Vollbreit hat geschrieben:Auch anders wollen können, das kannst Du ja. Eigentlich möchtest Du in Hotel A, aber das ist abgebrannt, oder der Besitzer hat gewechselt und alles ist schlechter, das wissend, buchst Du um, Hotel B. Du kannst also anders.
Was ist denn das für eine Mogelpackung? In dem Beispiel geht es um zwei Entscheidungen hintereinander. Erst ist es die Entscheidung für A. Dann tauchen neue Infos auf und man entscheidet sich für B. Beide Entscheidungen waren nicht frei, sondern alternativlos. Hotel A musste ich buchen, weil das kausal determiniert war. Sobald die neuen Infos da waren, konnte ich mich nur noch für B entscheiden, weil bei dieser Entscheidung alle ursächlichen Faktoren dies erzwangen und ich nicht den Hauch einer freien Entscheidung hatte. Hast du dir denn nicht zugehört, als du zugestimmt hast, dass im Determinismus jede Entscheidung festgelegt ist?
Du scheinst in deinem Beispiel das Wort "frei" wirklich als Synonym für "vernünftig", "rational", "verständlich" zu benutzen. Mir scheint das der etwas ärmliche Kernpunkt der Diskussion zu sein. Es ist lediglich eine Frage des Sprachgefühls. Ich für meinen Teil sage "rational", wenn ich "rational" meine. Ihr Kompatibilisten scheint für Wortverdrehungen deutlich empfänglicher.
Vollbreit hat geschrieben:Ja, es ist alles festgelegt, aber der Spielraum der Freiheit (des Willens) ist sehr groß, prinzipiell nahezu unbegrenzt.
Auch hier ergibt dein Satz nur einen Sinn, wenn man unterstellt, dass du bei "Freiheit" vermutlich "nicht willkürlich sondern vernünftig" meinst. Du kannst es vermutlich nur schwer nachvollziehen, aber für Leute mit einem üblicheren Sprachgefühl ist es lustig, wenn jemand sagt: alles ist festgelegt aber der Spielraum ist nahezu unbegrenzt. Wundere dich also nicht, wenn ein Lächeln über die Gesichter huscht, nachdem ein Kompatibilist ausgeredet hat.
Vollbreit hat geschrieben:ganimed hat geschrieben:Wenn ich zu jemandem sage: "du hast die freie Wahl." Glaubst du wirklich, der versteht mich so, dass er nun ohne Zufall, Willkür oder Irrationalität wählen darf?
Warum nicht? Steht man vor einem Buffet, ist man ja in der Situation und nimmt in der Regel, was einem schmeckt. Wo ist das Problem?
Du sagst es doch selbst. Es gibt da eine Regel nach der du genau das nimmst, was dir schmeckt. Es mag ja schmecken aber nur kompatibilistische Wortverdreher nennen eine Wahl, die einer festen Regel folgt und bei der man immer dasselbe nimmt ja sogar laut Regel nehmen muss, frei.
Vollbreit hat geschrieben:Determiniert heißt doch nicht, dass Du nur eine Scheibe Knäcke bekommst. Du kannst auch dreimal gehen und bis zur Herzrhythmusstörung stopfen, es wäre halt nur determiniert.
Wer dreimal geht der entscheidet auch dreimal. Dies ist wieder deine Mogelpackung von oben, wo du mir mehrere einzelne Entscheidungen als angebliche Alternativen einer Entscheidung verkaufen willst. Nicht einmal ich falle darauf rein.
Vollbreit hat geschrieben:Aber warum sollte die Wahrnehmung dieser Daten – wenn wir doch nichts in der Welt illusionsfrei wahrnehmen können – nicht auch eine Illusion sein?
Nichts in der Welt illusionsfrei wahrnehmen können? Wie kommst du denn darauf? Die Illusion von der ich sprach bezieht sich auf die Wahrnehmung des Freiheitsgrades eigener Entscheidungen. Wenn du für die Darstellung logischer Inkonsistenzen plötzlich neue, globale Illusionen einführen musst, kann es ja nicht so schlimm sein mit der logischen Inkonsistenz. Überzeugend finde ich das jedenfalls nicht.
Vollbreit hat geschrieben:Zunächst, kannst Du Dir ja nicht vorstellen, dass es Freiheit überhaupt gibt, also hast Du eigentlich gar keinen Freiheitsbegriff.
Ich habe einen Freiheitsbegriff, unter dem ich mir auf etwas vorstellen kann, wie die Libertarier. Ich kann mir nur nicht vorstellen, dass es die Freiheit überhaupt gibt.
Vollbreit hat geschrieben:aber eigentlich ist das gar nicht Deiner, denn Willkür, Zufall und Irrationalität sind für Dich auch keine sehr glücklichen Komponenten für die Freiheit des Willens.
Doch. Die Komponenten sind glücklich. Sie würden das Kriterium für Freiheit erfüllen. Ihr einziges Unglück ist, dass sie nicht existieren. Ich bin da relativ leidenschaftslos. Wohingegen ich dir unterstelle, dass es eben diese Leidenschaftlichkeit ist, die dich unlogisch werden lässt. Du stellst, genau wie ich, fest, dass es Zufall und Willkür und Irrationalität in unserer Welt nicht gibt. Aber im Gegensatz zu mir scheinst du darüber derart glücklich zu sein, dass du im Taumel der Gefühle bereit bist, den Willen, der in dieser Welt dann übrig bleibt, kurzerhand "frei" zu nennen. Entschuldige, wenn ich das so darstelle, aber im Ernst, ich sehe kaum einen anderen Grund, wieso man für "festgelegtes" plötzlich das Wort "frei" verwenden wollte. Oder sollte es einfach nur Trotz sein?
Vollbreit hat geschrieben:Du müsstest also versuchen, mal kurz davon zu abstrahieren, dass es für Dich eigentlich keine Freiheit gibt und dann versuchen einen brauchbaren Begriff von Freiheit zu definieren.
Ich habe bereits eine Definition von Freiheit (beim Willen). Du sagst hier implizit, dass die aber nicht brauchbar ist. Erkläre mal bitte, wieso meine Definition nicht brauchbar ist. Ist es deshalb, weil aus ihr folgt, dass es keine Freiheit gibt und das Gefühl der Freiheit folglich eine Illusion ist? Ich glaube, dies ist genau der Punkt. Ein Kompatibilist verdreht die Definition von Freiheit so lange, bis sie seiner Meinung nach brauchbar ist, also in Übereinstimmung mit der Alltagserfahrung ist. Ziel dieser Übung scheint zu sein, weiterhin leugnen zu können, dass Menschen einer Illusion unterliegen. Könnte es sein, dass du das mit der Illusion als Kränkung und Herabwürdigung empfindest? Zumindest wäre mir dann deine Motivation für die Umdefinition der Begriffe klarer.
Vollbreit hat geschrieben:Um welche Freiheit, wenn nicht um die des Menschen, also einer Person, soll es bei der Diskussion denn gehen?
Ich sehe es wie Teh Asphyx. Die Freiheit einer Entscheidung ist eine Eigenschaft der Entscheidung, egal von welcher Person oder welchem Wesen sie getroffen wird. Nehmen wir als Beispiel an, ich wäre ein Zufallszahlengenerator (für echten Zufall). Eine Entscheidung bei mir wäre die Wahl einer Zahl. Mein Wille wäre es beispielsweise einfach mal, die 3 zu wählen. Meine Entscheidung wäre nur dann unabhängig und echter Zufall, wenn bei gleichen Ursachen auch andere Zahlen herauskommen können. Das ist dann zwar Willkür, oder irrational oder was auch immer, aber für die Person Zufallsgenerator ist es plötzlich wesentlich, wichtig, richtig und glücklich. Während, wie du ja immer wieder feststellst, diese Eigenschaften bei einer menschlichen Person unglücklich und wenig wünschenswert wären. Aber genau darum geht es. Die Freiheit der Zahlenwahl ist einzig darüber definiert, ob sie kausal festgelegt oder nicht festgelegt ist. Welche Person diese Wahl trifft spielt dabei keine Rolle. Menschliche Würde kann kein Argument dafür sein, den intuitiven Freiheitsbegriff so lange zu verdrehen, bis sie gewahrt bleibt.