selbstzerstörung des Organismus? Falls ja, würde sich nicht die Angst vergrößern, durch ein Unglück dann doch zu sterben, schwerer Autounfall, Flugzeugabsturz, was auch immer? Selbst wenn Du Dich 1000fach reproduzieren lassen könntest, aus ein paar hinterlegten Zellen, wärst das wirklich Du? Nein.
Deshalb wundere ich mich, dass Du andere Wege so kategorisch ablehnst. Aber egal, jeder wie er will, das kann ich schon akzeptieren.

Darth Nefarius hat geschrieben:Und anders als ich müsste sie folgerichtig mit einem Griesgram wie mir umgehen können. Das ist gewiss viel verlangt, aber man kann hoffen. :mg: Viele andere Gegensätze sind auch erwünscht. Und somit ist mein Ideal kein Double.
Ja, habe ich jetzt besser verstanden, danke.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Und es ist nur logisch, das nicht als derart wertvoll zu betrachten, was nicht den eigenen Vorstellungen entspricht.
Richtig, die Liebe ist ja bekanntermaßen auch eine der logischsten Empfindungen der Welt.

Nun, zumindest basiert sie auf einem der logischsten Triebe: Fortpflanzung. Insofern muss es eine der stärksten Empfindungen sein, da die Priorität der Fortpflanzung gleich nach Selbsterhaltung steht (Fortpflanzung ist letztlich auch eine indirekte Selbsterhaltung).
Komisch nur, dass viele Liebespaare heute den ausdrücklichen Wunsch haben, sich nicht fortzupflanzen. Das musste ja sogar die katholische Kirche erkennen.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Es gibt aber Abstufungen. Es gibt für mich nicht nur Liebe und Wertlosigkeit als Einstufung einer Beziehung. Ich muss mich also nicht entweder in eine Frau verlieben oder sie als wertlos erachten.
Nö, es gibt ja auch noch die Kategorie der nützlichen Frauen/Menschen. Geliebt/Verehrt, dann nützlich, dann nutzlos.
Richtig, so wie es in der Realität auch ist. Ich male mir keine Wunschwelt, sondern erfasse, wie es in der Realität ist und versuche die Logik dahinter zu verstehen.
Die hast Du doch erkannt, Egozentrismus aller Orten. Wer so denkt, muss denken, dass alle anderen auch so denken. Wenn sie was anderes sagen verstellen sie sich entweder oder erkennen „die Wahrheit“ nicht. Aber ob sie es erkennen oder nicht, letztlich ist die Welt ja tatsächlich so, das haben die Biologen per Dekret so festgelegt. (Bewiesen haben sie es nicht, das ist einfach ein Zirkelschluss, den Du intellektuell nicht durchdringst.) Du glaubst ihnen, weil das perfekt zu Deinem inneren Empfinden passt. Und da Du meinst das Spiel durchschaut zu haben, schwimmst Du auch weit oben, manipulierst die anderen mehr oder weniger nach Wunsch und bist der Triumphator. Und jeder ist ein potentieller Feind, denn Kooperationen geht man nur ein, wenn es einem selbst nutzt. Man steht ständig unter Leistungsduck, der Freund von heute ist der Feind von morgen, so will es unsere Biologie.
Das macht die Welt zu einem Ort der unkomfortabel ist, jeder gegen jeden, echten Altruismus gibt es nicht, echte Anteilnahme ist nur geheuchelt, Sorge gibt es nur dann, wenn der andere davon profitiert. In so einer Welt kann man sich doch im Grunde nur unwohl fühlen und Angst ist da eine logische Folge. Und wenn die Angst diffus und
allumfassend ist, nicht so wirklich zu greifen, dann braucht sie eine Adresse. Der Tod bietet sich da an, er ist auch wirklich erschreckend und die Beschäftigung mit ihm ist absolut lohnend. Aber die Wurzel der Angst, ist er nur zum Teil. Der andere Teil ist dieses Misstrauen, dieses Gefühl auch einem Kampfplatz zu sein, jederzeit hellwach und vorsichtig sein zu müssen.

Darth Nefarius hat geschrieben:Und Freundschaft existiert ja auch. Eine gegenseitige Wertschätzung, die jedoch ohne tiefreifende Emotionen oder ein körperliches Verlangen auskommt. Frauen scheinen soetwas aber (nach meiner Erfahrung) weniger gut trennen zu können als Männer.

Das hängt mit dem unterschiedlichen psychischen Entwicklung zusammen, den Männer und Frauen gehen.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Richtig, das ist der Unterschied zwischen dem Unbewussten (von dem Du jetzt gerade erzählt hast, dass es Dich motiviert und von dem Du oben geleugnet hast, dass es Dich motiviert – Dir sei, so sagtest Du oben, alles an Dir vollkommen klar und bewusst) und dem Wissen darüber, dass es sowas wie ein Unbewusstes gibt oder allgemeinen Theorien über die Psyche.
Wo habe ich denn etwas vom Unbewussten geschrieben? Die Emotionen sind mir bewusst.
Ich glaube Dir, dass Dir viele Deiner Emotionen bewusst sind. Aber: „Ich habe ja nicht beschlossen, welche Eigenschaften ich schätze und welche nicht.“(Darth). Man findet manche Dinge eben einfach gut, andere weniger. Aber ist das Schicksal, nur?
Die eigentliche Stärke der Wissenschaft besteht doch darin, dass sie ein dynamisches System ist. Wenigstens das wissenschaftliche Ideal ist das eines undogmatischen, sich selbst optimierenden Systems, das Fehler als Ansporn zur Korrektur und Verbesserung sieht.
Die Schwäche des Dogmatismus – religiös oder nicht – besteht darin, dass er den status quo für alle Zeiten erhalten will und so von der Lebenswirklichkeit manchmal überrollt wird.
Der Schritt raus, die Korrekturmöglichkeit ist eine große Stärke. Meinst Du, Du bist dazu in der Lage?
Denn, die Geschichte die Du erzählst, ist nur eine weitere in einer zahllosen Reihe ähnlicher Geschichten, die ich mir schon angehört habe. Und die Struktur dieser Geschichten ist immer ungefähr die: Ein überdurchschnittlich (teil)begabter junger Mann, hat ein jeder gegen jeden Weltbild, das Spiel hat er schnell durchschaut und er siehst sich selbst als erfolgreichen Spieler in diesem Spiel an. Er strebt nach Perfektion und er leidet darunter, dass die Welt und die anderen nicht so perfekt zu sein scheinen (oder gar nicht das Maß an Perfektion anstreben) wie er. Wenn jeder perfekt wäre, wäre die Welt auch gut und komfortabel, aber leider sind einige Webfehler eingebaut. Der Tod, die unlogischen Gefühle, die unterm Stich doch nicht ganz auszurechnenden (auch wenn man hier wirklich gut ist) anderen. Nahezu alle sehen sich als überbegabt an (was manchmal stimmt, manchmal nicht), finden ihr Weltbild makellos, weil offen, ehrlich, unverstellt und empfinden sich selbst als unglücklich, weil die Welt nicht ihrem Bild einer etwas perfekteren Welt entspricht.
Die selbst angestrebte Lösung ist in nahezu allen Fällen die Kontrolle und den eigenen Einfluss zu erhöhen. Immer wachsam sein, nur nicht locker lassen, alles im Griff und im Blick behalten. Es ist der Königsweg zu einer maximal unkomfortablen Welt, denn Pause, Erholung und Entspannung sind Fremdwörter in dieser Welt. Denn der Feind und die Konkurrenz schläft nicht. Die Kurskorrektur in diesem Fall bedeutet ein Misstrauen gegen das eigene Misstrauen zu entwickeln. Aber das gelingt nicht allen und um das hinzukriegen muss viel sterben. Dieser Tod ist viel näher und ängstigender als der körperliche Verfall, der auch nur ein Symbol für die Niederlage, die nicht ganz am Ende steht, sondern die Dich früh begleiten wird, die mit Dir durchs Leben geht. Und dieser Tod ist der, vor dem Du Angst hast. Hast Du ihn überwunden, verliert der Tod zu einem großen Teil seinen Schrecken und Stachel. Der Rest ist gut zu ertragen und vor allem legt er die Möglichkeit frei, die Du jetzt eher weniger hast: Mitten im Leben stehend, einfach mal zu leben, zu entspannen, zu genießen.
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Re: Jährliche 'Edge'-Frage

Beitragvon Nanna » Mo 22. Apr 2013, 12:35

laie hat geschrieben:@Nanna

einfach nur Klasse ... hab mich köstlich amüsiert.

Danke. ;-)

Ich wusste nicht genau, wie ich darstellen sollte, dass man den Empirismus nicht mit seinen eigenen Mitteln erklären kann (weil Tautologie eben), also hab ich's mal in metaphorischer Form versucht. Vielleicht könnte man es auch ein Gleichnis nennen. :kg:
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Re: Jährliche 'Edge'-Frage

Beitragvon Vollbreit » Mo 22. Apr 2013, 13:26

Da gibt es in meinen Augen ein ganzes Bündel von Missverständnissen.

Das bis heute unaufgelöste und auch nicht aufzulösende Hauptproblem des Empirismus ist in der Tat, dass er immer schon Möglichkeiten voraussetzt, die sich aus ihm heraus nicht erklären lassen. Es sieht so simpel aus, zwei Stöcke liegen da und man vergleicht sie einfach. Aber „Vergleichen“ das kann man empiristisch nicht erklären. Das kann man halt einfach, irgendwie. Ist angeboren. Nützlichkeitserwägungen (in welchem Kontext, für welchen Zweck) die beherrscht man halt so. Kann ja sogar sein, nur eine erklärende Theorie ist das eben nicht.
Man braucht halt immer schon diese synthetische (zusammenschauende, -fügende) Kraft, die das jeweils, richtige, angemessene, nützliche Ding auswählt. Gleichzeitig behauptet man aber, auch diese synthetische Kraft sei nur aus Einzelteilen zu erklären, allerdings benötigt jeder der erklärt (gleich ob sich selbst oder anderen) diese Kraft bereits. Der Empirismus versucht sich hier am eigenen Schopf aus dem Sumpf zu ziehen.

Das nächste Problem ist die Verwechslung von Empirismus und Empirie oder empiristisch und empirisch.
Der Empirismus ist ein Weltbild und jedes Weltbild ist metaphysisch, dazu später mehr. Empirisch bedeutet auf Erfahrung beruhend und herzeigbar. In diesem Sinne geht es niemals ohne Empirie, selbst logische Schlüsse (die in diesem Sinne kein Teil der empirischen, im Sinn von natürlichen, Welt sind) muss man herzeigen können. Es bedeutet einfach, was muss ich tun, um von a nach b, zu diesem Schluss zu kommen. Das Angeben von Schlussregeln Modus Ponens und so weiter, ist in diesem Sinn auch empirisch. Wenn man ein Über-Ich auch nicht im MRT sieht, so muss man doch, ganz empirisch, sagen, was damit gemeint ist und was man tun muss, um es zu finden und was es für Auswirkungen hat, wenn das Über-Ich vorhanden, geschwächt, übergroß oder nicht vorhanden ist. Es muss also eine Theorie des Über-Ich geben, die möglichst konsistent ist. In diesem Sinne ist das Über-Ich selbstverständlich empirisch, auch wenn ich nicht drauf zeigen kann.
Wilber hat das mal schön dargestellt als die Arten von Empirie die man mit dem „Auge des Fleisches“ sieht (Der Baum da vor meinem Haus, der Zeigerausschlag, der Blick durchs Mikroskop), mit dem „Augen des Geistes“ (binomische Formeln, Über-Ich, Modus Ponens, negative Zahlen, Demokratie) und mit dem „Auge der Komtemplation“ mit dem man diverse innere Zustände sieht und mit anderen vergleichen kann. Auch das ist empirisch, denn man muss sagen, was man tun muss, um dies oder jenes zu erreichen.

Ein weiteres Problem ist die Verwirrung um den Begriff Metaphysik.
Die ganze plumpe Variante, die man aber häufiger findet, als man meinen sollte, ist die Gleichsetzung von Metaphysik und irgendetwas „Übersinnlichem“. Wünschelruten, Geistersehen, Kornkreise, „Esoterik“ und UFOs, das ist irgendwie Metaphysik. Oder eben: Glaube, Hoffnung, Wünsch dir was.
Wann immer man behauptende Aussagen über das Ganze der Dinge, wie die Welt ist, wie sie funktioniert, was sie antreibt, ob sie ein Ziel hat oder nicht, wo ihr Anfang liegt ist das eine metaphysische Aussage. Die (unter Naturwissenschaftlern nicht selten zu findene) Unkenntnis darüber, dass man überhaupt seine Thesen aus einem Weltbild heraus formuliert, heißt ja nicht, dass man kein Weltbild hat, sondern, dass man es nur nicht kennt.
Auch der, der behauptet, Weltbilder interessierten ihn nicht, er sei lediglich an Fakten und der Wahrheit orientiert, häufig nimmt man dann noch gern Begriffe wie „logisch“ oder „rational“ mit hinein, bewegt sich ja nur im Status der Unkenntnis über das eigene Weltbild. Oft Naturalismus, Physikalismus, Skeptizismus oder dessen ideologische Engführungen wie Szientismus oder Skeptiker-Syndrom.
Im Grunde ist der Begriff Metaphysik weitgehend gleichbedeutend mit Weltbild.
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Re: Jährliche 'Edge'-Frage

Beitragvon Nanna » Mo 22. Apr 2013, 14:07

Perfekt dargelegt, dankeschön!
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Re: Jährliche 'Edge'-Frage

Beitragvon Darth Nefarius » Mo 22. Apr 2013, 18:55

Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Sag das mal einem Naturwissenschaftler und noch besser einem Physiker. Das ist schlichtweg Unsinn, basierend auf deiner Überzeugung, dass die Naturwissenschaften offensichtlich über gar nichts Aussagen zu treffen haben.
Mach Dich schlau:
http://brightsblog.wordpress.com/bright ... htenDingen

Habe ich überflogen, du wolltest wohl darauf hinaus:
"Bei dem, was Wissenschaftler gewöhnlich voraussetzen, um arbeiten, forschen (und streiten) zu können, spricht man gerne von Hintergrundannahmen, von Weltbild, von forschungsleitenden Paradigmen, von metaphysischen Grundentscheidungen."
Beim ganzen Text ging es aber um Naturalismus, nicht um Wissenschaft. Und ich erkenne nicht, wieso die Annahmen metaphysischer Natur seien. Lediglich, weil es Annahmen sind? Gewiss, sie sind nicht völlig bewiesen, allerdings gibt es gute Indizien, die aktuellen Konzepte, die diese Annahmen (wie jetzt zu deinem Beispiel der Quanten) einfließen lassen, geben gute Modelle ab, damit sind sie von höherem Wert als einfache metaphysische Annahmen, denn sie haben einen klaren Bezug zur Realität, zur physischen Welt (durch Indizien, durch ihre Folgerichtigkeit im Vergleich Modell = Realität, usw.). Das ist nach meinem Verständnis keine Metaphysik. Man zählt einen Rechtsanwalt, der Ulli Hoeneß der Steuerhinterziehung aufgrund einiger Indizien/Beweise bezichtigt, nicht als Metaphysiker (höchstens als Spekulierenden).
Vollbreit hat geschrieben:Quine geht es nicht allein um die Logik. Ansonsten ist Logik natürlich ein Teilgebiet der Philosophie.

.... und eben eine der Grundvorraussetzungen der naturwissenschaftlichen Methodik. Darauf wollte ich hinaus.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Es gibt keine Metaphysik in den Naturwissenschaften.

Falsch, sieh obiger link.

Annahmen mit Indizien sind keine Metaphysik. Wir sind keine Metaphysiker wenn wir annehmen/ antizipieren/ vermuten. Willkürliche Spekulation ohne Hinweise sind Metaphysik. Ein Naturalist kann mich nicht über die Naturwissenschaften belehren. Ein Schlüsselbegriff ist die Empirie, die essentiell für die Naturwissenschaften ist, aber Metaphysik ausschließt (den Raum der willkürlichen Spekulation verlässt und zu beweisbaren, reproduzierbaren Annahmen, "Tatsachen" führt).
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben: Dann siehst du ein, dass deine Betrachtungsweise lückenhaft war bezüglich der Argumentation zur Medikation? Du erinnerst dich vielleicht: Aus der korrekten Beobachtung, dass einige Medikationen zunehmen, dachtest du, dass die Pharmezeuten auf der falschen Annahme handelten, irgendwelche Krankheiten nähmen zu, weil der Genpool sich schnell ändern würde.

Nein, ich sagte, dies sei wohl kaum der Fall.

:kopfwand: Ließ nochmal, was ich geschrieben habe. Zusammengefasst: Deine Grundannahme war falsch (bezüglich der Ursachen für die veränderte Medikation).
Gegenüberstellung:
Vollbreit: Die Theorie, dass die Ursachen für Krankheiten biochemisch sei ist Unsinn, weil die Medikation sich veränderte und das bedeutet, dass die Biochemiker/Pharmazeuten annehmen, dass der Genpool sich änderte.
Ich: Jein. Die Medikation hat sich geändert, ja, aber die Annahme der Biochemiker ist nicht, dass die Häufung von Krankheiten in kürzerer Zeit auf die Veränderung des Genpools zurückzuführen ist, sondern auf veränderte Lebenserwartungen und das Beseitigen von Infektionskrankheiten an denen die Leute früher häufpger gestotben sind als an Krebs. Jetzt können die Leute alt genug werden, um am Krebs/Herzkreislauferkrankhungen zu sterben.
Deine Behauptung, basierend auf einer falschen Annahme ist also widerlegt, da die Annahme falsch ist.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Wie willst du denn Maßlosigkeit definieren, wenn jeder ein anderes Maß hat?

Ich denke, das kann man selbst merken. Wenn man ein Empfinden hat nicht Zufrieden zu sein, wenn man zufrieden sein sollte, dann ist etwas auch dem Gleichgewicht oder man neigt zur Kompensation.

Du verschiebst das Problem. Woher soll man denn wissen, dass man zufrieden sein sollte? Wer definiert das, wenn nicht ich? Und wenn ich definieren sollte, dass ich zufrieden sein sollte, bin ich doch letztlich unzufrieden mit der Unzufriedenheit. Aber wer ist schon zufrieden mit Unzufriedenheit?
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Das Verlangen zu essen wirst du aber dennoch nicht los.

Muss man doch auch nicht, wo ist das Problem. Hat man Hunger, isst man, hat man keinen, lässt man es. Dass man isst, wenn einem eigentlich langweilig ist, merkt doch jeder selbst.

Ja, das wäre Kompensation, aber nicht Maßlosigkeit.
Vollbreit hat geschrieben:Schaden ist auch Ansichtssache.

Nein, er hängt aber auch von der Perspektive ab. Die selbe Handlung kann einen klaren Nutzen für mich geben, den jeder erkennen kann, aber einen offenkundigen Schaden für dich. Aber ob etwas fehlgeleitet ist, ist subjektiv.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Wieso "oder"? Der Utilitarismus ist die wohl natürlichste Betrachtungsweise für Lebewesen.

http://de.wikipedia.org/wiki/Utilitaris ... n.E2.80.9C

Da scheint mir wichtig:
"Wenn ein Individuum vor mehreren Handlungsalternativen stehe, so solle es gemäß dem Utilitarismus die Handlung wählen, welche in ihrer Konsequenz aller Wahrscheinlichkeit nach das größtmögliche Glück trägt. Dazu habe er alle Einzelkonsequenzen und ihre Auswirkungen auf das Glück und Leid der Einzelnen in Betracht zu ziehen. Letztlich müsse man alles durch das mögliche Praktizieren einer Handlungsalternative entstehende Glück und Leid bei den Einzelnen zu einer Gesamtsumme errechnen, wodurch man erkennen könne, inwiefern eine Handlung allgemein das Glück mehrt oder Leid erzeugt.

Als Kriterien bei der Kalkulation des Gesamtnutzens einer Handlung führt Bentham ursprünglich unter anderem die Dauer, Intensität und Wahrscheinlichkeit eines Glücks oder Leids auf.

Bentham umschrieb als erster solch ein Verfahren. Obgleich eine detailliertere und konkretere Ausarbeitung nicht existiert, wird das Nutzenkalkül als prinzipiell brauchbare Leitlinie von Utilitaristen anerkannt.

Man kann das utilitaristische Nutzenkalkül am besten verstehen, wenn man es mit dem Klugen Entscheidungsverhalten eines Einzelnen vergleicht."

Ebenso wie das (was mich darin bestätigt, dass Utilitarismus keine echte Ethik ist; Tiere sagen sich nicht, dass sie etwas sollen, sie tun es einfach, weil sie es wollen):
"Vom Standpunkt des Utilitarismus ist Glück das höchste und alleinige Gut. Andere ethische Güter wie beispielsweise Gleichheit, Gerechtigkeit, Freiheit oder Tugendhaftigkeit und intuitive Moralvorstellungen haben aus utilitaristischer Sicht keinen Wert an sich. Dadurch kann es jedoch zu Situationen kommen, in welcher eine utilitaristische Ethik zu einer Handlung rät, welche andere Ethiken als absolut unmoralisch bewerten würden. Die meisten Zurückweisungen des Utilitarismus fußen auf diesem Konflikt. Beispielsweise könnte man für die Folterung oder Tötung eines Individuums argumentieren, wenn sich dadurch Leben retten ließen."
Und vor allem:
"Frühe Utilitaristen leiteten die Maximum-Happiness-Maxime aus einem psychologischen Hedonismus ab. Aber selbst wenn man die These des psychologischen Hedonismus als richtig annimmt, so folgt daraus keineswegs, dass Glück das allein Wünschenswerte ist."
Dass das Glück das Wünschenswerteste ist (daraus erfolgt jedoch kein Sollen für andere) beweist die hedonistische Natur der Lebewesen. Die Biochemie des Gehirns zeigt klar, dass wir das tun wollen, was uns Freude bereitet.
Vollbreit hat geschrieben:Gerade der Buddhismus hat über Tod und Sterben Interessantes zu berichten, man denke an das Totenbuch der Tibeter (bardo thödol).

Wenn das Totenbuch nicht von einem Toten geschrieben wurde, steht es in keinem Zusammenhang mit meiner Aussage.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Nach meiner Meinung ist die Philosophie die beste, die die wenigsten Axiome setzt. Deswegen habe ich nicht kritisiert, dass du Axiome setzt, sondern dass es mehr sind als nötig. Gute Axiome fallen ja nicht vom Himmel, sondern sind Prämissen, die aus praktischen Erwägungen gewählt werden. Das sehe ich bei den buddhistischen Axiomen nicht (aber dann stellt sich wieder die Frage, was denn praktisch ist).

Die praktische Erwägung war, das Leid zu überwinden. Ansonsten ist der Buddhismus doch theoretisch eher schlank.

Das ist kein Alleinstellungsmerkmal des Buddhismus. Wir haben von vielen anderen Axiomen gesprochen, und die sind viel zu zahlreich. Das, was mir aufgestoßen ist, waren ja die Axiom, dass Leid durch Anhaften entsteht, dass es irgendeinen Weg der Mitte gibt und dass Glück unabhängig von Leid erfahren werden kann (u.a.).
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Zum anderen: Dass Glück und Leid Gegensätze sind, liegt ja erst mal auf der Hand.

Gegensätze können dennoch koexistieren, sogar permanent.

Ja, ich habe nichts anderes behauptet.

Und ich gehe sogar noch weiter und denke, dass besonders intensives Glück unweigerlich mit Leid verbunden ist. Eine Alltagszufriedenheit vielleicht nicht, aber die wohl bedeutenden Erlebnisse schon.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Die Frage ist, ob sie denn auch noch Glück empfinden. Ich denke nicht, zumindest nicht mehr wie sie auch durch den Lebensstil auch Leid erfahren. Es ist ein gedämpftes Empfinden beider Aspekte.

Wieso sagst Du das ständig? Weil Du Dir nichts anderes vorstellen kannst? Ich sagte doch mehrfach, dass es darum nicht geht, sondern die Intensität der Empfindungen sogar gesteigert wird.

Was du zu der Einstellung der Buddhisten zu Zielen, zum Willen und zur Anleitung zum Selbstmord des Ichs geschrieben hast, weist auf eine Betäubung aller Triebe und damit Emppfindungen auf. Dieses Vorgehen scheint mir klar der Intensivierung zu widersprechen. Ich habe es zum einen anders erlebt.
Vollbreit hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Wenn das, was man erlebt, sekundär ist, scheint das Leben und das Glück seinen Wert ebenso zu verlieren.

Warum?

Was soll denn noch übrig geblieben sein? Das Ich wollen die Buddhisten doch auch loswerden. Also: Eliminiere die Bedeutung von Erlebnissen und das Ich = bleibt nichts übrig.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Glück wird durch die Umwelt vermittelt, ermöglicht. Wenn die Außenwelt keine Rolle mehr spielt, spielt der Input keine Rolle, wird kein Glück vermittelbar.

Warum?

Meine Annahme: Input => Glück
Meine Folgerung: keine Relevanz von Außenwelt = Kein Input => kein Glück.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Was soll denn noch bleiben, wenn sowohl das ich als auch die Umwelt bedeutungslos wird?

Tja, die große Frage.

Wieso große Frage? Die Buddhisten streben das an, wissen aber nicht wozu?
Vollbreit hat geschrieben:Doch: http://de.wikipedia.org/wiki/Nirwana#Re ... intergrund

Das spiele ich nicht mehr mit. Wenn du mir einen Text vorklatscht, werde ich dir garantieren, dass ich einen Teil finde, der meiner Einschätzung entspricht, wie es zuvor bei Dukkha und dem Utilitarismus gelungen ist. Und das eröffnet weitere Nebenkriegsschauplätze, die diese Konversation noch unangehemer und länger machen würden, also sie schon ist.
Vollbreit hat geschrieben:Wenn man es nicht tolerieren kann, behauptet man gewöhnlich es sei keine Tatsache.

Das machen zumindest Wunschdenker so. Religiöse, Esotheriker. Naturwissenschaftler tun das nicht: Der Naturwissenschaftler sagt dir einfach, wie die Mortalität bei Rauchern Mitte 50 ist, auch wenn er selbst Raucher Mitte 50 ist.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Wozu stellst du die Position dann meiner gegenüber? Ich mische mich nie in eine Diskussion ein, wenn ich nicht absolut von meinem Standpunkt überzeugt bin. Dass du von mir hingegen überzeugt werden willst, denke ich auch nicht. Dafür diskutieren wir schon zu lange.

Ich bin von meinem Standpunkt überzeugt. Ihn vorzustellen ist doch auch erst mal was. Zum einen ist das ein öffentliches Forum, so dass auch andere mitlesen, zum anderen, bleibt immer etwas hängen. Aber ich glaube nicht, dass er für jeden etwas ist.

Naja, dann muss das doch nicht zu so einer kleinteiligen Diskussion ausufern! Du hast deinen Standpunkt dargestellt, ich habe die Widersprüche und unlogischen Axiome aufgezeigt, bei einigen hast du einfach gesagt, dass sie dir auch nicht passen, aber nimmst den Rest hin, weil es dir schön passt. Damit wäre dem doch Genüge getan, oder nicht?
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Der Vergleich hinkt gewaltig. Ich denke aber, dass eine andere Phrase besser passt: "in sich stimmiger".

Ist ja kein Unterschied und die Sicht eines Selbstmordattentäter ist ebenfalls in sich stimmig.

Nein, ist er nicht, aber lassen wir das. Ich will jetzt nicht noch zeigen, wieso neben den Buddhisten auch noch Selbstmordattentäter nicht richtig logisch und konsequent denken können.
Vollbreit hat geschrieben:Ich habe den Eindruck, Du hast von dem was der Buddhismus zur Frage nach dem Leid meint, herzlich wenig erfasst und wir tanzen unergiebig lange um Deine Vorurteile.

Ich habe doch schon mehrmals deiner Bitte nachgegeben und zusammengefasst, was ich unter den Axiomen verstehe. Soweit ich das sehe, hast du mir nicht widersprochen in dem, was ich da zusammengefasst habe. Dann habe ich auf dieser Grundlage gezeigt, dass diese Axiome unsinnig sind, durch Beispiele des Gegenteils.
Vollbreit hat geschrieben:Gerade Reduktionisten haben kein Problem sich die Welt zu erklären, da sie viele Informationen ausblenden. Es macht die Welt einfacher. Ist ja auch ein Vorteil, für alle die, die mit einer komplexen Welt überfordert sind.

Reduktionisten erkennen Muster. Das bedeutet, sie erkennen Ähnlichkeiten, das bedeutet, sie können gerade für komplexere Systeme/Ereignisse eine bessere Aussage treffen. So funktionieren eben computergestützte Simulationen: Sie wenden Modelle an, sie berufen sich auf Ähnlichkeiten, die reduktionistisch erfasst wurden. Dadurch können gerade komplexere Gebilde zuverlässiger beschrieben werden.
Hast du eigentlich schonmal mit unendlich wirkenden Datenpaketen arbeiten müssen? Nur durch das Erkennen von Mustern durch den Reduktionismus kannst du wirklich noch eine Deutung abgeben. Und ja, die Welt ist zu komplex, um sie ohne Reduktionismus zu erfassen, wer etwa anderes behauptet, hat keinen Überblick über die Unmenge an Daten und bildet sich viel ein.
Vollbreit hat geschrieben:Bleib doch mal beim evolutionsbiologischen Argument des Erfolges und damit der Nützlichkeit. Du bringst jetzt moralische Wertungen ins Spiel, durch die Hintertür, indem Du als Metapher einen Begriff wählst der uns primär aus der Pathologie bekannt ist. Aus Deiner Sicht, ist nützlich, was erfolgreich ist und erfolgreich, was sich durchgesetzt hat. Es gibt 6 Milliarden Religiöse und 1 Milliarde Atheisten. Was sagt uns das aus biologischer Sicht?

Erstmal gar nichts, da du keinen Trend aus einem Zeitpunkt ableiten kannst. Wenn wir zuvor die Lage hätten, dass es mehr Atheisten als Religiöse gab und die Atheisten langsam aussterben, könnte ich deine Aussage bestätigen. Aber so wie du argumentieren nur Boulevard-Blätter, die eine Publikation nicht verstanden haben (oder nicht gemerkt haben, dass es keine Kontrollgruppen gab und die Forschung zur heilenden Wirkung von Prostatakrebs durch Granatapfelsaft durch eine Granatapfelsaftfirma finanziert wurde).
Auf einen großen Teil habe ich nicht geantwortet, weil es nur noch um Geplänkel ging. Auf den Rest antworte ich morgen, wenn ich Lust habe, mich erneut zu quälen.
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Re: Jährliche 'Edge'-Frage

Beitragvon Vollbreit » Mo 22. Apr 2013, 20:56

Darth Nefarius hat geschrieben:Auf einen großen Teil habe ich nicht geantwortet, weil es nur noch um Geplänkel ging. Auf den Rest antworte ich morgen, wenn ich Lust habe, mich erneut zu quälen.

Och Darth, auf keinen Fall möchte ich Dir das zumuten, wo Du doch jetzt schon erkennbar überfordert bist.
Bis dann mal.
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Re: Jährliche 'Edge'-Frage

Beitragvon Darth Nefarius » Di 23. Apr 2013, 13:25

Ich bin nicht mit dir überfordert, sondern mit dem Zeitmamagement. Es ist nicht schwierig, dir zu antworten, aber das Geplänkel hat nun unangenehme Dimensionen erreicht. Trotzdem danke, dass ich jetzt auf deinen zweiten Block antworten kann, ohne auch noch auf die Erwiderung zu meinem letzten Kommentar auch noch antworten zu müssen.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Keine Arbeit befasst sich mit der biochemischen Theorie der Psyche im Gesamten, es werden immer einzelne Signaltransduktionswege herausgesucht. Und wenn die meisten Medikamente anschlagen, die auf dem Markt zulässig sind, scheint doch mehr an der postulierten Theorie richtig als falsch zu sein.
Anschlagen ist ja immer relativ. Irgendwie wirken? Die Symptome lindern, die sie lindern sollen? Geht es um Heilung, Linderung oder darum jemanden abzuschießen? Welche Krankheiten kann man, wie, überhaupt medikamentös erreichen? Wieviele Nebenwirkungen nimmt man in kauf (und welche) um einen Effekt zu erzielen? Und so weiter. Wo es klappt, super, da ist immer Pragmatismus zum Wohle des Patienten angesagt, aber öfter als man möchte, klappt es eben nicht.

Da musst du dich besser mit den Zielsetzungen auskennen: Wirkung kann Entzündungshemmung, Linderung, Heilung, Betäubung, usw. bedeuten. Es geht also immer sowohl um Heilung, als auch um Linderung und anderes. Je nachdem, was effizienter oder gerade möglich ist. Auch eine erfolgereiche Linderung der Schmerzen wird als erfolgreiche Behandlung betrachtet, da eben nur das das Ziel war (weil vielleicht nur das möglich war).
Vollbreit hat geschrieben:Glauben im Allgemeinen ist mal wieder etwas pauschal. Meinst Du den Glauben daran, dass die Eurorettung in der Politik in guten Händen ist? Oder daran, dass der Busfahrer nicht bei 1,8 Promille ist? Oder den Glauben an die Schöpfung aus dem Nichts, im Rahmen des Urknalls? Wenn Du was anderes, spezielleres meinst, sag was Du meinst. So ist mir das zu pauschal.

Ich meinte religiösen, esotherischen, metaphysischen Glauben. Dieser benötigt keine Hinweise, keine Logik für dessen Annahmen, darin unterscheidet er sich von den Wissenschaften, der Empirie.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Die Forschung. Ist ja nicht so, dass es nicht aus allen Ecken Ansätze gab und gibt, die versuchen das Glück zu untersuchen.
Richtig, aber hast du mitbekommen, wieviele Arten von Glück definiert werden, um dem Problem nicht letztlich doch auszuweichen? Aber wenn wir das gerade ansprechen, sollten wir doch gleich über die genauere Unterteilung von Glück, wie es die sogenannten Glücksforscher nachdenken. Warhscheinlich würden wir zu dem Punkt kommen, dass Budddhisten die meisten Arten von Glück einfach ablehnen, zugunsten der allgemeinen Zufriedenheit.
Ja, einverstanden und es führt uns auch wieder elegant zum Thema Tod, Leid, Glück, Unglück zurück. Sag mal, wie Du Dir das vorstellst, ich habe Material, was ich beisteuern kann.
Ich habe ehrlich keine Lust, die Diskussion auf die verschiedenen arten von Glück auszuweiten. Das vervielfacht die Probleme, die unterschiedlichen Definitionen, Betrachtungsweisen. Ich schlage vor, dass wir es dabei belassen, dass wir letztlich wohl nie zu einem Konsens kommen, solange wir Glück unterschiedlich definieren oder verschiedene Arten von Glück meinen. Mein Standpunkt jedoch ist, dass die meisten Arten von Glück einen Input brauchen, der Buddhismus würde alles auf Zufriedenheit durch die Entwertung der Umwelt reduzieren. Aber das ist wohl das gedämpfteste Glücksempfinden, welches wir haben.
Vollbreit hat geschrieben:Der Utilitarisms strebt das größtmögliche Glück für die größtmögliche Zahl an.

Dem geht eine Prämisse voraus, die ich zusätzlich erwähne: Was will man denn selbst? Kant hat seine abstrusen Ideen immerhin mit einem Argument begründet: Handle so, wie du es dir von anderen wünschst. Aber wieso sollte man sich etwas wünschen? Was sollte man sich wünschen? Der Mensch strebt zunächst den Nutzen für sich an, keinen Schaden. Dadurch bekommt das, was man sich wünscht und folglich das, was man den anderen durch die eigenen Handlungen zugesteht, einen egoistischen Kern. Erst dadurch wird dieser reziproke Ansatz, den die meisten intuitiv hinnehmen, seine eigentlich filternde Wirkung. Für uns ist es selbstverständlich, dass wir meist so handeln wollen, dass wir einen Nutzen davontragen. Der Utilitarismus baut die reziproke Bedeutung mit ein, dadurch wird der egoistische Kern verschleiert.
Vollbreit hat geschrieben:Dass andere davon profitieren, wenn es Dir gut geht, kann ich so noch nicht sehen, da das verräterische Wörtchen „meist“ eben heißt, dass Du auch schon mal rücksichtslos handelst.

Rücksichtslos handle ich in dem Sinne nicht, als dass ich nicht überlege, was es für die anderen bedeutet. Aber es kann schon vorkommen, dass ich sie ausnutze, ja. Aber ich habe nicht argumentiert, dass es den anderen gut geht, wenn es mir gut geht. Ich habe wohl tausendmal von Kooperation gesprochen, einem Handeln, welches einen gegenseitigen Nutzen generieren soll. Dadurch erwächst zum einen Nutzen für mich und dann auch für andere (aber ersteres ist nicht Ursache für letzteres oder umgekehrt). Der Nutzen für mich und für andere sind 2 Ursachen einer Wirkung: Kooperation.
Vollbreit hat geschrieben:Davon haben die anderen nichts, das kickt den Utilitarsimus aus dem Spiel. Der Buddhismus würde allerdings der Meinung sein, dass neben dem Leid für andere, vor allem Du unter Deinem Egoismus leidest. Interessanterweise ist das aber nicht nur die Meinung irgendwelcher durchgeknallter Asiaten, die zu viel meditiert haben, sondern auch der wissenschaftlichen, westlichen Narzissmus-Forschung. Das wäre dann, auf lange Sicht Dein Problem.

Nein, mein Problem ist, dass ich kein Idiot bin und meine Motivation, die der anderen und die Sterblichkeit erkenne. Erkenntnis mehrt das Leid. Mehr Wissen bedeutet auch, mehr Probleme, die man erkennt.
Vollbreit hat geschrieben:Du hast aber die freie Wahl diese Theorien in den Wind zu schießen und Dir eine zu suchen, die Dir besser schmeckt, z.B. die biologischen Interpretation eines ohnehin alle Lebewesen erfassenden Egoismus. Das meinte ich, damit, dass sich jeder dort einpendelt, wo es ihm behagt, in seinem Glaubenssystem, Du eben im biologischen. Deine Unfähigkeit logische Zirkelschlüsse zu erkennen, ist dabei hilfreich um den Mythos am köcheln zu halten, Du solltest also zusehen, dass Du hier erfolgreich weiter auf der Stelle trittst, dann ist alles ganz rund und „logisch“ wie Du immer sagst.

Es gibt keinen Zirkelschluss. Du hast schlichtweg die Argumentation nicht verstanden. :mg: Die Prämissen, die ich nenne, sind dabei nicht willkürlich, sondern das, was sich in der Natur auskristallisiert hat. Die Natur hat die Prämissen für unser Handeln gesetzt, welche im rationalen, kooperativen Egoismus als Bezeichnung interpretiert werden.
Vollbreit hat geschrieben:Und das wollen wir auch alle nicht lesen. Es würde ja reichen konkret zu werden, hat nicht geklappt, ist aber ehrlich gesagt kein größeres Drama.

Ich bin ja konkret geworden: Mein Leben, meine Wahrnemung, ...
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Z.Bsp. hoffe ich auf einen Charakter, der nicht so offensichtlich viel Leid empfindet, wie ich, um mir mehr Freude bereiten zu können durch Abfärbung.
Genau diesen Punkt verstehe ich nicht, mal alles zurück auf Null. Du empfindest, wie Du sagst, ein relativ hohes Maß an Leid. So was finde ich immer schade, aber besser man sieht es, als sich etwas vorzumachen. Dass dieses Leid wesentlich (aber Du kannst sicher sein, nicht nur) aus der Angst vor dem Tod resultiert, kann ich verstehen. Nun ist Deine Strategie, das Übel sozusagen an der Wurzel zu packen und den Tod zu besiegen. Mal unabhängig davon wie realistisch das ist, was glaubst Du denn, wenn alles perfekt läuft, wann Du das erreichen wirst? Wann darfst Du so ein Projekt starten, gleich im Rahmen des Magisters? Wohl eher nicht. Wann meinst Du, kannst Du damit beginnen? Über welchen biochemischen Weg würde das gehen? Geht es um die Abschaltung des Selbstzerstörung des Organismus? Falls ja, würde sich nicht die Angst vergrößern, durch ein Unglück dann doch zu sterben, schwerer Autounfall, Flugzeugabsturz, was auch immer? Selbst wenn Du Dich 1000fach reproduzieren lassen könntest, aus ein paar hinterlegten Zellen, wärst das wirklich Du? Nein.

Mit dem Projekt habe ich schon dadurch angefangen, dass ich es beschlossen habe. Jetzt studiere ich, versuche mich medizinisch zu spezialisieren, habe etwas zur Onkologie, pharmazeutische Kenntnisse und anderes gelernt. Wenn ich Glück habe und gut bin, kann ich schon einen kleinen Erfolg in der Bachelorarbeit feiern. Es ist nicht ungewöhnlich, dass schon diese einen wissenschaftlichen Nutzen für neuere Medikamente liefern kann. Ich meine, dass Kinaseinhihiboren so ein Beispiel sind, aber sicher bin ich mir da nicht. Die Arten zu sterben sind vielfältig: Herzkreislauferkrankungen, Krebs, und das Altern im allgemeinen. Es gibt ja schon großartige Ansätze in diesen Gebieten. Ich könnte mich an der Leitstrukturoptimierung von Statinen versuchen, die Ansätze an Reservatrol überdenken, diverse neuere Onkogene suchen. Nebenbei ist die Apoptose sehr nützlich, sie auszuschalten würde Krebs fördern. Dabei fällt mir auch ein, dass Stammzellen, welche ihr Erbgut sehr gut konservieren können, einen Ansatz haben, den man auf andere Zellen vielleicht anwenden könnte. Dadurch würde die Mutationsrate enorm gesenkt werden können (und Mutationen sind letztlich Ursachen für fast sämtliche Krankheiten). In jedem Semester höre ich neue Sachen, bei denen mir und auch anderen gute Ideen einfallen, um daran zu forschen (auf dieser Forschung könnte man leicht wieder einen medizinischen Nutzen aufbauen). Es benötigt nur noch das Geld und die Zeit (naja, und noch mehr Wissen). Und ja, Autounfall und Flugzeugabsturz sind immer mögliche andere Arten zu sterben, aber das sind Unwägbarkeiten. Dennoch habe ich dieses Problem berücksichtigt und stelle mich der Labilität des Körpers durch physische Einwirkung nachdem ich es verhindert habe, an Krebs oder Altersschwäche zu sterben. Zuerst also die potentielle Unsterblichkeit, dann die Unverwundbarkeit. Und Klonen halte ich für einen Fehler, zumindest solange mein Klon ein Bewusstsein hat wie ich. Ich wüsste nämlich, was er versuchen würde: Ich an seiner Stelle würde versuchen, den Platz des Originals einzunehmen, also wird das jeder meiner Klone auch. Und so einen intelligenten, existenzbedrohenden Feind muss ich nicht in die Welt setzen.
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