El Schwalmo hat geschrieben: tja, schon dumm, wenn der Gegner nicht ins Raster passt und man merkt, dass die gesammelten Vorurteile abprallen. Da kann ich Dir leider auch nicht helfen.
Nur soviel dazu noch: Was heißt hier nicht ins Raster passen? Du hast dich systematisch als Blender aufgespielt: "Mersch publiziert bei Books on Demand, die Zeitschrift wird ihre Gründe gehabt haben, ist für die Evolutionsbiologie nicht relevant, habe gerade mal bei Google in das Buch von Mersch geschaut und das war nicht überzeugend bla bla bla..."
Das kann man alles sagen, wenn man 3 Bücher bei Suhrkamp laufen hat, als Gutachter bei einer Zeitschrift tätig ist, selbst mindestens 10 Veröffentlichungen hat platzieren können, die aktuelle Forschung als Forscher überblickt, nicht aber als normaler Gymnasiallehrer. Da nennt man das dann blenden.
Erstaunlich auch deine angebliche Kontaktaufnahme mit Vollmer. Vollmer hat maßgebliche Beiträge zur Evolutionären Erkenntnistheorie verfasst. Die müsste aber nach deinem Vortrag hier irrelevant sein, da Evolution sich ja auf Gene und nur einen Teil der Fauna beschränkt.
Mersch befasst sich u. a. mit den nichtbiologischen Evolutionen. Darüber gibt es eine intensive wissenschaftliche Diskussion, siehe z. B. "Wheeler M, Ziman, JM, Boden MA (Hrsg.): The Evolution of Cultural Entities, 2002" oder „Ziman, John M. (Hrsg.): Technological Innovation as an Evolutionary Process, 2003“. Unter anderem heißt es, ein plausibles Evolutionsmodell für solche Evolutionen sei „far from reach“. Ich behaupte: Mersch hat ein solches Evolutionsmodell gefunden.
Mersch hatte Vollmer ursprünglich eine frühere Auflage seines Evolutionsbuches zugesendet. Vollmer wies ihn dann auf seine Arbeit „Vollmer, Gerhard: Was Evolutionäre Erkenntnistheorie nicht ist; In: Riedl, Rupert und Wuketits, Franz M. (Hrsg.): Die Evolutionäre Erkenntnistheorie – Bedingungen, Lösungen, Kontroversen, 1987“ hin, in der er darlegt, dass Evolutionäre Erkenntnistheorie nicht mit der Evolution des Wissens verwechselt werden dürfe, und dass die Wissensevolution aus diversen Gründen nicht darwinistisch modellisierbar sei. Mersch versprach ihm, auch diese Evolution noch im Rahmen seiner Systemischen Evolutionstheorie zu untersuchen, und die Ergebnisse dann in die 4. Auflage einzubauen. Die liegt seit August 2008 vor.
Die Resultate finden sich aber auch sehr verkürzt zusammengefasst auf der Seite 16 seines Folienvortrags
Systemische EvolutionstheorieMersch löst hier mit verblüffender Leichtigkeit (als ein Lemma seiner Systemischen Evolutionstheorie sozusagen) ein Problem, dessen Lösung sich namhaften Wissenschaftlern wie Popper oder Vollmer entzogen hat, obwohl die darüber selbst geforscht und veröffentlicht haben. Mersch hat meiner Ansicht nach die Lösung gefunden, darf jedoch nicht publizieren. Das lustige daran ist auch noch, dass z. B. Vollmer und Popper ganze Artikel über die Schwierigkeiten eines solchen Unterfangens geschrieben haben, während das positive Resultat (wie es doch geht) bei Mersch nur eine kleine Nebenabhandlung ist, die er in seinem Folienvortrag mal eben auf einer Seite miterwähnt.
Die Lösung sieht ganz grob dargestellt wie folgt aus: Wissenschaftsdisziplinen sind Evolutionsräume, die aus einer Population aus Wissenschaftlern bestehen, die sich im Wettbewerb um soziale Ressourcen (z. B. Reputation, Rang) aber auch ökonomische Ressourcen (Geld, Forschungsmittel) befinden. Wissenschaftler sind soziale Systeme. Die Wettbewerbskommunikation ist die Gefallen-wollen-Kommunikation, allerdings ohne neutrale Stelle, wie bei der sexuellen Selektion oder auf Märkten. Vereinfacht ausgedrückt: Wissenschaftler sind wie Pfauenmännchen, die sich gegenseitig ihr Gefieder (ihre Hypothesen, Veröffentlichungen) präsentieren und dann untereinander ausmachen, was am Besten gefällt. Da es keine neutrale Instanz gibt (wie die Weibchen), kann es zu erheblichen Konkurrenzproblemen (mangelhafte Fairness, Fälschungen etc.) kommen.
Der Reproduktionsprozess ist einerseits der Ausbildungsprozess, andererseits auch die Forschung selbst. Man beachte: Die Fortpflanzung gehört nicht zum Reproduktionsprozess (die ist Teil der Gesellschaft). Wissenschaftsdisziplinen rekrutieren neue Wissenschaftler von Außen und bilden sie dann aus. Die Reproduktion eines sozialen Systems unterscheidet sich von der Reproduktion eines biologischen Systems. Sie ist originär tradigenetisch.
Ferner: Es evolvieren nicht die Theorien und Hypothesen, sondern die Wissenschaftler als Systeme selbst. Die Theorien sind nur deren Produkte.
Mersch kritisiert in diesem Zusammenhang auch ein wenig Popper mit seinem Spruch: „Lasst Theorien sterben, nicht Menschen“. Der ist für ihn nicht zutreffend bzw. etwas sehr sonnig. Eine Theorie ist gemäß Mersch nur das Produkt eines oder mehrerer Wissenschaftler, aus der diese einen Teil ihrer Reputation (und ggf. ihres Einkommens) beziehen. Mit der Falsifikation wird auch die Reputation der Wissenschaftler beeinträchtigt. Wer Theorien sterben lässt, lässt im übertragenen Sinne damit auch Menschen sterben.
Meines Erachtens handelt es sich hierbei um eine bahnbrechende Erkenntnis. Als ich sie zum ersten Mal verstand, sah ich die Welt mit anderen Augen.
Nun kannst du dich wieder hinstellen und behaupten, das sei für dich alles nicht relevant. Du verstündest unter Evolution was ganz anderes. Mersch würde sich hier auf ganz unbedeutenden Gebieten tummeln, zu denen andere im Übrigen auch schon viel wichtigere Sachen veröffentlicht hätten. Außerdem stünden seine Theorien in zahlreichen früheren Werken ganz ähnlich.
Es ist diese Arroganz, die so unglaublich nervt. Wie wäre es, wenn jeder mal ganz einfach versucht, Mensch zu sein und nicht mehr, als er tatsächlich ist?
Wenn man sich ein wenig zurücklehnt, dann wirkt Vieles hier im Forum wie folgt:
A: „Die Erde ist eine Kugel und keine Scheibe.“
B: „Ich lach mich gleich tot. Fällt man dann auf der anderen Seite herunter?“
A: „Nein, das verhindert die Schwerkraft.“
B: „Ho ho ho. Sag mal, was hast du für einen Beruf? Willst du nicht erst mal die Volksschule zu Ende machen. Kleben die auf der anderen Seiten dann durch die Schwerkraft mit dem Kopf auf dem Boden oder wie soll das gehen?“
Genau so ist das bislang hier gelaufen.