Das Multiversum und was es bedeutet

Re: Das Multiversum und was es bedeutet

Beitragvon Gandalf » Mi 7. Dez 2011, 20:10

ganimed hat geschrieben: Und wie kommen die so schnell dorthin? Das wäre der schnellste Kopier- und Backupalgorithmus, der mir je untergekommen ist.

Genau das ist die Eigenschaft eines auf Quantensystemen aufgebauten Quantencomputers
(und daher kann das Universum kein "einzelnes Unviersum sein" - nach unserem klassischen Verständnis von Universum.)
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Re: Das Multiversum und was es bedeutet

Beitragvon Gandalf » Mi 7. Dez 2011, 20:13

ganimed hat geschrieben:Ich habe schon in einer Diskussion mit Gandalf große Probleme, von Qanten auf menschliche Gedanken zu kommen. Die einen sind sehr sehr klein, die anderen irgendwie nicht. Also selbst wenn es bei jedem Quantenereignis in Kopenhagen ein neues Universum gibt, selbst wenn wegen jedes Zerfalls im Staub hinterm Block 3 in Fukushima eine neue Kopie der Pferdekopfnebels, ja des ganzen irre großen Universums gibt, selbst dann sehe ich nicht, was das mit stines Büchern zu tun hat.

Oder verstehe ich da was falsch? Quantenereignis (oder Quantenentscheidung) meint doch scheinbar nicht deterministische, also völlig zufällige Ereignisse auf Quantenebene.


sie sind nur aus der Froschperspektive indeterministisch - d.h. ohne auch nur die Aussicht auf eine theoretische Chance den dahinter stehenden Determinismus vollständig erfassen zu können. Dennoch müssen sie determinisitsch sein, denn sonst könnte man von einem Quantencomputer von vorne herein keine Lösung erwarten.

ganimed hat geschrieben:Wieso zerfällt das Atom gerade jetzt und nicht in fünf Minuten? Man weiß es nicht und sagt deshalb: es tut beides: es zerfällt jetzt und es zerfällt in fünf Minuten. Dann braucht man nicht mehr fragen, wieso dies und nicht das. Man muss nur erklären, wieso wir (unser Bewusstsein, unsere Kopie) ausgerechnet in diesem Universum "gelandet" ist, wo der Zerfall jetzt war. Ich finde, damit ist die Frage nur verschoben. Erst wusste man nicht, wieso der Zerfall jetzt erfolgte. Nun weiß man nicht, wieso man sich im Universum befindet, in dem der Zerfall jetzt erfolgte.

Meine Frage also: was gewinnt man mit der MWI?

Sie löst viele philosophische Probleme, so z.B. warum das Universum so aussieht, wie es aussieht: und es kein Zufall ist, das es - einschließlich vieler Naturgesetze und Konstanten so aussieht.

Nur in einem Multiversum kann es eine Evolution (= Diversifikation/Selektion) der Universen Richtung dessen was wir als "stabil" bezeichnen, geben.
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Re: Das Multiversum und was es bedeutet

Beitragvon ujmp » Mi 7. Dez 2011, 20:33



Harald Lesch spricht hier auch von "Wahrscheinlichkeit". (6:10)
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Re: Das Multiversum und was es bedeutet

Beitragvon ujmp » Mi 7. Dez 2011, 20:40

Arathas hat geschrieben:So, es war das elegante Universum von Brian Greene, in dem beschrieben wird, wie es zur Viele Welten-Interpretation (=Multiversum) kam. Hab es gerade nachgeschlagen.

Danke, Arathas, dass du dir die Mühe gemacht hast das hier darzustellen. Ich werd mir das Buch mal besorgen.
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Re: Das Multiversum und was es bedeutet

Beitragvon Arathas » Mi 7. Dez 2011, 21:55

Das Buch ist echt gut - wenn ich auch im letzten Drittel nicht mehr als ein Drittel überhaupt zu verstehen geglaubt habe. :mg:


Lesch-Videos hab ich auch schon ne Menge geguckt, dieses war mir neu, und es drängt sich mir nach dem Betrachten sofort eine Frage auf, denn ich hab da mal wieder was nicht verstanden:

Der Tunnel-Effekt zweier Protonen in einem Stern wie der Sonne kommt von der Wahrscheinlichkeit her, so erläutert es Herr Lesch in dem Video, einmal in zehn Milliarden Jahren vor und "regelt damit den ganzen Fusionsprozess in diesem Stern". Jetzt mein Problem: Damit so ein Tunneleffekt zweier Protonen überhaupt stattfinden kann, muss ein Stern wie die Sonne ja bereits zu einer riesigen glühenden Kugel angewachsen sein, wo der Effekt dann die Kernfusion auslöst. Aber was ist so ein Stern dann, bevor ein solcher Tunneleffekt stattfindet? Bei einer Wahrscheinlichkeit von 10 Milliarden Jahren könnte die Sonne ja auch erstmal fünf Milliarden Jahre alt werden, bevor es einmal eintritt. Ist es dann vorher noch keine Sonne, sondern ... was auch immer?

Also was ist ein Stern, bevor der zufällige Quanteneffekt ihn zum Stern (also zu einer Sonne) macht?
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Re: Das Multiversum und was es bedeutet

Beitragvon ganimed » Mi 7. Dez 2011, 22:16

Auch von mir vielen Dank für die Doppelspalt-Erklärungen. Der Punkt den ich noch nicht ganz verstehe ist der Sprung von A nach B, wobei
A = Ein Photon fliegt so durch einen der Spalt an den Schirm dahinter, als ob er eine Welle wäre und andere Photonen-Wellen gleichzeitig auch da wären.
Dann der logische Spung: hopp
B = Das Photon muss durch beide Spalte geflogen sein
?? Wie bitte? Ist das so? Eine andere Erklärung gibt es wirklich nicht? Kapiere ich nicht. Könnte nicht das Photon von vor 10 Sekunden im Raum eine "Wahrscheinlichkeitsspur" hinterlassen haben? Solche oder ähnliche wilden Vermutungen klingen für mich jedenfalls erstmal genau so wahrscheinlich unwahrscheinlich wie die Geschichte des doppelten Photon-Lottchens.

Arathas hat geschrieben:Jetzt mein Problem: Damit so ein Tunneleffekt zweier Protonen überhaupt stattfinden kann, muss ein Stern wie die Sonne ja bereits zu einer riesigen glühenden Kugel angewachsen sein, wo der Effekt dann die Kernfusion auslöst. Aber was ist so ein Stern dann, bevor ein solcher Tunneleffekt stattfindet? Bei einer Wahrscheinlichkeit von 10 Milliarden Jahren könnte die Sonne ja auch erstmal fünf Milliarden Jahre alt werden, bevor es einmal eintritt.

Der Stern ist vor der ersten Verschmelzung eine ziemlich große Kugel aus Gas, die aufgrund der Schwerkraft ziemlich druckvoll agiert innen drin. Und es mögen 10 Milliarden Jahre vergehen bis die beiden Wasserstoffatome Dieter und Edelbert verschmelzen, also genau dieses Paar. Aber gleichzeitig kommen ja auch Horst und Waldemar, bzw. weitere zig Trilliarden Atome aufeinander zugepresst. Die Wahrscheinlichkeit des Tunneleffektes für ein Paar ist hier dann mit der Anzahl der Paare zu multiplizieren. Wenn ich das richtig verstehe. Und dann klappts auch mit dem Atomnachbarn.
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Re: Das Multiversum und was es bedeutet

Beitragvon Arathas » Mi 7. Dez 2011, 22:48

ganimed hat geschrieben:Und es mögen 10 Milliarden Jahre vergehen bis die beiden Wasserstoffatome Dieter und Edelbert verschmelzen, also genau dieses Paar. Aber gleichzeitig kommen ja auch Horst und Waldemar


Mh, das passt nicht, die Wahrscheinlichkeit des Tunneleffekts beträgt 10 hoch 18 (Lesch bezeichnete dies als unvorstellbar hohe Zahl). 10 Milliarden Jahre sind zum einen nicht unvorstellbar, sondern ganz gut im Sprachgebrauch verankert, und zum anderen auch nicht 10 hoch 18.

Lesch sagte ja auch, dass die Wahrscheinlichkeit des Tunneleffekts bei einem Planeten "wie unserer Sonne" bei 10 Milliarden Jahren läge. Also meinte er wohl nicht Dieter und Edelbert, sondern tatsächlich die Gesamtheit der Atome in der Sonne ... oder?
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Re: Das Multiversum und was es bedeutet

Beitragvon ujmp » Mi 7. Dez 2011, 22:55

Ich glaub übrigens auch, dass "Unbestimmtheit" eigentlich missverstanden wird, es sollte besser "Unbestimmbarkeit" heißen. Es geht nämlich nicht um den Zustand eines Teilechens selbst, sondern um unser Wissen darüber, es ist ein Problem der Beobachtung. Die Unschärferelation resultiert m.E. daraus, dass man den Zustand eines quantenmechanischen Teilchens nicht messen kann, ohne ihn zu beeinflussen. Den Zustand, z.B. der Bewegung einer Billardkugel kann man messen z.B. mit einer Lichtschranke. Genaugenommen ändert natürlich auch der Lichtstrahl, der auf die Kugel trifft, deren Bewegungszustand, aber dieser Effekt spielt im Verhältnis zum makroskopischen Effekt keine Rolle. Wenn man aber ein Lichtteilchen mit einer Lichtschranke messen will, hat man einen Effekt von 1 zu 1. Es ist dann so, als wollte man feststellen wo sich im Dunkeln eine Billardkugel befindet, indem man drauf hört, ob sie auf eine andere Billardkugel knallt. Indem Augenblick, wo es knallt, weiß ich zwar, dass sie da ist, aber nicht, wohin sie gerollt wäre, wenn sich nicht aufgeprallt wäre, denn der Aufprall muss die Bewegung ändern. Man könnte nun denken, die Änderung ließe sich aus der Bewegung der zweiten Kugel schließen, aber diese müsste ich auf dem selben Wege messen und hätte dann dasselbe Problem. "Unbestimmtheit" heißt also keineswegs, dass der Ort oder die Bewegung eines Teilchens nicht determiniert wären, sondern das heißt nur, dass Ort oder Bewegung subjektiv nicht gleichzeitig festgestellt werden können. Die Unschärfe bezieht sich also auf das Sehen und nicht auf das Sein. Draußen ist kein Nebel, sondern die Brille ist schlecht!
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Re: Das Multiversum und was es bedeutet

Beitragvon Arathas » Mi 7. Dez 2011, 23:06

ujmp, genau dies habe ich mich auch schon oft gefragt. Aber gegen diese These spricht eigentlich, dass niemand von den "Vereinfachern", die das alles wirklich kapieren und den Laien solche Sachverhalte in Bildern statt mathematischen Formeln beschreiben können, dies auch so schreibt.

Diese Wissenschaftler sprechen immer davon, dass der Aufenthaltsorte dieser winzigsten aller Teilchen wirklich unbestimmt sind. Nicht, dass sie unbestimmbar sind, weil wir Menschen es halt nicht besser hinkriegen, sondern dass diese Teilchen wahrhaft springen. Von hier nach da - und das chaotisch. Und gleichzeitig auch überall sind. Whatever ... :irre:

Ich bin darum bisher davon ausgegangen, dass die metaphorische Sprache, die benutzt wird, um Laien diese Sachverhalte zu erklären, nicht ganz perfekt ist, und dass ein solches "Bild" nicht einfach so von uns auf diese Weise erweitert werden kann - weil es dann nämlich zu einem falschen Ergebnis führt.

Tja, wer weiß die Antwort? Kennt sich da einer zufällig aus?
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Re: Das Multiversum und was es bedeutet

Beitragvon Gandalf » Mi 7. Dez 2011, 23:37

ujmp hat geschrieben:Die Unschärfe bezieht sich also auf das Sehen und nicht auf das Sein. Draußen ist kein Nebel, sondern die Brille ist schlecht!

Zum ersten Satz "Könnte" ich Dir in gewisser Weise zustimmen. Doch der zweite Satz greift voll daneben. Es müsste wohl heißen: Draußen ist Nebel, - aber wir sind (unheilbar) blind
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Re: Das Multiversum und was es bedeutet

Beitragvon Gandalf » Mi 7. Dez 2011, 23:42

Arathas hat geschrieben:Diese Wissenschaftler sprechen immer davon, dass der Aufenthaltsorte dieser winzigsten aller Teilchen wirklich unbestimmt sind. Nicht, dass sie unbestimmbar sind, weil wir Menschen es halt nicht besser hinkriegen, sondern dass diese Teilchen wahrhaft springen. Von hier nach da - und das chaotisch. Und gleichzeitig auch überall sind. Whatever ... :irre:

Ich bin darum bisher davon ausgegangen, dass die metaphorische Sprache, die benutzt wird, um Laien diese Sachverhalte zu erklären, nicht ganz perfekt ist, und dass ein solches "Bild" nicht einfach so von uns auf diese Weise erweitert werden kann - weil es dann nämlich zu einem falschen Ergebnis führt.

Es ist ein 'Prinzip' - und keine Messungenauigkeit, die man evtl. kompensieren könnte
dUnd der Denkfehler liegt auch nicht im Bild vom "Springen", - sondern im "Bild von Teilchen" (das auf dem falschen Weltbild der klassischen Physik beruht)
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Re: Das Multiversum und was es bedeutet

Beitragvon Gandalf » Do 8. Dez 2011, 00:05

ganimed hat geschrieben:Auch von mir vielen Dank für die Doppelspalt-Erklärungen. Der Punkt den ich noch nicht ganz verstehe ist der Sprung von A nach B, wobei
A = Ein Photon fliegt so durch einen der Spalt an den Schirm dahinter, als ob er eine Welle wäre und andere Photonen-Wellen gleichzeitig auch da wären.
Dann der logische Spung: hopp
B = Das Photon muss durch beide Spalte geflogen sein
?? Wie bitte? Ist das so? Eine andere Erklärung gibt es wirklich nicht? Kapiere ich nicht. Könnte nicht das Photon von vor 10 Sekunden im Raum eine "Wahrscheinlichkeitsspur" hinterlassen haben? Solche oder ähnliche wilden Vermutungen klingen für mich jedenfalls erstmal genau so wahrscheinlich unwahrscheinlich wie die Geschichte des doppelten Photon-Lottchens.


Es gibt sehr wohl (vernünftigere) Erklärungen für die Ereignisse am DS, als der "Kopenhagener Interpret Lesch" (und bekennender gottgläubiger Katholik) zu erklären in der Lage ist oder möchte.

z.B. die, wonach mit jedem (sichtbaren) "Photon", eine Vielzahl von anderen (unsichtbaren) "Photonen" mit durch die Doppelspalte "fliegt" und damit das Interferenzmuster auf dem dahinterliegenden Schirm erzeugt. Denn "Irgendwas" muss das einzelne Photon ja beeinflusst haben, da es von seiner Bahn abgewichen ist. Und da es offensichtlich mit diesem "unsichtbaren etwas" interferieren konnte, ist anzunehmen, dass die (für uns) "unsichtbaren Teilchen" exakt die gleichen Eigenschaften haben müssen, wie die Sichtbaren (In der Physik wird regelmäßig auf Eigenschaften geschlossen, auch wenn einzelne Eigneschaftsträger nicht direkt sichtbar sind, - wie z.B. die Vorgänge in der Sonne)

Interessanter wird es nämlich noch, wenn man zusätzlich zu den 2 Spalten, einen Dritten und dann noch weitere öffnet: Das einzelne Photon kommt dann (also bei 'mehr offenenen Durchgägnen') nicht mehr an den Stellen an, an denen es ankam, als nur 2 Möglichkeiten gegeben waren. (Wenn einer mehr bildhafte Beschreibungen dieses Experimentes dafür braucht --> hier)
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Re: Das Multiversum und was es bedeutet

Beitragvon Arathas » Fr 9. Dez 2011, 00:48

Irgendwie ist das mit den unsichtbaren Photonen, die auf jedes für uns sichtbare Photon kommen, auch nicht viel sinnvoller als die Annahme, das Photon würde jeden möglichen Weg nehmen und gleichzeitig beide Spalte durchqueren ...

Der Ausgang mit dem "mehr als zwei Spalte-Experiment" ist aber doch vorhersehbar, nach beiden Theorien: Wenn mehr Spalte da sind, die das Photon durchqueren kann, dann beeinflusst es sich selbst auf eine andere Weise, als es das tun würde, wenn nur zwei Spalte offen sind.

Und auch unsichtbare Photonen würden eine Viele-Welten-Interpretation erlauben, oder? Diese unsichtbaren Photonen müssen ja nicht zwangsläufig in unserem Universum sein, um wiederum unser Universum zu beeinflussen. In einem anderen Universum würde das dort sichtbare Photon dann z.B. von dem in unserem Universum sichtbaren beeinflusst. Und von allen anderen in allen anderen Universen.

BTW: Ich bin kein Anhänger der Viele-Welten-Interpretation, ich finde sie nur sehr spannend. Andere Theorien zu solchen Phänomenen sind natürlich nicht weniger spannend. Man muss sich ja nicht für eine Theorie entscheiden und dann sagen: Zu der stehe ich. Ich favorisiere erstmal gar nichts, ich bin nur fasziniert von solchen Dingen.
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Re: Das Multiversum und was es bedeutet

Beitragvon Myron » Fr 9. Dez 2011, 00:55

Es gibt da ein schwerwiegendes logisches Problem mit den vielen Welten:
Wenn etwas oder jemand in mehr als einer Welt existiert und in der einen eine bestimmte Eigenschaft besitzt, die ihm in der anderen fehlt, dann besteht ein widersprüchlicher Sachverhalt, nämlich, dass das betreffende Etwas oder der betreffende Jemand die betreffende Eigenschaft zugleich besitzt und nicht besitzt – und das ist bekanntlich logisch unmöglich!

Eine mögliche Lösung dieses logischen Problems besteht darin, dass man (wie David Lewis es getan hat) die Idee weltübergreifender numerischer Identität (transworld identity) aufgibt. Es wäre dann nämlich nicht der Fall, dass ein und dieselbe Sache oder Person in mehr als einer Welt existiert, sondern nur, dass in anderen Welten weitestgehend ähnliche Gegenparte/-stücke (counterparts) existieren. Wenn x die Eigenschaft Y hat und seinem Gegenpart x* Y fehlt, dann besteht kein widersprüchlicher, logisch unmöglicher Sachverhalt, da es sich um zwei verschiedene Dinge handelt.
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Re: Das Multiversum und was es bedeutet

Beitragvon Gandalf » Fr 9. Dez 2011, 07:26

Myron hat geschrieben:Es gibt da ein schwerwiegendes logisches Problem mit den vielen Welten:


Hi Myron!

Das ist kein "logisches Problem der Vielen Welten", sondern derjenigen, die in die "Viele-Welten-Theorie" etwas hineininterpretieren, was von keinem Viele-Weltler behauptet wurde.
(noch viel größer als die "Vielen-Welten" - sind die falschen Vorstellungen darüber, hauptsächlich auf Grund einer faslchen "Lehrmeinung" und unserem "klassich geprägten Verständnis von Physik" - und der Alltags-Wirklichkeit. Allein schon der Begriff "Zeit" ist lt. der VWI eines der größten Mißverständnisse überhaupt)

Als erstes sollte man mal das 'rein lineare Denken' aufgeben, da dies das falsche Instrument ist, das Multiversum zu begreifen. Die anderen Universen sind nicht "neben" uns, sondern stehen "senkrecht zu uns" (orthogonal, Orthogonalisierung = Verschränkung). Genauso wie man sich der 4ten (Raum-) Dimension nur mit 3-dimensionalen Hilfsbildern nähern kann (immer wissend um die Unvollstädigkeit des Bildes), sind hier 'ebenenübgergreifende' Bilder die richtige Form der Annäherung:

Das Multiversum ist eine "Torte". Diese wird nicht größer, wenn man sie aufteilt. Die Stücke differenzieren sich nur, (auch wenn sie auf den ersten Blick gleich ausschauen). Dennoch bleibt eine Torte, eine Torte - nur für den nicht, der davon ein Stück isst.. - ;-)

Wer es etwas kryptischer mag: "Teilt" sich etwa ein Hologramm in verschiednde Stücke, wenn verschiedene Beobachter asu verschiedenen Winkeln darauf schauen - oder ist jeder Teilaspekt immer nur 'ein verschränkter Teil' eines unteilbaren Ganzen?

Die Antwort lautet also: Nein es gibt keine numerische Identität auf unserer Ebene. - Im Konfigurationsraum lassen sich nur Einheiten zu numerischen Identidäten zusammenfassend beschreiben.
Zuletzt geändert von Gandalf am Fr 9. Dez 2011, 07:30, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Das Multiversum und was es bedeutet

Beitragvon Gandalf » Fr 9. Dez 2011, 07:28

Arathas hat geschrieben:
Und auch unsichtbare Photonen würden eine Viele-Welten-Interpretation erlauben, oder? Diese unsichtbaren Photonen müssen ja nicht zwangsläufig in unserem Universum sein, um wiederum unser Universum zu beeinflussen. In einem anderen Universum würde das dort sichtbare Photon dann z.B. von dem in unserem Universum sichtbaren beeinflusst. Und von allen anderen in allen anderen Universen.


Das Bild mit den "unsichtbaren Photonen" ist nichts anderes als eine bildhafte, logisch konsistente Beschreibung der VWI! (Sie kann auch anders beschrieben werden)
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Re: Das Multiversum und was es bedeutet

Beitragvon Arathas » Fr 9. Dez 2011, 09:11

Ah. Ich hatte mich schon gefragt, warum du für das DS-Experiment eine "andere" Erklärung anführst, die irgendwie genauso auf die VWI schließen lässt wie die vorherige ... :mg:
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Re: Das Multiversum und was es bedeutet

Beitragvon ujmp » Fr 9. Dez 2011, 09:49

Gandalf hat geschrieben:Als erstes sollte man mal das 'rein lineare Denken' aufgeben, da dies das falsche Instrument ist, das Multiversum zu begreifen. Die anderen Universen sind nicht "neben" uns, sondern stehen "senkrecht zu uns" (orthogonal, Orthogonalisierung = Verschränkung). Genauso wie man sich der 4ten (Raum-) Dimension nur mit 3-dimensionalen Hilfsbildern nähern kann (immer wissend um die Unvollstädigkeit des Bildes), sind hier 'ebenenübgergreifende' Bilder die richtige Form der Annäherung: [usw.usw.]

Das ist mal wieder eine prima Gelegenheit meine Behauptung zu erneuern, dass uns überhaupt nichts anderes übrig bleibt, als die Welt "linear" zu betrachten. Denn welches Modell von welchem Sachverhalt auch immer wir aufstellen, es hat die Form

y = f(x)

d.h. "y ist abhängig von x". Das ist sozusagen die Welformel der Welt als Vorstellung. Man darf sich nicht davon täuschen lassen, dass "f" gelegentlich eine recht komplexe Funktion darstellt, denn es gibt keine komplexe Funktion, die sich nicht in weniger komplexe Funktionen zerlegen liese - bis man bei linearen Funktionen angelangt ist. Und dies ist m.E. nicht eine Eigenschaft der Welt, sondern eine Eigenschaft unserer Modelle - wir haben dazu nur dieses eine konstruktive Element.
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Re: Das Multiversum und was es bedeutet

Beitragvon ujmp » So 11. Dez 2011, 09:59

... und die eigentlichen "Quanten" sind die Einheiten der Wahrnehmung. Sie entsprechen der Vorstellungswelt, die durch die sensorische Ausstattung unseres Organismus begrenzt ist. Diese Sensoren können Zeit, Gewicht, Temperatur, Entfernung, Anstrengung usw. wahrnehmen (was gibts sonst noch?) und alle Modelle, die wir konstruieren, sind aus diesen Größen konstruiert. Die Annahme, dass unsere Sensorik die Welt vollständig abbildet - besser gesagt - modelliert, ist recht gewagt. Sie bildet nur einigermaßen die Nische ab, in der wir existieren. Gerade am "Welle-Teilchen-Dualismus" sieht man ja, dass sich u.U. kein adäquates Modell aus bekannten Größen bauen lässt.
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Re: Das Multiversum und was es bedeutet

Beitragvon Nanna » So 11. Dez 2011, 11:07

Gandalf hat geschrieben:Eine Gegenfrage: was macht das Multiversum der Quantenphysik so viel (bzw. überhaupt) "stranger", in Bezug zu einem "normalen, unendlich großen Universum"?
Man (M. Tegmark) stellt sich einfach die Frage wieviel Protonen in ein Hubble-Volumen einer bestimmten Temperatur passen und erhält 2 hoh10 hoch118 mögliche Anordnungen von Protonen. Ein Kasten mit diesem Volumen Seitenlänge 10hoch10hoch 118 erschöpft also sämtliche Möglichkeiten. - Jenseits dieses Kastens müssen sich die Universen identisch (also einschließlich uns) wiederholen.
(spätestens dann, - wahrscheinich eher, da viele Gesetzmäßigkeiten in den Universen zu ähnlichen Ergebnissen führen werden)

So what? Die wenigsten Menschen haben Probleme damit, ein 'unendlich großes Universum' anzunehmen. Können sie aber deswegen nicht schlafen, weil diese Vorstellung mit 'Gewissheit' Doppelgänger impliziert?

Nein, ich habe kein Problem mit Doppelgängern oder mit der Unendlichkeit. Vorstellungskraft ist nicht das, woran es mir hier mangelt. Was für mich problematisch ist, sind die moralischen Konsequenzen, wenn ich, wie du es nennst, "Gewissheit" habe, dass ich mich im Falle einer Entscheidung gar nicht entscheiden kann, sondern auf alle Fälle beide Alternativen wähle und es reiner Zufall ist, in welcher der beiden Varianten "ich" mich hinterher wiederfinde.

Mal ein wildes hypotethisches Beispiel:
Nehmen wir an, ich habe eine Straftat beobachtet und dem Täter eine Schusswaffe entwendet, die ich nun auf ihn richte. In "meiner" kleinen Welt habe ich die Möglichkeit, mich zu entscheiden, ob ich ihn erschieße oder nicht. Im Multiversum ist es dagegen egal, was "ich" mache, weil ich sowieso mit Sicherheit beides mache. Ob ich ihn erschieße oder nicht, hängt nicht davon ab, dass ich mich auf Grundlage moralischer Abwägungen für eine der beiden Varianten entscheide, sondern lediglich davon, ob ich zufälligerweise der Doppelgänger bin, der das Glück oder eben Pech hat, das eine oder andere zu tun. Ich kann mich weder gut fühlen, wenn ich ihn verschone, weil ich ihn ja in einer der Varianten verschonen musste und genauso brauche ich mich auch nicht besonders schlecht fühlen, wenn ich ihn erschieße, weil ich das ja auch in einer der Varianten tun musste. Dadurch, dass ich determiniert bin, beides zu tun und es Glückssache ist, in welcher der Varianten ich mich hinterher wiederfinde, sind Entscheidungen und auch ganze Begründungsstränge etc. völlig irrelevant geworden.

Wenn ich also der MWI Glauben schenke, muss ich mit zwei Problemen vor dem Schlafengehen herumschlagen:
1. dem, dass ich alles, was ich am Vortag entschieden habe, überhaupt nicht entschieden habe, sondern nur durch Zufall so erlebt habe, während meine Doppelgänger den Tag - ebenfalls ohne eigenes Zutun - ganz anders erlebt haben und
2. dem, dass es auf die Gesamtheit der Universen gesehen keinerlei Moral oder Richtiges gibt, weil ich für jede gute Tat, die ich in irgendeinem Universum tue, in einem anderen mit Gewissheit eine schlechte begehe und das führt das ganze Ziel des moralischen Handelns absolut ad absurdum.

Nun sag mir, wie ich da im Glauben an die MWI gut schlafen können sollte. Oder habe ich die Implikationen einfach nur missverstanden?
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