Venus Projekt

Re: Venus Projekt

Beitragvon FastForward » Di 27. Jul 2010, 01:22

@Bionic
Die Nutzungsrechte erwirbst du mit deiner Geburt.
Kein Mensch will einfach nur Nichst tun. Du bist frei dich zu enfalten. Die einzige "Pflicht" die es gibt ist es deine Mitmenschen an dem was du tust partizipieren zu lassen. Kommt dann eben darauf an was deine Leidenschaften sind. Ich weiss nicht wie es bei dir ist, aber wenn ich überlege wieviel Zeit ich schon damit verbracht habe diese Idee zu vertreten, darüber nachzudenken und wieviel ich dafür gelesen habe, dann sehe ich das als Leistung an (obwohl sie nicht bezahlt wird^^). Ob es am Ende zu etwas führt von dem alle etwas haben ist dann wieder eine andere Sache. ;-)
Was ich damit sagen will ist, dass ein Mensch viel mehr Arbeit leistet als man es heute als Arbeit anerkannt bekommt.

@smalonius

Ich verstehe dein Argument. Du hast Recht wenn du sagst, es wird eine Art Bewertung benötigt. Diese basiert allerdings alleine auf den zur Verfügung stehenden Rohstoffen. Die Bewertung ist also immer nach dem entsprechenden Rohstoff benannt. 1 Einheit Eisen, 1 Einheit Wasser usw. Diese lassen sich dann, in Verbindung mit der Nachfrage, in ein Verhältnis zueinander setzen, woraus dann 1 "Ressunit" (oder was weiss ich wie des dann heisst^^) wird.

Ich würde nicht von "Geld" sprechen, da es lediglich eine Rolle für Organisation und Verwaltung spielt. Der Begriff "Geld" ist mit der heutigen und historischen Funktionsweise belegt. Der Mensch als "Konsument" hat dann damit garnichts mehr zu tun, ausser dass er seine Bedürfnisse in Form der Nachfrage "meldet". Allerdings glaub ich nicht, dass es Umfragen geben wird. Du gehst z.B. in den "Laden" nimmst dir was du brauchst. Das wird dann registriert, als Nachfrage gespeichert und fließt in Echtzeit in die Kalkulationen ein.

Du hast also nichts in der Tasche mit dem du etwas kaufen kannst. Es ist nur gesamtwirtschaftlich interessant was etwas "kostet". Aber darauf bist du ja in deinem Beispiel gut eingegangen.

Brauchen wir wirklich unbegrenzte Ressourcen?
Wie ich meinen Post zuvor erläutert habe, können wir durch "Nutzung statt Eigentum" sehr viele Ressourcen einsparen. Zudem sind heute viele Produkte nicht sonderlich langlebig. Entweder ist die Qualität mangelhaft (Produktionskosten) oder das billige Produkt ist schon lange nicht mehr auf den neusten Stand was bei einem Standardwechsel (DVD -> Blueray) zu einem Pflichtkauf von einem neuen Produkt führt. Der zyklische Konsum ist schließlich eine Notwendigkeit in einem zu Wachstum verdammten System. Es ist keine Frage, das Bewusstsein wird sich in manchen/einigen Punkten ändern müssen. Aber das wird ein verschwindend geringer Preis für das sein was man als Ergebnis bekommt. (wage ich jetzt einfach mal zu sagen ;-) )
Aber zweifelst du wirklich daran dass wir genug Rohstoffe haben wenn wir nicht verschwenderisch damit umgehen? Überleg mal wieviel Schrott auf den Straßen herumfährt und die Rohstoffe sind noch lange nicht aufgebraucht. Wenn wir es darauf anlegen, dann holen wir uns die Rohstoffe im Überfluss aus dem ganzen Sonnensystem. Dazu wären wir in 50 Jahren sicher in der Lage. (Man bedenke dass wir vor 150 Jahren noch nichtmal fliegen konnten und vor knapp über 40 Jahren bereits zum Mond geflogen sind)

Knappe Rohstoffe wie z.B. Gold wird keiner für sein privates Vergnügen (Schmuck) bekommen. Darauf werden alle verzichten müssen bis es künstlich in Massen herstellbar ist. Es wird schließlich in Elektrogeräten gebraucht, was wiederum allen zu Gute kommt.

Was ist wenn die Produktionskapazitäten nicht ausreichen?
Dann werden die Produktionskapazitäten ausgeweitet. In einer vollautomatisierten Produktion wird 24/7 hergestellt, zudem würde die Prozessgeschwindigkeit auf Grund der Abstinenz von Menschen erhöht werden können. Es wird in Zukunft wichtig sein, dass die Produktionsstätten flexibel sind, dass die Roboter die darin arbeiten nicht nur einen einzigen Handgriff erledigen können. Das ist die eigentliche große Aufgabe die vor uns liegt. Die heutigen Fabriken sind nicht einfach auf ein neues System umstellbar. Das ist ein echtes Problem. Die Technik ist größtenteils schon da, aber die Implentierung im Kapitalismus ist lange nicht abgeschlossen.

In Zukunft wird man z.B. Handys anders Produzieren. Das ist jetzt einfach eine Vorstellung von mir. Es wird sie in 3 Größen geben, sodass die Präferenzen bei der Größe erfüllt werden können. In der jeweiligen Größe steckt soviel von der besten Technik drin wie es geht. Also keine abgespeckten Versionen um die Produzentenrente zu erhöhen. Der Rest ist Hülle und Software. Diese sind beliebig ohne großen (Rohstoff-) Aufwand individualisierbar. Du kannst deine eigene Hülle in der entsprechenden Größe (in einem standardisierten CAD-Programm) designen und den Entwurf in das Internet stellen. Nun kannst du und jeder andere diese Version auswählen. Du hättest natürlich auch die Version eines anderen "Hobby-Designers" nehmen können. Die Software ist ebenfalls anpassbar. Also Menüführung, Design, Funktionen usw.

Voila...dein persönliches perfektes Handy ohne dass besondere Anforderung in der Produktion auftreten würden.

Bei Sofas wäre es nicht unbedingt schwieriger. Entweder du wählst eins was einer aus Spaß designt hat oder du erstellst dir dein eigenes. Das Programm wird dir automatisch die Grenzen des Möglichen bzgl. der Produzierbarkeit aufzeigen. Es ist dann wieder eine Aufgabe der Ingenieure (aus Leidenschaft ;-)) die Möglichkeiten/Flexibilität der Produktion zu erweitern.

Ich hoffe ich bin gut auf dein Problem eingegangen, andernfalls sag mir wo ich versagt habe. :-)


Gruß
FF
FastForward
 
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Re: Venus Projekt

Beitragvon stine » Di 27. Jul 2010, 07:23

Du bist ein kreativer Träumer, Fast Forward, was kein Nachteil sein muss! :wink:

FastForward hat geschrieben:wir reden aneinander vorbei. ;)
Das glaub ich nicht. Ich möchte dich nur darauf hinweisen, dass mit den Menschen, so wie sie heute sind und denken, diese Utopia nicht machbar ist.

FastForward hat geschrieben:Die Automatisierung wird wiederum durch passionierte Ingenieure und Informatiker vorangetrieben. Der Arbeiter und die Maschinen sind somit keine „Feinde“ mehr.

FastForward hat geschrieben:Wir überwinden den Materialismus nicht durch Enthaltsamkeit sonder durch Selbstverständlichkeit (Automation). Die Definition des „Ichs“ durch die Anhäufung von Vermögen verschwindet zwangsläufig.
Die Definition des "ICH" wandert also vom Haben zum Können. Passionierte Ingenieure werden an Wert zunehmen und werden privilegiert, der Personenkult fängt an.

FastForward hat geschrieben:Das Recht auf Eigentum wird zum Recht auf Nutzung.
Nimm das Kinderzimmer: Geschwisterlich angeschafftes Gemeinschaftseigentum wird immer dann zum Streitpunkt, wenn beide das Selbe haben wollen, obwohl das Gleiche nebenan liegt.

FastForward hat geschrieben:Informationen über Ressourcen, Produktion und Umweltbedingungen (etc) werden stets von Sensoren/Computern ermittelt und in die jeweilige Datenbank vor Ort eingespeist.
Wehe es kommt zum Stromausfall! Eine Zukunft die einzig dem Energieverbrauch gezollt ist, kann uU ganz schön den Bach runtergehen. Diese Abhängigkeit ist doch heute schon ziemlich gefährlich.

FastForward hat geschrieben:7.Bildung: Sie wird nicht an der jeweiligen Ideologie oder Religion ausgerichtet sein. Es werden frühzeitig wissenschaftliche Erkenntnisse vermittelt. Da soziale Berufe meiner Ansicht nach an Stellenwert gewinnen werden, kann ich mir vorstellen, dass es die Kapazitäten gibt um jedem Kind eine sehr praktisch vermittelnde Bildung anzubieten. Die Kinder werden einerseits zu Generalisten ausgebildet, andererseits werden sie kaum Grenzen in ihrer freien Orientierung erfahren. Interessiert sich ein Kind z.B. für Forstwirtschaft wird es weniger Zeit am Schreibtisch als in der Natur verbringen.
Es wird eine Generalideologie geben?
Frühzeitig werden die kleinen Gehirne geimpft und genau wie heute bereits in China eine Spezialisierung vorgenommen. Dann scheitert die freie Orientierung am jeweiligen Talent.
Soziale Berufe gewinnen an Stellenwert? Also doch wieder, genau wie bei den Ingenieuren der Aufbau einer hierarchischen Gesellschaft. Nicht das Geld und der Besitz machen den Wert, sondern die Tätigkeit und die Stellung innerhalb der Gesellschaft.

FastForward hat geschrieben:Datenträger: BlueRay, DVD, CD usw wird alles nicht mehr gebraucht wenn einem alle gewünschten Inhalte jederzeit frei im Internet zur Verfügung stehen. Theoretisch werden auch keine USB-Sticks usw mehr gebraucht, da man alles online transferieren kann. Hierbei setze ich natürlich die Abschaffung des Überwachungsstaates (bzw. des Staates allgemein) voraus.
Glaubst du das? Man wird sehr genau hinschauen, was das Volk bei Laune hält und nur das wird verbreitet werden.

FastForward hat geschrieben:c) Welthandel: Durch die regionalisierte Produktion wird der Welthandel und damit der Transportaufwand stark zurückgefahren. Wozu T-Shirts in China und Handys in Taiwan produzieren lassen?
Ja schön, wünschte ich mir heute auch schon. :up: Aber Kulturgüter werden immer um die Welt reisen, sollte aber den Transport in Grenzen halten.

Alles in Allem: Ich finde die Idee sehr verträumt und unrealistisch, weil der Faktor Mensch nicht berücksichtigt wird. Es ist ein Ameisenstaat, der lediglich vorsieht, dass Roboter die Klos putzen. :mg:

LG stine
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Re: Venus Projekt

Beitragvon Nanna » Di 27. Jul 2010, 11:03

Ich mische mich hier auch mal ein, weil ich dieses ganze Konzept für extrem unwissenschaftlich, weil überhaupt nicht zu Ende gedacht halte. Es fußt zum Teil auf Annahmen, die sich in der realen Welt mit ihren physischen Gesetzmäßigkeiten (und eine andere gibt's nunmal nicht) einfach nicht halten lassen. Insbesondere basiert es auf ziemlich schrägen und - Verzeihung! - selbstbelügenden Konzepten von Wissenschaft und Ideologie. Wer seine These so steil und selbstbewusst vorträgt, der muss dann auch damit leben, heftige Kritik einzustecken, also bitte nicht persönlich, aber durchaus zu Herzen nehmen!

FastForward hat geschrieben:Kurz von Jaque Fresco: „Die RBÖ ist ein System in dem alle Waren und Dienstleistungen ohne die Nutzung von Geld, Kredit, Tausch oder jeder anderen Form von Schuld oder Knechtschaft zur Verfügung stehen. Alle Rohstoffe sind das gemeinsame Erbe aller Erdbewohner und nicht nur von wenigen Ausgewählten. Die Voraussetzung auf der das System basiert ist, dass die Erde reichhaltig an Rohstoffen ist; unsere Praktik der Rationierung der Ressourcen durch monetäre Methoden ist irrelevant und kontraproduktiv für unser Überleben.

Schau dir mal die Entwicklung der Computerindustrie an: Nichts hat besser gezeigt, dass ein Angebot seine eigene Nachfrage generieren kann. In jedem Iphone steckt heute mehr Rechenpower als in allen Mondrakenten der 70er Jahre zusammen und völlig zu Recht aus der Sicht dieser Zeit dachte man in der Mitte des 20. Jahrhunderts noch, dass es niemals Bedarf für mehr als ein paar dutzend Computer auf der Welt geben würde. Unter meinem Tisch steht heute ein Gerät, das einem Rechenzentrum der 90er Konkurrenz hätte machen können und trotzdem habe ich Programme (für 3D-Animation), die mindestens die 10fache Leistung vertragen könnten. Moral von der Geschicht? Es gibt nie genug, wir wollen immer mehr. Wir haben heute an Produktivkraft ein Vielfaches eines antiken Römers, obwohl der im Vergleich relativ gesehen auch schon Teil einer Weltspitzenökonomie war und auf die Menschen in 200 Jahren wird nochmal ein Vielfaches dessen entfallen. Als genug wird es wahrscheinlich trotzdem nicht angesehen werden, weil neues Angebot eben auch neuen Bedarf generiert.
Ergo: Sind Ressourcen endlich, MÜSSEN sie rationiert werden. Euer Konzept beruht nicht auf "reichhaltigen" Ressourcen, sondern auf "unendlichen", genauer gesagt "zu jedem Zeitpunkt unendlich verfügbaren".

FastForward hat geschrieben:Die moderne Gesellschaft hat Zugriff auf weit fortgeschrittene Technologie und kann Nahrung, Kleidung, Behausung und medizinische Versorgung für jeden verfügbar machen; sie kann unser Bildungssystem aufwerten und eine nahezu grenzenlose Versorgung mit erneuerbarer, umweltverträglicher Energie entwicklen. Durch eine effizient gestaltete Ökonomie ist es möglich einen sehr hohen Lebensstandard mit allen Annehmlichkeiten einer hoch technologischen Gesellschaft jedem Individuum zu ermöglichen.

Hervorherbung durch mich;

Wie soll eine Ökonomie effizient gestaltet werden, wenn der Markt als Triebkraft der Effizienz schlechthin abgeschafft wird? Durch Technokratie á la Sovjetunion? Wer definiert, was "medizinische Versorgung" ist? Vielleicht habt ihr es noch nicht mitbekommen, aber die industriell im internationalen Vergleich extrem entwickelte BRD hat massive Probleme, ihren Gesundheitssektor zu finanzieren und an andere Stelle muss daher weniger Geld (=Ressourcen) ausgegeben werden. Ressourcen sind nunmal begrenzt, nicht unendlich. Es wäre daher derzeit völlig unmöglich, diesen Standard weltweit einzuführen. Schönheitsoperationen für alle? Oder doch erstmal nur Wundversorgung für alle? Wo kommen genug Ärzte her? Was, wenn die sich weiterhin als sozial Höherstehende begreifen und daher mehr vom Kuchen fordern als andere? Hat sich irgendjemand mal KONKRETE Gedanken gemacht, abseits dieser schwülstigen Schwärmereien?


FastForward hat geschrieben:1.Anwendung der wissenschaftlichen Methode auf die Gesellschaft:
Das bedeutet im konkreten, dass Politik keine Rolle mehr spielt, da sie sich auf ideologischen Anschauungen stützt. Wir treffen also keine Entscheidungen mehr aufgrund einer Meinung, sondern fokussieren den Blick darauf WIE wir zu einer Entscheidung kommen und gehen dabei stehts unbestechlich wissenschaftlich vor.

Das ist der unwissenschaftlichste Quark, den ich je gehört habe. Wer so spricht, versteht nicht, wo der Unterschied zwischen deskriptiv und normativ ist und vermischt folglich auch permanent beide Kategorien. Eine Welt ohne Ideologie, d.h. ohne Konzept davon, wie die Welt sein sollte, ist bis auf die Knochen nihilistisch, sie kennt keine Ziele, keine Ethik, kein Maß, weil sie keine Wertmaßstäbe hat. Normen sind nunmal nicht rein wissenschaftlich erlangbar, sind nicht letztbegründbar, d.h. immer zu einem gewissen Grad subjektiv und vorurteilsbehaftet. Und auch bei der Anwendung der wissenschaftlichen Methode gibt es niemals pure Objektivität, wie das Zitat suggeriert. Diese ganze Idee fußt auf einem völlig überzogenen Anspruch an die Wissenschaft. Wissenschaft als "ideologiefreie Heilslehre", das ist utopistische Ideologie bis ins Mark und ein komplettes Missverständnis dessen, was Wissenschaft ist und was sie leisten kann, noch dazu.

FastForward hat geschrieben:2.Automatisierung: Alle Arbeiten die nicht freiwillig bzw. aus Leidenschaft erledigt werden, sollen so schnell wie möglich automatisiert werden. Die Automatisierung wird wiederum durch passionierte Ingenieure und Informatiker vorangetrieben. Der Arbeiter und die Maschinen sind somit keine „Feinde“ mehr. Die Maschine wird viel mehr als Freiheit empfunden und in alle gewünschten Bereichen willkommen sein. Dies ist einer der wichtigsten Aspekte in der RBÖ. Eine klassenlose Gesellschaft ist unserer Meinung nach nur möglich wenn die Bindung eines Menschen an eine Arbeit bzw. den Lohn vollkommen aufgegeben wird. Dies wiederum können nur Automationstechniken bewerkstelligen.

"Die Maschine ist gut", ist das kein Glaubenssatz, ist das keine Ideologie? Arbeiten sollen nicht aus Leidenschaft erledigt werden, aber die Automatisierung soll von "passionierten" (von lat. "leidenschaftlich") Ingenieuren vorangetrieben werden? Das ist doch ein höchst widersprüchliches Argument.

Sorry, ich kann der Idee der Automatisierung und der daraus entstehenden gleichen Grundanteile am Produktionsausstoß eine Menge abgewinnen, aber das entschuldigt nicht solch fadenscheiniges Argumentieren. Kritikloses Durchwinken irgendwelcher Neuerungen hat die Menschheit noch immer genauso wenig vorangebracht, wie starres Sperren dagegen.

FastForward hat geschrieben:3.Geldloses System: Geld/Kapital ist einer der Grundstoffe der kapitalistischen Produktionsweise. Es verursacht Korruption, Ausbeutung, Kriminalität etc... Durch ein geldloses System transferieren unsere Anreizsystem vom „Haben zum Sein“. Wir überwinden den Materialismus nicht durch Enthaltsamkeit sonder durch Selbstverständlichkeit (Automation). Die Definition des „Ichs“ durch die Anhäufung von Vermögen verschwindet zwangsläufig.
Anders als in heutigen Wirtschaftlichkeitsrechnungen oder auch volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen können nun sowohl ökologische als auch soziale Aspekte berücksichtigt werden.

Wenn Ressourcen endlich sind, muss es ein Zuteilungssystem geben. Da Menschen unterschiedliche Bedürfnisse haben, müssen sie tauschen können. Zum Beispiel könnte jeder ein Käse- und ein Marmeladenbrot am Tag zugeteilt bekommen, weil die automatischen Maschinen jeweils eines davon für jeden Erdenbürger pro Tag herstellen können. Nun mag einer nur Käse, der andere nur Marmelade: Also tauschen beide und haben einen Mehrwert davon. Angewendet auf ein höhergradig komplexes System muss zwangsläufig ein normiertes Tauschmittel (man nennt es gerne kurz "Geld") eingeführt werden, um den Tauschhandel effizient abzuwickeln.
Kurzgedacht ist auch der Glaube, dass Kriminalität sich ausschließlich aus monetären Gründen entwickelt. Das Geld ist euer Feindbild, um das eure Gedanken kreisen. Es gibt aber andere Beweggründe, Geltungsdrang, sexuelle Bedürfnisse, Rache, psychische Erkrankungen, die alle zu kriminellem Verhalten führen. Und selbst Besitz wird nicht außenvor sein, denn es wird immer Leute geben, für deren Selbstwertgefühl, Narzissmus oder Sicherheitsdenken es wichtig ist, mehr als andere zu haben. Menschen einfach über einen Kamm zu scheren und als weiße Blätter zu betrachten, die man beliebig zu besitzlosem Denken erziehen kann, das ist auch schon wieder ein hochgradig unwissenschaftliches, da realitätsfernes, Argument.

FastForward hat geschrieben:4.Nutzung statt Eigentum: Das Recht auf Eigentum wird zum Recht auf Nutzung. Dadurch wird das System konsistent und es lassen sich viele Vorgänge optimieren sowie Ressourcen einsparen.

Dieses Denken steckt irgendwo in der Ökonomie des 19. Jahrhunderts fest. Sowas macht vielleicht Sinn bei Land, nicht aber bei anderen Dingen. Was ist dem, was jemand mit seiner Hände bzw. seines Kopfes Arbeit erschaffen hat, beispielsweise einem revolutionären Werkzeug oder einem geistigen Werk wie einer Sinfonie? Müssen die Leute das dann zwangsweise abgeben? Warum dürfen sie sich ihr Verdienst nicht vergolden lassen, zumal sie vielleicht Opfer gebracht und Arbeit investiert haben?

FastForward hat geschrieben:5.Selbstversorgende regionale Einheiten: Durch die nicht profitbasierte Anwendung von Technologie wird es möglich sein das wichtigste stets vor Ort zu produzieren zum Wohle der Ansässigen.

Ich hab nichts dagegen, aber wozu? Da doch angeblich umweltfreundliche Energie im Überfluss vorhanden ist, fällt der Anreiz zur Effizienz komplett weg. Ein schönes Beispiel, wie man sich selber argumentativ das Knie wegschießen kann, indem man sich aus zwei Welten, der Realität und der Utopie, irgendwelche Szenarien zusammenbastelt, indem man Anfangsbedingungen beider Welten wild durcheinandermixt. Entscheidet euch: Entweder Energie ist begrenzt (Realität), dann macht Effizienz Sinn, oder Energie ist unendlich vorhanden (Utopie), dann ist Effizienz irrelevant (und wenn man die Ingenieurstechnik der Automobile des 20. Jahrhunderts ansieht, sieht man sofort, dass Effizienz den Ingenieuren auch egal ist, wenn sie nicht eine notwendige Zielvorgabe ist).

FastForward hat geschrieben:6.Weltumspannendes Netzwerk: Informationen über Ressourcen, Produktion und Umweltbedingungen (etc) werden stets von Sensoren/Computern ermittelt und in die jeweilige Datenbank vor Ort eingespeist. Die regionale Datenbanken funktionieren in einem weltweiten Netzwerk mit allen anderen Datenbanken, wodurch die meisten Prozesse in Sekundenschnelle verarbeitet und Entscheidungen berechnet werden können. Dies betrifft vor allem die Logistik und Distribution. Das Nachfrage/Angebot-Prinzip wird also in seiner reinen und realen Form weiter betrieben.

Ja, das ist jetzt mal fast was rundum sinnvolles, nur ist das keine neue Idee. Ich behaupte sogar, dass der Kapitalismus das effizienter regeln kann, weil er ein universales Zuteilungskriterium (Geld) hat.
Beispiel: Ein Mann in Nigeria und ein Mann in Kanada fordern beide 50 Einheiten eines seltenen Rohstoffes an, in beiden Fällen geht es um die Herstellung eines ausgefallenen Objekts. Das Venus-System hat kein Mittel der Zuweisung von Relevanz und auch kein Hierarchiesystem, da ja alle gleich sind.
- Geld entfällt, weil es aus ideologischen Gründen (ja, allerdings!) abgelehnt wird. Der Nigerianer kann also nicht ein Jahr lang seine Marmeladenbrote beiseite legen und nur Käsebrote essen, um dann 356 tiefgefrorene Marmeladenbrote gegen die 50 seltenen Rohstoffeinheiten zu tauschen, obwohl das System das durchaus zuließe - tja, blöd gelaufen dank ideologischer Vorgaben, die es nach offizieller Lesart aber gar nicht gibt (klingt, als bräuchte man eine verdammt fitte Propagandaabteilung, um den Leuten sowas zu verkaufen).
- Soziale Gründe (der Nigerianer ist hochangesehen, der Amerikaner eher asozial) entfallen, da ja alle die gleichen Nutzungsrechte haben - aus ideologischen Gründen übrigens.
- Bleiben normative Gründe. Beispielsweise könnte der Amerikaner für den Gesundheitssektor arbeiten und der Nigerianer für den Konsum. Dummerweise beinhalten normative Entscheidungen a) Ideologie, b) resultiert aus ihnen eine ungleiche Behandlung (was in der herrschenden und offiziell nicht existenten Ideologie a priori als böse gilt) und c) gibt es gar keinen Modus, darüber zu entscheiden, denn wissenschaftlich kann man die Frage wegen der in a) genannten Ideologie nicht beantworten und Meinungen sind ja schon wieder gegen die herrschende Ideologie.

Was lernen wir? Es gibt keine Entscheidungen ohne Zielsetzungen und keine Zielsetzungen ohne grundlegende Weltsicht (=Ideologie). Ein Angebot-Nachfrage-System, das bei mehr Nachfrage als Angebot und unteilbaren Mengen (beispielsweise machen das nigerianische und das amerikanische Projekt NUR dann Sinn, wenn eines davon die kompletten verfügbaren 50 Einheiten erhält, erhalten beide 25 kann keines verwirktlicht werden) zusammenbricht, ist kein Fortschritt.

FastForward hat geschrieben:7.Bildung: Sie wird nicht an der jeweiligen Ideologie oder Religion ausgerichtet sein. Es werden frühzeitig wissenschaftliche Erkenntnisse vermittelt. Da soziale Berufe meiner Ansicht nach an Stellenwert gewinnen werden, kann ich mir vorstellen, dass es die Kapazitäten gibt um jedem Kind eine sehr praktisch vermittelnde Bildung anzubieten. Die Kinder werden einerseits zu Generalisten ausgebildet, andererseits werden sie kaum Grenzen in ihrer freien Orientierung erfahren. Interessiert sich ein Kind z.B. für Forstwirtschaft wird es weniger Zeit am Schreibtisch als in der Natur verbringen.

Meine Güte...
Es gibt mehr Inhalte, als vermittelt werden können. ERGO müssen Inhalte gekürzt werden. ERGO muss darüber irgendjemand entscheiden. ERGO muss dieser jemand verschiedenen Inhalten Relevanzen zuweisen. ERGO muss anhand einer Meinung, d.h. einer auf einer bestimmten Weltsicht (=Ideologie) entwickelten Idee, die Inhaltsauswahl erfolgen.
Und nochmal zum Mitmeißeln, ihr HABT bereits eine starke Ideologie, nämlich die, ich nenne sie mal, Venus-Ideologie. Den Unterricht wissenschaftlich auszurichten ist genauso ideologisch, wie ihn an Religion auszurichten. Sie beruht auf einer normativ, also letztlich axiomatisch begründeten, Idee darüber, was "richtig", was "gut" ist.
Und nochwas, Kinder, die keine Grenzen in ihrer Orientierung erfahren, werden hilflos und asozial, weil sie eben auch Orientierung brauchen, an der sie sich ausrichten können. Sobald Kindererziehung einem bestimmten Konzept folgt, und das MUSS sie, ist eine Weltsicht und Ideologie im Spiel.
Ach ja, übrigens... warum sollte jemand soziale Berufe ergreifen, wenn er sich den ganzen Tag mit nervigen Kindern umgeben muss, dafür nicht mehr vom Kuchen kriegt als andere und außerdem in derselben Zeit gemütlich am Strand liegen könnte? Weiter oben stand noch, dass das Selbstverständnis nicht mehr über Arbeit erreicht werden soll, jetzt auf einmal gibt es doch jede Menge Berufe, die man dringend in Massen braucht, Ingenieure und Erzieher beispielsweise.

FastForward hat geschrieben:8.Effiziente Nutzung der Ressourcen: Es gilt erstens das Konzept von Müll über Bord zu werfen. Die Produktion muss sowohl auf Langlebigkeit und Individualität ausgerichtet sein, als auch auf Wiederverwendbarkeit der Ressourcen. Ein Handy wird z.B. stets derartig konzipiert sein, sodass einzelne Komponenten leicht austauschbar sind.
Einerseits werden viel mehr Menschen mit „Wohlstand“ zu versorgen sein, andererseits haben wir durch das Prinzip „Nutzung statt Eigentum“ ein immenses Optimierungspotential.

Gut und richtig, nur eben auch keineswegs eine neue Idee. Mithilfe des monetären Systems (Steuern auf Ressourcen, Strafen für Müllproduktion) ließe sich das genauso oder sogar effizienter in den Griff kriegen (Geld ist ein extrem starker Motivator).

FastForward hat geschrieben:a) PKW: blabla

Selbiges hier: Das Konzept ist nicht neu und wird in der Industrie auch langsam übernommen. Kein Bedarf, die komplette Wirtschaft dafür umzubauen.

FastForward hat geschrieben:Hierbei setze ich natürlich die Abschaffung des Überwachungsstaates (bzw. des Staates allgemein) voraus.

Ja, natürlich [Sarkasmus].
Die Abschaffung des Geldes wird ja selbstverständlich auch das Ende von Ehestreits, Vergewaltigungen, Fahrlässigkeit und politischen Extremisten mit Bombengürteln bedeuten. Vandalismus wird nicht mehr vorkommen (sieht man sehr schön im schon jetzt im weitesten Sinne gesellschaftlichen Gemeingut Bahn), genausowenig wie alle anderen sozial oder kulturell verursachten Streitigkeiten, denn wir werden in einer wunderschönen bonbonbunten gewaltfreien Konsumwelt leben, die uns das Arbeiten abnimmt, das Denken und das Bilden einer eigenen Meinung, den Streit und natürlich auch das Risiko. Mein Iphone wird mir sagen, wie ich mich ethisch richtig verhalte und meiner eigenen Mutation in einen effizienzgeilen und zu sonstigen Gefühlen nicht mehr fähigen Roboter steht dann eigentlich nichts mehr im Wege. Das alles wird automatisch passieren, nur, weil ein paar Technokraten endlich genug Konsumkrempel für alle herstellen. Die Komplexität des menschlichen Lebens und die Frage nach einem guten Leben war schon immer eine Illusion, die dank des Venusprojektes letztgültig beantwortet ist.

Das Beruhigende ist, dass außer ein paar Träumern beim Venusprojekt niemand in einer solchen konsumtotalitaristischen Welt mit ideologisch gleichgeschalteten, maschinenverehrenden Menschen leben will und dass die ganze Idee derart hanebüchen und naiv ist, dass die Verwirklichung ähnlich kollossal scheitern würde, wie der "real existierende Sozialismus". Übrigens geht China derzeit genau diesen Weg, nämlich den Aufbau einer "harmonischen Gesellschaft", die durch Konsumismus und Technokratie zusammengehalten wird. Soweit ich gehört habe, läuft dort nicht alles so optimal...
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Re: Venus Projekt

Beitragvon stine » Di 27. Jul 2010, 11:46

Das Inselprojekt in Griechenland ist ein schönes Beispiel für alternatives Schaffen miteinander.
Venus Projekt Trauminsel .

LG stine
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Re: Venus Projekt

Beitragvon Nanna » Di 27. Jul 2010, 13:39

Einer fasst das in dem Film sehr schön zusammen: "Wenn man ein Paradies erwartet, kriegt man ziemlich sicher die Hölle."

Die Effizienz als Gott, Jaques Fresco als Prophet, die Ingenieure als Priester und unbegrenzter Wohlstand als erreichbares Paradies für alle Menschen, die nur endlich der reinen Lehre folgen müssen... nein danke, wir hatten genug politische Religionen nach diesem Muster.

Wenn ich es mir recht überlege, dann hat das Venusprojekt ein ziemliches Toleranzproblem. Unterschiedliche Meinungen sind ja offensichtlich sehr verpönt. Das Leben wird als technisches Problem gesehen, das es mit technischen Mitteln zu lösen gilt. Wer das nicht glaubt, der muss ein kapitalistischer Ausbeuter sein. Das steckt schon ziemliches Schwarz-Weiß-Denken dahinter und vor allem wird sehr von sich auf andere geschlossen. Warum sollte dem Rest der Menschheit das Leben in dieser Konsumhölle gefallen, nur weil ein paar Venusprojektler sich gegenseitig in der Idee bestärken, mit Technisierung am Limit die Menschheit von tatsächlichen wie eingebildeten Übeln befreien zu können?

Und, um das nochmal klarer zu machen, weil das vorher vielleicht etwas untergegangen ist: Ich habe nichts gegen Ideen von Effizienz und Nachhaltigkeit, ganz im Gegenteil. Ich störe mich nur massiv an der Erlöserhaltung und den religiösen Reinigungsfantasien, die da mitschwingen. Meiner Meinung nach sind hier auch zwei völlig unabhängige Ideen im Raum. Das eine ist die ressourcenbasierte Ökonomie und das Ablehnen der Geldwirtschaft, das andere der Effizienz- und Automatisierungsgedanke. Ersteres halte ich für träumerischen Unsinn, zweiteres ist durchaus sinnvoll, wenn man weiß, welches Ziel man mit diesem Mittel erreichen will. Das Problem des ganzen Venusprojektes ist, dass es nur Mittel kennt, keine Ziele.
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Re: Venus Projekt

Beitragvon Nanna » Di 27. Jul 2010, 14:36

FastForward hat geschrieben:Ich verstehe dein Argument. Du hast Recht wenn du sagst, es wird eine Art Bewertung benötigt. Diese basiert allerdings alleine auf den zur Verfügung stehenden Rohstoffen. Die Bewertung ist also immer nach dem entsprechenden Rohstoff benannt. 1 Einheit Eisen, 1 Einheit Wasser usw. Diese lassen sich dann, in Verbindung mit der Nachfrage, in ein Verhältnis zueinander setzen, woraus dann 1 "Ressunit" (oder was weiss ich wie des dann heisst^^) wird.

Aus einer Einheit Eisen kann ich (vereinfacht gesagt) einen Kernspintomographen und einen Panzer bauen. Wer bestimmt, wofür etwas eingesetzt wird? Wer bewertet Risiken, Kosten-Nutzen-Verhältnisse, bestimmt, welche Investitionen sinnvoll sind? Bekommen medizinische Produkte bevorzugt Ressourcen zugeteilt, oder doch die Nahrungsmittelindustrie?
Es ist nicht alles danach entscheidbar, in welcher Menge Ressourcen vorkommen, es ist mindestens ebenso wichtig, darüber zu entscheiden, wofür sie hergenommen werden. Und das kann man nicht wegbagatellisieren, sowas wird sich sicher nicht einfach so finden.

FastForward hat geschrieben:Ich würde nicht von "Geld" sprechen, da es lediglich eine Rolle für Organisation und Verwaltung spielt. Der Begriff "Geld" ist mit der heutigen und historischen Funktionsweise belegt. Der Mensch als "Konsument" hat dann damit garnichts mehr zu tun, ausser dass er seine Bedürfnisse in Form der Nachfrage "meldet". Allerdings glaub ich nicht, dass es Umfragen geben wird. Du gehst z.B. in den "Laden" nimmst dir was du brauchst. Das wird dann registriert, als Nachfrage gespeichert und fließt in Echtzeit in die Kalkulationen ein.

Du übersiehst hier aber die psychologische Funktion von Eigentum. Es dient als Reviermarkierung und zur äußeren Darstellung von sozialer Abgrenzung. Sicher, es werden sich andere Vehikel dafür finden, wie z.B. Kleidungsstil, Sprache, Orte, an denen man sich trifft usw. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass die Menschen auf Dauer damit zufrieden sein werden, nur irgendwelche Sachen im Laden mitzunehmen. Ok, vielleicht verlagert sich der Wettbewerb dann in virtuelle Welten, aber damit stellt sich das Grundproblem von neuem: Es wird Privilegierte geben und Nichtprivilegierte, Währungssysteme werden sich in Cyberwelten etablieren, einfach weil Menschen gerne im Wettbewerb gegeneinander antreten und weil es glücklich macht, mehr als andere zu haben, weil es Machtgelüste befriedigt.
Ich frage mich sogar, wofür Menschen überhaupt noch in Bildung investieren werden, wenn sie mit einem Beruf nichts erreichen können.

FastForward hat geschrieben:Du hast also nichts in der Tasche mit dem du etwas kaufen kannst.

Das kann ich mir kaum vorstellen. Es werden sich Alternativen entwickeln, Schwarzmärkte, eben beispielsweise für künstlich limitierte Gegenstände und Avatare aus virtuellen Welten oder andere Dinge, mit denen man sich gegeneinander abgrenzen kann. Limitierte Waren wird es immer geben, einfach, weil es etwas besonderes ist, etwas zu haben, was andere nicht haben.

FastForward hat geschrieben:Brauchen wir wirklich unbegrenzte Ressourcen?
Wie ich meinen Post zuvor erläutert habe, können wir durch "Nutzung statt Eigentum" sehr viele Ressourcen einsparen. Zudem sind heute viele Produkte nicht sonderlich langlebig. Entweder ist die Qualität mangelhaft (Produktionskosten) oder das billige Produkt ist schon lange nicht mehr auf den neusten Stand was bei einem Standardwechsel (DVD -> Blueray) zu einem Pflichtkauf von einem neuen Produkt führt. Der zyklische Konsum ist schließlich eine Notwendigkeit in einem zu Wachstum verdammten System.

Glaubst du im Ernst, dass in einer strikt konsumorientierten Welt wie deiner Utopie keine technischen Neuerungen wie z.B. Bluray mehr vorkommen werden? Ich dachte, IHR huldigt dem technischen Fortschritt an vorderster Front? Dann werdet ihr auch mit kurzen Produktionszyklen leben müssen, denn das alte Zeug wird keiner mehr haben wollen, wenn es etwas neueres und tolleres gibt.

FastForward hat geschrieben:Es ist keine Frage, das Bewusstsein wird sich in manchen/einigen Punkten ändern müssen. Aber das wird ein verschwindend geringer Preis für das sein was man als Ergebnis bekommt. (wage ich jetzt einfach mal zu sagen ;-) )

Das ist einer dieser gefährlichen, vor Ideologie nur so triefenden Sätze. Denn er sagt in netten Worten nicht weniger als "Ihr werdet halt alle etwas mehr wie wir denken müssen." Anders gesagt, es geht um eure geistige Herrschaft. Menschen haben Interessen und sie sind egoistisch, egal, ob sie nun Geld scheffeln wollen oder das Venusprojekt vertreten. Jeder hat eine persönliche Agenda, von der er sich etwas verspricht und deshalb halte ich den Grundansatz des Projektes für so verlogen, ohne jetzt unbedingt eine Absicht dahinter zu vermuten, wahrscheinlich ist es euch selber nicht mal bewusst. Eure guten Intentionen in Ehren, aber euer System wäre nicht das Paradies, das ihr euch versprecht und der Preis nicht so klein, der zu zahlen wäre. Und letztlich geht es auch um ein individuelles Interesse, das ihr für euch vertretet und ich bin sehr skeptisch, wenn ich das Gefühl bekomme, dass sowas hinter lauter guten Absichten und Altruismus versteckt wird.

FastForward hat geschrieben:Aber zweifelst du wirklich daran dass wir genug Rohstoffe haben wenn wir nicht verschwenderisch damit umgehen?

Wenn man in den Laden gehen und sich nehmen kann, was man braucht, dann ist das der Aufruf zur Verschwendung pur. Es hat keine Konsequenzen, wenn man sein Handy im Suff irgendwo liegenlässt oder wenn man noch drei Computer haben will. Entweder du erhöst die Kosten bzw. führst überhaupt mal welche ein, oder du hast eben unendliche Ressourcen und kannst dir das wegschmeißen leisten.

FastForward hat geschrieben:Wenn wir es darauf anlegen, dann holen wir uns die Rohstoffe im Überfluss aus dem ganzen Sonnensystem. Dazu wären wir in 50 Jahren sicher in der Lage. (Man bedenke dass wir vor 150 Jahren noch nichtmal fliegen konnten und vor knapp über 40 Jahren bereits zum Mond geflogen sind)

Ist nicht dein Ernst, oder? Wie soll die Atmosphäre das bitte mitmachen? Du sprichst von Ökologie und Nachhaltigkeit, aber Ressourcen aus dem Sonnensystem herankarren, das passt nun echt nicht dazu.

FastForward hat geschrieben:Knappe Rohstoffe wie z.B. Gold wird keiner für sein privates Vergnügen (Schmuck) bekommen. Darauf werden alle verzichten müssen bis es künstlich in Massen herstellbar ist. Es wird schließlich in Elektrogeräten gebraucht, was wiederum allen zu Gute kommt.

Werden dann Leuten von der nichtexistenten Polizei der nichtexistenten Staatlichkeit gejagt, weil sie Gold besitzen? Es wird sich in kürzester Zeit ein Schwarzmarkt für genau solche Unikate herausbilden. Dasselbe wird für Kusntwerke gelten, vielleicht werden sie dann die neue Währung, mit der bestimmte Personenkreise sich von anderen abgrenzen können.

FastForward hat geschrieben:Was ist wenn die Produktionskapazitäten nicht ausreichen?
[...] zudem würde die Prozessgeschwindigkeit auf Grund der Abstinenz von Menschen erhöht werden können.

Warum Abstinenz? Warum sollen die Menschen plötzlich abstinent werden? Wenn 24/7 Zeug wie blöd produziert wird, dann wird das Konsumieren und Wegschmeißen erst so richtig losgehen. Vielleicht solltet ihr euch lieber mal Sorgen über eien effiziente Müllabfuhr machen.

Zum Thema individualisierte Produktion:
Das ist eine sehr schöne Idee, nur ist auch sie, wie all die anderen schönen Effizienzideen, nicht neu und hat auch nichts mit der RBÖ zu tun. Warum sollten die Leute nicht für die Ressourcenkosten aufkommen müssen? Was mir ganz stark fehlt, das ist eine Möglichkeit, den individuellen Konsum zu begrenzen. Ihr seid so auf Ressourcen fixiert, dass ihr vergesst, dass es auch Dienstleistungen gibt oder Dinge wie Tourismus, der eben nur eine begrenzte Anzahl an Personen an einem Ort verträgt. Und warum sollte Goldschmuck verboten werden?

Ein Vorschlag zur Versöhnung:
Warum nicht eine bestimmte Menge Grundgeld für jede Person monatlich ausgeben, die dann für Produkte aus der vollautomatischen Produktion verwendet werden kann? Auf diese Weise lässt sich die Menge der verbrauchten Ressourcen und damit auch die entstehenden Umweltschäden begrenzen und man kann die limitierten Güter (Hotelzimmer in Kaptstadt, Goldschmuck, Edelsteine, limitierte Designerprodukte, usw.) fair verteilen. Außerdem werdet ihr das Problem los, dass gewisse Aufgaben, z.B. der nicht nur angenehme Erzieherjob, mit einem Zusatzlohn entlohnt werden kann, so dass sich Leute dafür finden und deren Opfer auch angemessen entschädigt und ihr besonderer Dienst an der Gemeinschaft gewürdigt wird.
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Re: Venus Projekt

Beitragvon Bionic » Di 27. Jul 2010, 23:29

@Nanna: Also ist bei dieser Vision alles zu einfach gedacht?
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Re: Venus Projekt

Beitragvon Nanna » Mi 28. Jul 2010, 10:50

So kann man es auf den Punkt gebracht sagen, ja.

Wie gesagt, es geht hier um zwei Themen: Das eine ist der Effizienz- und Automatisierungsgedanke, gegen den überhaupt nichts einzuwenden ist. Nur wird er, so wie ich das sehe, von den Venus-Anhängern auch heillos überschätzt. Die Energieeffizienz von Maschinen steigt in den Industrieländern seit Jahren äußerst konsequent, der Energieverbrauch aber auch, weil wir einfach immer mehr davon haben. Man stelle sich vor, jeder Mensch dieser Welt könne in den Laden gehen und sich mit Haushaltsgeräten vom Mixer bis zur Waschmaschine eindecken. Woher soll diese Energie kommen und woher die Rohstoffe für diese Blecharmadas? Metalle sind rar auf dem Weltmarkt (ergo lohnt sich der Abbau, ergo ist der Kapitalismus nicht das Hemmnis!), viele werden unter ökologisch fragwürdigen Bedingungen abgebaut. Wir haben nicht mehr und die ISS wird sicher nicht tonnenweise Eisen vom Mars herankarren, soviel ist sicher. Wenn man sich mit den nervigen Details nicht abgibt und sich nur auf die paar guten Ideen konzentriert, dann entsteht natürlich der Eindruck, dass im Grunde alles ganz einfach zu lösen wäre - vor allem wenn man daran glauben will.

Das andere Thema ist die RBÖ. Damit kann ich gar nichts anfangen. Die Idee, aus den Ressourcen das beste zu machen und es an alle gleichmäßig zu verteilen ist zwar nett, geht aber von homogenen Menschen mit Einheitsbedürfnissen und der für die nächsten 50 - 100 Jahre unrealistischen Annahme einer vollautomatisierten Wirtschaft aus. Tatsache ist, dass bei Zukunftsszenarien, die derart weit in der Zukunft liegen und die soziale Veränderungen nach sich ziehen würden, die wir kein bisschen vorhersehen können (so, wie keiner noch vor 15 Jahren sozialen Phänomene der internetbasierten Vernetzung wie Google, Youtube, Facebook und Twitter voraussah, zumindest nicht sonderlich präzise), so viele Unsicherheitsfaktoren im Spiel sind, dass es völlig müßig ist, zu prophezeien, was dadurch alles besser würde. Karl Marx war beispielsweise auch ein guter Wirtschaftsanalyst, aber er hätte an dem Punkt aufhören sollen, als er wilde Spekulationen über die politischen Systeme der Zukunft losgelassen hat, denn damit lag er nachweislich kolossal daneben. Ich habe gar nichts dagegen, dass man spekuliert, wie es sein könnte, das tu ich auch gerne, aber man sollte nicht heute politische Forderungen erheben, die auf Zustände abzielen, wie sie irgendwann nach 2050 oder 2100 erreicht sein könnten. Eine Umstellung auf RBÖ macht zum gegenwärtigen Zeitpunkt jedenfalls keinen Sinn, wenn sie denn überhaupt irgendwann mal Sinn macht. In der von Fresco geschilderten und reichlich einfachen Form wird das sicherlich nicht passieren, zumal das ganze Konzept eklatante Mängel aufweist, insbesondere da, wo es die Wissenschaft als deus ex machina hervorzaubert, der alle Probleme lösen soll, vor allem endlich mal die blöde, undurchschaubare Politik abschaffen soll (Ingenieure haben oft eine Aversion gegen Politik, weil sie aufgrund ihrer beruflichen Prägung gerne glauben, es gäbe für alles eine beste Lösung und diesen Glauben dann unterhinterfragt auf sämtliche Bereiche des Lebens übertragen; das ist nicht das erste Mal, dass mir sowas auffällt).
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Re: Venus Projekt

Beitragvon Mark » Mi 28. Jul 2010, 13:25

oder anders : erst wenn wir die technischen Möglichkeiten aus den Startrek-Filmen wirklich haben, können wir auch eine solche Gesellschaft wie in eben solchen verwirklichen ;-)
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Re: Venus Projekt

Beitragvon FastForward » Do 29. Jul 2010, 13:37

Alter Schwede ihr schreibt zuviel :D

stine hat geschrieben:Du bist ein kreativer Träumer, Fast Forward, was kein Nachteil sein muss! :wink:

FastForward hat geschrieben:wir reden aneinander vorbei. ;)
Das glaub ich nicht. Ich möchte dich nur darauf hinweisen, dass mit den Menschen, so wie sie heute sind und denken, diese Utopia nicht machbar ist.


Du redest von den Menschen die von den Anreizen des heutigen System beeinflusst werden. Im Endeffekt ist es die Frage nach der menschlichen Natur.

"Konrad Lorenz vs. Erich Fromm"

Ich bin der festen Überzeugung, dass das Verhalten des Menschen, als das anpassungsfähigstes Wesen auf diesem Planeten, von seiner Umwelt abhängt. Der Mensch wird solange egoistisch und asozial sein , solange er in einem System lebt dass auf Existenzkampf zwischen einzelnen Menschen und ganzen Volkswirtschaften basiert.

stine hat geschrieben:
FastForward hat geschrieben:Die Automatisierung wird wiederum durch passionierte Ingenieure und Informatiker vorangetrieben. Der Arbeiter und die Maschinen sind somit keine „Feinde“ mehr.

FastForward hat geschrieben:Wir überwinden den Materialismus nicht durch Enthaltsamkeit sonder durch Selbstverständlichkeit (Automation). Die Definition des „Ichs“ durch die Anhäufung von Vermögen verschwindet zwangsläufig.
Die Definition des "ICH" wandert also vom Haben zum Können. Passionierte Ingenieure werden an Wert zunehmen und werden privilegiert, der Personenkult fängt an.


Den Personenkult interpretierst du rein. "Sein" ist nicht gleich "können". Wie soll der Ingenieur in einer RBE priveligiert werden?

Davon abgesehen gibt es heute genauso Berufe die höher anerkannt sind. Das kann in der Zukunft genauso sein. Ich sehe da kein zum scheitern führendes Problem drin.

stine hat geschrieben:
FastForward hat geschrieben:Das Recht auf Eigentum wird zum Recht auf Nutzung.
Nimm das Kinderzimmer: Geschwisterlich angeschafftes Gemeinschaftseigentum wird immer dann zum Streitpunkt, wenn beide das Selbe haben wollen, obwohl das Gleiche nebenan liegt.


Das selbe gibt es bei Eigentum. Ich behaupte nicht, dass ich sich in Zukunft kein Kind (oder Erwachsener) mehr streiten wird. Das Recht auf Nutzung macht aber deutlich, dass Güter geteilt werden können. Das ist simples Rechnen.

Heute haben 100 Hobby-Gitarrenspieler (spielen 1-10 mal im Jahr) 100 Gitarren.
Morgen reichen 20 dafür aus weil man sie einfach nur ausleiht wenn man sie braucht.
Diese Art des Konsums hat man sich schnell angewöhnt.

Ein passionierter Gitarrenspieler, der jede Woche mehrmals spielt wird eine Gitarre einfach behalten, als wäre es sein Eigetum. Er muss lediglich angeben, dass er sie lange nicht zurückgeben wird. Wäre auch kein Problem.

Mit einer funktionierenden Logistik gibt es keinen Streit.

stine hat geschrieben:
FastForward hat geschrieben:Informationen über Ressourcen, Produktion und Umweltbedingungen (etc) werden stets von Sensoren/Computern ermittelt und in die jeweilige Datenbank vor Ort eingespeist.
Wehe es kommt zum Stromausfall! Eine Zukunft die einzig dem Energieverbrauch gezollt ist, kann uU ganz schön den Bach runtergehen. Diese Abhängigkeit ist doch heute schon ziemlich gefährlich.


Aufgrund zentralistischer Energieversorgung. Dieses Problem wird sicher nicht unberücksichtigt bleiben.
In Zukunft sollte/wird man deswegen auf vernetzte Energieversorgung setzen. Damit können nur einzelne Einheiten temporär vom Strom abgeschnitten werden.

stine hat geschrieben:
FastForward hat geschrieben:7.Bildung: Sie wird nicht an der jeweiligen Ideologie oder Religion ausgerichtet sein. Es werden frühzeitig wissenschaftliche Erkenntnisse vermittelt. Da soziale Berufe meiner Ansicht nach an Stellenwert gewinnen werden, kann ich mir vorstellen, dass es die Kapazitäten gibt um jedem Kind eine sehr praktisch vermittelnde Bildung anzubieten. Die Kinder werden einerseits zu Generalisten ausgebildet, andererseits werden sie kaum Grenzen in ihrer freien Orientierung erfahren. Interessiert sich ein Kind z.B. für Forstwirtschaft wird es weniger Zeit am Schreibtisch als in der Natur verbringen.
Es wird eine Generalideologie geben?
Frühzeitig werden die kleinen Gehirne geimpft und genau wie heute bereits in China eine Spezialisierung vorgenommen. Dann scheitert die freie Orientierung am jeweiligen Talent.
Soziale Berufe gewinnen an Stellenwert? Also doch wieder, genau wie bei den Ingenieuren der Aufbau einer hierarchischen Gesellschaft. Nicht das Geld und der Besitz machen den Wert, sondern die Tätigkeit und die Stellung innerhalb der Gesellschaft.


Du machst aus dem Wort "Generalisten" einfach mal "Spezialisten".

Eine generalistische Ausbildung ist Grundlage einer freien Orientierung. Wie sollst du dich orientieren wenn du deine Umwelt nicht kennst? Wenn du richtig gelesen hast geht es darum dem Kind seine Interessen neben und nach der generalistischen Ausbildung zu unterstützen.

Wenn ich sage soziale Berufe erhalten einen höheren Stellenwert dann bedeutet das, dass mehr Menschen soziale Berufe ausüben werden wollen. Was hat das Ansehen einer Tätigkeit mit Hierarchie zu tun? Das Ansehen von der Gesellschaft und der Beitrag durch die Tätigkeit für die Gesellschaft ist letztendlich der Anreiz und die Belohnung der Zukunft. Abgesehen vom persönlichen Wohlbefinden etwas zu tun was einem Freude bereitet ohne auf finanzielle Aspekte achten zu müssen.

stine hat geschrieben:
FastForward hat geschrieben:Datenträger: BlueRay, DVD, CD usw wird alles nicht mehr gebraucht wenn einem alle gewünschten Inhalte jederzeit frei im Internet zur Verfügung stehen. Theoretisch werden auch keine USB-Sticks usw mehr gebraucht, da man alles online transferieren kann. Hierbei setze ich natürlich die Abschaffung des Überwachungsstaates (bzw. des Staates allgemein) voraus.
Glaubst du das? Man wird sehr genau hinschauen, was das Volk bei Laune hält und nur das wird verbreitet werden.


Und wer entscheidet das wenn es keine Oberschicht oder Politiker mehr gibt?

Im Netz wird das verbreitet was die Menschen machen. In dieser Open-Source-Wirtschaft trägt jeder der möchte zu den Inhalten bei, ähnlich wie es heute schon im Internet ist.

stine hat geschrieben:
FastForward hat geschrieben:c) Welthandel: Durch die regionalisierte Produktion wird der Welthandel und damit der Transportaufwand stark zurückgefahren. Wozu T-Shirts in China und Handys in Taiwan produzieren lassen?
Ja schön, wünschte ich mir heute auch schon. :up: Aber Kulturgüter werden immer um die Welt reisen, sollte aber den Transport in Grenzen halten.

Alles in Allem: Ich finde die Idee sehr verträumt und unrealistisch, weil der Faktor Mensch nicht berücksichtigt wird. Es ist ein Ameisenstaat, der lediglich vorsieht, dass Roboter die Klos putzen. :mg:

LG stine


Der Faktor Mensch wird immer herangezogen wenn es darum geht eine klassenloses System vorzuschlagen. Das nicht bewiesene Totschlagargument derer die entweder tatsächlich davon überzeugt sind, die vom Klassensystem profitieren oder der indoktrinierten Masse.

Bezüglich des "DDR-Sozialismus" wird ständig davon geredet, dass er bewiesen habe der Sozialismus stehe im Widerspruch zur menschlichen Natur. Dass es sich
maximal um eine Abart des Sozialismus handelte, das Wirtschaftssystem hoch ineffizient und die Politik diktatorisch war, entspricht als Argument für das Scheitern eher den Tatsachen.


Gruß
FF
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Re: Venus Projekt

Beitragvon FastForward » Do 29. Jul 2010, 15:53

Nanna hat geschrieben:Schau dir mal die Entwicklung der Computerindustrie an: Nichts hat besser gezeigt, dass ein Angebot seine eigene Nachfrage generieren kann. In jedem Iphone steckt heute mehr Rechenpower als in allen Mondrakenten der 70er Jahre zusammen und völlig zu Recht aus der Sicht dieser Zeit dachte man in der Mitte des 20. Jahrhunderts noch, dass es niemals Bedarf für mehr als ein paar dutzend Computer auf der Welt geben würde. Unter meinem Tisch steht heute ein Gerät, das einem Rechenzentrum der 90er Konkurrenz hätte machen können und trotzdem habe ich Programme (für 3D-Animation), die mindestens die 10fache Leistung vertragen könnten. ...
Ergo: Sind Ressourcen endlich, MÜSSEN sie rationiert werden. Euer Konzept beruht nicht auf "reichhaltigen" Ressourcen, sondern auf "unendlichen", genauer gesagt "zu jedem Zeitpunkt unendlich verfügbaren".


Es gibt Rationierung , wer hat was anderes behauptet? Etwas wird solange nicht produziert bis es in die Ressourcenbilanz passt. Jedes Produkt muss mit Sicherheit gewissen Standards genügen die rechnerisch vorgegeben sind. Wenn du das Konzept gelesen hast, dann hättest auf jeden Fall mitbekommen müssen, das es nach dem Tragfähigkeitsprinzip aufgebaut ist. Nein ich meine keinen Massenmord weil es zuviele Menschen auf dem Planeten gibt.^^

Die kapitalistische Marktwirtschaft rationiert, schön und gut, aber ein ethische Grundverständnis muss man ihr wohl erst beibringen.

Zudem verschwendet der zkylische Konsum Ressourcen. Nicht weil es Innovationen gibt, sondern weil bewusst herausgezögerte Verbesserungen zu Folgenachfrage führt die häufig vermeidbar wäre. Simples Beispiel: Siehe Ipad ohne USB-Anschluss (wtf?). Dieser wird sicher nachgereicht um die Verkauf nochmal anzukurbeln.

Es ist kein Problem dass wir immer mehr wollen. Das ist es was uns auch in einer klassenlosen Gesellschaft vorantreiben wird. Nicht Geld und Macht, sondern Neugier.

Nanna hat geschrieben:Wie soll eine Ökonomie effizient gestaltet werden, wenn der Markt als Triebkraft der Effizienz schlechthin abgeschafft wird?


Der Markt als Triebkraft der Effizienz schlechthin?
Der Markt ist ein archaisches Instrument aus der Zeit wo es noch keine Computer gab. Der Markt ist nicht anderes als ein unvollkommener und langsamer Informationsaustausch. Und jetzt sag mir bitte nicht der Rohstoffmarkt an den Börsen würde in Echtzeit einen realistischen Preis generieren.
Die kapitalistische Marktwirtschaft hat uns dahin gebracht wo wir heute sind. Wenn man die genauen Hintergründe betrachtet wird man aber feststellen dass nicht sie es war die die Innovationen brachte. Nur weil der Kapitalist das Kapital kontrolliert macht er noch lange nicht die Innovationen. Die technischen Innovationen kommen immernoch von Forschern und Entwicklern.
Die Marktwirtschaft erzeugt zudem aufgrund seiner Veralterung einen immensen Verwaltunsgaufwand und tonnenweise Gesetzbücher. Die Freigesetzten Kräfte stünden nützlicheren Dingen zur Verfügung. Ich studiere Steuer- und Handelsrecht. Es ist einfach bescheuert wie jeder kleine Scheiss per Gesetz geregelt werden muss nur dass der Staat seine Kohle bekommt und keiner den anderen über den Tisch ziehen kann (was trotzdem passiert).

Die Sovjetunion ist ein Thema für sich und hat nichts mit der RBE zu tun.

Weisst du denn warum die BRD solche Probleme hat?
Im Gegensatz zu anderen Ländern haben wir keine Positivliste. Wir haben kein Preisfixierung von Medikamenten wie anderen Länder. Wir haben die Kassenäztliche Vereinigung die stets darum bemüht ist den GKVs und den Kassenpatienten keine Transparenz zu bieten. Ärzte können also Behandlungen abrechnen die nicht vorgenommen wurden. Wir haben den PKV-Sektor der massive Lobbyarbeit betreibt. Wir haben die Jahresentgeltgrenze die gute Beitragszahler in die temporär billigeren PKVs vertreibt.
Müsste sich jeder privat versichern wäre es noch schlimmer. Marktversagen?

Konkrete Gedanken:
Ja ich mache mir sehr viele Gedanken.

1. Operationen können heute schon von der anderen Seite der Welt von einem Arzt durch Robotik durchgeführt werden. Ergo häufig muss nur die Gesamtzahl der Ärzte stimmen.

2. Wer kein Arzt mehr sein will weil er kein größeres Stück vom Kuchen bekommt kann eben kein Arzt mehr sein. Der Lebenstandard eines Arztes wird in einer RBE eher steigen als fallen.

3. Wieviele Ärzte sind nur auf das Geld aus und kümmern sich am liebsten nur um PKV Patienten? Ich kenne genug und meine Schwester ist Arzthelferin, die weiss auch bescheid. Schwülstige Marktschwärmerei?

4. Das deutsche hirarchische System in den Krankenhäusern trägt auch zum Ärztemangel bei. Die Krankenschwestern könnten sehr viele Aufgaben der Ärzte übernehmen. Für die meisten Probleme ist deren Ausbildung absolut ausreichend. Aber die Hierarchie verbietet eine gute Versorgung.


Nanna hat geschrieben:Das ist der unwissenschaftlichste Quark, den ich je gehört habe. Wer so spricht, versteht nicht, wo der Unterschied zwischen deskriptiv und normativ ist und vermischt folglich auch permanent beide Kategorien. Eine Welt ohne Ideologie, d.h. ohne Konzept davon, wie die Welt sein sollte, ist bis auf die Knochen nihilistisch, sie kennt keine Ziele, keine Ethik, kein Maß, weil sie keine Wertmaßstäbe hat. Normen sind nunmal nicht rein wissenschaftlich erlangbar, sind nicht letztbegründbar, d.h. immer zu einem gewissen Grad subjektiv und vorurteilsbehaftet. Und auch bei der Anwendung der wissenschaftlichen Methode gibt es niemals pure Objektivität, wie das Zitat suggeriert. Diese ganze Idee fußt auf einem völlig überzogenen Anspruch an die Wissenschaft. Wissenschaft als "ideologiefreie Heilslehre", das ist utopistische Ideologie bis ins Mark und ein komplettes Missverständnis dessen, was Wissenschaft ist und was sie leisten kann, noch dazu.


Wenn man so will muss die RBE auch eine Ideologie sein, da sie schließlich temporäre Ziele verfolgt und temporäre ethische Maßstäbe kennt. Allerdings sind die bisherigen Ideologien immer statisch gewesen. Die Ideologie der RBE fußt auf Offenheit für neue Erkenntnisse. Also diese anzunehmen und nicht zu verdrängen weil sie "nicht in die Ideologie" passt. Es geht darum sich nicht an ein festes Wertegerüst zu klammern, da dies nur Konflikt verursacht und Fortschritt blockiert. Also deskriptiv und schlussfolgernd, anstatt normativ und abweisend.

Natürlich müssen wir gewisse Regeln temporär festlegen die von der Menschheit definiert werden müssen.

Nanna hat geschrieben:"Die Maschine ist gut", ist das kein Glaubenssatz, ist das keine Ideologie? Arbeiten sollen nicht aus Leidenschaft erledigt werden, aber die Automatisierung soll von "passionierten" (von lat. "leidenschaftlich") Ingenieuren vorangetrieben werden? Das ist doch ein höchst widersprüchliches Argument.

Sorry, ich kann der Idee der Automatisierung und der daraus entstehenden gleichen Grundanteile am Produktionsausstoß eine Menge abgewinnen, aber das entschuldigt nicht solch fadenscheiniges Argumentieren. Kritikloses Durchwinken irgendwelcher Neuerungen hat die Menschheit noch immer genauso wenig vorangebracht, wie starres Sperren dagegen.


Ich habe geschrieben/gemeint: "Arbeiten die nicht freiwillig bzw. nicht aus Leidenschaft erledigt werden.

Ansonsten ist es nur eine Frage der Kausalität. Hier bestimmt der Mensch welchen Rahmen die Ingenieure haben um Automationstechniken einzubinden.

Wer sagt dass kritiklos durchgewunken wird. Ich erkenne nicht mal eine Stelle in die man das hineininterpretieren könnte.

Nanna hat geschrieben:Wenn Ressourcen endlich sind, muss es ein Zuteilungssystem geben. Da Menschen unterschiedliche Bedürfnisse haben, müssen sie tauschen können. Zum Beispiel könnte jeder ein Käse- und ein Marmeladenbrot am Tag zugeteilt bekommen, weil die automatischen Maschinen jeweils eines davon für jeden Erdenbürger pro Tag herstellen können. Nun mag einer nur Käse, der andere nur Marmelade: Also tauschen beide und haben einen Mehrwert davon. Angewendet auf ein höhergradig komplexes System muss zwangsläufig ein normiertes Tauschmittel (man nennt es gerne kurz "Geld") eingeführt werden, um den Tauschhandel effizient abzuwickeln.
Kurzgedacht ist auch der Glaube, dass Kriminalität sich ausschließlich aus monetären Gründen entwickelt. Das Geld ist euer Feindbild, um das eure Gedanken kreisen. Es gibt aber andere Beweggründe, Geltungsdrang, sexuelle Bedürfnisse, Rache, psychische Erkrankungen, die alle zu kriminellem Verhalten führen. Und selbst Besitz wird nicht außenvor sein, denn es wird immer Leute geben, für deren Selbstwertgefühl, Narzissmus oder Sicherheitsdenken es wichtig ist, mehr als andere zu haben. Menschen einfach über einen Kamm zu scheren und als weiße Blätter zu betrachten, die man beliebig zu besitzlosem Denken erziehen kann, das ist auch schon wieder ein hochgradig unwissenschaftliches, da realitätsfernes, Argument.


Wie wäre es damit, dass einfach produziert wird was die Leute wollen?

Wir sagen nicht dass Kriminalität nur durch Geld entsteht. Geld bzw. Wohlstand ist aber in den meisten Fällen der Auslöser. Selbst wenn du in einem heruntergekommen Viertel sinnlos zusammengeschlagen wirst, liegt die Wurzel des Problems beim Geld (Wohlstand). Warum sonst gibt es solche Problemviertel und warum sind es immer die Armen?


Nanna hat geschrieben:Dieses Denken steckt irgendwo in der Ökonomie des 19. Jahrhunderts fest. Sowas macht vielleicht Sinn bei Land, nicht aber bei anderen Dingen. Was ist dem, was jemand mit seiner Hände bzw. seines Kopfes Arbeit erschaffen hat, beispielsweise einem revolutionären Werkzeug oder einem geistigen Werk wie einer Sinfonie? Müssen die Leute das dann zwangsweise abgeben? Warum dürfen sie sich ihr Verdienst nicht vergolden lassen, zumal sie vielleicht Opfer gebracht und Arbeit investiert haben?


Was du selbst erschaffen hast ist deins. Du hast unbeschränktes Nutzungsrecht.

Wenn du eine revolutionäre Erfindung machst, dann solltest du sie der Allgemeinheit zur Verfügung stellen. Der Einsatz des Werkzeugs wird dir und allen anderen einen Nutzen bringen.

In dem Fall dass du z.b. ein Design für eine Vase am PC entwickelt hast und diese produzieren lässt. Dann stellst du die Datei automatisch allen anderen zur Verfügung. Wem die Vase gefällt, der kann sie sich dann auch produzieren lassen.

Schreibst du eine Sinfonie willst du sie ja wahrscheinlich anderen vorspielen. Du stellst sie ins Internet und führst sie wenn gefallen daran gefunden wird in einem Konzertsaal vor.

Wieso willst du dir deinen Verdienst vergolden lassen. Alles was du tust, tust du aus freiem Willen und nicht aus Zwang. Es sollte deine Freude sein etwas zu erschaffen und anderen daran teilhaben zu lassen. Materiell bist du ja eh versorgt.

Nanna hat geschrieben:Ich hab nichts dagegen, aber wozu? Da doch angeblich umweltfreundliche Energie im Überfluss vorhanden ist, fällt der Anreiz zur Effizienz komplett weg. Ein schönes Beispiel, wie man sich selber argumentativ das Knie wegschießen kann, indem man sich aus zwei Welten, der Realität und der Utopie, irgendwelche Szenarien zusammenbastelt, indem man Anfangsbedingungen beider Welten wild durcheinandermixt. Entscheidet euch: Entweder Energie ist begrenzt (Realität), dann macht Effizienz Sinn, oder Energie ist unendlich vorhanden (Utopie), dann ist Effizienz irrelevant (und wenn man die Ingenieurstechnik der Automobile des 20. Jahrhunderts ansieht, sieht man sofort, dass Effizienz den Ingenieuren auch egal ist, wenn sie nicht eine notwendige Zielvorgabe ist).


Energie ist gemessen an unserem jetzigen Verbrauch im (unangezapft) Überfluss vorhanden. Weiss man was kommt? Was ist wenn wir für ein Vorhaben besonders viel Energie brauchen. Soll dann die ganze Infrastruktur umgebaut werden was wieder viele Ressourcen benötigt?

Deine Suche nach Widersprüchen ist vergeblich, denn vielleicht ist die Energie in Zukunft nur im Überfluss vorhanden wenn wir effizient sind. Eindimensionales Denken führt meist nicht zu brauchbaren Schlussfolgerungen. Wenn ich 1 MW Strom zur Herstellung einer Solarzelle benötige die in ihrer Lebenszeit 1 MW Strom produziert haben wir keine "unendliche" Energie. Also müssen wir einen bestimmten Effizienzgrad erreichen.

Nanna hat geschrieben:Ja, das ist jetzt mal fast was rundum sinnvolles, nur ist das keine neue Idee. Ich behaupte sogar, dass der Kapitalismus das effizienter regeln kann, weil er ein universales Zuteilungskriterium (Geld) hat.
Beispiel: Ein Mann in Nigeria und ein Mann in Kanada fordern beide 50 Einheiten eines seltenen Rohstoffes an, in beiden Fällen geht es um die Herstellung eines ausgefallenen Objekts. Das Venus-System hat kein Mittel der Zuweisung von Relevanz und auch kein Hierarchiesystem, da ja alle gleich sind.
- Geld entfällt, weil es aus ideologischen Gründen (ja, allerdings!) abgelehnt wird. Der Nigerianer kann also nicht ein Jahr lang seine Marmeladenbrote beiseite legen und nur Käsebrote essen, um dann 356 tiefgefrorene Marmeladenbrote gegen die 50 seltenen Rohstoffeinheiten zu tauschen, obwohl das System das durchaus zuließe - tja, blöd gelaufen dank ideologischer Vorgaben, die es nach offizieller Lesart aber gar nicht gibt (klingt, als bräuchte man eine verdammt fitte Propagandaabteilung, um den Leuten sowas zu verkaufen).
- Soziale Gründe (der Nigerianer ist hochangesehen, der Amerikaner eher asozial) entfallen, da ja alle die gleichen Nutzungsrechte haben - aus ideologischen Gründen übrigens.
- Bleiben normative Gründe. Beispielsweise könnte der Amerikaner für den Gesundheitssektor arbeiten und der Nigerianer für den Konsum. Dummerweise beinhalten normative Entscheidungen a) Ideologie, b) resultiert aus ihnen eine ungleiche Behandlung (was in der herrschenden und offiziell nicht existenten Ideologie a priori als böse gilt) und c) gibt es gar keinen Modus, darüber zu entscheiden, denn wissenschaftlich kann man die Frage wegen der in a) genannten Ideologie nicht beantworten und Meinungen sind ja schon wieder gegen die herrschende Ideologie.

Was lernen wir? Es gibt keine Entscheidungen ohne Zielsetzungen und keine Zielsetzungen ohne grundlegende Weltsicht (=Ideologie). Ein Angebot-Nachfrage-System, das bei mehr Nachfrage als Angebot und unteilbaren Mengen (beispielsweise machen das nigerianische und das amerikanische Projekt NUR dann Sinn, wenn eines davon die kompletten verfügbaren 50 Einheiten erhält, erhalten beide 25 kann keines verwirktlicht werden) zusammenbricht, ist kein Fortschritt.


Sorry aber das Beispiel ist an Naivität kaum zu überbieten. Wie läuft es denn heute tatsächlich ab? Entweder du hast Kapital oder du hast kein Kapital. Hast du kein Kapital bist du nichts und hast nichts mitzuentscheiden. Also bekommt der Amerikaner die Rohstoffe und der Nigerianer haust weiter in seiner ärmlichen Hütte.

Wie könnte man das in einer RBE lösen.
Wichtig ist, dass Projekte online angemeldet werden. Hat das Projekt eine bestimmte Größe wird man sich Know-How bei seinen Mitmenschen suchen. Die Unterstützung von diesen Leuten gibt schonmal den ersten Gradmesser wie wichtig das Projekt ist. Zudem könnte man einführen dass man Projekte alleine mit seiner Stimme fördern kann. Das ist dann meinungsbasiert. Die wissenschaftliche Methode ist nicht immer sinnvoll anwendbar, da hast du Recht und ich hab auch nie derartiges behauptet. Wenn es z.B. um Nachfrage nach bestimmten Produkten oder um den Sinn für Schönheit geht, kann dies wohl kaum wissenschaftliche Beantworten. Allerdings kann deskriptive und induktive Statistik helfen.

Wissen wird immer geteilt, sodass Projekte (quasi) fusionieren wenn sie das gleiche Ziel verfolgen. Man kommt schneller zum Ergebnis und verbraucht weniger Ressourcen.

Nanna hat geschrieben:Meine Güte...
Es gibt mehr Inhalte, als vermittelt werden können. ERGO müssen Inhalte gekürzt werden. ERGO muss darüber irgendjemand entscheiden. ERGO muss dieser jemand verschiedenen Inhalten Relevanzen zuweisen. ERGO muss anhand einer Meinung, d.h. einer auf einer bestimmten Weltsicht (=Ideologie) entwickelten Idee, die Inhaltsauswahl erfolgen.
Und nochmal zum Mitmeißeln, ihr HABT bereits eine starke Ideologie, nämlich die, ich nenne sie mal, Venus-Ideologie....
Und nochwas, Kinder, die keine Grenzen in ihrer Orientierung erfahren, werden hilflos und asozial, weil sie eben auch Orientierung brauchen, an der sie sich ausrichten können. Sobald Kindererziehung einem bestimmten Konzept folgt, und das MUSS sie, ist eine Weltsicht und Ideologie im Spiel.
Ach ja, übrigens... warum sollte jemand soziale Berufe ergreifen, wenn er sich den ganzen Tag mit nervigen Kindern umgeben muss, dafür nicht mehr vom Kuchen kriegt als andere und außerdem in derselben Zeit gemütlich am Strand liegen könnte? Weiter oben stand noch, dass das Selbstverständnis nicht mehr über Arbeit erreicht werden soll, jetzt auf einmal gibt es doch jede Menge Berufe, die man dringend in Massen braucht, Ingenieure und Erzieher beispielsweise.


Du hast vollkommen Recht wenn du sagst dass die RBE eine Weltanschauung ist, ansonsten könnte ich sie hier auch garnicht vertreten. Es geht darum keine Entscheidungen aufgrund eines veralteten Standes der Ideologie zu treffen. Gibt es Erkenntnisse die den bisherigen Erkenntnissen widersprechen muss dies angenommen und integriert werden. Eine dynamische Ideologie auf dem Stand des aktuellen Wissens könnte man sagen. Man nimmt Abstand von diesem Begriff weil Ideologie für Statik und Unverbesserlichkeit steht.

Es könnten z.B. die Eltern entscheiden welche Kurse das Kind belegt. Damit wird der Rahmen festgelegt. Wie du schon sagtest, es gibt mehr zu vermitteln als ein Mensch aufnehmen kann. Und wer hat denn jetzt bitte wieder gesagt, dass den Kindern keine Grenzen, z.B. seitens der Eltern auferlegt werden? Wer hat gesagt dass ihnen nicht beigebracht wird das ihre Freiheit nur soweit reicht bis sie die Freiheit eines anderen Verletzen? Interpretiere nicht Dinge rein die keiner gesagt hat.

Es ist von Arbeit für Einkommen die Rede, die nur ausgeführt wird um etwas zu Essen und eine Behausung zu haben. Arbeit im eigentlichen Sinne wird nicht abgeschafft. Es geht darum sich selbst zu verwicklichen, dies hängt eigentlich immer mit Arbeit zusammen. Aber eben nicht mit Arbeit auf die man keine Lust hat.

Nanna hat geschrieben:Gut und richtig, nur eben auch keineswegs eine neue Idee. Mithilfe des monetären Systems (Steuern auf Ressourcen, Strafen für Müllproduktion) ließe sich das genauso oder sogar effizienter in den Griff kriegen (Geld ist ein extrem starker Motivator).


Geld als Peniger und Diktator. Dein Beispiel zeigt doch schon wie fehlerhaft das derzeitige System ist. Ohne Steuern, Strafen und vorallem Gesetze geht garnichts. Kapitalismus in seiner Reinform würde Menschen für Geld töten und verkaufen. Noch heftiger als heute.

Ich denke Freiheit kann auch ein guter Motivator sein.


Nanna hat geschrieben:Selbiges hier: Das Konzept ist nicht neu und wird in der Industrie auch langsam übernommen. Kein Bedarf, die komplette Wirtschaft dafür umzubauen.


Man will das aber nicht als umfassendes automatisches Car-Sharing-System. Der Absatz würde einbrechen, weniger Profit etc.. Das kommt vllt. wenn die Rohstoffe so knapp und teuer sind, dass es sich lohnt. Die Rohstoffe hätte man aber bis dahin anders einsetzen können.


Nanna hat geschrieben:Ja, natürlich [Sarkasmus].
Die Abschaffung des Geldes wird ja selbstverständlich auch das Ende von Ehestreits ...


Du bist ja ein Meister der Interpretation von nichtmal latent vorhandenen Inhalten. Du hast dein Bild (dein Eigentum) und das lässt du dir nicht wegnehmen und verschwendest keinen Gedanken daran wie man Probleme in einer RBE lösen könnte.



Nicht persönlich aber bitte zu Herzen nehmen :2thumbs:

Gruß
FF
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Re: Venus Projekt

Beitragvon Bionic » Do 29. Jul 2010, 22:10

Kannst du bitte nochmal kurz zusammenfassen warum du glaubst, dass das Venus Projekt funktionieren würde? Dan könnte man leichter darauf eingehen.
Bionic
 
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Re: Venus Projekt

Beitragvon stine » Fr 30. Jul 2010, 17:31

FastForward hat geschrieben:Der Faktor Mensch wird immer herangezogen wenn es darum geht eine klassenloses System vorzuschlagen. Das nicht bewiesene Totschlagargument derer die entweder tatsächlich davon überzeugt sind, die vom Klassensystem profitieren oder der indoktrinierten Masse.
Die indoktrinierte Masse sehe ich im Gegenteil dort, wo man sich als Gleicher unter Gleichen gar nicht mehr getraut eine eigene Meinung zu haben, dort wo man es aufgegeben hat, anders sein zu wollen. Nicht jeder, der den Wettbewerb schätzt und seine Ideen verwirklicht, ist Profiteur des kapitalistischen Systems. Oft ist es nur einfach jemand, der voran kommen möchte.
Das Totschlagargument ist schon mehrmals bewiesen. Klassenlose Systeme unter Menschen gibt es nicht. Es ist sogar so, dass sich innerhalb bestimmter Klassen wieder Unterklassen bilden. Das ist ein bestehendes Prinzip!
Das kannst du zB innerhalb der Migranten beobachten, die sich untereinander selbst klassifizieren, obwohl sie für Eingeborene allesamt Migranten sind. Und das Gleiche gilt für Arme, den Mittelstand und für Reiche. Das sind auch keine drei homogenen Haufen. :mg:

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Re: Venus Projekt

Beitragvon Nanna » Di 3. Aug 2010, 16:28

Ich möchte auch gern erstmal ein ad hominem (ein schöner Begriff, danke, AgentProvocateur) an den Beginn setzen:
Ich schätze dein Engagement, FastForward, und halte dich für kein bisschen auf den Kopf gefallen. Ich finde es grundsätzlich auch rundherum gut, wenn Leute kreativ sind und gedanklich neue Wege beschreiten. Glaube nicht, dass ich das, was du geschrieben hast, einfach so im Kopf beseite gewischt habe, manche Gedanken finde ich gut oder zumindest in die richtige Richtung gehend, wie z.B. den Effizienzgedanken. Ich habe aber das Gefühl, dass deine Begeisterung für eine bestimmte Idee dir ein bisschen den Blick verstellt auf die realen Möglichkeiten der Wissenschaft, der Menschheit und deiner wie unserer generellen Vorhersagekraft. Mir ist auch aufgefallen, dass du Dinge sehr kleinteilig (ich befürchte: isoliert) betrachtest, also anstatt dir Gedanken zu generellen Wirtschaftsabläufen zu machen, lieber Beispiele herauspickst (wie z.B. das Handydesign) und dann stillschweigend davon ausgehst, dass dieses Beispiel sich problemlos auf die Gesamtwirtschaft übertragen lässt.
Zudem scheinst du wenig Erfahrung mit der Anwendung - oder gar dem Neubau - eines theoretischen Rahmens im Bereich der Gesellschaftswissenschaften und der Anwendung entsprechender Begrifflichkeiten zu haben (Verzeihung, falls ich da falsch liege). Das wundert mich nicht, schließlich ist das nicht Bestandteil eines Studiums im Bereich Steuer- und Handelsrecht. Das ist keine Abwertung, ich kann noch nichtmal eine Steuererklärung fehlerfrei ausfüllen. Ich studiere für meinen Teil unter anderem Politikwissenschaften und habe daher eine andere Perspektive auf euer Projekt. Ich habe schon viele politische Heilslehren und Zukunftsvisionen betrachtet und die Erfahrung machen müssen, dass selbst die erfolgreicheren von ihnen, die sich teilweise durchsetzen konnten, andere Ergebnisse brachten und selten die Erwartungen erfüllten, die in der ersten Phase der Faszination einer neuen Idee an sie geknüpft wurden.

Ich versuche im folgenden zusammenfassend auf deine Position einzugehen, was bedeutet, dass ich Zitate größtenteils ausspare. Falls du wieder Vorwürfe entdeckst, die du anhand dessen, was du gesagt hast, nicht einordnen kannst, dann ist es wichtig, zu bedenken, dass Dinge, die du sagst, bei mir vielleicht anders ankommen, als du sie gemeint hast, oder dass ich so manches auch mit meinem Wissen verknüpft und weitergedacht habe und dabei eben auf Unstimmigkeiten gestoßen bin, die direkt und allein in deinen Beiträgen natürlich nicht ersichtlich waren. Außerdem hast du ja die Möglichkeit, eine Erwiderung zu verfassen.
Einige konkrete Kommentare habe ich aus Platzgründen in einen zweiten Beitrag gepackt, da ich leider mal wieder die Zeichengrenze gesprengt habe. Ich sehe es aber nicht ein, ein kompliziertes Thema auf 5.000 Zeichen herunterzubrechen, bei einer solchen Simplifizierung kann man sich die Diskussion gleich sparen. Ich schneide im Grunde auch jetzt nur einen Bruchteil dessen an, was ich zu manchen Dingen gerne gesagt hätte.


Ein wichtiges Zitat zu Anfang, das mir stellvertretend für den kommunikativen Teil des Missverständnises zwischen uns beiden zu stehen scheint:
FastForward hat geschrieben:Du bist ja ein Meister der Interpretation von nichtmal latent vorhandenen Inhalten. Du hast dein Bild (dein Eigentum) und das lässt du dir nicht wegnehmen und verschwendest keinen Gedanken daran wie man Probleme in einer RBE lösen könnte.

Erstmal zu deinem ersten Vorwurf: Ich habe auf eine ganze Reihe von Implikationen und Widersprüchen deines Modells hingewiesen, die dir aber bislang anscheinend nicht aufgefallen sind und die du daher auch als "nichtmal latent vorhanden" ansehen musst. Du unterstellst mir, dass ich ein bestimmtes Bild vom Eigentum habe, das ich mir nicht wegnehmen lasse; damit entsteht bei dir gleichzeitig der Eindruck, ich hätte den Gedanken der RBÖ nicht verstanden. Das habe ich, da bin ich mir recht sicher, aber sehr wohl. Ich behaupte sogar, ich habe ihn derart gut verstanden, dass ich ihn auf problematische Implikationen abgeklopft habe, die dir noch gar nicht aufgefallen sind und deshalb deiner Meinung nach eben nicht vorhanden sind.
Was passieren wird, wenn man die RBÖ anwendet, ist gebunden an die Gesetzmäßigkeiten der physischen Welt, nicht an die Meinungen der Anhänger des Venusprojektes. Ergo kann ich als Nichtanhänger genauso eine gedankliche Simulation der RBÖ-Verwirklichung vornehmen und wenn ich dabei auf Ungereimtheiten mit der Venus-Ideologie stoße, dann ist es eine bedauernswerte Immunisierung gegen Kritik, wenn die Venus-Leute sagen, dass sie über diese Ungereimtheit ja kein Wort verloren hätten und sie folgerichtig gar nicht existieren kann, aber sicherlich kein Argument.
Ich fühle mich als Wissenschaftler (als Anwender der wissenschaftlichen Methode), egal, welchen Job ich mal haben werde. Wissenschaft lebt von Konflikt, Streit und Ehrgeiz und von einem starken Kritizismus. Wenn du mir vorwirfst, dass ich die Potentiale der RBÖ nicht würdige, dann hat das auch damit zu tun, dass ich (auch vom Studium her) darauf trainiert bin, Schwachstellen zu suchen. Das sehe ich als meine Stärke und Lobhudelei allein bringt auch kein Projekt voran. Erst wenn ein Konzept erfolgreich durch das Feuer der wissenschaftlichen Kritik gegangen ist (und meine Meinung ist darauf nur ein Vorgeschmack), ist es wirklich brauchbar.

Zum zweiten zum Potential der RBÖ:
Ich sehe Potential in dieser Idee, ich habe eine ähnliche Zukunftsvision (die meiner Meinung nach sogar wesentlich konsequenter zu Ende gedacht ist, weil sie das Potential virtueller Welten, das Fresco noch nicht kennen konnte, einbezieht), sogar schonmal hier im Forum ausgebreitet.


Wogegen ich mich wende, ist nicht der Kernbestandteil der RBÖ, also eine effiziente Nutzung der zugänglichen Ressourcen und eine faire Verteilung ihres Ertrags. Ich sehe aber einige Problemfelder der damit verknüpften Gesellschaftsvision. Denn Tatsache ist, das wird auch äußerst klar, wenn man auf der Website des Venus Projects liest, dass die RBÖ nur einer der Bestandteile dieser alternativen Gesellschaft ist. Diese Gesellschaftsvision finde ich aber nebem dem generellen Problem, dass sie mir sehr unrealistisch erscheint, auch insgesamt in weiten Zügen problematisch:


Problemfeld 1: Die Überfrachtung dieser Idee mit sozialen Heilserwartungen.
Ich möchte mal von der Venus-Project-Seite zitieren, um deutlich zu machen, was da zusammenphantasiert wird (Venus Project FAQ Nr. 105):

"Sexual attitudes and behaviors in a saner society will evolve very differently from conventional societies today. We think nudity will become more commonplace on beaches, parks, and elsewhere, and that this will, in fact, become the norm in the future. Non-judgmental attitudes about sexual preference will eventually prevail. Sex in magazines will lack inhibition, thus reducing the interest in dancing girls, enticing displays, sexual extravagance, etc. Sexual distortions and abnormalities result from judgmental religious concepts regarding nudity and sexual preference."

Was ich hier so schockierend finde, ist, nicht, dass Nacktheit in der Öffentlichkeit normal sein soll (das finde ich nicht schlimm, nur langweilig), sondern dass unter dem Deckmantel der Geißelung von religiöser Intoleranz eine quasireligiöse Reinigungsfantasie einsetzt, die ihresgleichen sucht. Es wird so getan, als würde man eine ultraliberale Einstellung verfolgen, aber in denselben Sätzen fallen krass vorurteilsbehaftete und wertende Vokabeln wie "saner society" ("gesündere/reinere/sauberere Gesellschaft") und "sexual abnormity" ("sexuelle Abnormität/Abartigkeit") und das noch dazu ohne weitere Erläuterung.
Ähnliche Vorstellungen gibt es bezüglich Süchten, sonstigen Exzessen, sozialer Abnormität usw. Niemand vom Venus Project scheint neben den Heilsfantasien zu sehen, dass damit auch Quellen von Kreativität und Fortschritt zerstört werden und dass man damit - implizit und vordergründig das Gegenteil behauptend - Leuten vorschreibt, wie sie zu denken und zu fühlen haben und das sogar ohne größere Begründung. Warum Pornoheftchen oder Gogo-Girls abzulehnen sind, wird hier nichteinmal ausgeführt. Man drückt sich einfach darum herum, sich kulturell damit auseinanderzusetzen, sondern nimmt unausgesprochen an, dass der Verwerflichkeit dieser Dinge alle insgeheim - und spätestens nach Empfang einer saftigen Portion Venus-Erziehung - zustimmen werden und man diese Dinge dann durch die Hintertür abschaffen kann. Ich finde es gefährlich und kein bisschen wissenschaftlich gedacht, dass man sich mit den Hintergründen der eigenen Ressistements nicht beschäftigen, sondern einfach vollendete Tatsachen schaffen will. Ich habe nichts dagegen, dass das jemand widerwärtig findet, aber das soll bitte öffentlich diskutiert und nicht stillschweigend "wegerzogen" werden.


Problemfeld 2: Politreligiöse Forderungen,
etwa der nach der Abschaffung des Geldes, das dämonisiert statt nüchtern nach seiner Leistungskraft analysiert wird. Geld ist zuallererst mal nur ein normiertes Tausch- und nicht notwendigerweise ein Machtmittel. Wenn man Ressourcen rationieren muss, wäre es das sinnvollste, ein einheitliches Grundgeld an die x Menschen auszuzahlen, dass dem x-ten Anteil des Gegenwerts der Gesamtproduktion entspricht. Die Kosten für bestimmte Produkte werden dann weiterhin marktwirtschaftlich bestimmt. Mit so einer Regelung, mit der man keinerlei nennenswerte Macht über andere ausüben kann, hätte sogar Marx leben können, dem es immer primär um das Eigentum an Produktionsmitteln ging. Ihr aber lehnt Geld derart verbohrt ab, dass ihr auch seine guten Eigenschaften nicht nutzen könnt.


Problemfeld 3: Extremer Szientismus und Technikgläubigkeit,
also der Glaube, mit (natur-)wissenschaftlichen Methoden alle Probleme der Welt lösen zu können. Eine Kritik daran muss ich hier nicht gesondert üben, das ist in der philosophischen und gesellschaftswissenschaftlichen Literatur wirklich zur Genüge getan worden und im Zweifel gibt es Leute im Forum (wie Myron beispielsweise), die eine Kritik wesentlich umfassender und treffender formulieren könnten, als ich.


Problemfeld 4: Der versteckte Totalitarismus des Konzeptes, der mit Gerede von Freiheit und Selbstbestimmung klug übertüncht wird:
Zwar wird behauptet (!), jeder könne nach Lust und Laune leben, wo und wie er will. Tatsächlich ist der Siedlungsraum gerade in einer supereffizienten, ökologieorientierten Ökonomie ein sehr begrenztes Gut und damit übrigens auch eines, für das es einen Verteilungsmechanismus geben muss, denn nicht jeder kann in den malerischen Landschaften Neuseelands leben, ohne sie durch Überbevölkerung zu zerstören. Auch wird (auf der Website) behauptet, jeder könne seiner Weltsicht, Religion und seinen Traditionen weiterhin verbunden bleiben. Das ist aber Unsinn, denn ein - Zitat - "redesign of our culture" sieht genau das Gegenteil vor: Die Zerstörung bzw. gezielte Verebbung kulturellen Erbes, damit die Venusideologie möglichst störungsfrei gedeihen und den Menschen erziehen kann. Auf der Website ist dann auch allenthalben davon die Rede, den Menschen (insbesondere Kinder) durch Erziehung auf die neue Linie zu bringen, das wird ziemlich offen ausgesprochen.
Der Mensch soll also folglich über die Normierung der Umwelt gleichgeschaltet werden. Freiheit existiert nur noch im Rahmen künstlerischen Ausdrucks und der Auswahl aus verschiedenen Konsumgütern, aber nicht mehr im Sinne persönlicher Verantwortung oder einer zur Venusideologie alternativen Lebensweise. Hinwendung an die Gemeinschaft, altruistisches Handeln, Engagement usw. sind wertlose Handlungen geworden, weil Problemlösungen grundsätzlich vom System erwartet werden (ja, ich weiß, ihr rechnet mit einer Zunahme sozialer Kompetenz, aber auf welcher Grundlage? Wohlstand bringt Individualisierung und Zerfall von Gruppen mit sich, ein Phänomen, das ihr nicht einfach mit social engineering wegtechnisieren könnt). Auch ein Ausscheiden aus dem System (ja, es gibt Leute, die leben bewusst als Obdachlose auf der Straße) ist unmöglich, wenn man sich das Design der Venusstädte ansieht.
Ich füge hier auch mal an, dass eine Durchsetzung dieses Konzepts ohne Anwendung von Gewalt kaum möglich sein wird. Andere gesellschaftliche Utopisten wie z.B. die Kommunisten (mit deren Geisteshaltung ihr sehr viel gemeinsam habt, egal, ob ihr das nun erkennen und zugeben wollt oder nicht) sind ebenfalls daran gescheitert, die Menschen nur durch Bildung und friedliche Überzeugung großflächig zu ihren Unterstützern zu machen. Am Ende war dann Gewalt nötig, erst angeblich nur, um den Übergang zu meistern, später dann um die Herrschaft der besonders ideologietreuen zu sichern. Ich sehe eine große Wahrscheinlichkeit, dass das Venus Project hier genau denselben Weg gehen und am Ende in einer Art Ökodiktatur enden würde. Natürlich denkt die reine Venuslehre sich das anders, aber das war mit allen politischen Utopien bisher so und ich sehe bisher überhaupt keinen Anhaltspunkt dafür, dass das Venus Project systemimmanente Sicherungen eingebaut hätte, die genau das verhindern würden, im Gegenteil, es gibt eine Menge Fallstricke, die ich ja gerade in Ansatzen schildere (es sind nichtmal alle, die ich sehe).


Problemfeld 5: Das Fehlen eines modus operandi für das Finden politischer Entscheidungen.
Die strikte Hinwendung zum Szientismus führt dazu, dass ihr nicht einsehen könnt, dass eine Zieldefinition immer eine normative Kategorie und darüberhinaus von Meinungen geprägt ist, weil selbst in den gleichgeschaltetsten Gesellschaften Dissens über die richtigen Weichenstellungen für die Zukunft besteht. Ihr seid blind für alle Quellen für Konflikte außer Geld (was für mich die Frage aufwirft, wer hier eine Obsession mit Geld hat), und glaubt daher, dass die Abschaffung des Geldes das Ende aller wesentlichen politischen Konflikte ist. Damit ignoriert ihr einen Großteil von Jahrzehnten gesellschaftswissenschaftlicher, psychologischer und neurologischer Forschung.

Ich möchte an dieser Stelle mal Jared Diamond aus seinem bekannten Buch "Kollaps" zitieren (S. 81), in dem er alles andere als freundlich mit Profitgier umgeht und daher unverdächtig ist, den Radikalkapitalisten das Wort zu reden, hier am Beispiel der Umweltprobleme in Montana, USA:

"Man kann für die Schwierigkeiten in Montana nicht einfach böse, egoistische Menschen verantwortlich machen, die wissentlich und rücksichtslos auf Kosten ihrer Nachbarn nach eigenem Profit streben. Stattdessen kommt es zum Konflikt zwischen Menschen, die aufgrund ihrer Herkunft und Wertvorstellungen unterschiedliche Handlungsweisen bevorzugen."

Diamond referiert im Folgenden über die unterschiedlichen Vorstellungen von Alteingesessenen, Zuzüglern, radikalen Umweltschützern, rechtskonservativen Farmern, Minengesellschaften, Lokalpolitikern und der Zentralregierung und nicht immer geht es dabei um's Geld, sondern oft auch um ideelle Güter: Die Einheimischen wollen ihre landwirtschaftliche Tradition bewahren, die Zuzügler wollen Baugrund kaufen und die landschaftliche Schönheit Montanas genießen, die Minengesellschaften wollen die Rohstoffe aus der Erde holen (was sie auch in einer RBÖ tun müssten), wogegen wiederum die Umweltschützer sind, die Lokalpolitiker wollen sich nicht von der Zentralregierung reinreden lassen und Washington will Montana als gesamtamerikanisches Erbe bewahren.

Keines dieser Probleme lässt sich mit "wissenschaftlicher" Herangehensweise regeln! Die Wissenschaft kann ausrechnen, was man ungefähr tun muss um ungefähr dieses oder jenes Ergebnis zu bekommen, aber welches Ergebnis man haben will, das muss man entscheiden! Dieses Missverständnis wurzelt auch darin, dass du glaubst, allein das Anhäufen neuer Fakten würde schon aufzeigen, wie man weitergehen solle. Fakten, auch wenn sie wissenschaftlich einwandfrei gewonnen wurden, müssen aber interpretiert werden und das ist immer und ausnahmslos ein normativer Prozess, für den man einen Maßstab des "Guten und Wünschenswerten" festlegen muss, eine Aufgabe, die mit wissenschaftlicher, deskritptiver Methodik nicht zu bewerkstelligen ist. Diese Problemstellung ist grundsätzlich und kann auch durch weiteren wissenschaftlichen Fortschritt nicht überwunden werden - es ist zentral für unseren gesamten Disput, dass du das verstehst!


Problemfeld 6: Das verbissene Ablehnen des Machtbegriffes bis zur Selbstschädigung.
Das Venus Project geht davon aus, dass der erzieherische Effekt einer effizienten, sauberen Umwelt derart groß ist, dass mehere Milliarden Menschen ein kooperatives, gewaltloses, rücksichtsvolles Miteinander quasi über Nacht erlernen. Nach allem, was ich über soziale und psychologische Effekte weiß (und es ist nicht gerade wenig), kann ein solches System nicht funktionieren. Der Mensch hat ein starkes, genetisch verankertes Bedürfnis nach Dominanz, das ein zentraler Faktor unserer sozialen Fähigkeiten ist. Die Fähigkeit, sich in andere hineinzuversetzen (Empathie) und Intentionen anderer vorherzusehen, diente in der evolutionären Geschichte immer dazu, Dominanz über andere zu entwickeln, um über sozialen Aufstieg das eigene Überleben und den eigenen Fortpflanzungserfolg zu optimieren. Es ist fast überflüssig, hier zu erwähnen, dass Konflikt auch eine sehr produktive Seite hat, gerade übrigens in der Wissenschaft. Ich halte es für brandgefährlich und einen Ausdruck - Verzeihung - arroganter Selbstüberschätzung, zu glauben, diese - noch dazu oftmals nützlichen - Instinkte mit einer im Ansatz simpel gedachten, in ihren Auswüchsen aber radikalen, Umkonstruierung der gesamten menschlichen Umwelt eindämmen zu können und zu sollen.

Das bringt mich auch gleich zum nächsten Punkt:


Problemfeld 7: Extreme (!) Überschätzung der eigenen Vorhersagekraft.
Ich versuche es mal vorsichtig auszudrücken: Ihr wollt ein nicht fertig durchgeplantes, sondern nur in groben Zügen skizziertes, ungetestetes, radikal neues, hyperkomplexes, holistisches System auf einer Plattform (Planet Erde mit insbesondere menschlicher Globalgesellschaft) implementieren, die nur ansatzweise erforscht und in weiten Teilen unverstanden ist und derzeit auf einem zwar suboptimalen, aber funktionierenden und zumindest in groben Zügen erforschten und verstanden sozialen, politischen und ökonomischen System beruht. Verglichen mit der Computerindustrie, schlagt ihr vor, ein experimentelles, kaum getestetes, hochkomplexes Betriebssystem im laufenden Betrieb in einem riesigen Rechenzentrum aufzusetzen, das zentral für die Aufrechterhaltung aller lebensnotwendigen Systeme ist.
Jetzt aber noch das allerschlimmste: Ihr glaubt, ihr wüsstet, was dann passiert! Das ist der helle Wahnsinn.
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Re: Venus Projekt

Beitragvon Nanna » Di 3. Aug 2010, 16:31

Ein paar Zitate und Kommentare habe ich, wie gesagt, auch noch:
FastForward hat geschrieben:2. Wer kein Arzt mehr sein will weil er kein größeres Stück vom Kuchen bekommt kann eben kein Arzt mehr sein. Der Lebenstandard eines Arztes wird in einer RBE eher steigen als fallen.

Was, wenn dann zu wenig Leute Arzt werden wollen? Ich meine, man MUSS ja nicht mehr arbeiten, wozu soll man sich den Stress eines Studiums und die ganze Verantwortung und den Arbeitsalltag antun, wenn man in den "Laden" gehen, den neuesten PC mitnehmen und GTA 28 oder WoW 30 runterladen kann? Der Lebensstandard eine Arztes steigt, ja, aber im selbem Tempo wie der eines Arbeitslosen auch. Der einzige Anreiz wäre die gesellschaftliche Anerkennung der Ärzteschaft durch die entstandene Prinzessin-Lilyfee-Gesellschaft, die von Kindesbeinen an gelernt hat, dass sie nur mit dem Finger schnippen muss und jeden erfüllbaren Wunsch erfüllt bekommt, dass dafür keinerlei Anstrengung oder Disziplin nötig ist. Eine solche Gesellschaft wird von der Ärzteschaft aber vermutlich nur noch Notiz nehmen, wenn einer im Ärztecallcenter, von wo er seine Operations- und Sanitätsroboter steuert, einen Kunstfehler gemacht hat, ansonsten wird man das Vorhandensein der perfekten medizinischen Betreuung als völlig selbstverständlich hinnehmen, denn Strom kommt schließlich aus der Steckdose und Milch aus der Tüte, die der Hausroboter täglich im Kühlschrank platziert.

FastForward hat geschrieben:Wenn man so will muss die RBE auch eine Ideologie sein, da sie schließlich temporäre Ziele verfolgt und temporäre ethische Maßstäbe kennt. Allerdings sind die bisherigen Ideologien immer statisch gewesen. Die Ideologie der RBE fußt auf Offenheit für neue Erkenntnisse. Also diese anzunehmen und nicht zu verdrängen weil sie "nicht in die Ideologie" passt. Es geht darum sich nicht an ein festes Wertegerüst zu klammern, da dies nur Konflikt verursacht und Fortschritt blockiert. Also deskriptiv und schlussfolgernd, anstatt normativ und abweisend.

Nein, du verstehst das Kategorienproblem offensichtlich gar nicht, etwas, was ich in meinem ersten Beitrag schon angesprochen habe. Es gibt keinen Widerspruch zwischen normativ und deskriptiv, beide sind nicht unterschiedliche Seiten einer Medaille, sondern zwei völlig verschiedene Baustellen. Du kannst eine Norm (Verhaltensregel) schlicht nicht deskriptiv festlegen (naturalistischer Fehlschluss). Aus Deskription kann nicht normative Schlussfolgerung folgen und Normen sind nicht abweisend für neue Erkenntnisse, Normen sind einfach nur Sätze, die Offenheit oder Geschlossenheit für Neues beinhalten können oder eben nicht.

FastForward hat geschrieben:Natürlich müssen wir gewisse Regeln temporär festlegen die von der Menschheit definiert werden müssen.

Also wollt ihr doch einen modus operandi für die Festlegung gesellschaftspolitischer Spielregeln. Dann braucht ihr aber auch Institutionen und einen Staat, im mindesten einen für die ganze Welt. Sorry, aber für mich sind diese ganzen Ideen viel zu diffus.
Euer großes Versäumnis, gerade im wissenschaftlichen Sinne, ist es, dass ihr eure eigene Vision nicht problematisiert. Ihr sucht nicht nach Schwachstellen, sondern geht davon aus, dass alle Probleme schon irgendwie von Forschern und Ingenieuren gelöst werden. Gute Wissenschaft ist grausam zu den eigenen Ideen, nur so können die schlechten selektiert werden!
Die FAQ des Venus Projects lesen sich wie eine Wunschliste, wo öffentliche Nacktheit, soziale Eintracht, gemeinschaftlicher Besitz und fliegende Autos (kein Scherz!) nebeneinander existieren. Ich habe nirgendwo einen Satz wie "Ja, XY ist tatsächlich noch eine ungeklärte Frage und wir müssen das Konzept diesbezüglich noch aufstellen/optimieren" gefunden, stattdessen werden komplexe Fragen recht allgemein beantwortet, im Zweifel werden interdisziplinäre Forschungsteams als deus ex machina aus dem Hut gezaubert. Das erinnert mich sehr stark an den Spottspruch über Problemverdrängung im deutschen Bundestag: "Wenn ich nicht mehr weiter weiß, gründ' ich einen Arbeitskreis."
Ihr könnt nicht einfach alle Probleme auf eine hypothetische Ebene verschieben, wo dann mithilfe von besserer Methodik schon Lösungen bereitstehen werden. Was, wenn Probleme auftauchen, die weder mit der heutigen, noch der Methodik des 25. Jahrhunderts lösbar sind, sondern systemimmanent sind, d.h. auf einer grundsätzlichen Fehlkonzeption des ganzen Venus Projects beruhen? Ihr macht es euch zu einfach, wenn ihr nicht lösbare Probleme bequem in die Zukunft abschiebt und dann Forscherteams, die offenbar im Überfluss existieren werden, in die Schuhe schiebt. Diese Probleme müssen jetzt addressiert und Lösungen vorgeschlagen werden, erst dann ist das Konzept tragfähig.

FastForward hat geschrieben:Wie wäre es damit, dass einfach produziert wird was die Leute wollen?

Wie jetzt? Milliarden werden in die Marktforschung investiert, aber es interessiert heute keinen, was die Menschen wollen? Nach wessen Willen produzieren wir denn heute?

FastForward hat geschrieben:Wir sagen nicht dass Kriminalität nur durch Geld entsteht. Geld bzw. Wohlstand ist aber in den meisten Fällen der Auslöser. Selbst wenn du in einem heruntergekommen Viertel sinnlos zusammengeschlagen wirst, liegt die Wurzel des Problems beim Geld (Wohlstand). Warum sonst gibt es solche Problemviertel und warum sind es immer die Armen?

Klar, auf der Venus-Seite steht, dass eine Umgebung geschaffen wird, die diese Probleme samt und sonders vermeiden kann. Das ist aber, wie gesagt, ein deus ex machina. Ihr definiert einfach, dass es zu jedem sozialen Problem eine architektonische oder bildungstechnische Lösung gibt und dass diese von den Forschern gefunden und sofort umgesetzt wird. Klar, mit diesem Konzept kann ich mich auch wunderbar gegen Kritik immunisieren. Es ist, als würde der Kapitalist sagen, dass in ferner Zukunft einmal in jedem Haus ein geldscheißender Esel steht und deshalb alle alles haben, was sie wollen, und es keine Probleme und Konflikte mehr gibt. Potentielle Probleme, für die man die "reine Lehre" des Konzeptes vielleicht durch Staatlichkeit, Polizei und Gerichtsbarkeit erweitern müsste, werden ausgeklammert, weil sie nicht in die Wunschvorstellung passen. Dieselben Sprüche höre ich von Islamisten oder Evangelikalen, die sagen, dass alle nach den Regeln des Islam oder des Christentums leben müssten, damit die Welt ein Paradies wäre. Auch wenn ich eurer Idee mehr Potential einräume, ist die Grundhaltung dieselbe, und diese überzogen selbstsichere Haltung stört mich fast noch viel mehr, als das Konzept an sich.

FastForward hat geschrieben:Wichtig ist, dass Projekte online angemeldet werden. Hat das Projekt eine bestimmte Größe wird man sich Know-How bei seinen Mitmenschen suchen. Die Unterstützung von diesen Leuten gibt schonmal den ersten Gradmesser wie wichtig das Projekt ist. Zudem könnte man einführen dass man Projekte alleine mit seiner Stimme fördern kann. Das ist dann meinungsbasiert.

Ohne Expertenwissen werden nur einfach verständliche und populäre Projekte Stimmen bekommen und die freiwillige Partizipation wird sich primär auf Projekte mit Spaßcharakter konzentrieren, womit Humanressourcen bei wichtigen, aber langweiligen Tätigkeiten fehlen.
Wenn du Basisdemokratie toll findest, dann solltest du wissen, dass Basisdemokratie erfahrungsgemäß innovationsfeindlich und konservativ ist. Ein Beispiel ist die späte Einführung des Frauenwahlrechts in der Schweiz, aber ich kann dir gerne auf Nachfrage eine ganze Reihe von weiteren Beispielen aufzählen. Plebiszitäre Abstimmungsweisen würde ich dir keinesfalls empfehlen, da kommt nur Murks heraus. Das Problem ist meist auch die Anlage solche Abstimmungen: Wenn man nur mit ja oder nein stimmen kann, dann bleibt im Gegensatz zu kleinen, fachlich geschulten Verhandlungsteams, kein Raum für Kompromisslösungen.

FastForward hat geschrieben:Du hast vollkommen Recht wenn du sagst dass die RBE eine Weltanschauung ist, ansonsten könnte ich sie hier auch garnicht vertreten. Es geht darum keine Entscheidungen aufgrund eines veralteten Standes der Ideologie zu treffen. Gibt es Erkenntnisse die den bisherigen Erkenntnissen widersprechen muss dies angenommen und integriert werden. Eine dynamische Ideologie auf dem Stand des aktuellen Wissens könnte man sagen. Man nimmt Abstand von diesem Begriff weil Ideologie für Statik und Unverbesserlichkeit steht.

Sorry, bei allen grundsätzlichen Sympathien für dich, aber das geht nicht an. Du drehst den Begriff "Ideologie" wild herum, wie er dir gerade passt und zeigst hier keinerlei konzeptionelles Verständnis davon, was dieser Begriff in der Ideengeschichte und zeitgenössischen Politischen Philosophie bedeutet hat und bedeutet.
Ideologie ist ein Begriff, der ein System von Sätzen umfasst, das eine bestehende Weltsicht beschreibt. Wenn du von "veraltetem Stand der Ideologie" redest, dann meinst du offenbar verschiedene Entwicklungsstände ein und derselben ideengeschichtlichen Linie (beispielsweise das Demokratieverständnis, das sich im Laufe der Jahrtausende gewandelt hat) und setzt sie gleich mit der "Ideologie an sich". Es gibt aber keine "Ideologie an sich", genauso, wie es nicht "DEN Baum" oder "DIE Waschmaschine" gibt, das alles sind nur Überbegriffe für bestimmte Entitäten mit bestimmten übereinstimmenden Merkmalen. Es wird immer widerstreitende Ideen und Vorstellungen geben und die Venusideologie wird immer EINE davon bleiben. Ob diese Ideologie sich nun fortentwickelt oder nicht, ist nicht dafür relevant, dass es eine Ideologie ist. Die Tatsache, dass BMW seine Motoren "Triebwerke" nennt, weil es besser klingt, ändert ja auch nichts daran, dass sie Motoren sind. Genausowenig könnt ihr einfach festlegen, dass eure Ideologie sich über andere Ideologien erhebt und daher nicht als Ideologie oder als besondere Ideologie zu betrachten ist. Das ist ein simpler Marketingtrick, mit dem du die Überlegenheit der Venusideologie verkaufen willst, weiter nichts, es macht diese Ideologie aber nicht substantiell besser (als ob nicht fast jede Ideologie im Laufe der Zeit Neues integriert und sich verändert hätte, das ist überhaupt nichts besonderes).

Was mir, zusammenfassend, bei euch so Sorgen macht, ist, dass ihr eurer Vision so unkritisch gegenübersteht. Etwas mehr Bescheidenheit täte euch gut. Ihr werdet nicht alle Probleme dieser Welt lösen, stilisiert euch nicht zu den Erlösern hoch, das zieht am Ende nur bittere Enttäuschung nach sich, weil das ganze Projekt, so wie es derzeit konzipiert ist, scheitern muss: Entweder, weil es klugerweise gar nicht umgesetzt wird (wahrscheinlichstes Szenario), oder weil es durchgesetzt wird und dann an seinen Unzulänglichkeiten zerbricht.
Zuletzt geändert von Nanna am Di 3. Aug 2010, 16:58, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Venus Projekt

Beitragvon Bionic » Di 3. Aug 2010, 16:56

Was mich an dieser Vision gleich gestört hat ist, dass es ja Venus-PROJEKT genannt wird. Hört sich so an als müsste man nur ein par Sachen bearbeiten und dann könne alles besser werden.
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Re: Venus Projekt

Beitragvon Philo » Mi 11. Aug 2010, 15:05

Hallo zusammen,

wie ich sehe, vermögen es viele Menschen nicht, sich gedanklich vom aktuell (recht traditionell geprägten) gewohnten Weltbild zu lösen.
Dabei ist das Grundprinzip, auf dessen das Venus-Projekt fusst, alles andere als neu.
Es ist sogar so, dass seit es die Menschheit, bzw. den "Homo sapiens" gibt, bis auf wenige tausend uns zeitnaher Jahre, nichts anderes gelebt wurde, als das, was das V-P in Bezug zu unserem eigentlichen Naturell zu vermitteln versucht.
Unsere derzeitig gültige und daher gelernte Schitzophrenie gibt in dessen Bewusstsein vor, Menschen, die vor mehreren tausend Jahren lebten, als "Wilde" zu bezeichnen.
Wir modernen, kapitalistisch geprägten (indoktrinierten)und sonstwie (religiös) psychisch entarteten Menschen, leugnen daher nur zu gerne eine geistige Fehlentwicklung, die wir längst als Normalität akzeptiert haben.

Man kann Logik - auch im humanistischen Sinne - zum unparteiischen Richter mitunter (!) für, oder gegen das V-P erheben, nur fürchte ich, dass es derartige Humanisten gar nicht gibt.

In Überzeugung dessen würde es mich freuen, gänzlich widerlegt zu werden.

Herzlichst, Philo
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Re: Venus Projekt

Beitragvon Nanna » Do 12. Aug 2010, 09:18

Philo hat geschrieben:Wir modernen, kapitalistisch geprägten (indoktrinierten)und sonstwie (religiös) psychisch entarteten Menschen, leugnen daher nur zu gerne eine geistige Fehlentwicklung, die wir längst als Normalität akzeptiert haben.

Auch an dich: Lies Jared Diamond ("Kollaps", "Arm und Reich"), dann wirst du - vielleicht - feststellen, dass es in der Geschichte vom Prinzip her immer mehr oder weniger so zugegangen ist, wie heute und dass es NIE einen paradiesischen Normalzustand oder soetwas gab. Das Leben des Menschen bestand schon immer zu einem Großteil aus Kampf um Dominanz und Macht, wir unterscheiden uns da prinzipiell nicht von einem stinknormalen Wolfsrudel, wo es auch Kabbeleien um Land (Jaggründe), Futter, soziale Stellung gibt und sogar soetwas wie soziale Klassen existieren. Daran ist nichts "unnatürlich" - wäre es das, könnte es (nach naturalistischer Auffassung) nicht existieren.

Es gibt kein(e)
- "edlen Wilden", also Völker, die in moralischer Überlegenheit und Eintracht mit der Natur leben oder lebten, also einen "normalen" Umgang mit sich und der Natur pflegten. Gier, Hass, Neid, Besitzdenken gab und gibt es in allen Gesellschaften, selbst denen, die formal gar keinen Besitz kennen, auch wenn das Problem da nicht gar so virulent ist/war.
- keine "Fehlentwicklungen". Evolution, und der Mensch ist zu 100% Teil dieses Prozesses, ist eine stetige Abfolge von Entwicklungen; ohne "Fehl-". "Fehlentwicklung" impliziert eine auf subjektiven Sichtweisen basierende Bewertung. Nicht, dass ich das schon auf drei Metern ausgewalzt hätte...
- keine "psychische Entartung", hier wird dieselbe unzulässige Bewertung vorgenommen. Wenn du ausschließlich bei der Logik bleiben willst, dann solltest du analysieren, woher Ideologien kommen und nicht selber mit ideologischen Argumenten um dich werfen. Unsere Psyche passt sich den Umweltbedingungen an und formt diese aber auch mit (Sein, Bewusstsein, dialektisches Verhältnis usw., du weißt schon), das ist im weitesten Sinne Teil eines sehr komplexen Ursache-Wirkung-Prozesses. Eine Entartung würde einen Normalzustand implizieren, den es unter den Bedingungen von Evolution aus systemimmanenten Gründen (permanente Veränderung, Anpassung, Neujustierung des gesamten Systems) einfach nicht geben kann.
- "Logik im humanistischen Sinne"; Logik ist Logik. Punkt.
- "eigentliches Naturell" des Menschen; Wir sind eine der anpassungsfähigsten Spezies der Welt; Wir haben, relativ und absolut, eine der längsten Kindheiten aller Spezies und verfügen damit über den Vorteil, uns innerhalb von wenigen Generationen auf komplett andere, neue Umweltbedingungen einzulassen, mit all dem sich radikal verändernden dazugehörigen kulturellen Wissen, das einem Heranwachsenden vermittelt werden muss, damit er in der jeweiligen Gesellschaft überleben kann. Wir haben kein "Naturell", keine kulturelle Bestimmung, wir sind kulturelle Amöben.

Und jetzt steck diese implizite Teleologie und die Reinigungsfantasien weg. Dinge passieren und wir sind mittendrin, es gibt keinen idealen Zustand, auf den wir hinstreben können oder den es mal gegeben hat, wir können nur einfach das subjektiv beste aus der Situation machen, in der wir gerade sind.
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Re: Venus Projekt

Beitragvon Klaus » Do 12. Aug 2010, 12:02

Das Venus-Projekt ist eine unwissenschaftliche Utopie und hat für mich schon esoterische Züge.

Es gab keine paradisischen Zustände. Nehmen wir nur einmal die Selektion und den damit verbundenen Druck der Anpassung für alle Individuen und Organismen. Dieser Anpassungsdruck hat den Menschen genau zu dem gemacht was er heute ist. Naturkatastrophen, Klima, Fressfeinde, Nahrungsmittelkonkurrenten, auch der eigenen Spezies angehörend, Parasiten, Krankheiten ect.pp. sind nicht paradisisch zu nennen. Wer das negiert verlässt den wissenschaftlichen Diskurs. Ohne Anpassungsdruck, keine Entwicklung und damit keine Evolution.
Insofern haben wir heute nicht die beste, aber die bestmögliche Gesellschaft.

Ansonsten kann ich dem was Nanna da geschrieben hat nur zustimmen.
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Re: Venus Projekt

Beitragvon Philo » Mo 27. Sep 2010, 06:17

Nanna hat geschrieben:Auch an dich: Lies Jared Diamond [...]

Nö, warum sollte ich mich einem trivialkulturellen Gedankengut ergeben, wie das von Jared Diamond und ähnlich Gesinnte, die das Gestrige als Zukunftsurteil begreifen.
Das menschliche Bewusstsein ist ein gelerntes Bewusstsein und dominiert nicht selten entgegen natürlicher und tiergleicher Triebe wie bspw. Sexualität u.v.m. - siehe Zölibat und ähnlich gelernte schitzophrene Verhaltensmuster in allerlei Kulturen.
So haben auch keine Tiere evolutionsbedingt politische Systeme erzwungen und überhaupt fusst jedes Herden- sowie Rudelverhalten auf völlig anderen Bewusstseinsformen, als die, die wir Menschen im stande sind zu leisten.
Schon allein das Gedankengut zum Venus-Projekt beweist, zu was der Mensch fähig ist.
Leute wie Jared Diamond nutzen ihre Kompetenz, um sich innerhalb des aktuellen Zeitgeistes zu behaupten und übersieht dabei (vermutlich absichtlich) Leute, wie Jaque Fresco.
Zudem; niemand spricht von paradiesischen Zuständen, sondern von einer Optimierung menschlicher Fähigkeiten aufgrund des endlos erweiterbaren Bewusstseins des kritisch rationalen und logischen Denkens.
Unmöglichkeitserklärer behielten noch nie recht und gehören zu jenen extrem frustrierten Menschen, die nur ihre Resignation als gleichsam Schwäche zu vertuschen versuchen.
Allein die Tatsache, wie Menschen den Begriff "Macht" im Sinne von "Unterdrückung" definieren, zeigt auf, wie extrem man versucht ist, Unwissenheiten durch aggressive Verhaltensmuster zu ersetzen.
Und das, liebe Nanna, gilt auch für Dich.
Klaus hat geschrieben:Das Venus-Projekt ist eine unwissenschaftliche Utopie und hat für mich schon esoterische Züge.

Eine wirklich gute Idee erkennt man daran, dass ihre Verwirklichung von vorneherein ausgeschlossen erscheint. [Albert Einstein]
Zudem:
Es ist schwieriger, ein Vorurteil zu zertrümmern, als ein Atom. [Albert Einstein]

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