Gandalf hat geschrieben:Eine Gegenfrage: was macht das Multiversum der Quantenphysik so viel (bzw. überhaupt) "stranger", in Bezug zu einem "normalen, unendlich großen Universum"?
Man
(M. Tegmark) stellt sich einfach die Frage wieviel Protonen in ein Hubble-Volumen einer bestimmten Temperatur passen und erhält 2 hoh10 hoch118 mögliche Anordnungen von Protonen. Ein Kasten mit diesem Volumen Seitenlänge 10hoch10hoch 118 erschöpft also sämtliche Möglichkeiten. - Jenseits dieses Kastens müssen sich die Universen identisch (also einschließlich uns) wiederholen.
(spätestens dann, - wahrscheinich eher, da viele Gesetzmäßigkeiten in den Universen zu ähnlichen Ergebnissen führen werden)
So what? Die wenigsten Menschen haben Probleme damit,
ein 'unendlich großes Universum' anzunehmen. Können sie aber deswegen nicht schlafen, weil d
iese Vorstellung mit 'Gewissheit' Doppelgänger impliziert?
Nein, ich habe kein Problem mit Doppelgängern oder mit der Unendlichkeit. Vorstellungskraft ist nicht das, woran es mir hier mangelt. Was für mich problematisch ist, sind die moralischen Konsequenzen, wenn ich, wie du es nennst, "Gewissheit" habe, dass ich mich im Falle einer Entscheidung gar nicht entscheiden kann, sondern auf alle Fälle beide Alternativen wähle und es reiner Zufall ist, in welcher der beiden Varianten "ich" mich hinterher wiederfinde.
Mal ein wildes hypotethisches Beispiel:
Nehmen wir an, ich habe eine Straftat beobachtet und dem Täter eine Schusswaffe entwendet, die ich nun auf ihn richte. In "meiner" kleinen Welt habe ich die Möglichkeit, mich zu entscheiden, ob ich ihn erschieße oder nicht. Im Multiversum ist es dagegen egal, was "ich" mache, weil ich sowieso mit Sicherheit beides mache. Ob ich ihn erschieße oder nicht, hängt nicht davon ab, dass ich mich auf Grundlage moralischer Abwägungen für eine der beiden Varianten entscheide, sondern lediglich davon, ob ich zufälligerweise der Doppelgänger bin, der das Glück oder eben Pech hat, das eine oder andere zu tun. Ich kann mich weder gut fühlen, wenn ich ihn verschone, weil ich ihn ja in einer der Varianten verschonen
musste und genauso brauche ich mich auch nicht besonders schlecht fühlen, wenn ich ihn erschieße, weil ich das ja auch in einer der Varianten tun
musste. Dadurch, dass ich determiniert bin, beides zu tun und es Glückssache ist, in welcher der Varianten ich mich hinterher wiederfinde, sind Entscheidungen und auch ganze Begründungsstränge etc. völlig irrelevant geworden.
Wenn ich also der MWI Glauben schenke, muss ich mit zwei Problemen vor dem Schlafengehen herumschlagen:
1. dem, dass ich alles, was ich am Vortag entschieden habe, überhaupt nicht entschieden habe, sondern nur durch Zufall so erlebt habe, während meine Doppelgänger den Tag - ebenfalls ohne eigenes Zutun - ganz anders erlebt haben und
2. dem, dass es auf die Gesamtheit der Universen gesehen keinerlei Moral oder Richtiges gibt, weil ich für jede gute Tat, die ich in irgendeinem Universum tue, in einem anderen
mit Gewissheit eine schlechte begehe und das führt das ganze Ziel des moralischen Handelns absolut ad absurdum.
Nun sag mir, wie ich da im Glauben an die MWI gut schlafen können sollte. Oder habe ich die Implikationen einfach nur missverstanden?